957/AB XXV. GP

Eingelangt am 14.05.2014
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

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An die                                                                                                Zl. LE.4.2.4/0031-I/3/2014

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 13. Mai 2014

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und                      Kollegen vom 18. März 2014, Nr. 1057/J, betreffend Plastik in der Donau

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen vom 18. März 2014, Nr. 1057/J, teile ich Folgendes mit:

 

Zu Mikroplastik in der Umwelt wird generell Folgendes angemerkt:

 

Mikroplastik wird einerseits gezielt verschiedenen Produkten, wie beispielsweise Kosmetika, zugesetzt. Auch beim Waschen von Textilien aus Kunstfasern können kleinste Teile abgerieben werden und ins Abwasser gelangen.

 

Die EU und ihre Mitgliedstaaten, somit auch Österreich, sind sich der generellen Problematik von Plastik bzw. Mikroplastik in der Umwelt bewusst. Die neue Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie zielt darauf ab, für alle Meere bis zum Jahr 2020 einen „guten Umweltzustand“ zu erreichen. In der Richtlinie werden Abfälle im Meer als einer der bestimmenden Faktoren für den guten Umweltzustand ausgewiesen. Die Richtlinie beinhaltet Verpflichtungen auch für Binnenländer, da Nährstoffe, gefährliche Stoffe und Mikroabfälle unter anderem über die großen Flusssysteme in die Meere gelangen können. Das BMLFUW ist diesbezüglich mit seinen europäischen Partnern über die Flussgebietskommissionen in Kontakt.

 

Die Europäische Kommission hat zudem im Jahr 2013 in ihrem Grünbuch über „Plastikabfälle in der Umwelt“ festgehalten, dass die zunehmende Verwendung von Mikrokunststoffteilchen in Kosmetika Anlass zur Sorge bietet. Das Grünbuch weist auch darauf hin, dass sich Persistente Organische Schadstoffe wie beispielsweise DDT und polychloriertes Biphenyl (PCB) aus dem umgebenden Wasser an Kunststoffteilchen heften und über die Meeresfauna, die die Kunststoffe als Nahrung aufnimmt, in die Nahrungskette gelangen können. Zudem können laut Grünbuch konventionelle Kunststoffe beim Zerfall in den Meeren potenzielle Schadstoffe, wie etwa hormonell wirksame Weichmacher und Flammschutzmittel freigeben. Das BMLFUW setzt sich daher auf europäischer Ebene dafür ein, dass problematische Stoffe, durch geeignetere Alternativen ersetzt werden, etwa durch die gezielte Nominierung derartiger Substanzen in das REACH-Zulassungsregime.

 

Es gibt derzeit bereits auf globaler und europäischer Ebene sowie auch in Österreich vereinzelt Untersuchungen zu dieser Thematik. In Österreich haben sich beispielsweise die Universität Wien und die Universität für Bodenkultur mit Plastik(-Abfällen) in der Umwelt bzw. Mikroplastik auseinandergesetzt. Jedoch gibt es laut ExpertInnen derzeit durchaus noch offene Fragen und Forschungsbedarf, beispielsweise bezüglich des genauen Verhaltens von Mikroplastik in der Umwelt, hinsichtlich Analysemethoden oder auch hinsichtlich genauer Stoffstromabschätzungen. Die EU hat in ihrer Forschungsinitiative „Oceans For Tomorrow“ einen Schwerpunkt auf die Bekämpfung der Meeresabfälle gelegt. Weiterer Forschungsbedarf für Österreich wird derzeit mit ExpertInnen erörtert.

 

Initiativen, die von unterschiedlichen AkteurInnen auf europäischer Ebene und auch in Österreich gesetzt wurden, gehen in die richtige Richtung, jedoch sind noch weitere Anstrengungen nötig. Ein vorsorgeorientiertes Handeln, etwa bei der Verwendung von Mikroplastikteilchen in Kosmetika, ist ein Gebot der Stunde. Hier ist insbesondere die Industrie gefordert.

 

Das BMLFUW arbeitet in der EU in verschiedenen Gremien, beispielsweise im Rahmen der Meerespolitik, betreffend Verpackungsabfall oder in der Chemikalienpolitik mit seinen europäischen Partnern zusammen, um geeignete Schritte betreffend Plastikabfälle in der Umwelt zu setzen.

 

Zu Frage 1:

 

Die Ergebnisse der Studie sind dem BMLFUW seit ihrer Veröffentlichung im März 2014 bekannt.

 

Zu den Fragen 2 und 3:

 

Die Studie deutet bereits darauf hin, dass zumindest im Jahr 2010 ein signifikanter Anteil des Plastiks industrielles Rohmaterial war. 2012 überwog aber der sonstige Plastikmüll, der Anteil an industriellem Rohmaterial war gering.

 

Das BMLFUW hat eine gemeinsame Untersuchung von Umweltbundesamt, BMLFUW, Via Donau, Ländern und BOKU initiiert, in der die Plastik-Frachten in der Donau und ausgewählter Zubringer genauer erhoben und die maßgeblichen Verursacher bzw. Eintragspfade in die Gewässer identifiziert werden sollen (siehe auch Antwort zu den Fragen 16 bis 24).

 

Darauf aufbauend wird zu prüfen sein, welche weitergehenden Maßnahmen gegebenenfalls erforderlich sind, um eine Verunreinigung der Donau mit Plastik zu verhindern.

 

Zu Frage 4:

 

Von der konkreten Verunreinigung der Donau und möglichen Ursachen wurde das BMLFUW erst im März 2014 nach Veröffentlichung der Studie der Universität Wien im Rahmen eines Runden Tisches, bei dem auch Vertreter der Firma Borealis dabei waren, informiert. Über das Ausmaß der Plastikverschmutzung der Donau lagen bis zu diesem Zeitpunkt keine Informationen vor.

 

Zu Frage 5:

 

a) In der Studie selbst werden für die Donau bei Wien 0,34 Tonnen pro Tag angegeben, das ist etwas weniger als 1/10 der Menge, die laut Studie ins Schwarze Meer gelangt. Die angeführten 0,34 Tonnen pro Tag spiegeln die Belastung oberhalb von Wien wieder. Wieviel davon in Österreich und nicht schon in Deutschland eingetragen wurde, lässt sich derzeit nicht beantworten. Für eine detailliertere Aufklärung sind nicht nur in Österreich sondern auch in Bayern Messprogramme zur Abschätzung geplant.

 

b) Eine derartige Abschätzung ist derzeit nicht möglich. Für die Donau bei Wien wurde 2013 seitens der Universität für Bodenkultur im Auftrag der ARA AG eine Erhebung von oberflächlich treibenden Abfallstoffen durchgeführt. Dabei wurde Rechengut des Kraftwerks Freudenau in Wien ausgewertet (also größeres Material). Die Auswertungen zeigten, dass nur ca. 2 % des Rechenguts aus Verpackungen stammen, der Großteil stammte aus „natürlichem Eintrag“ (Totholz).

 

Zu Frage 6:

 

a) und b):

Die Anforderungen an Abwässer aus Industrie- und Gewerbebetriebe sind über die diversen branchenspezifischen Abwasseremissionsverordnungen (AEV) geregelt. Partikuläre Einträge werden in der Regel über die Parameter „abfiltrierbare Stoffe“ oder/und „absetzbare Stoffe“ bescheidmäßig begrenzt. Die maximal zulässige organische Belastung von in Fließgewässer einzuleitende Abwässer wird über den Parameter „Chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB)“  geregelt, er umfasst einen chemischen Aufschluss der gesamten Abwasserprobe, d.h. auch allfällig vorhandene Mikroplastikpartikel werden hierbei vielfach miterfasst.

 

Die AEV Kunststoffe sieht bei Einleitungen in ein Fließgewässer eine Emissionsbegrenzung für abfiltrierbare Stoffe von maximal 30 mg/l vor. Eine weitere Differenzierung, ob Plastik oder sonstige, ist nicht vorgesehen. Der CSB ist mit 100 mg/l festgelegt.

 

Die Anforderungen an die Überwachung sind gemäß den AEV im Bescheid festgelegt, hier werden die Frequenzen der Eigen- und Fremdüberwachung angegeben.

 

Zu c) liegen dem BMLFUW keine Informationen vor.

 

Zu den Fragen 7 und 8:

 

Bei den potentiellen Auswirkungen auf Ökosysteme handelt es sich um physikalische Auswirkungen von Makro- und Mesoplastik auf Vögel und Säugetiere. Die spezifischen Belastungen durch Mikroplastik stellen eine relativ neue, bzw. gering untersuchte Belastungsquelle dar.


Ebenso können sich an der Oberfläche von Mikroplastikteilchen hydrophobe Schadstoffe anreichern und somit gegebenenfalls eine erhöhte Schadstoffaufnahme in Gewässerorganismen verursachen, aber auch im Plastik enthaltene Weichmacher können bei Aufnahme im Organismus zur einer Schadstoffbelastung beitragen. Über das Ausmaß dieser Belastung gibt es bis dato kaum Untersuchungsergebnisse.

 

Über Plastikteilchen als abiotischer Belastungsfaktor liegen für Österreich bislang noch keine gezielten Untersuchungen vor, wohl aber für potentielle Inhaltstoffe wie z.B. Weichmacher (BisphenolA, DEHP). Für Bisphenol A zeigen die Ergebnisse der überblicksweisen Überwachung aus 2004 sowie die Donaubefahrung aus 2013 keine Gefährdung nach dem derzeitigen Wissenstand auf. Auch für DEHP liegen alle Werte unter den ökotoxikologisch abgeleiteten Umweltqualitätszielen.

 

Zu den Fragen 9 und 10:

 

Diesbezüglich liegen dem BMLFUW keine Informationen vor.

 

Zu den Fragen 11 bis 13:

 

Ziel der Maßnahmen muss es sein, Einträge von Plastik in die Gewässer zu reduzieren bzw. weitestgehend zu vermeiden. Zu diesen Maßnahmen müssen die jeweiligen Verursacher beitragen.

 

In Bezug auf das Schwarze Meer sind Maßnahmen gemäß EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie im Zuge der Flussgebietskommissionen (konkret die Internationale Kommission zum Schutz der Donau – IKSD) abzustimmen.

 

Zu Frage 14:

 

Die IKSD nimmt die internationale Koordination der Wasserwirtschaft im Donaueinzugsgebiet  wahr. Es wurde daher eine Information an diese Kommission zur Information der Unterliegerstaaten mit dem Ersuchen um Weiterleitung übermittelt.

 

Zu Frage 15:

 

In der Information an die IKSD wurde auf die von Österreich beabsichtigen Sonderuntersuchungen und darauf, dass diese die Grundlage für die Diskussion weiterer Maßnahmen sein sollen,  hingewiesen.


Zu den Fragen 16 bis 24:

 

Weitere Untersuchungen durch das BMLFUW:

 

In einer gemeinsamen Untersuchung von Umweltbundesamt, BMLFUW, Via Donau, Ländern und BOKU sollen die Plastik-Frachten in der Donau und ausgewählter Zubringer noch genauer erhoben werden. Ziel dieser Untersuchungen ist es auch, die maßgeblichen Eintragspfade in die Gewässer zu identifizieren und mögliche Auswirkungen auf Ökosysteme zu erheben. Basierend auf den Ergebnissen dieser Sonderuntersuchung sollen weitere Maßnahmen diskutiert werden (z.B. zum zukünftigen Monitoring).

 

Es ist damit zu rechnen, dass auch an anderen Gewässern zerkleinerter Plastikmüll zu finden ist, der über Kanalisationen (Regenüberläufe), Straßenabflüsse, Windverfrachtung, etc. in diese Gewässer eingetragen wird.

 

Erste Zwischenergebnisse sind für Sommer 2014, der Projektabschluss ist für Ende 2014 vorgesehen.

 

Eine routinemäßige Überwachung von Plastik in den Gewässern gibt es nicht (weder in Fließgewässern noch in Seen und Grundwasser), da es weder auf EU Ebene noch in nationalen Regelungen Grenzwerte für Plastikgehalte in Gewässern gibt. Gemessen werden allerdings Inhaltstoffe, die zum Teil mit Plastik in Verbindung stehen können, wie
zB Weichmacher (DEHP) oder Bromierte Diphenylether, die aber auch anders eingesetzt werden.

 

Der Bundesminister: