879/AB XXV. GP

Eingelangt am 28.04.2014
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

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BMJ-Pr7000/0052-Pr 1/2014


Republik Österreich
der bundesminister für justiz

 

 

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1070 Wien

 

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Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 966/J-NR/2014

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kollegin und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Seit dem Inkrafttreten des neuen Korruptionsstrafrechts ist eine effektive Bekämpfung der Korruption in Österreich grundsätzlich gewährleistet. Ich bemühe mich jedoch jedenfalls um einen weiteren personellen Ausbau der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) und damit einer spezialisierten und effektiven Verfolgung von Korruption (siehe dazu auch Fragepunkt 3).

Im Zusammenhang mit den Strafbestimmungen gegen korruptes Verhalten wurde Österreich zuletzt auch von der Staatengruppe des Europarats gegen Korruption (GRECO) evaluiert. Dabei erhielt Österreich im Dezember 2011 zehn Empfehlungen. Entsprechend den Verfahrensregeln von GRECO hat ein Mitgliedstaat zunächst 18 Monate Zeit, um Umsetzungsschritte zu setzen und muss dann auch darüber berichten. Nach Evaluierung der (ersten) Umsetzungsmaßnahmen hat  ein Mitgliedstaat dann neuerlich 18 Monate Zeit, um allenfalls notwendige weitere Umsetzungsschritte zu setzen.

Der (erste) österreichische Umsetzungsbericht zu den Strafbestimmungen wurde Ende März des heurigen Jahres von GRECO diskutiert und angenommen. Danach hat Österreich bereits im ersten Durchgang acht der zehn Empfehlungen vollständig erfüllt (im Wesentlichen im Hinblick auf das Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 und die Ratifizierung des strafrechtlichen Europaratsübereinkommens gegen Korruption samt Zusatzprotokoll).

Die verbleibenden 2 Empfehlungen wurden als teilweise umgesetzt gewertet. Es erhielt sohin keine strafrechtliche Empfehlung das Verdikt „nicht umgesetzt“.

Der GRECO-Bericht wurde Anfang dieses Monats vom GRECO-Sekretariat anher übermittelt und wird nach Übersetzung ins Deutsche – den Verfahrensregeln von GRECO entsprechen – im Internet veröffentlicht werden.

Die beiden einstweilen nur teilweise umgesetzten Empfehlungen betreffen zum Einen das Verhältnis der Korruptionsstrafbestimmungen im engeren Sinn (§§ 304 ff StGB) zum Anderen Bestimmungen, die auch der Korruptionsbekämpfung dienen können, wie insbesondere zu § 153 StGB („Untreue“), aber auch zu § 153a StGB („Geschenkannahme durch Machthaber“), wo etwa die Befürchtung besteht, dass auf das geringer bestrafte Delikt des § 153a StGB „ausgewichen“ werden könnte, anstatt nach einem strenger bestraften Delikt vorzugehen. Andererseits hat GRECO zu bedenken gegeben, ob Korruption in Österreich dann, wenn es um keinen geldwerten Vorteil, sondern um einen immateriellen Vorteil geht, ausreichend strafbewehrt ist, weil die strengeren Strafdrohungen im Korruptionsstrafrecht an das Überschreiten von Wertgrenzen geknüpft sind und daher bei immateriellen Vorteilen wohl nicht in Betracht kommen.

Aus österreichischer Sicht hat bislang keine der angezogenen Fragen zu Problemen in der Praxis geführt. Dennoch werden die Bedenken von GRECO Ernst genommen; beide Fragen wurden bzw. werden im Rahmen der ExpertInnengruppe zum StGB 2015 diskutiert. Österreich hat – wie bereits ausgeführt – bis Ende 2015 Zeit, um über allfällige weitere Maßnahmen in diesem Zusammenhang zu berichten. Ob solche allfälligen weiteren Maßnahmen angezeigt erscheinen, wird nach Vorliegen des Berichtes der ExpertInnengruppe zu prüfen sein.

Österreich steht neben dem EU-Korruptionsbekämpfungsbericht und GRECO auch unter Evaluierung durch die Arbeitsgruppe gegen Bestechung der OECD und wird auch im Rahmen des Monitoring Mechanismus des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Bestechung (UNCAC) geprüft. Während sich die OECD derzeit im Wesentlichen mit der tatsächlichen Verfolgungspraxis  beschäftigt, wird der UNCAC-Bericht zu Österreich für Juni dieses Jahres erwartet. Auch diesbezügliche Empfehlungen werden nach Vorliegen gewissenhaft geprüft werden.

Was den Bereich des Strafprozessrechts betrifft, verweise ich auf die in dieser Legislaturperiode geplante Evaluierung der Kronzeugenregelung (§§ 199, 209a und 209b StPO) und die Erarbeitung von Reformperspektiven unter Einbeziehungen der Erfahrungen mit dem bei der WKStA eingerichteten anonymen Hinweisgebersystem und die zu Fragepunkt 5 näher dargestellte Überprüfung der Effektivität des Zugriffes auf Bankinformationen sowie die daraus möglicherweise resultierenden Gesetzgebungsvorhaben. Die im Konnex mit der Korruptionsbekämpfung ebenfalls relevante Schwerpunktsetzung im Bereich der vermögensrechtlichen Anordnungen wird fortgesetzt werden. Zuletzt wurden mit 1. März 2014 Sonderreferate für vermögensrechtliche Maßnahmen bei den Staatsanwaltschaften Wien, Graz, Linz und Innsbruck sowie der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption im Probebetrieb für die Dauer eines Jahres eingeführt. Auf der Basis der bei diesem Probebetrieb gemachten Erfahrungen wird die dauerhafte Einführung derartiger Sonderzuständigkeiten geprüft werden. Der mit 19. Februar 2014 bekanntgemachte Leitfaden „Vermögensrechtliche Anordnungen“ wird nach Rückmeldungen aus der Praxis regelmäßig anzupassen und durch entsprechende Fortbildungsmaßnahmen ergänzt werden. Die Notwendigkeit weiterer organisatorischer oder legistischer Maßnahmen in diesem Bereich wird durch die im Bundesministerium für Justiz eingerichtete Arbeitsgruppe „Vermögensrechtliche Anordnungen“ erarbeitet werden.

Zu 2:

Der in der Anfrageeinleitung zitierte Korruptionsbekämpfungsbericht der Europäischen Kommission listet keine Missstände auf, sondern schlägt Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der Korruptionsbekämpfung vor. Nachdem der Bericht selbst darauf verweist, dass im Bereich der Auskunft über Bankkonten Maßnahmen gesetzt wurden und eine interne Evaluation ergeben hat, dass durch das neue Formular sowohl die Dauer der Erteilung von Auskünften als auch die Anzahl der Beschwerden verringert wurden, sehe ich hier keine Notwendigkeit zu weiteren Maßnahmen.

Zu 3:

Seit der Einrichtung der WKStA wurden die dort systemisierten Planstellen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie für Beamtinnen, Beamte und Vertragsbedienstete mehrmals aufgestockt. Gleichzeitig ist auch der tatsächliche Personaleinsatz – von vorübergehenden Schwankungen auf Grund von Abgängen von Bediensteten abgesehen – laufend angestiegen. Mit Beginn des Jahres 2014 sind insgesamt 35 staatsanwaltschaftliche Planstellen bei der WKStA systemisiert.

Bereits bisher wurde laufend eine Attraktivierung der Tätigkeit bei der WKStA betrieben, um geeignete Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu einer Bewerbung für eine Planstelle bei der WKStA zu gewinnen. So wurde beispielsweise die Systemisierung von St2-Planstellen (Oberstaatsanwält/in) bei der WKStA forciert. Nachdem es 2013 gelungen war, die zu diesem Zeitpunkt systemisierten 14 St2-Planstellen vollständig zu besetzen, erfolgte eine weitere Ausweitung dieser (attraktiveren) Planstellen auf nunmehr 19. Für den Personalplan 2014 werden weitere Verbesserungen angestrebt.

Derzeit werden zudem auch Überlegungen angestellt, wie eine Tätigkeit bei der WKStA auch für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die derzeit bei Staatsanwaltschaften außerhalb der Region Wien tätig sind, attraktiver gestaltet werden kann. Diese werden in die laufenden Überlegungen zur weiteren Aufwertung der WKStA einbezogen werden.

Zur Korruptionsbekämpfung und nachhaltigen Sensibilisierung in Bezug auf das Integritätsmanagement tragen im Übrigen auch die laufenden Initiativen und gezielten Maßnahmen im Bereich der Aus- und Fortbildung in der Justiz bei.

Zu 4:

Das Bundesministerium für Justiz hat eine Studie zur Evaluierung der Anwendung des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes in Auftrag gegeben. Der Endbericht wurde kürzlich an die Frau Präsidentin des Nationalrates übermittelt.

Im Lichte der Ergebnisse dieser Studie wird unter anderem geprüft werden, ob und inwieweit eine Erhöhung der Verbandsgeldbußen angezeigt ist.

 

Zu 5:

Der Zugriff auf Bankinformationen nach § 116 StPO wurden in den vergangenen Jahren erheblich erweitert. Besonders die mit dem Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden, BGBl. I Nr. 38/2010, vorgenommenen Änderungen des § 116 StPO führten zu einer wesentlichen Erleichterung dieser Ermittlungsmaßnahme.

Nachdem mit dem auch im Österreich-Kapitel des Korruptionsbekämpfungsberichts der EU erwähnten Erlass vom 13. August 2013 über die Vorgehensweise bei Auskunftsersuchen zu Bankkonten (§ 109 Z 3 lit. a StPO) in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Österreich/Bundessparte Bank und Versicherung Maßnahmen zur Vereinheitlichung und Beschleunigung der Auskunftserteilung über Bankkonten (sogenannte Fachverbandsabfragen) getroffen wurden, werden nunmehr die Auswirkungen dieser Neuregelung evaluiert. Sollte das einheitliche Formular und die Zusagen der Verbände, rasch Auskunft zu erteilen, nicht die erwünschten Wirkungen erzeugen, so sind legistische Überlegungen im Sinne einer weiteren Erleichterung des Zugriffs auf Bankinformationen nicht auszuschließen. Zu Bedenken ist dabei allerdings auch, dass Erleichterungen des Zugriffs auf Informationen, die dem Bankgeheimnis unterliegen, nur im Rahmen des § 38 BWG zulässig sind.


Zu 6:

Die Einführung eines Kontrollsystems für Vermögens- und Interessenserklärungen von Amtsträgern fällt nicht in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz.

Zu 7:

Aus meiner Sicht betrifft diese Frage eine Angelegenheit, die den Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst, des Nationalrats und des Rechnungshofs betrifft, zumal es auch ausdrücklich um gewählte Organe geht und die Frage der Sanktionen – die nicht primär auf das gerichtliche Strafrecht bezogen werden kann – vom grundsätzlichen Regelungsinhalt abhängt.

 

Wien,    28    . April 2014

 

 

 

Dr. Wolfgang Brandstetter