1371 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über die Regierungsvorlage (1339 der Beilagen): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit

Im Interesse der in Österreich lebenden Menschen sind die Vertragsparteien Bund und Länder einerseits sowie die Sozialversicherung andererseits als gleichberechtigte Partner übereingekommen, das eingerichtete partnerschaftliche Zielsteuerungssystem zur Steuerung von Struktur, Organisation und Finanzierung der österreichischen Gesundheitsversorgung fortzuführen. Damit soll sichergestellt werden, dass sich mittels vereinbarter Ausgabenobergrenzen die öffentlichen Gesundheitsausgaben gleichlaufend zum nominellen Wirtschaftswachstum entwickeln. Es wird damit ein wesentlicher Beitrag zur Erfüllung des Österreichischen Stabilitätspakts geleistet. Vor dem Hintergrund der bestehenden Zuständigkeiten verfolgt die nunmehr vorliegende Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit daher das Ziel, durch moderne Formen einer vertraglich abgestützten Staatsorganisation eine optimale Wirkungsorientierung sowie eine strategische und ergebnisorientierte Kooperation und Koordination bei der Erfüllung der jeweiligen Aufgaben zu erreichen. Es geht um eine den Interdependenzen entsprechende „Governance“ der Zuständigkeiten für die Gesundheitsversorgung, um die Entsprechung der Prinzipien Wirkungsorientierung, Verantwortlichkeit, Rechenschaftspflicht, Offenheit und Transparenz von Strukturen bzw. Prozessen und Fairness und um die Sicherstellung von sowohl qualitativ bestmöglichen Gesundheitsdienstleistungen als auch deren Finanzierung. Durch das vertragliche Prinzip Kooperation und Koordination sollen die organisatorischen und finanziellen Partikularinteressen der Systempartner überwunden werden.

Dementsprechend wird das partnerschaftliche Zielsteuerungssystem, das eine bessere Abstimmung zwischen dem niedergelassenen Versorgungsbereich und den Krankenanstalten garantiert, weiterentwickelt und fortgeführt. Die Patientinnen und Patienten und ihre bestmögliche medizinische Behandlung stehen weiterhin im Mittelpunkt und nicht mehr die Institutionen. Das bedeutet eine weitere Stärkung des öffentlichen Gesundheitswesens, das sich in Österreich bewährt hat. Mit der nunmehr vereinbarten Fortführung der Zielsteuerung-Gesundheit wird ein Mechanismus beibehalten, der es sicherstellt, Ausgabensteigerungen in der Gesundheitsversorgung an das prognostizierte Wirtschaftswachstum heranzuführen, damit die kontinuierliche Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitssystems gewährleistet und dessen Finanzierung auch für kommende Generationen leistbar bleibt.

Die Prinzipien der partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit

•       Für Patientinnen und Patienten wird der niederschwellige Zugang zur bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung und deren hohe Qualität langfristig gesichert und ausgebaut.

•       Die Steuern und Beiträge der Bevölkerung werden besser zielgerichtet eingesetzt.

•       Die Organisation und Steuerungsmechanismen auf Bundes- und Landesebene werden nach dem Prinzip der Wirkungsorientierung weiterentwickelt.

•       Sowohl Versorgungs- als auch Finanzziele werden festgelegt sowie das eingerichtete Monitoring weiterentwickelt und fortgeführt, um die Erreichung der Ziele messbar zu machen.

•       Der Anstieg der öffentlichen Gesundheitsausgaben (ohne Langzeitpflege) ist bis 2021 an das zu erwartende durchschnittliche nominelle jährliche Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (3,2%) heranzuführen.

•       Versorgung der Patientinnen und Patienten zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort mit optimaler medizinischer und pflegerischer Qualität.

•       Sicherstellung einer nachhaltigen Sachleistungsversorgung.

•       Transparente, patientenorientierte Qualität im Gesundheitswesen.

•       Verbesserung der Behandlungsprozesse insbesondere durch die Optimierung von Organisationsabläufen und der Kommunikation.

•       Forcierung der Einrichtung von multiprofessionellen und interdisziplinären Versorgungsformen auf allen Versorgungsebenen.

•       Zielgerichteter Ausbau von Gesundheitsförderung und Prävention.

Neue Strukturen im Dienst der Patientinnen und Patienten

•       Entlastung des vollstationären Bereichs in den Akut-Krankenanstalten durch medizinisch und gesamtwirtschaftlich begründete Verlagerung von Leistungen in den tagesklinischen oder in den ambulanten Bereich (niedergelassener Bereich, selbstständige Ambulatorien sowie Spitalsambulanzen) inklusive Vereinbarung entsprechender Zielvorgaben.

•       Umsetzung neuer multiprofessioneller und/oder interdisziplinärer Primärversorgungseinheiten sowie multiprofessioneller und/oder interdisziplinärer Versorgungsformen in der ambulanten Fachversorgung im Bereich der Sachleistung unter anderem mit der Zielsetzung der Erhöhung des Anteils ambulanter Versorgungsstrukturen mit Öffnungszeiten zu Tagesrand- und Wochenendzeiten

Finanzzielsteuerung: Gesicherte Finanzierung des Gesundheitssystems durch Wahrnehmung einer gemeinsamen Finanzverantwortung

•       Schrittweise Annäherung des Anstiegs der öffentlichen Gesundheitsausgaben an den mittelfristig prognostizierten Anstieg des nominellen BIP (von derzeit 3,2 %).

•       Weiteres finanzierbares Wachstum der Gesundheitsausgaben.

•       Festlegung von Ausgabenobergrenzen, die eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung und auch deren nachhaltige Finanzierung sicherstellen.

Umfassende Transparenz, Kontrolle und Schlichtungsverfahren

•       Bund, Länder und Sozialversicherung vereinbaren fixe Ziele und verpflichten sich zu einem laufenden Monitoring mit klar festgelegten Messgrößen und Zielwerten.

•       Die Monitoringberichte sind zu veröffentlichen.

•       Ein Sanktionsmechanismus wird in folgenden Fällen in Gang gesetzt:

           1. Im Zuge des Monitorings festgestellte Nicht-Erreichung von vereinbarten Zielen

           2. Verstoß gegen die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit, den Zielsteuerungsvertrag auf Bundesebene oder die Landes-Zielsteuerungsübereinkommen

           3. Nicht-Zustandekommen des Zielsteuerungsvertrages auf Bundesebene oder der Landes-Zielsteuerungsübereinkommen

•       Bei Streitigkeiten über Inhalte des Zielsteuerungsvertrages und der Landes-Zielsteuerungsübereinkommen ist ein Schlichtungsverfahren vorgesehen.

Zielsteuerungsvertrag auf Bundesebene, vierjährige Landes-Zielsteuerungsübereinkommen

Auf Grundlage der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit wird ein Zielsteuerungsvertrag auf Bundesebene ausgearbeitet. Basierend auf diesem Vertrag werden auf Landesebene in den Landes-Zielsteuerungskommissionen detaillierte vierjährige Landes-Zielsteuerungsübereinkommen einvernehmlich beschlossen.

Laufzeit dieser Vereinbarung

Die Vereinbarung Zielsteuerung-Gesundheit wird unbefristet abgeschlossen. Die Vertragsparteien verzichten bis 31. Dezember 2017 auf ihr Recht, die Vereinbarung zu kündigen.

Nach dem 31. Dezember 2017 kann diese Vereinbarung vom Bund oder mindestens sechs Ländern zum Jahresende unter Einhaltung einer neunmonatigen Kündigungsfrist gekündigt werden.

 

Die Vereinbarung tritt außer Kraft, wenn

1.      die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens ohne vom Bund und den Ländern akzeptierte Nachfolgeregelung außer Kraft tritt oder

2.      die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012 ohne vom Bund und den Ländern akzeptierte Nachfolgeregelung außer Kraft tritt.

Parallel zu dieser Vereinbarung wird eine neue Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens abgeschlossen, die ebenfalls ab dem 1. Jänner 2017 gilt.

 

 

 

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am
30. November 2016 in Verhandlung genommen. Gemäß § 37 Abs. 2 GOG-NR beschloss der Gesundheitsausschuss einstimmig, Abgeordneten Dr. Marcus Franz zur Teilnahme an der Sitzung mit beratender Stimme beizuziehen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dietmar Keck die Abgeordneten Dr. Eva Mückstein, Dr. Erwin Rasinger, Mag. Gerald Loacker, Dr. Andreas F. Karlsböck, Dr. Marcus Franz, Erwin Spindelberger, Ulrike Weigerstorfer, Ing. Markus Vogl, Ulrike Königsberger-Ludwig sowie die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
Dr. Sabine Oberhauser, MAS und die Ausschussobfrau Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein.

 

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G dagegen: F, N, T) beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieser Vereinbarung zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit (1339 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2016 11 30

                                   Dietmar Keck                                                 Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau