761/AB XXV. GP

Eingelangt am 24.04.2014
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

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BMJ-Pr7000/0048-Pr 1/2014


Republik Österreich
der bundesminister für justiz

 

 

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1070 Wien

 

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Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 876/J-NR/2014

Der Abgeordnete zum Nationalrat Mag. Philipp Schrangl und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Auswirkungen der EU-Erbrechtsverordnung“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 und 2:

Es wird zu keinen Kollisionen zwischen EU-Recht und nationalem Recht kommen. Die Verordnung ist unmittelbar anzuwenden und schließt die Anwendung nationalen Rechts in ihrem Anwendungsbereich (Internationales Privatrecht und Internationales Zivilverfahrensrecht, aber nicht materielles Recht) aus.

Zu 3 und 4:

Die Verordnung regelt die Abhandlungszuständigkeit und welches Recht anzuwenden ist, nicht aber materielles Recht wie das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) 2002. Sie hat keine Auswirkungen auf die sachenrechtlichen Regelungen des WEG (Art. 1 Abs. 2 lit. k und l der Verordnung). Es wird aber noch zu prüfen sein, ob und inwieweit auch im WEG 2002 Änderungen vorgenommen werden müssen.

Zu 5:

Wie ausgeführt kann es keine Kollisionen zwischen Verordnung und nationalem Recht geben. Dennoch ist eine begleitende gesetzliche Regelung geplant: So sollen zur Rechtsbereinigung Bestimmungen des Internationalen Privatrechtsgesetzes (IPRG) und der Jurisdiktionsnorm aufgehoben und erforderlichenfalls angepasst werden. Weiters sollen die Bestimmungen über das Verlassenschaftsverfahren im Außerstreitgesetz um Regelungen ergänzt werden, wie vorzugehen ist, wenn ausnahmsweise fremdes Recht maßgebend ist. Schließlich bedarf es zur Ergänzung der Verordnung einiger Regeln über das Verfahren zur Ausstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses.

Zu 6:

Keine.

Zu 7:

Unterstützung in einem Verfahren anzubieten und zu organisieren – und zwar unabhängig von der jeweiligen Staatsangehörigkeit der Verfahrenspartei – ist Angelegenheit des jeweiligen nationalen Rechts. Die Verordnung setzt durch die Zuständigkeitsregelung den Bedarf nach solcher Unterstützung tendenziell herab, weil die Verlassenschaftsverfahren am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers konzentriert werden.

Zu 8:

Schon bisher haben ausländische Gerichte österreichisches Erbrecht anzuwenden gehabt; das wird durch den Übergang vom Staatsangehörigkeitsprinzip zum Aufenthaltsprinzip viel seltener werden. Wie die Gerichte das fremde Recht ermitteln, ist ihre Sache (für Österreich s. § 4 IPRG). In vielen Fällen wird die Information über alle mitgliedstaatlichen Erbrechtsordnungen im Justiz-Portal, die in allen EU-Sprachen angeboten wird, genügen. Selbstverständlich können die Gerichte Anfragen über fremdes Recht auch an die zuständigen Auskunftsstellen der anderen Mitgliedstaaten richten, sei es über das Justizielle Netz in Zivilsachen oder nach dem Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommen.

Zu 9 und 10:

In den meisten Mitgliedstaaten sind Notare mit der Abwicklung von Verlassenschaften befasst. Die Mitgliedstaaten haben nach der Verordnung ihr System bekannt zu geben; diese Information wird veröffentlicht.

Wien,        . April 2014

Dr. Wolfgang Brandstetter