595/AB XXV. GP
Eingelangt am 03.04.2014
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

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Frau Präsidentin des Nationalrates Mag.a Barbara Prammer Parlament 1017 Wien |
Alois Stöger Bundesminister
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GZ: BMG-11001/0043-I/A/15/2014
Wien, am 3. April 2014
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 819/J der Abgeordneten Josef A. Riemer und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Frage 1:
Die Richtlinie 98/83/EG über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserrichtlinie) vom 3. November 1998 sieht durch einen Stufenplan unter anderem die Absenkung des Grenzwertes für Blei ab 1. Dezember 2003 von 50 μg/l auf 25 μg/l und ab 1. Dezember 2013 auf 10 μg/l vor. Diese Reduzierung halte ich für sinnvoll, da der niedrigere Wert dem Schutz besonders empfindlicher Bevölkerungs-gruppen wie Schwangeren, Ungeborenen, Säuglingen und Kleinkindern dient.
Frage 2:
Die Trinkwasserrichtlinie wurde durch das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher-schutzgesetz – LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006, sowie durch die Trinkwasserverordnung
– TWV, BGBl. II Nr. 304/2001, und deren Änderungen in österreichisches Recht umge-setzt. Dementsprechend werden die Anforderungen an die Qualität, das Inverkehr-bringen und die Überwachung von Trinkwasser im LMSVG sowie in der TWV näher geregelt.
Die Einhaltung der Qualität des Trinkwassers erfolgt im Rahmen der Eigenkontrolle. Danach müssen die Betreiber/innen von Wasserversorgungsanlagen (WVA) ent-sprechend ihrer Eigenverantwortung regelmäßig das Wasser untersuchen und die Versorgungsanlage überprüfen lassen. Weiters haben sie die Abnehmer/innen bzw. Verbraucher/innen über die Qualität des abgegebenen Trinkwassers zu informieren.
Die Untersuchung und Begutachtung von Trinkwasser darf gemäß LMSVG nur von berechtigten Stellen, wie z. B. der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES), den Untersuchungsanstalten der Länder sowie von anderen hierzu berechtigten Personen durchgeführt werden. Diese haben bei der Probenentnahme auch die Überprüfung (Inspektion) der WVA vorzunehmen. Dabei ist beim Lokalaugenschein auch die Wasserspende mit Fassungszone zu überprüfen. Die Befunde und Gutachten über die Untersuchungen und die Überprüfung sind von den Betreiber/inne/n unverzüglich an die zuständige Behörde (Lebensmittelaufsicht in den Bundesländern) weiterzuleiten.
Die Kontrolle der Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften obliegt dem Landeshauptmann als zuständiger Behörde bzw. den dafür geschulten Aufsichts-organen (Fachleuten der Lebensmittelaufsicht). Das Bundesministerium für Gesund-heit koordiniert die Kontroll- und Überwachungstätigkeiten der beteiligten Stellen. Dementsprechend wird jährlich ein Revisions- und Probenplan (RuP) erstellt. Die Ergebnisse werden im Lebensmittelsicherheitsbericht (LMSB) veröffentlicht.
Zur Verbesserung der amtlichen Trinkwasserüberwachung trägt ein „Mehrjähriger risikobasierter Kontrollplan Trinkwasser“ (MK-TW) bei. Mit diesem Kontrollkonzept können neue Gefährdungspotenziale rechtzeitig erkannt und vor Auftreten eines Problems mit entsprechenden Maßnahmen gegengesteuert werden. Hierzu werden Vorschläge für jährliche Schwerpunktaktionen gesammelt, entsprechend des risiko-basierten Ansatzes gereiht und im Hinblick auf die tatsächliche Durchführung in Arbeitsgruppen behandelt und präzisiert.
Frage 3:
Die Ergebnisse der Untersuchungen des Austrian Institute of Technology (AIT), die im Rahmen des AQA WasserChecks durchgeführt wurden, sind mir bekannt. Allerdings handelt es sich um überbrachte Proben, deren Probenentnahme, Untersuchung und Begutachtung nicht entsprechend den Vorgaben der lebensmittelrechtlichen Bestim-mungen durchgeführt wurden. Zu den Ergebnissen von Wien wird festgehalten, dass laut „Wiener Wasser“, dem Betreiber der Wiener WVA, sämtliche Bleirohre in Haus-anschlussleitungen bis 2007 ausgetauscht worden sind. Die Hausinstallationen liegen hingegen im Verantwortungsbereich der Hauseigentümer/innen. Des Weiteren verweise ich auf die Beantwortung der Fragen 6 bis 13.
Fragen 4 und 5:
Mein Ressort hat bereits im Jahr 2003 eine Schwerpunktaktion zum Thema „Blei im Trinkwasser“ durchgeführt. Es wurden Proben an den üblicherweise zur Entnahme von Trinkwasser vorhandenen Zapfhähnen in den für die Lebensmittelaufsicht zugänglichen Stellen bzw. Gebäuden in größeren Städten entnommen. Insgesamt wurden 324 Trinkwasserproben auf ihren Bleigehalt untersucht. Bei 2 Proben lag der ermittelte Wert über dem bis 1.12.2003 geltenden Parameterwert (Grenzwert) von 50 µg/l, bei 3 Proben wurde ein Wert zwischen 25 und 50 µg/l und bei 9 Proben ein
Wert zwischen 10 und 25 µg/l ermittelt. Hinsichtlich der 2 Proben, in denen der Parameterwert nicht eingehalten wurde, lag die Ursache der erhöhten Bleiwerte einmal in einer Bleileitung des Gebäudes und zum anderen an einer langen Stehzeit des Wassers in einer still liegenden Leitung.
Bei einer weiteren Schwerpunktaktion im Jahr 2004 wurde „Trinkwasser auf Blei, Kupfer und Nickel untersucht". Bei dieser Aktion wurden 277 Proben, die in Städten gezogen wurden, untersucht. Dabei wurden 5 Proben aufgrund eines erhöhten Bleigehaltes beanstandet (damaliger Grenzwert 25 µg/l).
Im Jahr 2011 wurde eine Schwerpunktaktion unter dem Titel „Schwermetallbelastung und mikrobiologische Belastung des Trinkwassers in öffentlichen Gebäuden“ durch-geführt. Ziel der Aktion war die Erhebung einer eventuell negativen chemischen oder bakteriologischen Beeinflussung der Wasserqualität durch Stagnation in Leitungs-systemen und/oder Armaturen bzw. durch mangelhafte technische Ausführung des Leitungssystems. Insgesamt wurden Proben in 89 Gebäuden österreichweit gezogen. Bei der Untersuchung der Gehalte an Blei zeigten sich Überschreitungen des Para-meterwertes in 5 Gebäuden. Bei 3 Gebäuden zeigten die Folgeproben, dass der je-weilige Parameterwert für die durchschnittliche wöchentliche Aufnahme eingehalten werden kann. Die nochmalige Probenziehung (Folgeproben) im Sinne des 2. Schrittes der Richtlinie „Probenahmeverfahren für die Untersuchung der Konzentrationen an Blei, Kupfer und Nickel in Wasser für den menschlichen Gebrauch aus Gebäudeinstal-lationen“ ergab in 2 Gebäuden eine Überschreitung des Parameterwertes für Blei, jeweils in einem Gebäude in Oberösterreich und in Niederösterreich. Dies deutet darauf hin, dass die erhöhten Bleikonzentrationen durch die Entnahmearmatur bzw. durch das Leitungssystem des Hauses verursacht werden.
Im Jahr 2013 wurde eine weitere Schwerpunktaktion unter dem Titel „Schwer-metallbelastung von Trinkwasser aufgrund von Installationsmetallen in öffentlichen Gebäuden – Monitoring“ durchgeführt. Ziel dieser Aktion war dasselbe wie in der Schwerpunktaktion 2011. Im Gegensatz zu 2011 erfolgte die Probenziehung aller-dings entsprechend dem 2. Schritt des Probenahmeverfahrens. Die Ergebnisse zeigten, dass in jeweils einer Probe aus den Bundesländern Burgenland, Steiermark, Vorarlberg und Salzburg, in 2 Proben aus Niederösterreich, sowie in 3 Proben aus Oberösterreich Bleigehalte gemessen wurden, die zwar unter dem damals gültigen Parameterwert (25,0 μg/l) der TWV lagen, jedoch über dem ab 1.12.2013 geltenden Parameterwert von 10 μg/l.
Hinsichtlich der Probenahme wird angemerkt, dass für die amtliche Untersuchung des Trinkwassers auf Blei gemäß der TWV die Probe mit einem geeigneten Probe-nahmeverfahren so zu entnehmen ist, dass sich eine für die durchschnittliche wöchentliche Wasseraufnahme durch die Verbraucherin/den Verbraucher reprä-sentative Probe ergibt. Ein harmonisiertes Probenahmeverfahren ist zwar in der Trinkwasserrichtlinie gefordert, wurde aber dort nicht festgelegt. Um eine
einheitliche Vorgangsweise in Österreich zu gewährleisten, wurde von meinem Ressort ein Probenahmeverfahren unter Berücksichtigung der amtlichen Proben-ziehung festgelegt. Die entsprechende Richtlinie „Probenahmeverfahren für die Untersuchung der Konzentrationen an Blei, Kupfer und Nickel in Wasser für den menschlichen Gebrauch aus Gebäudeinstallationen“ wurde 2007 veröffentlicht. Entsprechend dem Probenahmeverfahren wird für die amtliche Probenziehung im
1. Schritt die Methode der Tageszufallsprobe gewählt. Dabei wird aus dem Wasser-leitungsnetz zu einer zufällig gewählten Tageszeit ohne vorherige Spülung der erste Liter entnommen. Ergibt die Untersuchung eine Überschreitung des Grenzwertes werden in einem 2. Schritt nochmals Proben entnommen und untersucht.
Fragen 6 bis 13:
Das LMSVG setzt eine Tätigkeit des „Inverkehrbringens“ in Bezug auf die betreffende Ware voraus. Daher unterliegt Trinkwasser nur dann den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen, wenn ein „Inverkehrbringen“ als Lebensmittel gemäß § 3 Z 9 LMSVG vorliegt. Die Verwendung von Trinkwasser im privaten Haushalt unterliegt jedoch nicht den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen. Das LMSVG bietet auch keine Handhabe, um gesundheitliche Gefährdungen, die aus dem Zustand einer Baulichkeit (einschließlich der Leitungen und anderer Installationen) resultieren, zu beseitigen. Die Anforderungen an die Qualität von Bauprodukten im Hinblick auf Materialien in Kontakt mit Trinkwasser sind nicht vom Regelungsumfang des Lebensmittelrechts umfasst. Dementsprechend gibt es in meinem Ressort auch keine Aufzeichnungen über Gebäude mit Bleileitungen bzw. über deren Austausch. Mangels Zuständigkeit habe ich auch nicht die Möglichkeit, Maßnahmen zum Austausch von Bleileitungen zu treffen oder deren Austausch zu fördern.
Aus den oben angeführten Gründen habe ich daher im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes im Jahr 2013 eine Empfehlung hinsichtlich „Anforderungen an Materialien in Kontakt mit Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasser) im Hinblick auf die Bestimmungen der Trinkwasserverordnung“ veröffentlicht.
Abschließend möchte ich auf das Infoportal Trinkwasser (www.trinkwasserinfo.at), das von mir und meinem Ressort unterstützt wird, hinweisen.