421/AB XXV. GP

Eingelangt am 21.03.2014
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

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BMJ-Pr7000/0010-Pr 1/2014


Republik Österreich
der bundesminister für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Tel.: +43 1 52152 0

E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 423/J-NR/2014

Die Abgeordnete zum Nationalrat Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Anzeige betreffend Verdacht des sexuellen Missbrauches von Unmündigen bzw. pornographischer Darstellung Minderjähriger“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 9:

Nach meinen Informationen hat die Staatsanwaltschaft Wien bereits auf Grund einer Anzeige vom 3. Juni 2013 (zum gleichen Sachverhalt) ein Verfahren gegen unbekannte Täter wegen § 207a StGB eingeleitet und zunächst das Landeskriminalamt Wien mit sicherheitsbehördlichen Erhebungen beauftragt. Nach Vorliegen der Ergebnisse bereitete die Staatsanwaltschaft Wien ein Rechtshilfeersuchen an die Vereinigten Staaten von Amerika zur Ausforschung der Inhaber verfahrensrelevanter E-Mail-Adressen vor. Dieses Rechtshilfeersuchen wird nun im Wege des Bundesministeriums für Justiz an die zuständigen US-amerikanischen Behörden weitergeleitet werden.

Die in der Anfrageeinleitung angesprochene Anzeige vom 12. Juni 2013 wird im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens mitbehandelt.

Im Übrigen bitte ich um Verständnis, dass ich aufgrund des nichtöffentlichen Ermittlungsverfahrens (§ 12 StPO) und der verfassungsrechtlichen Schranken der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes keine Informationen zu weiteren Ermittlungsschritten bekanntgeben kann; nicht zuletzt könnte dadurch auch der Erfolg der Ermittlungen gefährdet werden.

Zu 10:

Dem Kampf gegen Kinderpornographie kommt im Hinblick auf die massiven Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit von Kindern, die Opfer derartiger Straftaten werden, große Bedeutung zu. Die Möglichkeiten neuer Kommunikations- und Informationstechnologien erforderten umfangreiche Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderpornographie – nicht nur innerstaatlich, sondern auch international. So trat Österreich zahlreichen internationalen Rechtsakten bei, um den Kampf gegen Kinderpornographie und die sexuelle Ausbeutung von Kindern zu intensivieren, so etwa durch das Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, die Cybercrime – Konvention sowie das VN-Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie.

Neben zahlreichen Änderungen des Strafgesetzbuches im Bereich der strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, wobei hier beispielsweise die Anhebung des Strafrahmens für den qualifizierten sexuellen Missbrauch von Unmündigen und die Vergewaltigung zu nennen ist, möchte ich insbesondere folgende Neuerungen in Bezug auf pornographische Darstellungen Minderjähriger hervorheben:

Mit dem 2. Gewaltschutzgesetz wurde im Jahr 2009 der Tatbestand des § 207a Abs. 2 StGB (Pornographische Darstellungen Minderjähriger) um die Herstellung, Einführung, Beförderung und Ausführung pornographischer Darstellungen Minderjähriger zum Zweck der Verbreitung erweitert. Damit wurde die Strafdrohung für die Einführung, Beförderung und Ausführung solcher Darstellungen zum Zweck der Verbreitung von bisher bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe, auf sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe angehoben. Außerdem wurde mit Abs. 3a das wissentliche Zugreifen auf eine pornographische Darstellung Minderjähriger im Internet unter Strafe gestellt.

Die Probezeit im Falle einer bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe bei Sexualdelikten mit einer Strafdrohung von über einem Jahr wurde von drei auf fünf Jahre verlängert und eine weitere Verlängerungsmöglichkeit bei schweren Verurteilungen im Einzelfall eingeführt. Zudem besteht die Möglichkeit der gerichtlichen Aufsicht für die Dauer der Probezeit bei bedingt entlassenen Sexualstraftätern, die zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden oder gegen die eine vorbeugende Maßnahme angeordnet wurde.

§ 58 Abs. 3 Z 3 StGB sieht zudem eine Verlängerung der Verjährungsfrist bei Sexualstraftaten vor, wenn das Opfer zur Tatzeit noch minderjährig war. Nach dieser Bestimmung ist die Zeit bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres des Opfers nicht in die Verjährungsfrist einzurechnen.

Mit § 220b StGB wurde die Möglichkeit geschaffen, ein Tätigkeitsverbot anzuordnen. § 4a TilgG sieht ua. bei einer Verurteilung wegen pornographischer Darstellung Minderjähriger zu einer unbedingten Freiheitsstrafe oder im Fall der Unterbringung nach § 21 Abs. 1 StGB, eine Verlängerung der Tilgungsfrist vor.

Mit BGBl. I Nr. 130/2011 wurde in § 215a StGB ein neuer Absatz (2a) eingefügt. Nach dieser Bestimmung ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr zu bestrafen, der wissentlich eine pornographische Darbietung, an der mündige minderjährige Personen mitwirken, betrachtet. Bei Mitwirkung unmündiger Minderjähriger erhöht sich die Strafdrohung auf bis zu zwei Jahren. Weiters wurde die Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen (§ 208a StGB) unter Strafe gestellt. Nach dieser Bestimmung ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen, der eine unmündige Person mit der Absicht, von ihr eine pornographische Darstellung herzustellen, im Wege der Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems oder sonst unter Täuschung über seine Absicht ein persönliches Treffen vorschlägt oder vereinbart und eine Handlung zur Durchführung des Treffens mit dem Opfer setzt (sog. „Grooming“).

Mit dem Sexualstrafrechtsänderungsgesetz 2013 wurden erneut die Bestimmungen in diesem Bereich in Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie novelliert. Dabei wurde die Bestimmung § 220b Abs. 1 StGB (Tätigkeitsverbot) an die Richtlinie angepasst und umfasst nunmehr nicht nur Tätigkeiten, die die Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung von Minderjährigen betreffen, sondern auch solche, die „sonst intensive Kontakte mit Minderjährigen“ einschließen. Darüber hinaus ist nach dem neu geschaffenen Abs. 1a des § 208a StGB derjenige mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der zu einer unmündigen Person im Wege der Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems in der Absicht Kontakt herstellt, sich eine pornographische Darstellung des/der Unmündigen zu verschaffen oder auf eine solche im Internet zuzugreifen.


Weiters wurden die Strafdrohungen für die Förderung der Prostitution und pornographischer Darbietungen Minderjähriger beim Grunddelikt von bisher bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe auf sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe und für die qualifizierte Begehung auf ein bis zehn Jahre, statt bisher sechs Monate bis fünf Jahre, angehoben.

Weitere legislative Anpassungen sind im Hinblick auf diese zahlreichen und umfangreichen Änderungen des Strafgesetzbuches derzeit nicht geplant.

Wien,      . März 2014

 

 

Dr. Wolfgang Brandstetter