655/AB XXV. GP
Eingelangt am 16.04.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 865 /J der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Freundinnen und Freunde wie folgt:
Frage 1:
Mein Ressort tritt
in den Verhandlungen im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Beibehaltung
des hohen Schutzniveaus der Europäischen Verbraucher- und
Konsumentenschutzrichtlinien sowie der Wahrung der Rechte der ArbeitnehmerInnen
ein. Bei allen etwaigen wirtschaftlichen Vorteilen der geplanten Handels- und
Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA muss in den Verhandlungen
darauf geachtet werden, dass die hohen nationalen Standards in den Bereichen
Umwelt, Gesundheit und Soziales gewahrt bleiben. Die jeweiligen nationalen Regelungen
im Bereich Konsumentenschutz, Arbeit und Beschäftigung bzw. Soziales sind
jedenfalls einzuhalten. Zusätzlich darf durch das Handelsabkommen nicht
das Recht auf Regulierung beschnitten werden. Es muss jedem Vertragspartner
freistehen, das Schutzniveau für Gesundheit, Sicherheit, Umwelt, Arbeit
und Soziales nach eigenem Ermessen festzulegen. Zudem wird eine breite
Ausnahmeregelung für öffentliche Dienstleistungen
unterstützt. Ebenso tritt das Bundesministerium für Arbeit,
Soziales und Konsumentenschutz für die Aufnahme der Verpflichtung zur
Einhaltung hoher sozialer und ökologischer Mindeststandards ein. Ziel ist
es, die Ratifikation sowie die Umsetzung der Verpflichtungen der
Handelspartner, die sich aus den international anerkannten
ILO-Übereinkommen, insbes. ILO-Kernübereinkommen ableiten lassen, zu
erreichen. Dabei tritt das Sozialministerium für ein effizientes
Monitoring und einen effektiven Durchsetzungsmechanismus bei mangelnder
Umsetzung ein.
Frage 2:
Die Entscheidung
zur Aufnahme von Verhandlungen zwischen der EU und den USA zur
transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft fiel vor dem
Hintergrund einer andauernden wirtschaftlichen Krise und der Einschätzung,
dass ein derartiges Abkommen eine Belebung des Wirtschaftswachstums und der
Schaffung von Arbeitsplätzen dienen kann. Eine vom Bundesministerium
für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft in diesem Zusammenhang in
Auftrag gegebene Studie (FIW, 2013) zeigt, dass Österreich aufgrund seiner
Handelsverflechtungen mit den USA bei einem Abschluss eines Handelsabkommens
mit einer Erhöhung des BIP um 1,7% und mit einem Anstieg der
Beschäftigung um ca. 0,5% rechnen kann.
Auch wenn diese Einschätzungen einem allfälligen Freihandelsabkommen positive Wirkungen bescheinigen, müssen die Bedenken gegenüber einem derartigen Abkommen jedenfalls ernst genommen werden. Das höchstmögliche Maß an Transparenz bei der Verhandlungsführung ist zu gewährleisten und die Öffentlichkeit rechtzeitig und umfassend über den Stand der Verhandlungen zu informieren.
Frage 3:
Am 11. Jänner
2013 hat der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der
Europäischen Union des österreichischen Parlaments die
Bundesregierung aufgefordert, für die Aufnahme der Verpflichtung zur
Einhaltung hoher sozialer und ökologischer Mindeststandards bei Verhandlungen
zu Freihandelsabkommen einzutreten. Das festgelegte Ziel ist bei den
Freihandelspartnern der EU die Ratifikation sowie die Umsetzung der
Verpflichtungen aus den international anerkannten ILO-Übereinkommen,
insbes. der ILO-Kernübereinkommen, zu erreichen.
Ich unterstütze diesen Beschluss und mein Ressort tritt im Rahmen der
österreichischen Koordination (siehe Beantwortung zu Frage 21 bzw. 24) für
die Ratifikation und effektive Umsetzung aller ILO Kernarbeitsnormen durch die
USA ein. Auch macht sich das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und
Konsumentenschutz für ein effizientes Monitoring und einen effektiven
Durchsetzungsmechanismus bei mangelnder Umsetzung stark.
Frage 4:
Ich weise darauf
hin, dass Angelegenheiten der Regulierung des Finanzsektors in die
Zuständigkeit des Bundesministers für Finanzen fallen.
Frage 5:
Die
Liberalisierungen betreffen im Wesentlichen die erleichterte Zulassung von
hochqualifizierten Arbeitskräften, jedoch unter Wahrung der Einhaltung der
Lohn-und Arbeitsbedingungen im Aufnahmestaat. Das heißt, es wird
weiterhin das Ziellandprinzip gelten und somit Lohn-und Sozialdumping
ausgeschlossen.
Frage 6:
Entsprechend den
bereits bisher ausgehandelten Abkommen (etwa jenem mit Kanada) wird der
Marktzugang im Bereich der grenzüberschreitenden Personenbewegung durch
Positivlisten festgelegt.
Frage 7 und 8:
Das
Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz setzt sich
für eine umfassende horizontale Ausnahme öffentlicher
Dienstleistungen vom Investitionskapitel des TTIP im Sinne der GATS Public
Utility Ausnahme ein. Weiters ist festzuhalten, dass das Verhandlungsmandat
des Rates an die Europäische Kommission die Beibehaltung der hohen
Qualität der öffentlichen Dienstleistungen entsprechend dem Vertrag
über die Arbeitsweise der Europäischen Union und der entsprechenden
GATS Bestimmungen vorsieht.
Frage 9 und 17:
Wie bereits in der
Antwort zu Frage 7 festgestellt, wird darauf geachtet, dass die
österreichischen Interessen gewahrt werden und auch arbeits-und
sozialrechtliche
Standards weiterentwickelt werden können. Ein
entsprechender Auftrag an die Europäische Kommission wurde bereits im Verhandlungsmandat des Rates an die
Europäische Kommission
erteilt.
Wichtig ist, dass
im Abkommen eine „right to regulate Klausel“ aufgenommen wird,
wodurch eine Aushöhlung der nationalen Arbeits- und Sozialstandards
verhindert wird, denn durch diese Klausel erhalten die Vertragsparteien
weiterhin das Recht eigene Prioriten für die nachhaltige Entwicklung im
Arbeits- und Sozialbereich festzulegen, indem sie entsprechende Gesetze oder
Regelungen annehmen bzw. ändern. Jede Vertragspartei ist dabei bestrebt
sicherzustellen, dass diese Gesetze bzw. Regelungen ein hohes
Arbeitsschutzniveau vorsehen, das ihren sozialen und wirtschaftlichen
Bedingungen angemessen ist und mit den in den international anerkannten Normen
und Übereinkünften der IAO, im Einklang stehen. Diese Maßnahmen
dürfen allerdings zu keiner willkürlichen oder ungerechtfertigten Diskriminierung
zwischen den Vertragsparteien führen.
Frage 10:
Wie in allen gleichgelagerten Abkommen wird es auch in diesem eine „Labour Clause“ geben, welche die nationalen Regelungen des Ziellandes in diesem Bereich absichert. Dies ist im Verhandlungsmandat des Rates an die Europäische Kommission fixiert und wird vom Sozialministerium unterstützt.
Frage 11:
Zunächst
ist fraglich, ob NAFTA oder andere Freihandelsabkommen der USA mit jenen der EU
vergleichbar sind. In den bisherigen Freihandelsabkommen der EU mit
Drittstaaten hat Österreich jedenfalls seine Arbeitsmarktinteressen
gewahrt.
Frage 12:
Das Sozialministerium
bekennt sich zu nachhaltiger Entwicklung und zu hohen Standards zum Schutz der
Umwelt. Es ist beabsichtigt, dass das gegenständliche Handelsabkommen
Bestimmungen zur Förderung eines hohen Schutzniveaus und
multilateraler Umweltabkommen enthält. Auch soll der Handel mit
umweltfreundlichen Gütern vereinfacht bzw. gefördert werden. Für
eine tiefergehende Beantwortung der Frage wird auf die Vollzugszuständigkeit
der entsprechenden Ressorts bzw. auf das in Handelsagenden federführend
zuständige Wirtschaftsressort verwiesen.
Frage 13:
Es ist nicht
bekannt, dass die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft eine
Änderung des österreichischen Bundesvergabegesetzes zur Folge
hätte. Vielmehr ist im Verhandlungsmandat des Rates an die Europäische
Kommission die Förderung einer umweltbewussten öffentlichen
Beschaffungspolitik festgehalten. Hinsichtlich weiterführender
Einschätzungen darf ich auf die Zuständigkeit der entsprechenden
Ressorts verweisen.
Frage 14:
Es wird auf die
Beantwortung der Fragen 1. und 10. verwiesen.
Frage 15:
In meiner
Zuständigkeit als Konsumentenschutzminister ist es mein Ziel, dass durch
TTIP die europäischen Standards zum Schutz von KonsumentInnen nicht
gesenkt werden. Im Verhandlungsmandat des Rates an die Europäische
Kommission ist verankert, dass ein hohes
Niveau im Konsumentenschutzbereich angestrebt wird und keine Absenkung der diesbezüglich in der EU bestehenden hohen Schutz- und Sicherheitsstandards erfolgen soll. Im Übrigen verweise ich auf die Beantwortung zu Frage 1.
Frage 16:
Ich verweise
mangels legistischer Zuständigkeit auf das für Urheberrechtsfragen
federführende Justizressort.
Frage 18:
Das
Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz beabsichtigt,
sich am angekündigten Konsultationsprozess zu den Investitionsvorschriften
zu beteiligen.
Mein Ressort wird seine in der Vergangenheit bereits eingenommene Haltung, die
u.a. die Forderung nach einem ausgewogenen Verhältnis zwischen dem
Regulierungsrecht der Staaten und dem Schutz von Investoren sowie die
Klarstellung von Investitionsschutzbestimmungen beinhaltet, einbringen.
Frage 19:
Neben einer
„right to regulate“ Klausel sind im Verhandlungsmandat des Rates an
die Europäische Kommission Bestimmungen zum Schutz vor offensichtlich
ungerechtfertigten und unbegründeten Klagen fixiert, die demnach auch in
den Investitionsschutzkapiteln des TTIP verankert werden.
Investitionsschutzbestimmungen sollten daher nicht dem Recht der Staaten
entgegenstehen, Maßnahmen zu tätigen, um legitime politische Ziele
im Bereich Soziales, Umwelt, Sicherheit, Stabilität der Finanzsysteme,
Gesundheit, etc. in nicht-diskriminierender Weise zu verfolgen. Hinsichtlich
des Ausschlusses von Klagen verweise ich auf das federführende
Wirtschaftsressort.
Frage 20:
Die Notwendigkeit
für Regelungen zur Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten zwischen
Ländern mit entwickelten Rechtssystemen wird im Allgemeinen damit
argumentiert, dass funktionierende Rechtsordnungen keine grundsätzliche
Garantie für die Einhaltung vereinbarter Investitionsschutzbestimmungen
sind, da diese teilweise nicht in nationales Recht umgesetzt werden und deshalb
vor Gericht nicht eingeklagt werden können.
Hinsichtlich weiterführender Einschätzungen darf ich auf die
Zuständigkeit des entsprechenden Ressorts verweisen.
Frage 21:
Für
Handelsfragen ist das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und
Wirtschaft (BMWFW) federführend zuständig. Das Sozialministerium wird
durch die innerösterreichische Koordinierungsarbeit des BMWFW in den
Verhandlungsprozess eingebunden.
Frage 22:
Informationen der
Europäischen Kommission betreffend den Stand der Verhandlungen werden
laufend im Wege der österreichischen Koordinierung (siehe Beantwortung zu
Frage 21 bzw. 24) an das Sozialministerium übermittelt. Mündliche
Berichte der Europäischen Kommission aus den einschlägigen Sitzungen
des Trade Policy Commitee (TPC) werden durch das BMWFW verschriftlicht
und an mein Ressort übersendet. Schriftliche Berichte und andere
Dokumente werden weitergeleitet. Stellungnahmen werden im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Koordinierungssitzungen eingebracht und/oder schriftlich an das BMWFW gerichtet.
Frage 23:
Das
Sozialministerium hat eigens für TTIP kein Positionspapier erstellt.
Stellungnahmen zu entsprechenden Themenbereichen wurden im Rahmen der
österreichischen Koordinierung an das BMWFW gerichtet, das die koordinierte
österreichische Position in den Sitzungen des TPC einbringt.
Frage 24:
Die Koordinierung
erfolgt durch das in den Verhandlungen federführende Wirtschaftsressort in
regelmäßig dazu einberufenen interministeriellen Besprechungen, an
denen auch die Sozialpartner teilnehmen. Dokumente werden dabei über den
elektronischen Weg übermittelt. Stellungnahmen können sowohl
mündlich als auch schriftlich eingebracht werden.
Frage 25:
Die Beteiligung und
Information des österreichischen Parlaments bezüglich der
Verhandlungen erfolgt gemäß Grundlage der Bundesverfassung (Art. 23e
B-VG) und des EU-Informationsgesetzes (§3 Z.10).
Frage 26:
Die rechtliche
Beurteilung, ob ein Freihandelsabkommen als gemischtes Abkommen eingestuft
wird, wird auf Basis zugrundeliegender Verhandlungstexte durch das
federführende Ressort getroffen. Eine endgültige Entscheidung
darüber ist allerdings erst möglich, wenn die Verhandlungstexte als
ausreichend stabil erachtet werden, um eine Überprüfung
durchführen zu können. Dies ist in der jetzigen frühen
Verhandlungsphase nicht der Fall.