102 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über die Regierungsvorlage (26 der Beilagen): Waffenhandelsvertrag

Der Waffenhandelsvertrag (ATT) hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Er hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, wonach dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch den Vertrag keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Der Vertrag wurde durch Österreich am 3. Juni 2013 unterzeichnet. Der Vertrag wird 90 Tage nach Hinterlegung der 50. Ratifikationsurkunde in Kraft treten. Da der Vertrag Materien berührt, die in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der EU fallen, die EU aber nicht selbst Vertragspartei werden kann, ist für die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden der EU-Mitgliedstaaten die Ermächtigung des Rates erforderlich. Der Entwurf des Ratsbeschlusses vom 17. Juli 2013 Zl. 12178/13 wird derzeit im Europaparlament behandelt. Österreich wird seine Ratifikationsurkunde ehestmöglich hinterlegen und gleichzeitig die vorläufige Anwendung der Art. 6 und 7 des Vertrages gemäß dessen Art. 23 erklären.

Der ATT stellt erstmals internationale Regeln für den Handel mit konventionellen Waffen auf. Damit soll der ATT einen Beitrag zur Bekämpfung bzw. Begrenzung der negativen Auswirkungen des illegalen und verantwortungslosen Waffenhandels auf Stabilität, Sicherheit und Menschenrechte, aber auch auf nachhaltige Wirtschafts- und Entwicklungspolitik leisten. Der ATT enthält jedoch kein Waffenverbot und auch keine Verpflichtung, bestehende Waffen zu zerstören. Das Recht auf Selbstverteidigung gemäß Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen bleibt durch den Vertrag unberührt.

Das vom Vertrag vorgegebene Regelungswerk entspricht durchaus den Vorstellungen eines robusten Vertrages, wie sie von Österreich und den EU-Partnern eingefordert wurden. So werden Waffenexporte bei massiven Verstößen gegen humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte verboten, bei Exportentscheidungen sind Kriterien wie die Auswirkungen auf Frieden und Sicherheit, Weiterleitungsgefahr (inklusive Informationsaustausch zu Korruption) oder geschlechtsspezifische Gewalt zu berücksichtigen.

Der Vertrag enthält außerdem Transparenzregeln. Vertragsänderungen werden nach erfolgloser Konsensfindung mit Dreiviertelmehrheit möglich sein. Der Vertrag wird 90 Tage nach der Hinterlegung der 50. Ratifikationsurkunde in Kraft treten. Der Vertrag sieht die Einrichtung eines Sekretariats vor, das eine minimale Struktur aufweisen und damit nicht kostenintensiv sein soll. Für die Ansiedlung des Sekretariat liegen Angebote der Schweiz (Genf), von Trinidad und Tobago (Port of Spain) und Österreich (Wien) vor.

Aufgrund entsprechender textlicher Änderungen ist die Kompatibilität von ATT und EU-Acquis (insbes. hinsichtlich der Richtlinie 2009/43/EG zur Vereinfachung der Bedingungen für die innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern, ABl. Nr. L 146 vom 10.06.2009 S. 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2012/47/EU, ABl. Nr. L 31 vom 31.01.2013 S. 43) und der Richtlinie 91/477/EWG über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen, ABl. Nr. L 256 vom 13.09.1991 in der Fassung der Richtlinie 2008/51/EG, ABl. Nr. L 179 vom 08.07.2008 S.5 gewährleistet, sodass auch die in Umsetzung dieser EU-Regelungen ergangenen österreichischen Normen (insbes. das Außenwirtschaftsgesetz 2011 – AußWG 2011, BGBl. I Nr. 26/2011, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2013, das Kriegsmaterialgesetz – KMG, BGBl. Nr. 540/1977, zuletzt geändert durch das BGBl. Nr. 161/2013, und das Waffengesetz 1996 – WaffG, BGBl. I Nr. 12/1997, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 161/2013) unverändert beibehalten werden können. Die höheren Exportkontroll-Standards Österreichs und der EU werden durch den ATT nicht berührt und bleiben weiter aufrecht.

Österreich wird so wie die EU-Partner und andere Unterstützer des ATT den Text im Sinne hoher Standards auslegen. So werden nach österreichischer Praxis alle Vertragsbestimmungen – sofern nicht vom Vertrag ohnehin vorgesehen – auch auf Munition, Bestandteile und Komponenten angewendet werden. Nach österreichischer Auffassung kann der Vertrag nicht nur entgeltliche Überlassungen von konventionellen Waffen, sondern auch Leihgaben und Geschenke umfassen. Die Abwägung von schweren Menschenrechtsverletzungen mit anderen Umständen (wie die allfälligen positiven Auswirkungen eines Exports auf Frieden und Sicherheit) wird von Österreich abgelehnt. Die im ATT vorgesehenen Berichtspflichten werden im Sinne einer Veröffentlichungspflicht von summarischen Daten ausgelegt.

Mittel- bis langfristig ist zu hoffen, dass der ATT durch seine breite Anwendung durch einen großen Teil der Staatengemeinschaft universelle Geltung erlangen wird und auch Skeptiker wie Russland, China und Indien sich dem Regelungswerk unterwerfen werden. Positiv ist in diesem Zusammenhang zu vermerken, dass die USA für den Vertrag gestimmt und diesen unterzeichnet haben. Für die österreichische Waffen- und Verteidigungsgüterindustrie sollte der ATT international zumindest annähernd ähnliche Wettbewerbsbedingungen schaffen.

Der Vertrag ist in den sechs Amtssprachen der Vereinten Nationen authentisch.

 

Der gegenständliche Staatsvertrag hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat.

Der Staatsvertrag hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG nicht erforderlich ist.

 

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 09. April 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Dr. Reinhold Lopatka sowie der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz und der Ausschussobmann Abgeordneter Dr. Josef Cap.

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, G, T, dagegen: N) beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Der Außenpolitische Ausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

 

Schließlich wurden mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, dagegen: F, T, N) die folgenden Ausschussfeststellungen beschlossen:

„Der Ausschuss stellt hiermit fest, dass das in der wirkungsorientierten Folgeabschätzung des BMeiA formulierte Ziel 2: „Schaffung international zumindest annähernd ähnlicher Wettbewerbsbedingungen für die österreichische Waffen- und Verteidigungsindustrie“ nicht so auszulegen ist, dass die Umsetzung des zu Grunde liegenden Vertrages die strikte Exportkontrollpolitik Österreichs beeinträchtigt bzw. die für den Export notwendigen Voraussetzungen abschwächt“


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Waffenhandelsvertrag (26 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.

Wien, 2014 04 09

                                     Petra Bayr                                                                        Dr. Josef Cap

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann