102/BI XXV. GP

Eingebracht am 01.06.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bürgerinitiative

betreffend
Wahlfreiheit braucht Wahlmöglichkeit! Die Errichtung von Modellregionen ohne das Angebot von Sonderschulen oder Sonderschulklassen darf nicht so weit reichen, dass das 
Recht der Betroffenen auf Wahlfreiheit beschnitten wird.

 

 

 

 

 

 

Seitens der Einbringerlnnen wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender Hinsicht angenommen:

Die zur Verwirklichung der Intentionen des bmbf, das Angebot an besonderen Schulen (Sonderschulen) für alle Kinder mit Behinderungen nicht mehr zur Verfügung zu stellen -also abzuschaffen- bräuchte eine Änderung von Bundesgesetzen (Schulpflichtgesetz, Schulorganisationsgesetz,...) und somit die Beschlussfassung durch den Nationalrat.

Dieses Anliegen wurde bis zur Einbringung im Nationalrat von 24 049 BürgerInnen mit ihrer Unterschrift unterstützt. (Anm.: zumindest 500 rechtsgültige Unterschriften müssen für die Einbringung im Nationalrat vorliegen.)

Anliegen:

Der Nationalrat wird ersucht,

die Rechte der Kinder und Eltern zu schützen und nicht zuzulassen, dass über das "Vehikel Modellregion" Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf der Besuch einer ihrer Behinderung entsprechenden Sonderschule oder Sonderschulklasse unmöglich gemacht wird.

Entgegen anderslautenden Behauptungen ist es nicht Inhalt des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, Einrichtungen für Kinder mit Behinderungen zu verbieten, sondern es gilt sicherzustellen, dass sie “In keiner Bildungsstufe ... von Bildungseinrichtungen auf Grund einer Behinderung ausgeschlossen werden (Artikel 24)".

Ein bedarfsgerechtes Angebot an Sonderschulen und Sonderschulklassen muss gewährleistet werden, denn Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (§8b SchPflG) haben das Recht ihre Schulpflicht in einer ihrer Behinderung entsprechenden Sonderschule oder Sonderschulklasse zu erfüllen. Der Wunsch der Eltern nach Aufnahme in eine Volksschule, Neue Mittelschule, AHS- Unterstufe, ... bewirkt das Recht auf einen Schulbesuch in einer den sonderpädagogischen Förderbedarf erfüllenden Volksschule, NMS,...

Eltern von Kindern mit Behinderungen wehren sich dagegen, dass eine Benachteiligung durch Ausblenden von Unterschieden Platz greift. Dürfen Unterschiede nicht mehr als solche benannt werden, werden diese dem Unsichtbar-Sein preisgegeben. Kinder, auch solche mit mehrfachen und schweren Behinderungen, werden der Anerkennung ihrer speziellen Situation und a la longue auch ihres Rechts auf speziellen -kostenintensiven- Unterricht beraubt. >> Beiblatt

(Falls der Vordruck nicht ausreicht, bitte auf Beiblatt fortsetzen)

Beiblatt zur Parlamentarischen Bürgerinitiative

 

Die verbindlichen Richtlinien zur Entwicklung inklusiver Modellregionen des bmbf beschreiben dieses „Ausblenden" so:

„Das Konzept der Inklusion steht für eine optimierte und qualitativ erweiterte Integration: alle Schüler/innen, ob mit oder ohne SPF, deutschsprachig oder anderssprachig, männlich oder weiblich usw. sollen in ihrer Individualität als förderbedürftig gesehen werden. Nicht mehr das einzelne Kind, sondern das gesamte Lernsystem soll im Blickpunkt von Diagnose und Förderung stehen."

Unter Berufung auf die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
 wird die Verpflichtung des Staates konstruiert, alle Sonderschulen abzuschaffen.

Die Abschaffung von besonderen Schulen -in den Erläuterungen zum Artikel 24 als Förderschulen bezeichnet- ist nicht aus der UN-Behindertenrechtskonvention ableitbar!

Im Übereinkommen (Artikel 24) wird lediglich festgehalten:

"In keiner Bildungsstufe dürfen Menschen mit Behinderungen von Bildungseinrichtungen auf Grund einer Behinderung ausgeschlossen werden".

Mit den seit Jahren geltenden Regelungen des § 8a Schulpflichtgesetz wird diese Forderung der Konvention bereits umgesetzt:

Wünschen die Eltern eines Kindes mit Behinderungen die Aufnahme in eine Volksschule, Hauptschule, Neue Mittelschule, Polytechnische Schule, Unterstufe einer allgemein bildenden höheren Schule oder Haushaltungsschule, so ist die Behörde verpflichtet, den Besuch einer derartigen Schule zu ermöglichen.

Bemerkenswert ist, dass wesentliche Forderungen aus den Erläuterungen zu Artikel 24 der Konvention verschwiegen bzw. ignoriert werden. Diese sind:

„Zu den unbedingten Voraussetzungen eines integrativen Bildungssystems für Menschen mit Behinderungen gehört die Bereitstellung fachlich abgesicherter, bedarfsgerechter qualifizierter Unterstützung - insbesondere das Angebot sonderpädagogischer Förderung."

„Zu den notwendigen Voraussetzungen gehören neben den äußeren Rahmenbedingungen sonderpädagogisch qualifizierte Lehrkräfte, individualisierende Formen der Planung, Durchführung und Bewertung der Unterrichtsprozesse und eine abgestimmte Zusammenarbeit der beteiligten Lehrkräfte und Fachkräfte."

Hinsichtlich dieser gemäß UN-Konvention unbedingten Voraussetzungen eines integrativen Bildungssystems, nämlich der Bereitstellung fachlich abgesicherter qualifizierter Unterstützung sowie dem Einsatz von sonderpädagogisch qualifizierten Lehrkräften, scheint die Erfüllung nicht als bindend angesehen zu werden. Das Schulorganisationsgesetz formuliert den Einsatz von entsprechend ausgebildeten Lehrern und Lehrerinnen lediglich als Kann-Bestimmung.


Beiblatt zur Parlamentarischen Bürgerinitiative

 

Eltern abzusprechen, dass sie nach einer 6 Jahre dauernden Betreuung, Pflege und Förderung ihres Kindes mit Behinderung bei Schuleintritt nicht abschätzen können, welche Schulart für ihr Kind die besseren Voraussetzungen bietet, ist vermessen.

Aufgabe des Staates ist es, bedarfsgerechte Angebote mit hoher Qualität zu schaffen, und nicht eine Bevormundung der Eltern vorzunehmen.

Artikel 7 der Erklärung der Rechte des Kindes sagt dazu:

„Die Interessen des Kindes sind die Richtschnur für alle, die für seine Erziehung und Anleitung verantwortlich sind; diese Verantwortung liegt in erster Linie bei den Eltern."

Und Artikel 5 hält fest:

"Das Kind, das körperlich, geistig oder sozial behindert ist, erhält die besondere Behandlung, Erziehung und Fürsorge, die seine besondere Lage erfordert."

Viele Indizien sprechen dafür, dass durch die Abschaffung von Sonderschulen vor allem ein Einsparungseffekt erzielt werden soll. Der bemerkenswerte Umstand, dass Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, wenn sie eine Sonderschule besuchen, durch ein freiwilliges 11. und 12. Schuljahr einen Schulbesuch bis 18 erhalten können, aber Kinder im „integrativen Unterricht“ nicht, stützt ebenfalls diesen Verdacht.

Die vielfach ins Treffen geführten Missstände bei der Zuschreibung des sonderpädagogischen Förderbedarfs betreffen nicht nur Sonderschulen sondern insbesondere Kinder in Regelschulen, da dort diese Zuschreibung „sonderpädagogischer Förderbedarf" von Eltern in der Bedeutung und Auswirkung oft verkannt wird und deren Zustimmung leichter zu bekommen ist.

Qualitätsvolle innere Reformen bzw. die Umsetzung der bestehenden gesetzlichen Normen müssen dazu führen, möglichst vielen Betroffenen eine ihren Bedürfnissen entsprechende Bildung zu ermöglichen. Jeglicher Zwang in ein System, das den speziellen Notwendigkeiten nicht gerecht wird bzw. nicht gerecht werden kann, nimmt den Kindern Lebenschancen.

Ilse Schmid

Erstunterzeichnerin der Bürgerinitiative

Präsidentin des LVEV


 

Parlamentarische Bürgerinitiative betreffend

Wahlfreiheit braucht Wahlmöglichkeit! Die Errichtung von Modellregionen ohne das Angebot von Sonderschulen oder Sonderschulklassen darf nicht so weit reichen, dass das Recht der Betroffenen auf Wahlfreiheit beschnitten wird.

Erstunterzeichner/in

Name

Anschrift und
E-Mail Adresse

Geb. Datum

Datum der Unterzeichnung

Eingetragen in die Wählerevidenz der Gemeinde

IIse Schmid