Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Die EU-Verordnungen zur Regelung der EU-Kohäsionspolitik 2014-2020 - Verordnungen (EU) Nr. 1303/2013, 1301/2013, 1304/2013 und 1299 /2013 (ABl. L 347 vom 20.12.2013) - einschließlich der für die Durchführung dieser Verordnungen erlassenen Delegierten Verordnungen und Durchführungsverordnungen[1] in ihrer jeweils gültigen Fassung - sehen für die koordinierte Abwicklung der Programme der EU-Strukturfonds bestimmte Institutionen und Verfahren vor („Verwaltungsbehörde“, „Bescheinigungsbehörde“, „Prüfbehörde“, „Begleitausschuss“, „Designierungsverfahren“, „Beschwerdeverfahren“), die von den Mitgliedstaaten entsprechend ihrer jeweiligen nationalen Rechtsordnungen einzurichten sind. Die Mitgliedstaaten sind gegenüber der Kommission für die ordnungsgemäße Programmabwicklung verantwortlich und haften für allfällige Unregelmäßigkeiten.

Für die komplexen Anforderungen einer koordinierten, partnerschaftlichen Abwicklung von Förderprogrammen bietet die österreichische Rechtsordnung keine unmittelbare gesetzliche Basis. Weder gibt es einzelne Institutionen (Bundesministerien, Länder), die im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten und mit den ihnen verfügbaren Ressourcen Programme vom finanziellen Volumen und inhaltlichen Zuschnitt der Struktur­fondsprogramme allein abwickeln könnten, noch gibt es eine gemeinsame, Bund und Länder umfassende Kompetenz für Regionalpolitik. Daher wurde als Rechtsgrundlage für die erforderlichen Regelungen die Form einer Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG gewählt. Die bisherige, bereits 2008 adaptierte Vereinbarung (BGBl. I Nr. 60/2008) hat sich bewährt, muss aber erneut den geänderten EU-rechtlichen Rahmenbedingungen für die Periode 2014-2020 angepasst werden.

II. Besonderer Teil

Zu Art. 1

Die Vereinbarung gilt für alle operationellen Programme, bei denen eine österreichinterne Regelung zwischen Bund und Ländern möglich ist. Das heißt, sie gilt für die operationellen Programme des EU-Ziels „Europäische Territoriale Zusammenarbeit“ (im Folgenden „Kooperationsprogramme“) nur insofern, als österreichische Bundes- oder Landesstellen Teile der zu regelnden Funktionen übernehmen.

Zu Abs. 1

Folgende operationelle Programme fallen in den Geltungsbereich der Vereinbarung:

-              das EFRE-Programm Investitionen in Wachstum und Beschäftigung Österreich 2014-2020 (EFRE/IWB-Programm);

-              das ESF Programm Beschäftigung Österreich 2014-2020 (ESF-Programm).

Zu Abs. 2

Folgende Kooperationsprogramme fallen, sofern Funktionen oder Aufgaben ihrer Durchführung von Stellen im Zuständigkeitsbereich des Bundes oder der Länder übernommen werden, in den Geltungsbereich der Vereinbarung:

die Kooperationsprogramme der grenzüberschreitenden Ausrichtung wie folgend:

-              Österreich-Ungarn 2014-2020

-              Slowakei-Österreich 2014-2020

-              Österreich-Tschechische Republik 2014-2020

-              Slowenien-Österreich 2014-2020

-              Italien-Österreich 2014-2020

-              Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein 2014-2020

-              Österreich-Bayern 2014-2020

die Kooperationsprogramme der transnationalen Ausrichtung wie folgend:

-              Alpine Space 2014-2020

-              Central Europe 2014-2020

-              Danube Transnational 2014-2020

die Kooperationsprogramme der interregionalen Ausrichtung (Netzwerkprogramme) wie folgend:

-              INTERREG Europe 2014-2020

-              URBACT III

-              ESPON 2020

-              INTERACT III 2014-2020

Zu Art. 2

Der Artikel legt den Zweck der Vereinbarung dar. Das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern, Nichtdiskriminierung sowie Nachhaltigkeit (Art. 7 und 8 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013) wurde in die Vereinbarung aufgenommen.

Zu Art. 3

Da die Terminologie des EU-Rechts z.T. von der österreichischen Verwaltungssprache abweicht, wird zur Klarstellung auf die Definitionen des Art. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 verwiesen. Darüber hinaus werden die „Programmverantwortlichen Landesstellen“ als ein Spezifikum der österreichinternen Programmabwicklung (für das EFRE/IWB-Programm) sowie der Begriff „Prüfstelle“ verankert. Letzterer entspricht dem in der ETZ-Verordnung festgelegten Begriff der Kontrollinstanz. Die „Programmverantwortlichen Landesstellen“ haben die Aufgabe in Fragen von programmstrategischer Bedeutung sowie bei wichtigen inhaltlichen und finanziellen Festlegungen von grundsätzlicher Bedeutung mitzuwirken. Zu diesem Zweck wird eine Steuerungsstruktur im Rahmen der ÖROK eingerichtet. Diese umfasst eine Steuerungsgruppe mit eigener Geschäftsordnung sowie eine Aufsichtsgruppe, welche der ÖROK-Geschäftsordnung folgt.

Zu Art. 4

Die „Verwaltungsbehörde“ (in der Terminologie der EU-Kohäsionspolitik, nicht im Sinne des österreichischen Verwaltungsrechts) ist hauptverantwortlich für die Abwicklung eines Strukturfondsprogrammes. Allerdings gibt es in Österreich keine Stelle, die über ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen verfügen würde, um größere Programme im nötigen Direktkontakt mit den Begünstigten (Projektträgern) allein abzuwickeln. Es hat sich daher in den vergangenen Förderperioden bewährt, die im EU-Recht gegebene Möglichkeit der Delegation von Aufgaben an „zwischengeschaltete Stellen“ und damit (programmspezifisch) die finanziellen Ressourcen zur nationalen Kofinanzierung und das maßnahmenspezifische Abwicklungs-Know-how der verschiedenen bestehenden Förderstellen auf Bundes- und Länderebene zu nutzen. Darüber hinaus wird die Mitwirkung der „Programmverantwortlichen Landesstellen“ für das EFRE/IWB-Programm festgelegt. Insgesamt zielt die Regelung darauf ab, trotz der gegebenen fragmentierten Abwicklungsstruktur durch klare Regelung der Verantwortlichkeiten aller beteiligten Stellen die Programmkoordination durch die Verwaltungsbehörden sicher zu stellen.

Zu Art. 5

Die „Bescheinigungsbehörden“ sind hauptverantwortlich für das Finanzmanagement der Programme. Es hat sich in der Vergangenheit bewährt, diese Funktion durch jene Bundesministerien wahr­nehmen zu lassen, deren Kompetenzbereich mit jenem der fonds­verwaltenden General­direktionen der EU-Kommission korrespondiert. Im Bereich des Finanzmanagements wird weiters die Vorfinanzierung der letzten Rate der Strukturfondsmittel geregelt, sollte dies auf Grund der Liquiditätssituation erforderlich werden.

Zu Art. 6

Die „Prüfbehörden“ sind für die Systemkontrolle (Audit, „second-level control“) verantwortlich. Entsprechend der bisher bewährten Praxis soll auch diese Funktion durch jene Bundesministerien wahrgenommen werden, deren Kompetenzbereich mit jenem der fondsverwaltenden Generaldirektionen der EU-Kommission korrespondiert. Dabei muss die Unabhängigkeit der Prüfbehörden von den mit der Programmadministration befassten Stellen gewährleistet sein.

Zu Art. 7

Dieser Artikel regelt die Aufgabenverteilung für das Prüfsystem in Österreich für die Kooperationsprogramme und sieht - unter maximaler Nutzung bestehender Verwaltungskapazitäten - im Wesentlichen folgende Aufgabenverteilung vor:

-              Für die Kooperationsprogramme der grenzüberschreitenden Ausrichtung liegt die Gesamtverantwortung über das Prüfsystem bei den Ländern;

-              Für die Kooperationsprogramme der transnationalen Ausrichtung und den EU-weiten Netzwerkprogrammen liegt die Gesamtkoordination für das Prüfsystem einschließlich der Wahrnehmung der Qualitätskontrolle beim Bundeskanzleramt. Dabei werden Prüfaufgaben bei Bundesprojekten primär von Bundesstellen wahrgenommen, bei Landesprojekten primär von Landesstellen bzw. wird durch die Einrichtung eines Pools an qualifizierten externen Prüferinnen/Prüfern die Externalisierung von Prüfungen für Bundes- und Landesstellen unbeschadet der Letztverantwortung der auf Bundes- und Landesebene eingerichteten Prüfstellen ermöglicht.

Zu Art. 8

Den Begleitausschüssen kommen gemäß EU-Recht formale Zuständigkeiten bei der Programmumsetzung zu. Mit diesem Artikel wird die rechtliche Basis in Österreich geschaffen.

Zu Art. 9

Als Gegenstück zur angestrebten ausgewogenen Nutzung bestehender Abwicklungskapazitäten auf Bundes- und Länderebene wird hier (so wie bei der geltenden Bund-Länder-Vereinbarung) festgelegt, dass die beteiligten Stellen mit der Beteiligung auch die Verpflichtung übernehmen, das ordnungsgemäße Funktionieren dieser Stellen sicher zu stellen und die damit verbundenen Kosten - sofern nicht aus Mitteln der Technischen Hilfe der jeweiligen Programme zuschussfähig - zur Gänze selbst zu tragen. Darüber hinaus werden zur Sicherstellung der Liquidität des österreichweiten EFRE/IWB- sowie ESF-Programms Vorauszahlungen aus Bundesmittel festgelegt.

Zu Art. 10

Dieser Artikel regelt das österreichinterne Verfahren für die gemäß EU-Verordnungen erforderliche „Designierung“ (Benennung) der Programmbehörden (Verwaltungs- und Bescheinigungsbehörden) gegenüber der Europäischen Kommission und sieht, sollte auf Basis vorliegender Prüf- und Kontrollergebnissen die für die Benennung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben sein, allfällige Abhilfemaßnahmen vor bzw. - als „ultima ratio“ - die Aufhebung der Designierung und die Neubenennung einer Stelle.

Zu Art. 11

Der Artikel enthält einige Regelungen betreffend das Zusammenspiel zwischen den beteiligten Stellen, deren explizite Formulierung im Interesse einer reibungslosen Strukturfondsabwicklung auf Programmebene im Lichte der bisherigen Erfahrungen mit den Strukturfonds zweckmäßig erscheint.

Zu Art. 12

Gemäß den EU-Verordnungen sind in den Mitgliedstaaten Vorkehrungen für die Überprüfung von Beschwerden zu treffen, wobei der Geltungsbereich und die Verfahren von diesen selbst zu regeln sind. Der Artikel legt entsprechende Regelungen für die österreichischen Programme bzw. für Programme mit österreichischer Beteiligung fest.

Zu Art. 13

Der Artikel regelt die kohärente Anwendung der auf EU-Ebene sowie der auf Ebene der Programme geltenden Bestimmungen bzw. Festlegungen und Vereinbarungen über die Zuschussfähigkeit von Ausgaben unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen der EU-Verordnungen bzw. den entsprechenden Festlegungen auf Programmebene. Dazu zählen die hier festgelegten nationalen Förderfähigkeitsregeln für das österreichweite EFRE/IWB-Programm.

Zu Art. 14

Der Artikel verpflichtet die Vertragspartner jedenfalls einzuhaltende rechtsverbindliche Elemente für Förderverträge sowie Mindestangaben für Kofinanzierungsanträge und für den Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung von Fördermittel (Zwischen- und Endabrechnungen) festzulegen. Die Festlegung erfolgt durch Formvorschriften, die auf der jeweiligen Programmebene zu vereinbaren sind.

Zu Art. 15

Der Artikel enthält Regelungen für die Abrechnung, Prüfung und Auszahlung von Strukturfondsmittel in Österreich und regelt den Umgang mit festgestellten Mängeln. Zu Unrecht ausbezahlte Strukturfondsmittel sind allenfalls samt Zinsen zurückzufordern oder mit nachfolgenden Zahlungen, unter Einhaltung der für die Fertigstellung des letzten Zahlungsantrages/ der jährlichen Rechnungslegung zu einem Geschäftsjahr auf der jeweiligen Programmebene festgelegten Fristen, gegen zu rechnen.

Zu Art. 16

Die Normierung der Meldepflichten wird an die aktuelle Rechtslage der EU angepasst.

Zu Art. 17

Mit diesem Artikel werden allfällige, infolge von Unregelmäßigkeiten oder durch Mängel in der Abwicklung entstehende Rückzahlungsverpflichtungen an den EU-Haushalt zwischen den Vertragspartnern geregelt. Auch werden allfällige Mittelkürzungen auf Grund des in den Strukturfonds angewendeten Prinzips der automatischen Aufhebung der Mittelbindung (nicht abgerufene Mittel stehen nur für die Dauer von drei Jahre einem Programm zu Verfügung und verfallen nach diesem Zeitraum) einer Regelung zugeführt.

Folgende Anlassfälle für Rückzahlungsverpflichtungen werden mit diesem Artikel geregelt:

Zu Abs. 1

-              Einzelfehler bei Projekten bzw. Systemfehler, die ausschließlich bei einer zwischengeschalteten Stelle festgestellt werden: Im Falle von Einzelkorrekturen zieht die zwischengeschaltete Stelle den festgestellten Korrekturbetrag beim Projektträger ein oder erstattet den Betrag selbst; bei Systemfehlern korrigiert die zwischengeschaltete Stelle den festgestellten Pauschalkorrekturbetrag bzw. trägt allfällige Rückzahlungsverpflichtungen an den EU-Haushalt;

-              Systemfehler bei Bescheinigungsbehörde, Prüfbehörde oder Verwaltungsbehörde des ESF-Programmes: Die für die genannten Behörden zuständigen Vertragspartner tragen allfällige Vermögensnachteile;

-              Fehlerrate gemäß Jahreskontrollbericht der Prüfbehörde überschreitet den zulässigen Schwellenwert von 2%: Die Vertragspartner übernehmen den Korrekturbedarf aliquot ihres Anteils an der ermittelten Fehlerrate und führen entsprechende Korrekturen durch;

-              Fehler bei Prüfungen durch die Prüfstellen gemäß Art. 7: Allfällige Vermögensnachteile werden von jenen Vertragspartnern getragen, in deren Zuständigkeit die Prüfaufgaben gemäß Art. 7 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a bis d fallen.

Zu Abs. 2

-              Systemfehler bei der Verwaltungsbehörde des EFRE/IWB-Programmes: In diesem Fall korrigieren alle zwischengeschalteten Stellen den ermittelten Pauschalkorrekturbetrag entsprechend ihres Anteils an den für die Ermittlung des Korrekturbetrags herangezogenen Parameter nach Befassung der ÖROK-Steuerungsgremien bzw. übernehmen diese in aliquoter Höhe allenfalls zu übernehmende Rückzahlungsverpflichtungen. Als Parameter werden in der Regel die Summe der genehmigten oder der bescheinigten Programmmittel herangezogen. Für Fehler im Zusammenhang mit der Umsetzung von Mitteln aus der Technischen Hilfe werden die Anteile der Vertragspartner am Finanzierungsrahmen für die Verwaltungsbehörde herangezogen.

Sollte der Grenzfall eintreten, dass ein Vertragspartner einen höheren Korrekturbetrag als die von ihm verwalteten Mittel zu verantworten hat, nehmen die Vertragspartner Konsultationen zur Erzielung einer einvernehmlichen Lösung auf.

Zu Art. 18

Im Lichte der bisherigen Erfahrungen mit einem überwiegend problemlosen Zusammen­wirken der beteiligten Partner (getragen vom gemeinsamen Interesse an einem reibungslosen Mittelrückfluss nach Österreich) sowie im Wissen um den letztlich politischen Charakter allfälliger Streitigkeiten bei der Strukturfondsabwicklung wird nach wie vor auf die Normierung eines aufwendigen Schlichtungsverfahrens verzichtet.

Zu Art. 19

Die Vereinbarung endet mit der Belegsaufbewahrungsfrist, die für jedes operationelle Programm bzw. Kooperationsprogramm auf Programmebene festgelegt wird.



[1] Delegierte Verordnungen (EU) Nr. 240/2014 (ABl. Nr. L 74 vom 14.3.2014), Nr. 522/2014 (ABl. Nr. L 148 vom 20.5.2014), Nr. 480/2014 und Nr. 481/2014 (ABl. Nr. L 138 vom 13.5.2014), Nr. 2015/1970 (ABl. Nr. L 293 vom 10.11. 2015, Nr. 2015/2195 (ABl. Nr. L 313 vom 28.11.2015) sowie Durchführungsverordnungen (EU) Nr. 288/2014 (ABl. Nr. L 87 vom 22.3.2014), Nr. 184/2014 (ABl. Nr. L 57 vom 27.2.2014), Nr. 215/2014 (ABl. Nr. L 69 vom 8.3.2014), Nr. 821/2014 (ABl. Nr. L 223 vom 29. Juli 2014), Nr. 964/2014 (ABl. Nr. L 271 vom 11.9.2014), Nr. 1011/2014 (ABl. Nr. L 286 vom 30.9.2014), Nr. 2015/207 (ABl. Nr. L 38 vom 13.2.2015 und 2015/1974 (ABl. Nr. L 293 vom 10.11.2015).