132 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Budgetausschusses

über die Regierungsvorlage (101 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Grunderwerbsteuergesetz 1987 geändert wird

Hauptgesichtspunkte für die Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz 1987:

I. Derzeit ist der (einfache oder dreifache) Einheitswert eines Grundstückes in folgenden Fällen die Basis der Steuerberechnung:

-       wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden (zB Schenkungen, Ersitzungen, Heimfall) oder nicht zu ermitteln (komplexe Scheidungsvereinbarungen) ist,

-       bei Übergaben land- und forstwirtschaftlichen Vermögens an nahe Angehörige gegen Sicherung des Lebensunterhaltes des Übergebers,

-       bei Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft in einer Hand bzw. beim Übergang aller Anteile an einer Gesellschaft und

-       bei Erwerben von Todes wegen.

II. Mit Erkenntnis vom 27. 11. 2012, G 77/12 hat der Verfassungsgerichtshof § 6 GrEStG 1987, BGBl. Nr. 309/1987, in der Fassung BGBl. I Nr. 142/2000, als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Mai 2014 in Kraft (Kundmachung mit BGBl. I Nr. 116/2012).

In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof zusammengefasst folgende Aussagen gemacht:

1.      Seine Bedenken richteten sich nicht gegen das System der Einheitsbewertung von Liegenschaften, sondern gegen den Umstand, dass die einem solchen System inhärente periodische Aktualisierung dieser Werte so lange unterblieben sei, dass die historischen Einheitswerte mit den aktuellen Verkehrswerten in keinem vorhersehbaren Verhältnis mehr stünden. Der Verfassungsgerichtshof habe vielmehr wiederholt festgehalten (vgl. zB VfSlg. 18.093/2007, S 316; 19.487/2011, S 171), dass sich verfassungsrechtliche Bedenken in einem solchen Fall jedenfalls bei einer Steuer ergäben, die für bestimmte Tatbestände der Steuerbemessung derartige Einheitswerte zugrunde legt, bei anderen Tatbeständen hingegen letztlich auf die aktuellen Verkehrswerte abstelle. Nach den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers sei der Einheitswert des Grundstückes als eine adäquate (und daher auch verfassungsrechtlich unbedenkliche) Ersatzbemessungsgrundlage gedacht gewesen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken hätten sich (nur) deswegen ergeben, weil diese annähernde Äquivalenz der Bemessungsgrundlagen wegen des Verzichts auf die Aktualisierung der Einheitswerte nicht mehr gegeben ist und auch durch pauschale Zuschläge oder Vervielfacher nicht mehr hergestellt werden könne.

2.      Dem Gesetzgeber sei es nach der hg. Judikatur erlaubt, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu treffen und einen unwirtschaftlichen Verwaltungsaufwand zu vermeiden (zB VfSlg. 18.093/2007, S 303 mwN). Es sei dem Gesetzgeber nicht verwehrt, ein Bewertungsverfahren zu wählen, das verwaltungsökonomischen Anforderungen gerecht werde und mit Typisierungen und Schätzungen arbeite.

3.      Eine Neuordnung der Grundstücksbewertung sei mit sachlich begründbaren Befreiungen und Ausnahmen nicht unvereinbar, müsse somit nicht notwendigerweise zu einer generellen Steuererhöhung führen. Der Gesetzgeber sei nicht gehindert, grunderwerbsteuerlich aus sachlichen Gründen zwischen verschiedenen Erwerbsvorgängen zu differenzieren und insbesondere unentgeltliche Übergänge von Grundstücken (einschließlich land- und forstwirtschaftlicher Betriebe) im Familienverband anders zu behandeln als Kaufverträge über Grundstücke. Eine solche Differenzierung sei aber nur auf der Basis verfassungsrechtlich unbedenklicher Bemessungsgrundlagen möglich.

4.      Es bestünden keine prinzipiellen Bedenken dagegen, die Bewertung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben nach dem Ertragswert vorzusehen, wenn das Verfahren zu seiner Ermittlung sachgerecht sei und es sich in der Tat um die Übertragung bzw. den Erwerb von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben handle.

III. Ohne gesetzliche Neuregelung wäre bei nach dem 31. 5. 2014 verwirklichten Erwerbsvorgängen – weil „nähere Regelungen“ im Sinn des § 1 Abs. 2 BewG. 1955 im GrEStG 1987 fehlten – als Wert des Grundstückes im Sinn des § 4 Abs. 2 GrEStG 1987 der gemeine Wert (§ 10 BewG. 1955) anzusetzen.

Dies würde bedeuten, dass bei jeder einzelnen Grundstücksübertragung, bei der nicht die Gegenleistung die Bemessungsgrundlage bildet (also zB bei Erwerben von Todes wegen und Schenkungen) eine Ermittlung des gemeinen Wertes erfolgen müsste. Dieser könnte in den meisten Fällen wohl nur unter Zuhilfenahme von Sachverständigen erfolgen. Das wäre einerseits mit Kostenaufwand und andererseits auch mit Zeitaufwand verbunden. Außerdem würde durch eine Einzelfallbewertung die Übergabe von Grundstücken mangels Vorhersehbarkeit der mit der Übergabe verbundenen Kosten erschwert. Zudem besteht bei der Grunderwerbsteuer die Möglichkeit der Selbstberechnung durch Notare und Rechtsanwälte, von der derzeit in mehr als 80% aller Grunderwerbsteuerfälle Gebrauch gemacht wird.

IV. Auch wenn der VfGH Kritik an einem Bewertungsverfahren geübt hat, das „zu vollkommen realitäts-fernen und daher willkürlichen Bemessungsgrundlagen“ führt, ergibt sich die Gleichheitswidrigkeit offensichtlich aus der unterschiedlichen Behandlung von Erwerbsvorgängen, für die unter bestimmten Voraussetzungen die Gegenleistung und unter anderen Voraussetzungen der dreifache Einheitswert vorgesehen war.

Der vorliegende Gesetzesvorschlag differenziert daher nicht mehr danach, ob der Erwerb eines Grund-stücks entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt, und trägt damit dem entscheidenden Einwand des VfGH gegen die bisher geltende Regelung Rechnung. Künftig soll nach Erwerben im Familienverband und außerhalb desselben unterschieden werden. Diese Unterscheidung auf Ebene der Bemessungsgrundlage soll mit jener auf Ebene des Tarifs abgestimmt werden; wobei die Kriterien für die Begünstigung dieselben sein sollen. Die Tarifbegünstigung hat sich schon bisher als unbedenklich erwiesen. Ob der Gesetzgeber nur auf Ebene des Tarifs oder zusätzlich auch auf Ebene der Bemessungsgrundlage Erwerbe im Familienverband begünstigt, kann für die verfassungsrechtliche Beurteilung keinen Unterschied machen.

Die Zulässigkeit der Differenzierung nach dem Familienverband ist bereits im aufhebenden VfGH-Erkenntnis (siehe oben Punkt II Ziffer 3) zum Ausdruck gekommen. Sie erweist sich auch deshalb als sachlich, weil die Festlegung der Gegenleistung bei entgeltlichen Erwerben im Familienverband innerhalb eines wesentlich breiteren Gestaltungsspielraums getroffen werden kann als zwischen fremden Personen. Letztlich handelt es sich bei der im Familienverband anfallenden Grunderwerbsteuer um ein „Phänomen des Massensteuerrechts“, bei dem der VfGH regelmäßig einen weniger strengen Maßstab anlegt als bei Steuertatbeständen, die nur in einer geringen Anzahl von Fällen verwirklicht werden.

V. Aus diesem Grund soll die Bemessungsgrundlage insoweit neu geregelt werden, als – bezogen auf jenen Personenkreis, für den (schon bisher) der ermäßigte Grunderwerbsteuersatz von 2% zur Anwendung kommt, erweitert um die Lebensgefährten – eine weitgehende Anpassung an die bereits in Geltung stehenden Regelungen betreffend die Eintragungsgebühren im Gerichtsgebührengesetz (GGG) erfolgen soll.

Mit dieser Anknüpfung wird einerseits auf ein seit mehr als einem Jahr im Rechtsbestand befindliches Regelwerk zurückgegriffen und andererseits erreicht, dass sowohl für die Grunderwerbsteuer als auch für die Eintragungsgebühr in den überwiegenden Fällen dieselbe Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist, was vor allem zu einer administrativen Entlastung der Steuerpflichtigen und der Parteienvertreter führen soll.

Kompetenz:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 4 B­VG (Bundesfinanzen) sowie aus § 7 Abs. 1 und 2 F-VG.

 

Der Budgetausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 8. Mai 2014 in Verhandlung genommen. Gemäß § 40 Abs. 1 GOG-NR beschloss der Ausschuss einstimmig Dr. Helmut Berger (Leiter des Budgetdienstes der Parlamentsdirektion) als Auskunftsperson beizuziehen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Franz Leonhard Eßl die Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Elmar Podgorschek, Kai Jan Krainer, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Ing. Hermann Schultes, Ing. Waltraud Dietrich, Mag. Roman Haider, Dr. Ruperta Lichtenecker, Ing. Mag. Werner Groiß, Dr. Rainer Hable, Walter Bacher, Johann Hechtl, Franz Kirchgatterer und Mag. Werner Kogler sowie der Bundesminister für Finanzen Dr. Michael Spindelegger, der Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst Dr. Josef Ostermayer und der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Jochen Danninger.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, T, N dagegen: G) beschlossen.

Ferner beschloss der Budgetausschuss mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, T, N dagegen: G) folgende Feststellung:

„In der Spalte ‚vorgeschlagene Fassung‘ der Textgegenüberstellung des § 3 Absatz 1 Ziffer 2 ist unmittelbar nach der Ziffernbezeichnung und vor dem Wort ‚Erwerbe‘ das Wort ‚unentgeltliche‘ einzufügen.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Budgetausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (101 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2014 05 08

                             Franz Leonhard Eßl                                                            Gabriele Tamandl

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau