Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Anliegen der Entbürokratisierung und Deregulierung

Entbürokratisierung und Deregulierung sind zentrale Anliegen der Bundesregierung und eine fortwährende Aufgabe der Politik. Daher wurde unter der Ägide der Bundesminister für Finanzen sowie für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien im Rahmen der Arbeitsgruppe „Deregulierung und Entbürokratisierung“ eine breite Palette von Maßnahmen ins Auge gefasst.

Nach deren erster, am 29. Juni 2016 abgehaltener Sitzung wurden folgende zentrale Projekte definiert:

–      Serviceverbesserung für Bürgerinnen und Bürger

–      Entlastung von Unternehmen

–      Effizienzsteigerung der Verwaltung

–      Ausbau des e‑Governments

Parallel dazu sollen bestehende Verwaltungslasten für Unternehmen und BürgerInnen (zB Informations- und Meldepflichten, Aufzeichnungsverpflichtungen, statistische Erhebungen, technische Prüfungen, Dokumentenvorlagen) reduziert und zusammengefasst werden.

Das vorgeschlagene Sammelgesetz stellt ein erstes Paket zur Umsetzung dieses Vorhabens dar.

Hauptgesichtspunkte des Vorhabens:

Zu Art. 1 (Änderung des E‑Government-Gesetzes):

Die vorgeschlagenen Änderungen soll im Zeitalter der fortschreitenden Digitalisierung die Kommunikation auf elektronischem Weg zwischen Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen mit Behörden weiter ausbauen und so in weiten Bereichen den Kontakt zu den Behörden auch auf virtuellem Weg ermöglichen. Durch das Recht auf elektronischen Verkehr haben Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen die Wahlfreiheit, in welcher Art und Weise sie mit Behörden kommunizieren wollen. Der elektronische Verkehr umfasst jegliche Kommunikation mit der Behörde und damit gleichermaßen auch die Einbringung und die elektronische Zustellung. Die elektronische Kommunikation soll damit forciert werden und die Basis für eine „digital first“-Strategie bilden.

Darüber hinaus sollen bis zum Jahr 2020 Unternehmen verpflichtet werden, elektronische Zustellungen entgegenzunehmen. Für die öffentliche Verwaltung und Gerichte sollen durch die elektronische Abwicklung ab diesem Zeitpunkt deutliche Einsparungen lukriert werden können.

Zu Art. 2 (Änderung des Zustellgesetzes):

Mit den vorgeschlagenen Änderungen sollen die Regelungen der elektronischen Zustellung weitgehend harmonisiert werden. Dazu soll bei elektronischen Zustelldiensten auf die dritte Verständigung mittels „gelbem Zettel“ verzichtet, die Abholung von nicht-nachweislichen Dokumenten auch ohne Bürgerkarte ermöglicht und eine einfachere Zustellfiktion eingeführt werden. Bei elektronischen Kommunikationssystemen der Behörde wird eine verpflichtende Verständigung eingeführt.

Um aus den unterschiedlichen Zustellsystemen sowohl auf Basis des Zustellgesetzes (elektronische Zustelldienste, behördliche Kommunikationssysteme der Behörde) als auch fachspezifischen Systemen anderer Verfahrensgesetze (Elektronischer Rechtsverkehr gemäß GOG, FinanzOnline gemäß BAO) Empfängern eine einheitliche Übersicht der für sie bereitgehaltenen Zustellstücke zu ermöglichen, wird außerdem ein Anzeigemodul eingeführt. Behördliche Kommunikationssysteme und die Zustelldienste bringen dazu Metainformationen in das Anzeigemodul ein, die dann für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmerinnen und Unternehmer angezeigt werden. Die Zustellstücke selbst verbleiben beim jeweiligen Versandsystem und es wird lediglich über das Anzeigemodul zugegriffen. Das Anzeigemodul kann in der Folge auch bei Internetportalen der Behörden über Portalverbund angebunden werden.

In einer Ausbaustufe – die erst eine Pilotierungsphase durchlaufen muss und daher noch nicht Gegenstand dieser Novelle ist – soll im Laufe des Jahres 2017 das System dahin erweitert werden, dass ein systemübergreifendes Teilnehmerverzeichnis sämtlicher Zustellsysteme eingeführt wird, um alle potentiellen Empfänger erreichen zu können. Dies soll auch den Versendern die Möglichkeit der Auswahl des elektronischen Versandsystems geben und nicht wie bisher an jenes System binden, bei dem der Nutzer angemeldet war. Schließlich wird dies zu einer weiteren Harmonisierung der Zustellzeitpunkte führen.

Zu Art. 3 (Änderung des Bundesgesetzes über die Ausstellung der Apostille nach dem Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung):

Durch die vorgeschlagene Änderung des Bundesgesetzes über die Ausstellung der Apostille nach dem Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung wird eine gesetzliche Grundlage für das Anbringen einer elektronischen Apostille für solche Urkunden geschaffen, die elektronisch ausgestellt und ohne Medienbruch elektronisch übermittelt werden.

Im Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres soll für durch Verordnung näher zu bestimmende elektronische Urkunden nachgeordneter Dienststellen der Bundesministerien und sonstiger Einrichtungen in Vollziehung behördlicher Aufgaben des Bundes das Erfordernis der Zwischenbeglaubigung durch die entsprechenden Bundesministerien entfallen. Weiters wird eine Rechtsgrundlage für das Anbringen einer elektronischen Apostille aus von Bundesministerien geführten Registern geschaffen.

Es wird die Zuständigkeit zur Ausstellung der Apostille hinsichtlich der Urkunden der Verwaltungsgerichte geregelt.

Zum 2. Abschnitt (Finanzen, Justiz, Familien):

Zu Art. 4 (Änderung der Bundesabgabenordnung):

Um den Empfängern behördlicher Erledigungen auch in Bezug auf die Erledigungen der Abgabenbehörde eine einheitliche Übersicht im Anzeigemodul zu ermöglichen, muss die Übermittlung bestimmter Daten, insbesondere der Metadaten von Erledigungen, trotz der bestehenden abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht (§ 48a BAO) ermöglicht werden. Weiters soll FinanzOnline als Identity-Provider positioniert werden.

Zu Art. 5 (Änderung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes):

Die Zuständigkeit eines Finanzamtes soll an den im zentralen Melderegister (ZMR) gespeicherten Hauptwohnsitz des Abgabenpflichtigen geknüpft werden. Damit ist im Fall eines Wohnsitzwechsels eine gesonderte Mitteilung an das bisher zuständige Finanzamt durch den Abgabepflichtigen nicht mehr erforderlich.

Zu Art. 6 und 7 (Änderung des Neugründungs-Förderungsgesetzes und Unternehmensserviceportalgesetzes):

Der Ministerratsvortrag „Reformdialog Verwaltungsvereinfachung“ der Bundesregierung vom Juni 2015 sieht im Abschnitt „Einfachere und günstigere Unternehmensgründungen“ die Maßnahme „Vollelektronische Gründungen für Einzelunternehmer“ vor. Im Ministerratsvortrag betreffend ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der Start-Ups in Österreich vom Juli 2016 wurde weiters der Ausbau des Unternehmensserviceportals zum österreichischen One-Stop-Shop für Unternehmen vereinbart und eine entsprechende Taskforce eingerichtet. Um die „eGründung“ bei gleichzeitiger Inanspruchnahme der Begünstigungen des Neugründungs-Förderungsgesetzes zu ermöglichen, ist es notwendig, die elektronische Erklärung der Inanspruchnahme über das Unternehmensserviceportal anzubieten. Durch dieses erste Maßnahmenbündel insbesondere aus Änderungen im NeuFöG, GmbH-Gesetz und USPG, kann im Unternehmensserviceportal ein One-Stop-Shop für Unternehmensgründung geschaffen werden, der die vollelektronische Gründung in potentiell über 80% der Fälle ermöglicht. In der Melde- und Kommunikationsinfrastruktur des Unternehmensserviceportals werden mit den vorgesehenen Änderungen zudem ganze Arbeitsprozesse – von der Meldung an eine Behörde bis zum Erhalt eines Antwortschreibens (elektronische Zustellung) – ermöglicht.

Zu Art. 9 (Änderung des GmbH-Gesetzes):

Der Ministerratsvortrag „Reformdialog Verwaltungsvereinfachung“ der Bundesregierung vom Juni 2015 sieht im Abschnitt „Vereinfachung der Formvorschriften für Neugründungen – Neugründungen mit Mustersatzung ohne Notar; Handysignatur ist gleichwertiger Ersatz für notarielle Beglaubigungen“ vor, dass bei der GmbH-Gründung die „elektronische Signatur (Handysignatur)“ künftig die notarielle Unterschriftsbeglaubigung ersetzen soll. Außerdem soll bei Standardgründungen mit einer Mustersatzung die Notariatsaktpflicht entfallen, sofern eine gleichwertige Lösung gefunden wird, die dem Präventionserfordernis im Hinblick auf Wirtschaftskriminalität gerecht wird. Dadurch soll die Gründung einer GmbH billiger und rascher möglich sein. Im Ministerratsvortrag „Maßnahmenpaket zur Stärkung der Start-Ups in Österreich“ aus dem Juli 2016 ist im Abschnitt „One-Stop-Shop Gründungsprozess“ davon die Rede, dass Gründer oder eine autorisierte Stelle die für die Unternehmensgründung nötigen Daten über das einheitliche Unternehmensserviceportal (USP) online eingeben können sollen, wodurch diverse Behördenwege entfallen. Zu diesem Zweck wurden die bestehenden Arbeitsgruppen aus dem „Reformdialog Verwaltungsvereinfachung“ in einer „Taskforce e-Gründung“ unter Leitung des Bundesministeriums für Finanzen zusammengeführt.

Zur Umsetzung dieser Vorgaben der Bundesregierung wird vorgeschlagen, dass die Gründung einer „Standard-GmbH“ – worunter eine Einpersonen-Gesellschaft verstanden wird, bei welcher der einzige Gesellschafter zugleich auch als Geschäftsführer fungieren soll, was in rund 38% aller GmbH-Gründungen der Fall ist – in Hinkunft alternativ auch rein elektronisch und ohne Beiziehung eines Notars erfolgen kann. Die zur Verhinderung von Sozialbetrug, Geldwäsche und anderen Formen der Wirtschaftskriminalität dennoch erforderliche physische Identifizierung des Gründers erfolgt durch die Bank, die auch die Bestätigung über die notwendige Bareinzahlung ausstellt.

Wer bei einer solchen Standardgründung weiterhin die Beratungs- und sonstigen Dienstleistungen des Notars in Anspruch nimmt, – was unter anderem bei Zweifeln an der Zulässigkeit des gewünschten Firmenwortlauts und generell bei rechtlicher und unternehmerischer Unerfahrenheit ratsam sein wird – soll in den Genuss eines stark (um ca. 95%) vergünstigen Notariatstarifs kommen, weil es künftig nicht mehr darauf ankommen soll, ob die Gründung dem Neugründungs-Förderungsgesetz (NeuFöG) unterliegt. In den Anwendungsbereich des vergünstigen Tarifs fallen auch manche Gründungen, die keine Standardgründungen im engeren Sinn sind (insbesondere Gründungen durch eine natürliche Person, die nicht zugleich auf Geschäftsführer werden soll). Dadurch steigt der Anteil der potentiell günstigeren GmbH-Gründungen von ca. 16% auf 44%. Außerdem soll es bei der Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch bis zu vier natürliche Personen generell zu einer Verbilligung des Notariatstarifs kommen.

Darüber hinaus wird für eine noch schnellere Gründungsmöglichkeit beim Notar vorgeschlagen, dass die Einzahlung der Stammeinlagen alternativ auch auf ein Anderkonto des Notars erfolgen kann. Durch die Möglichkeit, den amtlichen Vordruck nach § 4 NeuFöG innerhalb von 14 Tagen nachzureichen, ist eine von Gerichtsgebühren befreite GmbH-Gründung auch möglich, wenn dieses Formular zum Zeitpunkt der Anmeldung zum Firmenbuch noch nicht vorliegt.

Durch diese Maßnahmen ist mit einer deutlichen Beschleunigung und Verbilligung der Gründung einer Standard-GmbH zu rechnen.

Zum 3. Abschnitt (Arbeitsrecht):

Arbeitgeber/innen sind derzeit verpflichtet, alle Gesetze und Verordnungen zum Arbeitnehmerschutz im Betrieb aufzulegen oder elektronisch zur Verfügung zu stellen. Bei Änderungen werden diese regelmäßig aktualisiert, was einen erheblichen bürokratischen Aufwand zur Folge hat.

Die Bestimmungen über die verpflichtende Auflage in Papierform sowie die elektronische Bereitstellung auf einem sonstigen Datenträger samt Ablesevorrichtung, durch geeignete elektronische Datenverarbeitung oder durch geeignete Telekommunikationsmittel sollen künftig entfallen.

Zum 4. Abschnitt (Gesundheit):

Zu Art. 22 (Änderung des Gesundheitstelematikgesetzes 2012)

Mit 24. Mai 2016 ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft getreten. Ab dem 25. Mai 2018 ist sie unmittelbar anwendbar (Art. 99 Abs. 2 DSGVO) und soll an die Stelle der Bestimmungen der derzeit geltenden Datenschutz-Richtlinie treten.

Bis zum 25. Mai 2018 wäre die Fortführung der datenschutzrechtlichen Meldepflicht mit Kosten für die öffentliche Hand in der Höhe von ca. 650 000 Euro verbunden, die durch eine – dem Art. 94 DSGVO – vorgezogene Ausnahme von der Meldepflicht vermieden werden sollen.

Durch die hier vorgeschlagene Änderung des § 14 Abs. 5 GTelG 2012 entfällt die – bis zur Anwendung der DSGVO – noch geltende datenschutzrechtliche Meldepflicht für sämtliche ELGA-Datenanwendungen. Unionsrechtliche Grundlage für diesen Entfall der datenschutzrechtlichen Meldepflicht ist Art. 18 Abs. 2 1. Anstrich der Datenschutz-Richtlinie. Diese Verwaltungsvereinfachung steht auch ganz im Zeichen der Initiative der Bundesregierung „Senkung von Verwaltungslasten für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen“ (Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2013 – 2018, 92) und soll daher durch den vorliegenden Entwurf aufgegriffen werden.

Zu Art. 23 (Änderung des Arzneimittelgesetzes)

Maßnahmen zur Risiko- und Schadenminimierung (Risk and Harm Reduction) zielen darauf ab, mit entsprechenden Programmen bei Menschen mit riskanten Konsummustern im Zusammenhang mit ihrem schädlichen Gebrauch oder ihrer Abhängigkeit von psychoaktiven Substanzen die individuellen und gesellschaftlichen Schäden zu reduzieren. Dieser Ansatz, der den schädlichen bzw. abhängigen Substanzgebrauch als augenblickliche Realität akzeptiert und die Folgen geringstmöglich halten will, ergänzt die anderen, auf Verhinderung oder Reduktion des Gebrauchs zielenden Ansätze (Prävention, Behandlung und gesellschaftliche Reintegration) und ist integrativer Bestandteil moderner Drogen- und Suchtstrategien im Sinne einer umfassenden Herangehensweise an die Suchtproblematik im Bereich der Nachfragereduktion. Dementsprechend ist Überlebenshilfe und Schadenminimierung als integrativer Ansatz im Rahmen des Interventionsfeldes Suchthilfe auch Teil der im Jänner 2016 vom Ministerrat verabschiedeten Österreichischen Suchtpräventionsstrategie – Strategie für eine kohärente Präventions- und Suchtpolitik. Die gegenständlichen Bestimmungen zielen auf die adäquate Umsetzung dieses Ansatzes im österreichischen Sucht- und Drogenhilfesystem.

Zum 5. Abschnitt (Verkehr):

Mit dem Ziel, einen rechtlichen Rahmen für eine umweltverträgliche geologische Speicherung von Kohlenstoffdioxid zu schaffen und damit zur Bekämpfung des Klimawandels beizutragen, wurde im Jahr 2009 die Richtlinie 2009/31/EG über die geologische Speicherung von Kohlendioxid [und zur Änderung näher bezeichneter Rechtsakte] erlassen.

Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2009/31/EG haben die Mitgliedstaaten das Recht, keinerlei Speicherung von Kohlenstoffdioxid auf Teilen oder auf der Gesamtheit ihres Hoheitsgebietes zuzulassen. Mit dem Bundesgesetz über das Verbot der geologischen Speicherung von Kohlenstoffdioxid, BGBl. I Nr. 144/2011, hat die Republik Österreich von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Im Hinblick auf dieses gesetzliche Verbot der geologischen Speicherung von Kohlenstoffdioxid auf österreichischem Hoheitsgebiet wurde eine Umsetzung des Art. 21 der Richtlinie 2009/31/EG, der Zugangsrechte zum „CO2-Transportnetz“ (ein solches existiert in Österreich derzeit nicht) vorsieht, nicht für erforderlich erachtet. Die Europäische Kommission kam zu einer anderen Rechtsauffassung und hat wegen der Nichtumsetzung von Richtlinienartikeln, unter anderem solcher, die im Zusammenhang mit dem Regelungskomplex „Zugangsrechte zum CO2-Transportnetz“ stehen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich eingeleitet. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen nun die Artikel der Richtlinie 2009/31/EG, die im Zusammenhang mit dem Regelungskomplex „Zugangsrechte zum CO2-Transportnetz“ stehen, durch eine Änderung des Rohrleitungsgesetzes innerstaatlich umgesetzt werden.

Daneben werden auch einzelne im Rahmen der allgemeinen Begutachtung vorgebrachte Änderungsvorschläge zum Rohrleitungsgesetz berücksichtigt.

Im Bereich des Kraftfahrgesetzes soll dem Prinzip des „One-Stop-Shop“ bei den Personenstands- und Meldebehörden im Zuge einer Namens- oder Wohnsitzänderung Rechnung getragen werden. Im Zuge einer Namens- oder Wohnsitzänderung soll auch gleich die Änderung von Namen oder Adresse für die Zulassung gemeldet werden.

Besonderer Teil

Zum 1. Abschnitt (E‑Government)

Zu Art. 1 (Änderung des E‑Government-Gesetzes):

Zu Z 5 (§§ 1a und 1b):

Zu § 1a:

Im Zeitalter der fortschreitenden Digitalisierung besteht oftmals der Wunsch, die Kommunikation auf elektronischem Weg abzuwickeln. Dementsprechend soll die Kommunikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen mit Behörden auch auf elektronische Weise ermöglicht werden und ein Recht auf elektronischen Verkehr eingeführt werden. Durch das Recht auf elektronischen Verkehr haben Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen die Wahlfreiheit, in welcher Art und Weise sie mit Behörden kommunizieren wollen. Der elektronische Verkehr umfasst jegliche Kommunikation mit der Behörde und damit gleichermaßen auch die Einbringung und die elektronische Zustellung. Die elektronische Kommunikation soll damit forciert werden und die Basis für eine „digital first“-Strategie bilden. Als Effekt wird so in weiten Bereichen ein physisches Aufsuchen von Behörden vermieden. Die Einführung dieses neuen Rechts ändert freilich nichts an der Zulässigkeit anderer vorgesehener Formen, mit Gerichten und Verwaltungsbehörden in Kontakt zu treten, etwa mittels physischer Eingaben.

Unter Behörden sind in dieser Bestimmung – wie auch im Zustellgesetz – Behörden im funktionellen Sinn (in Vollziehung der Gesetze) zu verstehen. D.h. dass diese Regelung gegenüber allen Organen anzuwenden ist, die hoheitliche Aufgaben erfüllen. Es sind daher Stellen wie zB Beliehene umfasst, soweit sie hoheitliche Befugnisse ausüben.

Vom Recht auf elektronischen Verkehr nicht umfasst sind Angelegenheiten, die sich schon faktisch nicht über den elektronischen Verkehr abwickeln lassen. Darunter ist etwa die Übermittlung von ausschließlich in physischer Form erhältlichen Urkunden (wie beispielsweise Reisepass oder Aufenthaltstitel) oder physischer Beilagen (Originalpapierdokumente, Muster im Patentwesen etc.) zu verstehen. Auch in Fällen der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt sowie in Fällen, die einer unverzüglichen physischen Vollziehung bedürfen, ist eine elektronische Abwicklung nicht denkbar. Eine Ausnahme ist zudem naturgemäß für jene Verfahren gegeben, bei denen ein persönliches Erscheinen des Einschreiters vor der Behörde nötig ist oder von der Behörde angeordnet werden kann. Dies gilt etwa für die Stellung bzw. Einbringung verfahrenseinleitender Anträge, bei denen neben der Identitätsfeststellung des Antragstellers auch die Feststellung des Aufenthaltsorts des Antragstellers bzw. die Anwesenheit des Antragstellers für die unmittelbar auf die Antragstellung folgenden Verfahrenshandlungen erforderlich ist. Weiters ist in diesem Zusammenhang an Verfahren zu denken, bei denen eine erkennungsdienstliche Behandlung des Einschreiters bzw. die Abnahme der biometrischen Daten nach Antragstellung erforderlich ist. Im Zusammenhang mit der Akteneinsicht (§ 17 AVG) ist anzumerken, dass sich diese auf die Akten in der Form bezieht, wie sie von der Behörde geführt werden. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten daher nicht ohnehin elektronisch führt, ist somit eine elektronische Akteneinsicht von vornherein faktisch nicht möglich. Schließlich betrifft die Ausnahme vom Recht auf elektronischen Verkehr auch Verfahrens- und Amtshandlungen, die anders als in persönlicher Anwesenheit des Einschreiters nicht durchgeführt werden können (zB die Einvernahme von Parteien, Zeugen und sonstigen Beteiligten, die Durchsuchung von Personen oder die Erfüllung von Meldeverpflichtungen).

Die Besonderheiten eines gerichtlich angeordneten Freiheitsentzuges bedingen, dass eine uneingeschränkte Inanspruchnahme des Rechts auf elektronischen Verkehr nicht gewährt werden kann. Die Kontaktaufnahme von Insassen von Justizanstalten mit der Außenwelt kann sowohl aus rechtlichen Gründen, etwa bei der Untersuchungshaft (Verdunkelungs- bzw. Verabredungsgefahr usw.), aber auch der Strafhaft (Abschließungsgrundsatz des Strafvollzugsgesetzes), als auch aus Sicherheitsüberlegungen heraus nicht uneingeschränkt eingeräumt werden. Die Vollzugspraxis zeigt, dass die Nutzung elektronischer Kommunikationseinrichtungen durch Insassen (auch: U-Häftlinge!) von Justizanstalten extrem missbrauchsgeneigt ist. Derartige Kommunikationsmöglichkeiten werden erfahrungsgemäß auch dazu benutzt, Kontakte zu Komplizen aufzunehmen oder sich innerhalb organisierter krimineller bzw. terroristischer Organisationen zu verabreden. Da sich die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen in Justizanstalten also von jenen in Freiheit maßgeblich unterscheiden, war darauf beim Recht auf elektronischen Verkehr adäquat Bedacht zu nehmen. Da weiters die Ermöglichung solcher Kommunikationstrukturen in Justizanstalten einer geeigneten technischen Kontrollstruktur bedürfen, um Missbrauch soweit möglich zu vermeiden, kann ein elektronischer Verkehr von Insassen mit der Außenwelt nur nach Maßgabe der diesbezüglich in den Vollzugseinrichtungen vorhandenen technischen und organisatorischen Gegebenheiten gewährleistet werden.

Wie schon im geltenden Verfahrensrecht üblich (vgl. § 13 Abs. 2 zweiter Satz AVG) sind etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs von der jeweiligen Behörde im Internet kundzumachen. Darüber hinaus soll aufgrund der langen Übergangsfrist bis 2020 (vgl. § 25) der Zeitpunkt der Aufnahme des (vollständigen) elektronischen Verkehrs im Internet bekannt gegeben werden. (Abs. 2)

Zu § 1b:

Unternehmen sollen verpflichtet werden, elektronische Zustellungen entgegenzunehmen. Elektronische Zustellungen umfassen insbesondere solche Zustellungen, die in den Anwendungsbereich des 3. Abschnitts des Zustellgesetzes fallen (insbesondere elektronischer Zustelldienst, elektronisches Kommunikationssystem der Behörde), sich nach den §§ 89a ff des Gerichtsorganisationsgesetzes – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, richten oder Zustellungen über FinanzOnline nach der Bundesabgabenordnung (§§ 98 ff BAO) sind.

Für die öffentliche Verwaltung und Gerichte sollen durch die elektronische Abwicklung ab 2020 deutliche Einsparungen lukriert werden können. Für die Unternehmer wird durch das Anzeigemodul (vgl. § 37b ZustG in der vorgeschlagenen Fassung) eine gebündelte Ansicht sämtlicher Zustellstücke angeboten, wodurch ein bisher nicht verfügbarer Komfort geboten wird. Durch eine weitgehend papierlose digitale Abwicklung des Verkehrs zwischen Unternehmen und Behörden sowie Gerichten können auch auf Unternehmensseite effizientere und ressourcenschonendere Prozesse breit angewandt werden. Für die Nutzung der elektronischen Zustellung fallen den Unternehmen keine Kosten an.

Durch die lange Übergangsfrist bis 2020 ist ein dem technologischen Fortschritt Rechnung tragender schrittweiser und damit kostenschonender Umstellungsprozess sichergestellt. Die Ausnahme für Unternehmen, die nicht über die dazu erforderlichen technischen Voraussetzungen oder über keinen Internet-Anschluss verfügen, berücksichtigt auch jene Bereiche, in denen gegenwärtig die Digitalisierung noch weniger stark ausgeprägt ist. Der Widerspruch gemäß Abs. 4 soll etwa über das Unternehmensserviceportal durchgeführt werden können. Die Umsatzgrenze des Abs. 4 ergibt sich aus § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Abstandnahme von der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen, BGBl. II Nr. 206/1998, in der geltenden Fassung (gegenwärtig 30 000 € Vorjahresumsatz).

Zu Z 6 (Überschrift des 2. Abschnitts), 7 (§ 2 Z 11), 8 (§ 4 Abs. 5), 10 (§ 10 Abs. 3), 11 (§ 15 Abs. 2 letzter Satz), 12 (Überschrift zu § 17), 13 (§ 17 Abs. 2 letzter Satz) und 14 (§ 21 Abs. 3):

Die vorgesehenen Änderungen dienen teils der Bereinigung von Redaktionsversehen, teils der sprachlichen Vereinheitlichung.

Zu Z 16 (§ 25 samt Überschrift):

Ein Recht auf elektronischen Verkehr impliziert umgekehrt die Verpflichtung für das Gegenüber zur Schaffung der technischen Voraussetzungen zur elektronischen Entgegennahme oder Versendung. Diese Festlegung der Errichtung und Ausgestaltung technischer Vorkehrungen ist dem Organisationsrecht zuzuordnen und obliegt daher dem jeweiligen Träger der Organisationsgewalt.

Die Schaffung entsprechender Vorgaben und die Einrichtung von Bundesbehörden ist daher gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 16 B‑VG Bundessache. Eine Verpflichtung anderer als Bundesbehörden – etwa Landesbehörden – ist einfachgesetzlich durch Bundesgesetz nicht möglich.

Eine dreijährige Übergangsfrist für die Einrichtung der technischen Vorkehrungen soll den betroffenen Behörden eine ausreichende Zeitspanne für die Planung und allfällige Erweiterung ihres elektronischen Kommunikationsangebots ermöglichen.

Zu Art. 2 (Änderung des Zustellgesetzes):

Zu Z 1 (§ 2 Z 7), 2 (§ 2 Z 8), 3 (§ 2 Z 9) und 4 (Überschrift zu § 10):

Die vorgesehenen Änderungen dienen teils der Bereinigung von Redaktionsversehen im Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, teils der sprachlichen Vereinheitlichung.

Zu Z 5 (§ 11 Abs. 2):

Es soll eine Anpassung an die aktuelle Bezeichnung des Ressorts, welches für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist (vgl. Bundesministeriengesetz-Novelle 2014, BGBl. I Nr. 11/2014), vorgenommen werden.

Zu Z 6 (§ 28 Abs. 2):

Die vorgeschlagene Ergänzung dient der Klarstellung.

Zu Z 7 (§ 29 Abs. 1 Z 11 und 12), 16 (§ 37 Abs. 3) und 20 (§ 40 Abs. 9):

Elektronische Zustelldienste sowie elektronische Kommunikationssysteme der Behörden sollen die beschreibenden Daten (technisch oftmals als Metadaten bezeichnet) von zuzustellenden Dokumenten an das Anzeigemodul (§ 37b) übermitteln. Dadurch wird dem Anzeigemodul ermöglicht, die bei sämtlichen elektronischen Zustelldiensten verfügbaren Metainformationen gebündelt dem Empfänger anzuzeigen. Unter diese Metadaten fallen üblicherweise insbesondere die eindeutigen Dokumentenkennungen, Absender, Betreff, Geschäftszahl, Zustellqualität, Kategorie der Sendung und allfällige weitere beschreibende Daten. § 37b Abs. 6 sieht dazu auch eine Verordnungsermächtigung der Bundesregierung vor, nähere Bestimmungen über die beschreibenden Daten von Dokumenten erlassen zu können, soweit dies erforderlich ist.

Weiters haben elektronische Zustelldienste sowie elektronische Kommunikationssysteme der Behörden die für die identifizierte und authentifizierte Abholung der bereitgehaltenen Dokumente erforderliche Information an das Anzeigemodul zu übermitteln, sodass der Empfänger vom Anzeigemodul – nach erfolgter Identifikation und Authentifizierung – direkt auf sein bereitgehaltenes Dokument zugreifen kann.

Diese Leistungen sollen elektronische Zustelldienste sowie elektronische Kommunikationssysteme der Behörden spätestens sechs Monate ab der Einrichtung des Anzeigemoduls gemäß § 37b erfüllen (§ 40 Abs. 9).

Zu Z 8 (§ 29 Abs. 5) und 9 (§ 32 Abs. 1):

Es sollen zwei Fundstellenangaben und eine Zitierung angepasst werden.

Zu Z 10 (§ 35 Abs. 1 Z 4):

Da die Abholung von Zustellungen ohne Zustellnachweis nun auch bei elektronischen Zustelldiensten ohne die Bürgerkartenfunktion ermöglicht werden soll (vgl. § 35 Abs. 3), soll korrespondierend auch in der elektronischen Verständigung des Empfängers der Hinweis auf das Erfordernis einer elektronischen Signatur entfallen.

Zu Z 11 (§ 35 Abs. 2 zweiter Satz):

Nutzer der elektronischen Zustellung haben sich mit der Anmeldung bei einem elektronischen Zustelldienst bereit erklärt, Zustellstücke elektronisch von Behörden zu erhalten. In Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung und Mündigkeit der angemeldeten Nutzer spricht nunmehr nichts dagegen – nach zwei elektronischen Verständigungen des Empfängers über die Bereithaltung eines Dokuments – die postalische dritte Verständigung entfallen zu lassen. Im Übrigen verteuert die durch den Empfänger (durch die Nichtabholung des Dokuments) ausgelöste dritte Verständigung bislang die Kosten für eine elektronische Zustellung zumindest um den Standardtarif für Briefsendungen und somit um mindestens 200%.

Zu Z 12 (§ 35 Abs. 3 erster Satz):

Bislang war bei elektronischen Zustelldiensten auch die Abholung von Zustellungen ohne Zustellnachweis ausschließlich unter der Verwendung der Bürgerkartenfunktion bzw. einer automatisiert ausgelösten Signatur zulässig. Gerade bei Zustellungen ohne Zustellnachweis ist jedoch ein Zustellnachweis mit eigenhändiger Unterschrift des Empfängers – wie dies durch die Verwendung der qualifizierten elektronischen Signatur der Bürgerkartenfunktion geschieht – schon systemimmanent nicht erforderlich. Andere elektronische Zustellmöglichkeiten des Zustellgesetzes – wie jene an die elektronische Zustelladresse oder über das elektronische Kommunikationssystem der Behörde – bedürfen ebenfalls nicht der Verwendung der Bürgerkartenfunktion. Um die elektronischen Zustelldienste diesbezüglich anzugleichen, soll die Verwendung der Bürgerkartenfunktion nur mehr bei nachweislichen Zustellungen und Zusendungen verpflichtend sein. Dies bedeutet, dass die Abholung von Dokumenten auch mit anderen Authentifizierungsmethoden zulässig sein und damit der Zugang zu Zustellungen und Zusendungen ohne Nachweisbedarf erleichtert werden soll.

Zu Z 13 (§ 35 Abs. 6 bis 8):

Im Sinne einer Bereinigung und Harmonisierung des elektronischen Zustellwesens soll die Frist zu Wirksamkeit der Zustellung verkürzt werden.

Umstände, die die Kenntnis von der Verständigung im Sinn des Abs. 7 verhindern können, sind zB technische Gebrechen und Ortsabwesenheiten mit mangelnder Internetverbindung. Sofern eine nicht bloß vorübergehende Abwesenheit während der Abholfrist von allen Abgabestellen im Sinne des § 2 Z 4 ZustG vorgelegen ist, soll eine Zustellung ebenfalls als nicht bewirkt gelten, selbst wenn die Person von den elektronischen Verständigungen Kenntnis hatte; die Zustellung soll aber an dem der Rückkehr an eine der Abgabestellen folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam werden, an dem das Dokument abgeholt werden könnte.

Zu Z 14 (§ 36):

In Hinblick auf die Änderungen des § 35 sind die Referenzierungen des § 36 entsprechend anzupassen.

Zu Z 15 (§ 37 Abs. 1 und 1a):

Zu § 37 Abs. 1:

Im Sinne einer Bereinigung und Harmonisierung des elektronischen Zustellwesens soll der Zustellzeitpunkt auch hinsichtlich der elektronischen Zustelladresse und des Kommunikationssystems der Behörde angeglichen und somit vereinfacht werden. Es soll nunmehr auf das Einlangen bzw. den Zeitpunkt der erstmaligen Bereithaltung des Dokuments abgestellt werden.

Zu § 37 Abs. 1a:

Obwohl in der Praxis Kommunikationssysteme der Behörde zumeist die Empfänger über ein zur Abholung bereitliegendes Dokument elektronisch verständigen, soll nunmehr diese Verständigung ausdrücklich als Leistungsgegenstand solcher Systeme eingeführt werden, um eine vom Empfänger unbemerkte Zustellung zu vermeiden.

Zu Z 17 (§ 37b samt Überschrift):

Um aus den unterschiedlichen Zustellsystemen sowohl auf Basis des Zustellgesetzes (elektronische Zustelldienste, behördliche Kommunikationssysteme) als auch auf Basis anderer Verfahrensgesetze (Elektronischer Rechtsverkehr gemäß GOG, FinanzOnline gemäß BAO) Empfängern eine einheitliche Übersicht der für sie bereitgehaltenen Zustellstücke zu ermöglichen, wird ein Anzeigemodul eingeführt. Das Anzeigemodul bildet ein Element innerhalb des in weiteren Entwicklungsschritten angedachten Gesamtsystems wie im allgemeinen Teil der Erläuterungen beschrieben. Das Anzeigemodul erfüllt dabei die Funktion der gebündelten Anzeige (Sammler) der Metainformationen und ermöglicht die Abholung dieser Dokumente (Abs. 1). Zustellsysteme bringen dazu Metainformationen in das Anzeigemodul ein, die dann für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmerinnen und Unternehmer angezeigt werden. Die Zustellstücke selbst verbleiben beim jeweiligen Zustellservice und es wird lediglich über das Anzeigemodul zugegriffen. Für den Vorgang der identifizierten und authentifizierten Abholung der Dokumente durch berechtigte Personen agiert der Betreiber des Anzeigemoduls als gesetzlicher Dienstleister (Abs. 2).

Sämtliche Daten über den Abholvorgang durch den Empfänger sind zu protokollieren und an das bereitstellende Zustellsystem zu übermitteln (Abs. 3).

Das Anzeigemodul ist von der Bundesministerin bzw. vom Bundesminister für Finanzen zur Verfügung zu stellen und ist für die Zielgruppe der Unternehmerinnen und Unternehmer im Unternehmensserviceportal (USP) bzw. für die Zielgruppe der Bürgerinnen und Bürger im Bürgerserviceportal (Help.gv.at) einzubinden. In der Folge kann das Anzeigemodul auch bei Internetportalen der Behörden über den Portalverbund angebunden werden. Die E‑Government-Kooperation BLSG soll in die Erarbeitung der Spezifikationen eingebunden werden (Abs. 4).

Die Leistungen des Anzeigemoduls sollen im Sinne eines breiten Zugangs barrierefrei angeboten werden (Abs. 5).

Abs. 6 enthält eine Verordnungsermächtigung der Bundesregierung für nähere Bestimmungen zu den beschreibenden Daten (Metadaten).

Für die Einlieferung der Metadaten wird von der Bundesministerin oder vom Bundesminister für Finanzen ein Kostensatz verlangt werden (Abs. 7).

Da die Einlieferung der Metadaten an das Anzeigemodul erst ab dessen technischer Verfügbarkeit sinnvoll ist, hat die Bundesministerin oder der Bundesminister für Finanzen den Zeitpunkt der Aufnahme der Leistungen des Anzeigemoduls für die betroffenen Zustellsysteme entsprechend zu publizieren (Abs. 8).

Zu Z 18 (§ 39):

Die Vollzugsklausel ist aufgrund der Tätigkeit der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Finanzen anzupassen.

Zu Z 19 (§ 40 Abs. 6):

Der derzeit gesetzlich festgesetzte Tarif für die Erbringung der Zustellleistung gemäß § 29 Abs. 1 berücksichtigt nicht die nunmehr anfallenden Kosten gemäß § 37b Abs. 7. Elektronische Zustelldienste sollen diese Kosten daher zu ihrem Auftraggeber durchreichen.

Zu Art. 3 (Änderung des Bundesgesetzes über die Ausstellung der Apostille nach dem Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung)

Allgemeines:

Österreich ist Vertragsstaat des Haager Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung vom 5. Oktober 1961 (Haager Beglaubigungsübereinkommen), BGBl. Nr. 27/1968. Das Übereinkommen sieht vor, dass unter den Vertragsstaaten keine volle diplomatische Beglaubigung öffentlicher Urkunden verlangt wird. An deren Stelle tritt die Anbringung einer mit dem Übereinkommen eingeführten Apostille auf der öffentlichen Urkunde, die von der zuständigen Behörde des Staates auszustellen ist, in dem die Urkunde errichtet worden ist. In Österreich regelt das Bundesgesetz vom 31. Mai 1967 über die Ausstellung der Apostille nach dem Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung, BGBl. Nr. 28/1968, die Behördenzuständigkeit für die Ausstellung der Apostille.

Auf Grund der international steigenden Anzahl elektronischer Dokumente und auf nachdrückliches Betreiben des Ständigen Büros der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht in Den Haag gehen immer mehr der über 100 Vertragsstaaten des Haager Beglaubigungsübereinkommens dazu über, Apostillen auch in elektronischer Form auszustellen (e‑Apostille). Derzeit haben rund 180 Behörden in 23 Vertragsstaaten die elektronische Apostille umgesetzt und/oder ein elektronisches Register eingeführt.

Aus diesem Grund wurden in einem Pilotprojekt im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres die technischen Voraussetzungen geschaffen, Apostillen im eigenen Zuständigkeitsbereich neben der bisherigen Papierform auch elektronisch auszustellen. Die Schaffung der e‑Apostille im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres mit 1. Juni 2015 wurde dem Niederländischen Außenministerium als Depositär des Haager Beglaubigungsübereinkommens notifiziert und dem Ständigen Büro der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht zur Kenntnis gebracht.

Die Anwendung der e‑Apostille ist für elektronisch ausgestellte Urkunden vorgesehen, die ohne Medienbruch elektronisch zur Apostillierung vorgelegt werden. Mit der e‑Apostille werden die im elektronischen Signatur- oder Siegelzertifikat aufscheinenden Daten bestätigt.

Die Erstellung der e‑Apostille erfolgt aus einer internen Datenbank heraus. Mittels entsprechender Software wird die elektronisch vorliegende, zu apostillierende Urkunde mit der in PDF-Format erstellten e‑Apostille zusammengeführt und das dadurch entstandene Dokument mit Amtssignatur des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres versehen. Der Dokumenteninhaber bzw. die Behörde im Ausland, dem bzw. der das Dokument elektronisch übermittelt wird, hat die Möglichkeit, die Echtheit der e‑Apostille zu verifizieren. Dies geschieht durch Hochladen des abgespeicherten Dokuments am Prüfungstool http://www.signaturpruefung.gv.at. Sowohl die e‑Apostille als auch das zugrundeliegende Dokument können in diesem Wege eingesehen werden.

Die Form der vom Büro für Konsularbeglaubigungen im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres erstellten e‑Apostille sowie das Verfahren zur weltweiten Verifizierung der Echtheit einer e‑Apostille wurden seitens des Ständigen Büros der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht in Den Haag geprüft. Die technische Funktionalität wurde mit dem Hinweis bestätigt, dass das Prüfungstool (http://www.signaturpruefung.gv.at) nach den Kriterien des Ständigen Büros dem höchsten Standard entspricht.

In der Praxis wird die Ausstellung der e‑Apostille auch von deren Akzeptanz durch ausländische Behörden abhängen. Sollte eine e‑Apostille in bestimmten Staaten oder von bestimmten ausländischen Behörden nicht akzeptiert werden, gelten weiterhin die Zuständigkeiten für Papierurkunden.

Urkunden von nachgeordneten Dienststellen und sonstigen Einrichtungen im Wirkungsbereich der Bundesministerien (unmittelbare Bundesverwaltung) bedürfen nach der bisherigen Rechtslage einer Zwischenbeglaubigung des jeweils zuständigen Bundesministeriums, um sie dem Anbringen einer Apostille durch den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres gemäß § 3 Z 1 lit. d des Bundesgesetzes über die Ausstellung der Apostille nach dem Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung zugänglich zu machen. Durch die nun vorgeschlagene Regelung wird die Möglichkeit geschaffen, im Fall der elektronischen Apostillierung von elektronisch erstellten Urkunden, die mit der Amtssignatur eines Bundesministeriums versehen sind, ohne weitere Zwischenbeglaubigung durch das zuständige Bundesministerium direkt durch den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres die elektronische Apostille anzubringen.

Für Bürger und Unternehmen ergeben sich durch die Einführung der e‑Apostille und den Wegfall von Zwischenbeglaubigungen wesentliche Vorteile. Elektronische Dokumente können bei verschiedenen ausländischen Behörden innerhalb der Vertragsstaaten des Haager Beglaubigungsübereinkommens mehrfach verwendet werden. Außerdem fallen wegen nicht mehr erforderlicher Zwischenbeglaubigungen Behördenwege weg. Insgesamt werden daher Kosten für Bürger und Unternehmen reduziert.

Die Kostenersparnis für Unternehmen und Bürger wird in den nächsten Jahren auf ca. 800 000 Euro und die Zeitersparnis auf ca. 50 000 Stunden pro Jahr geschätzt.

Mit diesem Bundesgesetz wird außerdem die Zuständigkeit zur Ausstellung der Apostille hinsichtlich der Urkunden der Verwaltungsgerichte geregelt. Weiters wird eine Rechtsgrundlage für das Anbringen der Apostille auf von österreichischen Berufsvertretungsbehörden erstellen Auszügen aus zentralen Registern geschaffen.

Zu Z 1 (Gesetzestitel):

Aus Anlass der Novellierung soll der etwas weitläufige Gesetzestitel durch einen Kurztitel und eine Abkürzung ergänzt werden und die Anführung des Beschlussdatums entfallen (vgl. RL 101 und 103 der Legistischen Richtlinien 1990).

Zu Z 2 (§ 3 Z 1) und 3 (§ 3 Z 1 lit. d):

Die Ressortbezeichnung soll an die geltende Rechtslage angepasst und der Begriff „Bundesministerium“ soll durch den Begriff „Bundesminister“ ersetzt werden.

Zu Z 4 (§ 3 Z 1 lit. e):

Aus gegebenem Anlass sollen die durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, geschaffenen Verwaltungsgerichte in den Anwendungsbereich des Gesetzes miteinbezogen werden.

Zu Z 5 (§ 3 Z 2 bis 4):

In Auslegung des Haager Beglaubigungsübereinkommens wurde im Apostille-Handbuch der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht 2013 in Absatz 145 festgestellt, dass – trotz des Wortlauts des Art. 1 Abs. 3 lit. a des Übereinkommens – unter gewissen Voraussetzungen auch die Vertretungsbehörden Apostillen ausstellen können. Dies dann, wenn es sich um von ihnen erstellte Auszüge aus Registern handelt. Absatz 145 des Handbuchs lautet: „On the other hand, as part of the services offered to nationals of the host State, Embassies and Consulates abroad may also assist in obtaining civil status documents from the home State, such as extracts of civil registries maintained by an authority in the home State (e.g., the Estonian Consulate in the United States of America obtaining a birth certificate for an Estonian national who was born in Estonia but is now living in the United States of America). These documents do fall within the scope of [Article 1 para. 3 of] the Convention as they are not actually ‘executed’ by the Embassy or Consulate, but rather transmitted by them. In these circumstances, the law of the home State will determine whether the document is a public document for the purposes of the Apostille Convention and may therefore be issued with an Apostille. […]“

Die österreichischen Vertretungsbehörden erstellen derzeit Auszüge aus dem Zentralen Personenstandsregister und dem Zentralen Staatsbürgerschaftsregister. Die Ermächtigung zur Einsicht in diese Register und die Erstellung von Auszügen durch die Vertretungsbehörden ist in den jeweiligen Materiengesetzen geregelt (vgl. § 53 Abs. 4 des Personenstandsgesetzes 2013, BGBl. I Nr. 16/2013, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 80/2014, und § 56b des Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311/1985, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2014). Künftig könnten auch weitere Registerauszüge hinzukommen.

Wird im Empfangsstaat ein solcher Registerauszug nur bei Vorliegen einer Apostille akzeptiert, so ist es naheliegend, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Rahmen der Anwendbarkeit des Haager Beglaubigungsübereinkommens und im Einklang mit der erwähnten Auslegung durch die Haager Konferenz den Auszug selbst apostillieren können soll. Ein Zurücksenden eines an einer Vertretungsbehörde erstellten Registerauszugs an die Behörden in Österreich zwecks Apostillierung scheint nicht zweckmäßig. Die Bestimmung stellt daher die Zuständigkeit der österreichischen Berufsvertretungsbehörden zur Ausstellung der Apostille im beschriebenen Rahmen klar.

Zu Z 6 (§ 3 Z 3 neu):

In § 3 Z 3 neu wird der 2003 aufgelöste Jugendgerichtshof Wien gestrichen. Die Erwähnung des Jugendgerichtshofes Wien in § 3 Z 3 neu betrifft die zur Apostillierung zuständigen Gerichte, sodass an dieser Stelle der nicht mehr bestehende Jugendgerichtshof Wien entfallen kann.

Zu Z 7 (§ 4 neu):

§ 4 Abs. 1 legt den Anwendungsbereich der e‑Apostille fest. Das Apostille-Handbuch der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht 2013 sieht die Ausstellung von e‑Apostillen vor (s. Abs. 234 ff.) und das Sekretariat der Haager Konferenz befürwortet die Einführung von e‑Apostillen.

Die Worte „ohne Medienbruch“ stellen klar, dass der Ausdruck in Papier einer ursprünglich elektronisch ausgestellten Urkunde vom Anwendungsbereich dieser Bestimmung ausgeschlossen ist, und zwar auch dann, wenn er danach wieder eingescannt wurde.

Derzeit liegen – soweit bekannt – in Österreich nur im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres die technischen und organisatorischen Möglichkeiten für die Ausstellung elektronischer Apostillen vor. An den österreichischen Berufsvertretungsbehörden etwa ist dies derzeit nicht der Fall. Die Bestimmung ist jedoch so formuliert, dass alle gemäß § 3 als zuständig genannten Behörden und Gerichte die Möglichkeit der Ausstellung der Apostille in elektronischer Form haben werden, sollten sie in Zukunft die technischen und organisatorischen Voraussetzungen dafür schaffen.

Bei in Papier erstellten Urkunden, die mit Unterschrift ausgestellt sind, liegen bei den jeweiligen übergeordneten Stellen Unterschriftslisten vor, gemäß denen die Echtheit der Unterschrift bestätigt wird. Amtssignaturen gemäß § 19 des E‑Government-Gesetzes, BGBl. I Nr. 10/2004, in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2016, bestätigen oft jedoch nicht die urkundenausstellende Person, sondern die Behörde, in deren Wirkungsbereich die Urkunde ausgestellt wird. Nur diese Behörde kann von der apostillierenden Stelle in der Folge auch verifiziert werden. Im Fall von die ausstellende Person bestätigenden elektronischen Signatur- oder Siegelzertifikaten könnte jedoch auch diese aufgrund dieser Signatur oder dieses Siegels bestätigt werden. Die Wortfolge „können … die im elektronischen Signatur- oder Siegelzertifikat aufscheinenden Daten bestätigt werden“ soll daher einerseits sicherstellen, dass nicht unverifizierbare Daten in die Apostille aufgenommen werden (etwa die Person des Unterzeichners der Urkunde, wenn dieser jedoch mangels vorliegender Unterschriftenlisten und mangels Aufscheinens in der Amtssignatur nicht verifiziert werden kann), andererseits aber die Möglichkeit der Bestätigung aller Daten erlauben, die verifiziert werden können. Hinzu kommt, dass manche untergeordnete Behörden keine eigene Amtssignatur, sondern die einer übergeordneten Behörde verwenden (zB ein Finanzamt die Amtssignatur des Bundesministeriums für Finanzen). Nach der vorgeschlagenen Regelung wird in die Apostille die Behörde aufgenommen, die in der Amtssignatur aufscheint.

§ 4 Abs. 2: Bei Urkunden, die von nachgeordneten Dienststellen der Bundesministerien oder von sonstigen Einrichtungen in Vollziehung behördlicher Aufgaben des Bundes ausgestellt werden, bedarf es einer Zwischenbeglaubigung des zuständigen Bundesministeriums, bevor der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres gemäß § 3 Z 1 lit. d eine Apostille ausstellen kann. Dasselbe gilt für Auszüge aus Registern, die zum Zuständigkeitsbereich anderer Bundesministerien gehören. Bei in Papier ausgestellten Urkunden ist dies schon deshalb erforderlich, weil dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres Unterschriftenproben lediglich der Bundesministerien vorliegen, nicht aber aller ihrer nachgeordneten Dienststellen und anderer Einrichtungen. Elektronisch ausgestellte und vorgelegte Urkunden können jedoch auch ohne Zwischenbeglaubigung und ohne vermehrten Ressourcenaufwand auf Echtheit geprüft werden. § 4 Abs. 2 neu bewirkt, dass hinsichtlich bestimmter elektronischer Urkunden die Zwischenbeglaubigung durch ein Bundesministerium nicht mehr erforderlich ist, die ansonsten Voraussetzung für die Ausstellung der Apostille durch den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres gemäß § 3 Z 1 lit. d ist.

Damit wird einer Empfehlung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht entsprochen, die einen möglichst kurzen Weg bis zur Ausstellung der Apostille anregt. In dem von dieser herausgegebenen Handbuch über die praktische Umsetzung des Apostille Übereinkommens aus 2013 heißt es in den Absätzen 14 bis 16 wie folgt: „14. By introducing a simplified authentication process, the Convention facilitates the use of public documents abroad. Ideally, this purpose is pursued by allowing all public documents to be apostillised directly without the need for prior authentication within the State of origin. Indeed, this ‘one-step process’ is what the drafters had in mind when the Apostille Convention was being developed, and it is how Apostilles are issued in most Contracting States. 15. In other States, some or all public documents must be authenticated by one or more authorities (e.g., professional or regional authentication bodies) before eventually being apostillised. […] 16. Whilst the multi-step process is not necessarily inconsistent with the Apostille Convention, it does maintain aspects of the legalisation chain that the Apostille Convention was designed to abolish. The one-step process is shorter and less cumbersome for the applicant. It is thus the preferred model, and Contracting States are encouraged to adopt it to the widest extent possible […]. Competent Authorities are encouraged to liaise with relevant authorities in their State with a view to moving towards the one-step process. […]“.

Gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 wird in einer Verordnung der Bundesregierung festgelegt, welche Urkunden ohne Zwischenbeglaubigungen durch das jeweilige Bundesministerium vom Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres apostilliert werden. In der Verordnung kann sowohl nach den einzelnen Dienststellen oder Einrichtungen als auch nach bestimmten Urkundenkategorien differenziert werden. Bei dem Ausdruck „sonstigen Einrichtungen in Vollziehung behördlicher Aufgaben des Bundes“ ist insbesondere an ausgegliederte Einrichtungen gedacht.

§ 4 Abs. 2 Z 2: Derzeit wären insbesondere Melderegister, Vereinsregister, Strafregister, Zentrales Personenstandsregister und das Gewerbeinformationssystem betroffen. Ein Beispielsfall wäre, dass sich ein Bürger aus dem Vereinsregister von der Webseite des Bundesministeriums für Inneres einen elektronischen Vereinsregisterauszug abruft, der mit der Amtssignatur des Bundesministeriums für Inneres versehen ist. Dieser elektronische Vereinsregisterauszug kann zB per E-Mail dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres übermittelt werden, das die elektronische Apostille anbringt und die apostillierte Urkunde per E-Mail zurücksendet.

Zu Z 8 ( § 6 Abs. 2 neu):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

Zu Z 9 (§ 7 neu):

Die Vollziehungsklausel wird aus dem bisherigen § 5 Abs. 2 übernommen.

Zum 2. Abschnitt (Finanzen, Justiz, Familien)

Kompetenzgrundlagen:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich hinsichtlich der BAO, des AVOG 2010 und des NeuFöG aus Art. 10 Abs. 1 Z 4 B‑VG (Bundesfinanzen und Monopolwesen) und aus § 7 Abs. 1 und 2 F-VG 1948. Hinsichtlich der Änderung des USPG ergibt sich die Zuständigkeit des Bundes aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 und Art. 17 B‑VG.

Zu Art. 4 (Änderung der Bundesabgabenordnung)

Zu Z 1 und 2 (§§ 48a Abs. 4 lit. d und 48b Abs. 3):

Die Regelungen dienen der Weiterentwicklung des E‑Governments in Österreich.

Z 1 soll dem Bundesminister für Finanzen die Berechtigung einräumen, FinanzOnline als Identity-Provider (also zum Zweck der Bestätigung der elektronischen Identität einer natürlichen Person unter Zuhilfenahme der dieser Person vergebenen FinanzOnline-Kennungen) für Zwecke der Zustellung zu positionieren. Dazu ist es erforderlich, dass das vbPK-ZU dieser Person bei der Stammzahlenregisterbehörde angefordert und an die anfragende Applikation übermittelt wird. Diese im Hinblick auf die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht (§ 48a BAO) erforderliche Regelung schließt andere Zugangsmöglichkeiten wie insb. solche unter Nutzung der Bürgerkartenfunktionalität nicht aus. Das Anfordern des vbPKZU ist vom Nutzer bei jedem Einstieg durchzuführen, unabhängig davon, ob der Einstieg unter Verwendung der FinanzOnline-Kennungen oder unter Verwendung der Bürgerkartenfunktionalität erfolgt.

Z 2 soll dem Bundesminister für Finanzen die Berechtigung einräumen, die gespeicherten elektronischen Kontakt- oder Verständigungsadressen (insbesondere E-Mail-Adressen) zum Zweck der Verständigung von Empfängern über elektronische Zustellungen zu übermitteln, Dabei wird es sich im Wesentlichen um die vom Betroffenen selbst bekanntgegebenen Adressen handeln (vgl. § 5b Abs. 2 FOnV 2006). Damit soll die Errichtung eines elektronischen Zustellverzeichnisses maßgeblich ermöglicht werden. Die erforderliche Zustimmung durch die FinanzOnline-Benutzerinnen und –Benutzer sowie die Transparenz ihnen gegenüber wird durch die Schaffung entsprechender „Opt-In/Opt-Out-Möglichkeiten“ gewährleistet, die Speicherung der übermittelten Kontakt- oder Verständigungsadressen kann sodann bis zur Abmeldung erfolgen. Die nähere Regelung kann in einer Verordnung, zB der FinanzOnline-Verordnung 2006, erfolgen.

Z 3 soll dem Bundesminister für Finanzen die Berechtigung einräumen, an ein Anzeigemodul (§ 37b ZustG) Metadaten eines zugestellten Dokuments zu übermitteln, sowie dem Empfänger die Ansicht dieses Dokuments zu ermöglichen.

Der im § 48b Abs. 3 mehrfach verwendete Begriff „Betreiber eines Anzeigemoduls“ ist nicht im Sinn des § 50 DSG 2000 zu verstehen, wo er im Zusammenhang mit einem Informationsverbundsystem verwendet wird. Beim Anzeigemodul handelt es sich jedoch nicht um ein Informationsverbundsystem, was auch im Hinweis auf § 37b ZustG in § 48b Abs. 3 Z 1 lit. d zum Ausdruck kommt, wo der Betreiber des Anzeigemoduls als gesetzlicher Dienstleister gemäß § 10 Abs. 2 DSG 2000 definiert wird.

Zu Z 3 (§ 114 Abs. 4):

Die fortschreitende Digitalisierung erfordert auch in der Finanzverwaltung zunehmend softwaregestützte Analysen von Daten mit Predictive Analytics Methoden, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung durch Verhinderung und Aufklärung rechtswidrigen Verhaltens von Abgabepflichtigen wirkungsvoll durchzusetzen. Dabei hat die Finanzverwaltung insbesondere die Aufgabe, durch eine effiziente Datenanalyse Risikofälle für Kontroll- und Prüfungshandlungen rasch und treffsicher zu identifizieren. So sollen zB die UID-Nummernvergaben beschleunigt, gleichzeitig Hochrisikofälle erkannt und ungerechtfertigte UID-Nummernvergaben verhindert werden.

Dazu ist eine gesetzlich erlaubte, digitale Nutzung von Daten, über die die Finanzverwaltung im Rahmen ihres Wirkungsbereiches rechtmäßig verfügt, unabdingbar.

Das Verarbeiten von personenbezogenen Daten soll entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur dann erlaubt sein, wenn der angestrebte Erfolg (die Verhinderung und die Aufklärung von abgabenrechtlichen Zuwiderhandlung) nur durch diese Maßnahmenbefugnis auch erreicht werden kann.

Zu Z 4 (§ 158 Abs. 4):

§ 158 Abs. 4 BAO wird neu gegliedert und ergänzt mit der Einsichtsberechtigung der Abgabenbehörden in das Unternehmensregister (§ 25 des Bundesstatistikgesetzes 2000).

Zu Z 5 (§ 323 Abs. 52):

§ 48b Abs. 3 ist Teil eines zukunftsorientierten Projekts der gesamten Bundesregierung zur Weiterentwicklung des E‑Governments in Österreich. Ein solches weit reichendes Projekt soll durch eine Pilotierung vorbereitet werden, wozu der Bundesminister für Finanzen aus dem Kreis der in § 48b Abs. 3 Z 1 lit. a bis d genannten Institutionen Partner bestimmen können soll. Da zufolge des E‑Government-Gesetzes die Abspeicherung des bPK‑ZU in unverschlüsselter Form einem elektronischen Zustelldienst im Sinn des ZustG vorbehalten ist, und Pilotierungspartner nicht notwendigerweise ein solcher Zustelldienst sein muss, kann zur Ermöglichung des Pilotbetriebes aus technischer Sicht ein weiteres indirekt personenbezogenes Identifikationsmerkmal erforderlich sein. Das verschlüsselte bPK-ZU (vbPK-ZU), welches von allen aufgelisteten Institutionen gespeichert werden darf, erfüllt die Anforderungen nicht, da es kein fixes Identifikationsmerkmal ist, sondern jeweils neu gebildet wird.

Zu Art. 5 (Änderung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010)

Zu Z 1 (§ 20 Abs. 1):

Die Änderung dient der Harmonisierung der Rechtsordnungen, nämlich des § 20 AVOG 2010 mit § 3 Z 3 AVG und damit auch der Verfahrensökonomie. Das Abstellen auf die Meldung erübrigt bisher erforderliche Ermittlungen der Finanzämter über den überwiegenden Aufenthalt bei mehreren Wohnsitzen des Abgabepflichtigen. Die Bürgerinnen und Bürger werden durch den Wegfall von Ermittlungsantworten an die Finanzbehörden entlastet.

Zu Z 2 (§ 30 Abs. 10):

Die Legisvakanz ist erforderlich, um eine „vollautomatische“ Vollziehung (Aktenabtretung unter Verständigung der Partei) durch die ADV vorzubereiten.

Zu Art. 6 (Änderung des Neugründungs-Förderungsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 4 Abs. 3):

In der Praxis kommt es gelegentlich vor, dass neue Selbständige das erste NeuFöG-Beratungsgespräch bei der Wirtschaftskammer suchen. Bis dato mussten diese an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft verwiesen werden. Im Sinne der Kundenfreundlichkeit soll gesetzlich klargestellt werden, dass auch die Wirtschaftskammer das NeuFöG-Beratungsgespräch für diese Gruppe durchführen kann.

Zu Z 2 (§ 4 Abs. 4):

Redaktionelle Bereinigung in Abs. 4: Die Bestimmungen für die Möglichkeit der nachträglichen Vorlage des amtlichen Vordrucks, die auf Neugründungen vor dem 1. September 1999 anzuwenden waren (vgl. VwGH 29.7.2004, 2003/16/0134), entfallen.

Um die vollelektronische Gründung für Unternehmen zu ermöglichen, wird in Abs. 4 neu geregelt, dass die Erklärung abweichend von Abs. 1 bis 3 elektronisch im One-Stop-Shop Unternehmensserviceportal (USP) erfolgen kann. Die Nutzung dieses Services ist abhängig von der technischen Verfügbarkeit (Abs. 4 erster Satz). In einem ersten Schritt soll die elektronische Gründung im USP für Einzelunternehmen sowie weiters für Einpersonen-GmbHs angeboten werden.

Hiebei ist geplant, dass möglichst alle mit der Gründung in Verbindung stehenden Behördengänge über das USP erledigt werden können, indem mittels Schnittstellen die Melde-Informationen an die Behörden übermittelt werden (One-Stop-Shop-Prinzip). Dort wo dies nötig ist, müssen Behörden daher Zugriff auf die elektronische NeuFöG-Erklärung haben. Die technische Lösung wird dabei in Zusammenarbeit mit den Behörden erarbeitet. Idealerweise erfolgt mit der Meldung im Zuge des Gründungsprozesses im USP auch die Übermittlung der elektronischen NeuFöG-Erklärung an das anzubindende Behördensystem (zB SVA, Finanz, Justiz). Ein elektronischer Zugriff kann bspw. auch dann vorliegen, wenn die Behörde Zugriff auf das Unternehmensregister hat und dort die Information über die NeuFöG-Erklärung vorliegt. Da Gründerinnen/Gründer bestmöglich serviciert werden sollen, soll es auch zulässig sein, ein elektronisches Abbild der NeuFöG-Bestätigung gemäß Abs. 1 bis 3 als Anhang im Zuge des USP-Gründungsprozesses zu übermitteln, beispielsweise einen Scan der WKO-Bestätigung. Zwecks Ausgestaltung der elektronischen Erklärung und automatisierter Prüfungen soll der Bundesminister für Finanzen ermächtigt werden, nähere Details dazu in einer Verordnung zu regeln.

Die Wirkungen nach § 1 treten ein, wenn die in Betracht kommenden Behörden elektronischen Zugriff auf die elektronische Erklärung haben, andernfalls ist der amtliche Vordruck entsprechend Abs. 1 und 2 vorzulegen bzw. zu erstellen. Der elektronisch signierte Ausdruck der Erklärung über das USP gilt hierbei als amtlicher Vordruck.

Zu Z 3 (§ 6 Abs. 5, 6 und 7):

Ein redaktionelles Versehen in der Absatznummerierung wird korrigiert (Abs. 5 und 6) und das Inkrafttreten festgelegt. Die Möglichkeit zur Nutzung der elektronischen Erklärung ist abhängig von der technischen Verfügbarkeit im Unternehmensserviceportal (vgl. § 4 Abs. 4).

Zu Art. 7 (Änderung des Unternehmensserviceportalgesetzes)

Zu Z 1 (§ 2 Z 9):

In Z 9 wird die Melde- und Kommunikationsinfrastruktur des Unternehmensserviceportal (USP, USP.gv.at) und Bürgerserviceportal (HELP.gv.at) näher definiert. Diese umfasst neben der (bisher schon geregelten) Meldeinfrastruktur auch Funktionen zum Empfang von Mitteilungen (zB elektronische Zustellungen, elektronische Nachrichten). Das Anzeigemodul gemäß § 37b des Zustellgesetzes wird als Teil der Melde- und Kommunikationsinfrastruktur im USP integriert, sodass Unternehmen alle elektronischen Zustellungen und Mitteilungen an einer einzigen Stelle angezeigt bekommen können. Voraussetzung ist, dass sie im Unternehmensserviceportal ordnungsgemäß zB mit den USP-Kennungen oder der Bürgerkartenfunktion angemeldet sind. In der Melde- und Kommunikationsinfrastruktur des Unternehmensserviceportals sollen somit ganze „Geschäftsfälle“ – von der Meldung an eine Behörde, über den anschließenden Erhalt eines Antwortschreibens (elektronische Zustellung) bis zur erneuten Meldung an die Behörde – ermöglicht werden.

Zu Z 2 (§ 3 Abs. 1):

In der USP-Nutzungsbedingungen-Verordnung sollen für Teilnehmer des USP nähere Bestimmungen zur Nutzung der Melde- und Kommunikationsinfrastruktur des USP aufgenommen werden können.

Zu Z 3 (§ 4 Abs. 3):

Es wird eine redaktionelle Anpassung vorgenommen.

Zu Z 4 (§ 8 Abs. 5):

Das Inkrafttreten soll mit dem der Kundmachung folgenden Tag stattfinden.

Zu Art. 8 (Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967)

Im Hinblick auf die Änderungen im Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz ist eine Anpassung im Familienlastenausgleichsgesetz 1967 erforderlich, um die Verfahrensökonomie und Entlastung der Bürgerinnen und Bürger auch für Belange der Familienbeihilfe, die von den Finanzämtern vollzogen werden, sicherzustellen.

Zu Art. 9 (Änderung des GmbHG)

Zu Z 1 (§ 9a GmbHG):

Allgemeines:

Erklärte Ziele des Abschnitts „Vereinfachung der Formvorschriften für Neugründungen – Neugründungen mit Mustersatzung ohne Notar; Handysignatur ist gleichwertiger Ersatz für notarielle Beglaubigungen“ im „Reformdialog Verwaltungsvereinfachung“ sind einerseits eine Beschleunigung, andererseits eine Verbilligung der Gründung einer Standard-GmbH.

In Bezug auf die Gründungsdauer einer GmbH wird im „Reformdialog Verwaltungsvereinfachung“ davon ausgegangen, dass diese in Österreich derzeit durchschnittlich zehn Tage betrage. Dabei wurde – ausgehend von in der Vergangenheit erstellten Auswertungen – für den Bereich der Justiz, also vom Zeitpunkt des Einlangens des Antrags beim Firmenbuch bis zur tatsächlichen Eintragung, eine Dauer von sieben Tagen angenommen. Eine Auswertung anhand aktueller Daten ergab jedoch, dass die Eintragungsdauer in all jenen Fällen, in denen keine Zwischenerledigung erforderlich ist (zB Verbesserungsauftrag des Firmenbuchgerichts wegen eines gesetzwidrigen Firmenwortlauts), zumeist nur fünf Tage beträgt (Medianwert). Damit ist die Zielvorgabe des „Reformdialogs Verwaltungsvereinfachung“ – eine Verkürzung der Gründungsdauer um zwei bis drei Tage – bereits weitestgehend erreicht.

Eine weitere Beschleunigung sowie eine erhebliche Verbilligung der GmbH-Gründung soll nach dem Konzept des „Reformdialogs Verwaltungsvereinfachung“ dadurch erreicht werden, dass für „Standardfälle“ eine vereinfachte GmbH-Gründung unter Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel (insbesondere „Bürgerkartenfunktion“ bzw. „Handysignatur“) vorgesehen wird. Voraussetzung ist allerdings, dass eine gleichwertige Lösung gefunden wird, die dem Präventionserfordernis im Hinblick auf Wirtschaftskriminalität gerecht wird.

In der im Bundesministerium für Justiz zu diesem Punkt des „Reformdialogs Verwaltungsvereinfachung“ eingerichteten Arbeitsgruppe bestand von Anfang an große Skepsis, ob ein Modell gefunden werden kann, dass diesen Anforderungen und generell den Ansprüchen an Eintragungen im Firmenbuch, das öffentlichen Glauben genießt, genügt. Insbesondere wurde bezweifelt, dass es zur Verhinderung von Sozial- und Steuerbetrug sowie Geldwäsche ausreicht, wenn die Identifizierung der an der Gründung beteiligten Personen ausschließlich unter Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel erfolgt. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass der Notar nicht nur eine mit öffentlichem Glauben ausgestattete Person ist, die eine verlässliche Identifizierung der Beteiligten gewährleisten soll, sondern dass ihm auch eine wichtige Beratungsfunktion zukommt. Diese betrifft nicht nur den Inhalt des Gesellschaftsvertrags (zB den Vorstellungen der Gesellschafter entsprechende Regelung der internen Willensbildung, Zulässigkeit des gewünschten Firmenwortlauts), sondern auch sonstige mögliche Konsequenzen eines Handelns in der Rechtsform der GmbH (zB Haftungsrisiken für Gesellschafter und Geschäftsführer). Ein Verzicht auf die verpflichtende Beiziehung eines Notars im Rahmen der GmbH-Gründung bedeutet also auch einen Wegfall seiner Beratungsleistungen. Eine obligatorische Beratung durch eine andere Stelle löst das Problem auch nicht, weil das die Gründungsdauer wieder verlängern würde. Ein Modell, das den Vorgaben des „Reformdialogs Verwaltungsvereinfachung“ entspricht, muss daher einerseits die eindeutige Identifizierung der an der GmbH-Gründung beteiligten Personen (auf andere Weise als durch den Notar) gewährleisten und andererseits berücksichtigen, dass es zu keiner individuellen rechtlichen Beratung kommt.

Bei der Lösung des Problems der fehlenden rechtlichen Beratung hilft schon die Formulierung des „Reformdialogs Verwaltungsvereinfachung“ weiter, weil sie auf „Standardgründungen“ von GmbHs – also auf Gründungen mit einem standardisierten Inhalt – abstellt. Darunter ist in erster Linie die Gründung durch eine einzelne Person zu verstehen, weil sich dort keine (nur im Einzelfall sinnvoll lösbaren) Fragen der internen Willensbildung stellen. Da bei einem einzigen Gründer ohnehin keine Gefahr besteht, dass er sich selbst übervorteilt, kann man hier auch eher auf eine rechtliche Beratung verzichten. Ist dieser einzige Gesellschafter zugleich auch einziger Geschäftsführer, was nur im Fall der Gründung durch eine natürliche Person möglich ist, so könnte man vereinfachend sagen, dass sich diese Person durch die Gründung einer GmbH zumindest nicht mehr (Haftungs-) Risiken aussetzt als durch die – jederzeit formlos mögliche – Aufnahme eines Einzelunternehmens. Nur bei der Gründung von Einpersonen-GmbHs im engsten Sinn, die allerdings ohnehin rund 38% aller GmbH-Gründungen ausmachen, erscheint es somit unter dem Aspekt des Gesellschafterschutzes vertretbar, auf eine individuelle rechtliche Beratung zu verzichten.

Auch die eindeutige Identifizierung der beteiligten Personen ist naturgemäß einfacher, wenn es sich nur um eine einzige Person handelt. Zur notwendigen zusätzlichen Absicherung der Identifizierung des einzigen Gesellschafters und Geschäftsführers über elektronische Kommunikationsmittel bietet sich jene Stelle an, die im Rahmen der GmbH-Gründung schon bisher einbezogen werden muss: Das Kreditinstitut, das die Bestätigung über die bar geleistete Stammeinlage ausstellt (vgl. dazu § 10 Abs. 2 und 3 GmbHG) und nach bankrechtlichen Vorschriften (vgl. § 6 FM-GwG als Nachfolgebestimmung zu § 40 BWG) ohnehin eine Identifizierung seines Kunden durchzuführen hat. Um Malversationen auszuschließen und um die Übermittlungsdauer möglichst kurz zu halten, sollten die vom Kreditinstitut erhobenen Identifizierungsdaten – namentlich eine Ausweiskopie und die Musterunterschrift – sowie die Bankbestätigung direkt in elektronischer Form an das Firmenbuch übermittelt werden.

Anhand dieser Elemente ist das folgende alternative Gründungsmodell vorgezeichnet, das in einem neuen § 9a GmbHG grundsätzlich geregelt und in einer Verordnung des Justizministers näher ausgestaltet werden soll: Die vereinfachte Gründung einer GmbH unter Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel ist nur möglich, wenn es sich um eine Gründung durch eine einzige physische Person handelt, die zugleich einziger Geschäftsführer sein soll. Diese Person sucht zunächst das Kreditinstitut auf, das die Bankbestätigung nach § 10 Abs. 3 GmbHG ausstellen soll, und identifiziert sich dort physisch. Die Identifizierungsdaten und die Bankbestätigung werden vom Kreditinstitut an das Firmenbuch übermittelt und dort zunächst unter einem Ordnungsbegriff abgelegt, den auch der Gründer kennt (zB IBAN des Kontos, auf das die Stammeinlage eingezahlt wurde). In weiterer Folge identifiziert sich der Gründer unter Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel – wofür entsprechend dem „Maßnahmenpaket zur Stärkung der Start-Ups in Österreich“ das Unternehmensserviceportal (USP) oder auch das Webportal der Justiz in Betracht kommt – und kann dann, da er ja zugleich auch Geschäftsführer ist, in einem einheitlichen Vorgang sowohl die Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft abgeben (vgl. § 3 Abs. 3 GmbHG) als auch den Antrag auf Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch stellen (vgl. § 9 GmbHG). Nur durch diese doppelte Absicherung der Identifizierung des Gesellschafters und Geschäftsführers (zunächst physisch bei der Bank, dann elektronisch in der Justiz-Applikation) erscheint es gerechtfertigt, von dem für Anmeldungen zum Firmenbuch grundsätzlich bestehenden Erfordernis einer notariellen oder gerichtlichen Beglaubigung (vgl. § 11 Abs. 1 UGB) ausnahmsweise abzusehen.

Abs. 1:

Hier wird der Anwendungsbereich für die „vereinfachte Gründung“ definiert: Es muss sich um eine Einpersonen-Gründung handeln, bei der der einzige Gesellschafter zugleich einziger Geschäftsführer ist. Aus dem Erfordernis der Identität von Gesellschafter und Geschäftsführer folgt zwingend, dass nur eine natürliche Person vereinfacht gründen kann (vgl. § 15 Abs. 1 GmbHG). Außerdem wird ausdrücklich klargestellt, dass sich aus § 9a GmbHG keinerlei Verpflichtung für Kreditinstitute ergibt, die dort geregelte Dienstleistung anzubieten. Wenn sich ein Kreditinstitut allerdings dafür entscheidet, diese Tätigkeit auszuüben (wofür auch ein gesondertes Entgelt verlangt werden kann), muss es selbstverständlich alle gesetzlichen Vorgaben einhalten.

Auch in einer vereinfacht gegründeten GmbH sind spätere Änderungen (zB Hinzunahme weiterer Gesellschafter, Wechsel des Geschäftsführers) natürlich möglich; sie müssen aber entsprechend den allgemeinen formellen und materiellen Vorschriften erfolgen.

Abs. 2:

Im Sinn einer Vereinheitlichung des Inhalts der Errichtungserklärung nach § 3 Abs. 2 GmbHG kann eine vereinfacht gegründete GmbH nur das gesetzliche Mindeststammkapital haben, das zur Hälfte bar einzuzahlen ist. Eine Wahlmöglichkeit des Gründers besteht nur in Bezug auf die Gründungsprivilegierung nach § 10b GmbHG, die vorgesehen werden kann, aber nicht muss.

Abs. 3:

Die standardisierte Errichtungserklärung muss jedenfalls den Mindestinhalt des § 4 Abs. 1 GmbHG aufweisen, wobei sich Höhe des Stammkapitals und der darauf zu leistende Betrag bereits aus Abs. 2 ergeben. Darüber hinaus kann die Errichtungserklärung auch Regelungen betreffend den Ersatz der Gründungskosten von bis zu 500 Euro, eine Gründungsprivilegierung oder eine jährliche besondere Beschlussfassung über die Gewinnverwendung enthalten.

Was die Firma betrifft, so ist wegen des Wegfalls der obligatorischen Belehrung durch den Notar zu befürchten, dass der vom Gründer gewählte Firmenwortlaut häufiger als bisher nicht den gesetzlichen Vorgaben (vgl. dazu §§ 18 ff. UGB) entsprechen wird. Dadurch dürfte es auch öfter als bisher zur Erteilung eines Verbesserungsauftrags durch das Firmenbuchgericht kommen. Der damit verbundene zusätzliche Arbeitsaufwand für die Firmenbuchgerichte dürfte aber dadurch kompensiert werden, dass die sonstige Prüfung der Standard-Errichtungserklärung einfacher und schneller möglich sein wird. Dass die tatsächliche Eintragungsdauer durch die häufigere Notwendigkeit eines Verbesserungsverfahrens im Vergleich mit dem Status quo sogar steigen könnte, ist jedenfalls nicht dem Gericht, sondern allenfalls dem Gründer selbst anzulasten, der sich vorab entsprechend informieren sollte.

Abs. 4 und 5:

Aufgrund dieser Regelungen bedarf die Errichtungserklärung bei der vereinfachten Gründung ausnahmsweise nicht der Notariatsaktsform und die Anmeldung zum Firmenbuch nicht der beglaubigten Form, weil die Zwecke dieser Formerfordernisse in dieser besonderen Konstellation auf andere Weise erreicht werden können (eindeutige Identifizierung durch doppelte Absicherung, keine spezifische Belehrungsnotwendigkeit). Einzelheiten zum Inhalt der Errichtungserklärung bzw. der Anmeldung sowie die technischen Details der einzuhaltenden Vorgangsweise sind in einer Verordnung des Bundesministers für Justiz zu regeln.

Abs. 6 und 7:

Da die elektronische Abgabe der Errichtungserklärung und die Anmeldung der Gesellschaft zum Firmenbuch bei der vereinfachten Gründung in einem einheitlichen Vorgang möglich sein werden und es im Zeitpunkt der Anmeldung bereits eine Bankbestätigung nach § 10 Abs. 3 GmbHG geben muss, wird der Gründer, der dieses Gründungsmodell wählt, (allenfalls nach Einholung entsprechender Informationen) in Hinkunft als erstes das Kreditinstitut aufsuchen. Da es zu diesem Zeitpunkt noch keine Errichtungserklärung gibt, scheidet die bisher übliche Einzahlung der bar zu leistenden Stammeinlage auf das Konto der (Vor-)Gesellschaft aus. Stattdessen hat die Einzahlung auf ein neu zu eröffnendes Konto des (Gesellschafters und) Geschäftsführers zu erfolgen, was nach § 10 Abs. 2 GmbHG ausdrücklich zulässig ist und bewirkt, dass die entsprechende Forderung als Forderung der späteren GmbH gilt.

Für die Identifizierung des Gesellschafters und Geschäftsführers „anlässlich der Einzahlung“ ist gemäß Abs. 6 grundsätzlich § 6 FM-GwG maßgeblich. Dabei hat eine (neuerliche) physische Identifizierung – die wegen des klaren Wortlauts des Abs. 6 nicht durch Sicherungsmaßnahmen im Sinn des § 6 Abs. 4 FM-GwG (zB Online-Identifikation) ersetzt werden kann – auch dann zu erfolgen, wenn der Gründer bereits Kunde dieses Kreditinstituts ist, weil die notwendige doppelte Absicherung der Identifizierung nur gewährleistet ist, wenn sich die Bank im Zeitpunkt der Leistung der Bareinlage (nochmals) einen aktuellen Lichtbildausweis vorlegen lässt und (neuerlich) eine Musterzeichnung einholt. Die (nochmalige) Identifizierungspflicht des Kreditinstituts besteht daher auch unabhängig von allfälligen normalerweise geltenden Erleichterungen für finanzielle Transaktionen, die unter einem bestimmten Betrag liegen.

Die so von der Bank eingeholten Identifizierungsdaten sind gemäß Abs. 7 ebenso wie die Bankbestätigung elektronisch an das Firmenbuch zu übermitteln, wofür das Kreditinstitut eine ausdrückliche und schriftliche Entbindung vom Bankgeheimnis benötigt. Wenn der Gesellschafter und Geschäftsführer diese Entbindung verweigert, kann die GmbH nicht vereinfacht gegründet werden. Für technische Einzelheiten der Datenübermittlung vom Kreditinstitut an das Firmenbuch ist auch hier eine Verordnung des Justizministers vorgesehen. Diese Verordnung wird auch regeln, über welchen Ordnungsbegriff (zB IBAN des betreffenden Kontos) die bei der Justiz einlangende Bankbestätigung mit der späteren Anmeldung der Gesellschaft zusammengeführt wird.

Abs. 8:

Hier wird gesetzlich fingiert, dass die nach Abs. 4, 5 und 7 vom Gesellschafter und Geschäftsführer bzw. vom Kreditinstitut übermittelten Dokumente als Originalurkunden gelten. Dies ist notwendig, weil diese Dokumente als Grundlagen für die Eintragung der GmbH im Firmenbuch dienen sollen.

Zu Z 2 und 3 (§ 10 Abs. 2 und 3 GmbHG):

Um die Gründung einer GmbH beim Notar noch schneller durchführen zu können soll es in Hinkunft auch möglich sein, den vor der Anmeldung der Gesellschaft eingeforderten Betrag auf ein Anderkonto des Notars einzuzahlen bzw. zu überweisen. In diesen Fällen stellt daher auch nicht die Bank, sondern der – insofern als Treuhänder fungierende – Notar die Bestätigung nach § 10 Abs. 3 Satz 3 GmbHG aus. Erst nach erfolgter Firmenbucheintragung leitet der Notar den erlegten Betrag an die Gesellschaft weiter.

Zu Z 4 (§ 127 Abs. 22 GmbHG):

Hier wird das Inkrafttreten der neuen bzw. geänderten Regelungen geregelt, wobei es für die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen auf das Datum der Anmeldung der betreffenden Gesellschaft zum Firmenbuch ankommen soll.

Zu Art. 10 (Änderung des Notariatstarifgesetzes)

Zu Z 1 (§ 5 Abs. 8 NTG)

Nach dem vorgeschlagenen neuen § 5 Abs. 8 dritter Satz NTG soll als Bemessungsgrundlage für die im Zusammenhang mit der Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch bis zu vier natürliche Personen anfallenden Notariatsgebühren (einschließlich der Beglaubigungskosten) künftig die Hälfte des Stammkapitals heranzuziehen sein. Mit dieser Maßnahme soll ein zusätzlicher Anreiz für Gesellschaftsgründungen durch natürliche Personen geschaffen werden.

Zu Z 2 (§ 5 Abs. 8a NTG)

§ 5 Abs. 8 dritter Satz NTG sieht nach seinem geltenden Text einen vergünstigten Notariatstarif für GmbH-Gründungen durch eine natürliche Person vor, der jedoch nur zur Anwendung kommt, wenn die Gründung dem Neugründungs-Förderungsgesetz (NeuFöG) unterfällt; das trifft lediglich auf ca. 16% aller Fälle zu. Außerdem ist es nach dem Gesetzeswortlaut erforderlich, dass der Gründer bereits einen schriftlichen Entwurf der Errichtungserklärung zum Notar mitbringt, der ohne inhaltliche Änderungen verwendet werden kann, was in der Praxis immer wieder zu Problemen geführt hat.

Um den Kreis der Gründungen, die in den Genuss dieses vergünstigten Tarifs kommen, zu erweitern, soll es in Hinkunft nicht mehr auf die Anwendbarkeit des NeuFöG ankommen. Der vergünstigte Tarif soll daher in all jenen Fällen zum Tragen kommen, bei denen auch eine vereinfachte Gründung nach § 9a GmbHG möglich wäre. Der Gründer muss auch keinen schriftlichen Entwurf der Errichtungserklärung mehr erstellen, wobei die damit wegfallende tarifmäßige Begünstigung des Notariatsakts (vgl. § 4 Z 1 NTG) durch eine weitere Reduktion der – auch für die notwendigen Beglaubigungen maßgeblichen – Bemessungsgrundlage (von bisher 1 000 Euro auf künftig 500 Euro) mehr als kompensiert wird.

In Standardfällen hat der Gründer dann also die Wahl, ob er seine GmbH selbst elektronisch gründen möchte oder ob er dafür die – zu sehr geringen Kosten verfügbaren – Dienstleistungen eines Notars in Anspruch nimmt, die auch eine umfassende rechtliche Beratung beinhalten. Darüber hinaus gilt der vergünstigte Notariatstarif nach dem vorgeschlagenen § 5 Abs. 8a NTG aber auch für einige Formen von Einzelgründungen durch natürliche Personen, die keine „Standardgründungen“ im Sinn des § 9a GmbHG sind (zB wenn der einzige Gesellschafter nicht zugleich auch Geschäftsführer werden soll oder wenn ein höheres Stammkapital gewünscht wird). Weiterhin nicht anwendbar ist der Tarif auf Gründungen von Tochtergesellschaften durch juristische Personen, weil derartige Gründungen in aller Regel nicht schon im Rahmen des – aus gesetzgeberischer Sicht besonders förderungswürdigen – ersten Schrittes in die Selbständigkeit erfolgen.

Zu Z 3 (§ 36a NTG)

Die derzeitige Inkrafttretensbestimmung des § 36 NTG enthält nur entsprechende Anordnungen für die Stammfassung des NTG, auf später erfolgte Änderungen des NTG wurde darin nicht mehr Bedacht genommen. Mit dem vorgeschlagenen neuen § 36a NTG soll daher eine das Inkrafttretens- und Übergangsregime für die aktuellen Anpassungen enthaltende Bestimmung unmittelbar im Gesetz geschaffen werden.

Zu Art. 11 (Änderung des Gerichtsgebührengesetzes)

Zu Z 1 (Tarifpost 10):

Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung (VwGH 2000/16/0763, 2000/16/0362, 2007/16/0095), dass die Vorlage des formgebundenen Antrags nach § 4 NeuFöG eine materielle Befreiungsvoraussetzung ist und daher spätestens in dem gemäß § 2 GGG für das Entstehen der Gebührenpflicht maßgebenden Zeitpunkt erfolgt sein muss. Eine erst nach diesem Zeitpunkt vorgelegte Erklärung nach § 4 NeuFöG bringt die bereits entstandene Gebührenschuld nicht zum Erlöschen. Das bedeutet, dass das Formular derzeit schon im Zeitpunkt der Antragstellung beim Firmenbuchgericht vorgelegt werden muss. Um diese Rechtsfolge im Interesse einer beschleunigten Eintragung abzumildern, wird vorgeschlagen, dass das Formular noch bis 14 Tage nach der Antragstellung (einlangend bei Gericht) nachgereicht werden kann, wenn dies bereits im Firmenbuchantrag angekündigt wird.

Zum 3. Abschnitt (Arbeitsrecht)

Arbeitgeber/innen sind derzeit verpflichtet, alle Gesetze und Verordnungen zum Arbeitnehmerschutz im Betrieb aufzulegen oder elektronisch zur Verfügung zu stellen. Bei Änderungen werden diese regelmäßig aktualisiert, was einen erheblichen bürokratischen Aufwand zur Folge hat.

Die Bestimmungen über die verpflichtende Auflage in Papierform sowie die elektronische Bereitstellung auf einem sonstigen Datenträger samt Ablesevorrichtung, durch geeignete elektronische Datenverarbeitung oder durch geeignete Telekommunikationsmittel sollen künftig entfallen.

Der Entfall dieser Verpflichtungen betrifft rund 200 000 Unternehmen und entlastet diese um mindestens 2 Mio. Euro jährlich.

Die Verpflichtung von Arbeitgeber/innen, alle Gesetze und Verordnungen zum Arbeitnehmerschutz im Betrieb aufzulegen oder elektronisch zur Verfügung zu stellen, hat einen erheblichen bürokratischen Aufwand zur Folge.

Diese Verpflichtungen werden daher in folgenden Gesetzesvorschriften gestrichen: § 24 AZG, § 23 ARG, § 18 Abs. 1 BäckAG, § 9 KA‑AZG, § 17 MSchG, § 27 Abs. 1 KJBG, § 60 GlBG, § 8 Abs. 2 HeimAG, § 125 Abs. 7 und § 129 ASchG (damit entfällt auch die Pflicht zur Auflage der auf dem ASchG beruhenden Verordnungen) sowie § 23a BEinstG.

Die Sonderregelungen für Lenker/innen in § 17c AZG und § 22d ARG können nicht entfallen, da Art. 9 der Richtlinie 2002/15/EG zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransportes ausüben, ABl. Nr. L 80 vom 23.03.2002 S. 35, bzw. Art. 33 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 über den Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, ABl. Nr. L 60 vom 28.02.2014 S. 1, eine entsprechende Unterrichtung verlangen. Für diese Gruppe bleibt die Verpflichtung der Arbeitgeber/innen im bisherigen Ausmaß weiter bestehen.

Die Zuständigkeit des Bundes gründet sich hinsichtlich der Art. 12 bis 20 auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B–VG (Arbeitsrecht) und Art. 21 Abs. 2 B‑VG (Dienstnehmerschutz in Betrieben der Länder). Hinsichtlich des Art. 21 (Änderung des Behinderteneinstellungsgesetzes) gründet sich die Zuständigkeit des Bundes auf Art. I Abs. 2 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 721/1988.

Zum 4. Abschnitt (Gesundheit)

Zu Art. 22 (Änderung des Gesundheitstelematikgesetzes 2012)

Zu Z 1 (§ 14 Abs. 5 und 6 GTelG 2012):

Zu § 14 Abs. 5:

Durch die vorgeschlagene Änderung soll es zu einem gänzlichen Entfall der Meldepflicht sowohl für die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen als auch die ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter hinsichtlich aller nach dem 4. Abschnitt (Elektronische Gesundheitsakte [ELGA]) vorzunehmenden Datenanwendungen kommen. Damit sind insbesondere auch lokale Komponenten von ELGA, wie etwa lokale Patientenindexe, oder die Speicherung situativer Widersprüche – als Datenanwendungen nach dem 4. Abschnitt – von der Meldepflicht gemäß § 17 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999, befreit.

Nach Art. 18 Abs. 1 der Datenschutz-Richtlinie sehen die Mitgliedstaaten eine Meldung durch den für die Verarbeitung Verantwortlichen oder gegebenenfalls seinen Vertreter bei der in Art. 28 genannten Kontrollstelle vor, bevor eine vollständig oder teilweise automatisierte Verarbeitung oder eine Mehrzahl von Verarbeitungen zur Realisierung einer oder mehrerer verbundener Zweckbestimmungen durchgeführt wird. Art. 18 Abs. 1 der Datenschutz-Richtlinie wurde innerstaatlich durch § 17 Abs. 1 DSG 2000 umgesetzt, der eine grundsätzliche Pflicht zur Meldung von Datenanwendungen durch den Auftraggeber an das bei der Datenschutzbehörde eingerichtete Datenverarbeitungsregister vorsieht.

Art. 18 Abs. 2 der Datenschutz-Richtlinie sieht die Möglichkeit der Vereinfachung der Meldung oder eine Ausnahme von der Meldepflicht in den dort genannten Fällen vor. So können die Mitgliedstaaten entsprechend dem Art. 18 Abs. 2 1. Anstrich der Datenschutz-Richtlinie eine Ausnahme von der Meldepflicht schaffen für Verarbeitungskategorien, bei denen

–      unter Berücksichtigung der zu verarbeitenden Daten eine Beeinträchtigung der Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen unwahrscheinlich ist und

–      Folgendes festgelegt ist:

         – die Zweckbestimmungen der Verarbeitung,

         – die Daten oder Kategorien der verarbeiteten Daten,

         – die Kategorie(n) der betroffenen Personen,

         – die Empfänger oder Kategorien der Empfänger, denen die Daten weitergegeben werden, sowie

         – die Dauer der Aufbewahrung.

Diese Ausnahme wurde innerstaatlich für die Standardanwendungen (§ 17 Abs. 2 Z 6 DSG 2000) in Anspruch genommen und soll nach dem vorliegenden Entwurf auch für sämtliche Verwendungen bzw. – nach der neuen Terminologie – Verarbeitungen aufgrund des 4. Abschnittes des Gesundheitstelematikgesetzes 2012 in Anspruch genommen werden.

Das Erfordernis, dass „eine Beeinträchtigung der Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen unwahrscheinlich ist“ (Art. 18 Abs. 1 1. Anstrich der Datenschutz-Richtlinie) steht nicht notwendigerweise der Verwendung sensibler Daten entgegen. Dies belegen mehrere Standardanwendungen, die sensible Daten umfassen, wie etwa:

–      SA002 Personalverwaltung für privatrechtliche Dienstverhältnisse,

–      SA008 Personenstandsbücher,

–      SA013 Personalverwaltung des Bundes und der bundesnahen Rechtsträger,

–      SA015 Personalverwaltung der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände oder

–      SA024 Patientenverwaltung und Honorarabrechnung.

Angesichts der

–      umfangreichen Datensicherheitsbestimmungen (siehe insbesondere 2. Abschnitt des Gesundheitstelematikgesetzes 2012),

–      der speziellen Datenverwendungsregeln (siehe insbesondere §§ 14 und 21 GTelG 2012),

–      der im Vordergrund stehenden Autonomie der ELGA-Teilnehmer/innen (§§ 15 f GTelG 2012),

–      der grundsätzlich dezentralen Struktur von ELGA (§ 20 Abs. 3 GTelG 2012) sowie

–      der wirkungsvollen Verwaltungsstrafbestimmungen des § 25 GTelG 2012

ist eine Beeinträchtigung der Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen im Sinne des Art. 18 Abs. 2 1. Anstrich der Datenschutz-Richtlinie unwahrscheinlich.

Die Zweckbestimmungen der Verarbeitung für die in ELGA enthaltenen ELGA-Gesundheitsdaten (Art. 18 Abs. 1 1. Anstrich der Datenschutz-Richtlinie) sind insbesondere

–      den §§ 13 f des Gesundheitstelematikgesetzes 2012 über die Zwecke von ELGA,

–      den generellen Zugriffsberechtigungen gemäß § 21 Abs. 2 GTelG 2012 sowie

–      den individuellen Zugriffsberechtigungen gemäß § 21 Abs. 3 GTelG 2012

zu entnehmen.

Die Daten oder Kategorien der verarbeiteten Daten (Art. 18 Abs. 1 1. Anstrich der Datenschutz-Richtlinie) ergeben sich aus der Definition der ELGA-Gesundheitsdaten gemäß § 2 Z 9 GTelG 2012.

Die Kategorien der betroffenen Personen (Art. 18 Abs. 1 1. Anstrich der Datenschutz-Richtlinie) ergeben sich aus den Bestimmungen über die ELGA-Teilnahme (§ 15 GTelG 2012).

Die Empfänger oder Kategorien der Empfänger, denen die Daten weitergegeben werden (Art. 18 Abs. 1 1. Anstrich der Datenschutz-Richtlinie) ergeben sich aus dem eHealth-Verzeichnisdienst bzw. Gesundheitsdiensteanbieterindex (§§ 9 f und 19 GTelG 2012), dem Berechtigungssystem (§ 21 GTelG 2012) und dem Protokollierungssystem (§ 22 GTelG 2012). Mit Hilfe dieser Register haben die ELGA-Teilnehmer/innen jederzeit uneingeschränkten Überblick einerseits über die Auftraggeber und andererseits über die zulässigen und tatsächlich durchgeführten Verwendungen. Darüber hinaus sind die tatsächlich erfolgten Verwendungen über das Zugangsportal (§ 23 GTelG 2012) jederzeit einsehbar.

Die Dauer der Aufbewahrung (Art. 18 Abs. 1 1. Anstrich der Datenschutz-Richtlinie) ist in § 20 Abs. 3 und 4 GTelG 2012 mit 10 Jahren bzw. 1 Jahr ausdrücklich determiniert.

Zu § 14 Abs. 6:

Gemäß Art. 35 Abs. 3 lit. b der geltenden Datenschutz-Verordnung sind Datenschutz-Folgenabschätzungen erforderlich bei „umfangreiche[n] Verarbeitung[en] besonderer Kategorien von personenbezogenen Daten gemäß Artikel 9 Absatz 1“.

Bei der Datenschutz-Folgenabschätzung sind die Risiken den Maßnahmen zur Eindämmung dieser Risiken gegenüberzustellen (Erwägungsgrund 90 DSGVO). Bereits die Erläuterungen zum GTelG 2012 (RV 1936 d. B. XXIV. GP. 4 ff) haben zum Schutz von Gesundheitsdaten umfangreiche Abwägungen zu Risiken, angemessenen Garantien und Datensicherheitsmaßnahmen vorgesehen, sodass sich folgende Datenschutz-Folgenabschätzung ergibt:

DATENSCHUTZ-FOLGENABSCHÄTZUNG FÜR ELGA

SYSTEMATISCHE BESCHREIBUNG

der geplanten Verarbeitungsvorgänge, Zwecke sowie berechtigten Interessen

ELGA-Gesundheitsdaten (§ 2 Z 9 GTelG 2012) sollen in dezentralen Datenspeichern für ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter (§ 2 Z 10 GTelG 2012) zeit- und ortsunabhängig zu Gesundheitszwecken gemäß § 9 Z 12 DSG 2000 sowie zur Wahrnehmung der Teilnehmer/innen/rechte gemäß § 16 GTelG 2012 zur Verfügung gestellt werden.

BEWERTUNG

der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit

Die im Gesundheitstelematikgesetz 2012 enthaltenen Regelungen über die Ermittlung und Speicherung von Gesundheitsdaten im Rahmen von ELGA dienen einem der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich dem Schutz der Gesundheit durch die Verbesserung der Verfügbarkeit von und des Zugangs zu ELGA-Gesundheitsdaten für ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter (vgl. § 13 Abs. 1 GTelG 2012). Die Notwendigkeit ergibt sich aus dem wichtigen öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Gesundheitsversorgung, die ohne eine zeit- und ortsunabhängige Verfügbarkeit von ELGA-Gesundheitsdaten zur Gesundheitsversorgung von ELGA-Teilnehmer/inne/n nicht gegeben ist.

Grundsätzlich bestehen Risiken, allerdings ist deren Eintritt einerseits nicht sehr wahrscheinlich und sind andererseits zahlreiche, wirksame Abhilfemaßnahmen gesetzlich im Gesundheitstelematikgesetz 2012 verankert, sodass die Datenschutz-Folgenabschätzung für ELGA klar positiv und zugunsten von ELGA ausfällt.

RISIKEN

Als Risiken werden insbesondere in Erwägungsgrund 85 der Datenschutz-Grundverordnung unter anderem genannt:

–      „physische, materielle oder immaterielle Schäden“:

         Diese Risiken sind für ELGA nahezu ausgeschlossen, weil mit den Strafbestimmungen des § 25 GTelG 2012 sowie des § 121 Abs. 1a des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, wirksame Vorkehrungen gegen die unrechtmäßige Verwendung von ELGA-Gesundheitsdaten und somit das Entstehen von physischen, materiellen oder immateriellen Schäden bestehen.

–      „Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten“:

         Dieses Risiko wird durch ELGA gegenüber herkömmlicher Datenverwendung verringert, weil gemäß § 22 GTelG 2012 erstmals ein zentrales Protokollierungssystem besteht, das „jede Verwendung von ELGA-Gesundheitsdaten im Rahmen von ELGA“ lückenlos protokolliert.

–      „Diskriminierung“:

         Dieses Risiko ist durch das Diskriminierungsverbot des § 16 Abs. 3 GTelG 2012 gesetzlich ausgeschlossen.

–      „Einschränkung der Rechte der betroffenen Personen“:

         Die Rechte der betroffenen Personen werden durch das GTelG 2012 nicht eingeschränkt. Im Gegenteil sieht ELGA eine insbesondere faktische Vereinfachung des Rechts auf Auskunft (§ 26 DSG 2000) oder Widerspruch (§ 28 DSG 2000) vor, als diese Rechte u.a. komfortabel über das Zugangsportal, d.h. in Echtzeit wahrgenommen werden können. Dies stellt eine wesentliche Verbesserung etwa gegenüber § 26 DSG 2000 dar, wonach die Auskunft bloß innerhalb von 8 Wochen zu erfolgen hat. Insbesondere, die in § 16 GTelG 2012 vorgesehenen Teilnehmer/innen/rechte sowie die aufgrund des § 17 GTelG 2012 – zusätzlich zur Datenschutzbehörde – eingerichtete ELGA-Ombudsstelle führen zu einer wesentlichen Stärkung der Betroffenenrechte im Vergleich zum allgemeinen Datenschutzrecht, sodass auch dieses Risiko durch ELGA nicht verwirklicht wird.

–      „Identitätsdiebstahl oder -betrug“:

         Durch die in § 4 Abs. 6 GTelG 2012 vorgesehene Verwendung des höchsten Sicherheitsstandards bei der Identifikation, das ist das bPK-System des E‑Government-Gesetzes, BGBl. I Nr. 10/2004, sowie der Pflicht zur Verschlüsselung bei der Weitergabe von Gesundheitsdaten gemäß § 6 Abs. 1 GTelG 2012 sowie allenfalls der verschlüsselten Speicherung gemäß § 6 Abs. 3 GTelG 2012 ist das Risiko eines erfolgreichen Identitätsdiebstahls oder -betrugs äußerst gering.

–      „finanzielle Verluste“:

         Finanzielle Verluste sind nicht zu erwarten, da im Rahme von ELGA – anders als beispielsweise im Bereich von Online-Banking – keine Finanzdaten verwendet werden.

–      „unbefugte Aufhebung der Pseudonymisierung“:

         Auch die unbefugte Aufhebung der Pseudonymisierung ist nicht zu erwarten ist, weil – wie bereits erwähnt – das hochqualitative bPK-System des E‑Government-Gesetzes gemäß § 14 Abs. 1 GTelG 2012 zwingend zu verwenden ist.

–      „Rufschädigung“:

         Die Rufschädigung ist für ELGA nahezu ausgeschlossen, weil mit den Strafbestimmungen des § 25 GTelG 2012 sowie des § 121 Abs. 1a StGB wirksame Vorkehrungen gegen die unrechtmäßige Verwendung von ELGA-Gesundheitsdaten und somit die potentiellen Nachteile einer Rufschädigung bestehen. Wer ELGA zur Rufschädigung missbraucht, geht angesichts der gerichtlichen Strafdrohung selbst ein hohes Risiko ein.

–      „Verlust der Vertraulichkeit bei Berufsgeheimnissen“:

         Der Verlust der Vertraulichkeit ist für ELGA ausgeschlossen, weil ärztliche Behandlungen lege artis, d.h. insbesondere mit anerkannten Methoden durchgeführt werden müssen und die eigenmächtige Heilbehandlung gemäß § 110 StGB sogar strafrechtlich sanktioniert ist, sodass ex lege kein berechtigtes Interesse von ELGA-Gesundheitsdiensteanbietern an der Geheimhaltung ihrer Behandlungsmethoden besteht. Außerdem unterliegen die ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter einer zusätzlichen Geheimhaltungspflicht gemäß § 14 Abs. 4 GTelG 2012.

–      „erhebliche wirtschaftliche oder gesellschaftliche Nachteile“:

         Solche Nachteile sind für ELGA nahezu ausgeschlossen, weil mit den Strafbestimmungen des § 25 GTelG 2012 sowie des § 121 Abs. 1a StGB wirksame Vorkehrungen gegen die unrechtmäßige Verwendung von ELGA-Gesundheitsdaten und somit das Entstehen erheblicher wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Nachteile bestehen.

Diese Risiken sind nach Erwägungsgrund 75 der Datenschutz-Grundverordnung mit Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere anzugeben. Angesichts der verschwindend geringen Zahl von zwei Verurteilungen nach § 118a StGB im Jahr 2015 (vgl. Statistik Austria, Gerichtliche Kriminalstatistik 2015, https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/soziales/kriminalitaet/index.html [3.11.2016]) sowie einer Zahl von ca 3,4 Mio. aktiven IT-Systemen in Österreich, ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von unter 1:1 Million, dass sich die von der Datenschutz-Grundverordnung angeführten Risiken verwirklichen. Die Zahl von 3 423 353 aktiven IT-Systemen ergibt sich aus der Zahl der Privathaushalte, die für das Jahr 2015 mit 3 817 000 beziffert wird (Statistik Austria, Haushaltsstatistik 2015, https://www.statistik.at/web_de/statistiken/
menschen_und_gesellschaft/bevoelkerung/
haushalte_familien_lebensformen/
haushalte/index.html [3.11.2016]), der Zahl der Unternehmen, die für das Jahr 2014 mit 327 993 beziffert wird (Statistik Austria, Unternehmens, Arbeitsstättenstatistik 2014, https://www.statistik.at/web_de/statistiken/
wirtschaft/unternehmen_arbeitsstaetten/index.html [3.11.2016]) sowie dem Faktor der IKT-Nutzung der für das Jahr 2015 für private Haushalte mit 82 Prozent und für Unternehmen mit 99 Prozent (Bundeskanzleramt, Statistik AT – IKT-Einsatz in Haushalten und Unternehmen 2015, https://www.bka.gv.at/site/5428/default.aspx [3.11.2016]).

ABHILFEMASSNAHMEN

Als Maßnahmen, Garantien und Verfahren zur Eindämmung von Risiken werden insbesondere in Erwägungsgrund 78 der Datenschutz-Grundverordnung unter anderem genannt:

–      „Minimierung der Verwendung/Verarbeitung personenbezogener Daten“:

         Die Minimierung der Verwendung bzw. – nach der neuen Terminologie – Verarbeitung findet im GTelG 2012 an zahlreichen Stellen statt und zwar durch

         – die enge Definition der ELGA-Gesundheitsdaten gemäß § 2 Z 9 GTelG 2012, wonach nicht sämtliche Gesundheitsdaten gemäß § 2 Z 1 GTelG 2012, sondern nur ganz bestimmte Gesundheitsdaten, wie e-Befunde (§ 2 Z 9 lit. a GTelG 2012), Medikationsdaten (§ 2 Z 9 lit. b GTelG 2012), Patientenverfügungen (§ 2 Z 9 lit. c GTelG 2012), Vorsorgevollmachten (§ 2 Z 9 lit. d GTelG 2012), Daten aus den Registern gemäß §§ 73 und 73a des Medizinproduktegesetzes (MPG), BGBl. Nr. 657/1996 (§ 2 Z 9 lit. e GTelG 2012) sowie so genannte Patient-Summaries (§ 2 Z 9 lit. f GTelG 2012) zu den ELGA-Gesundheitsdaten zählen und somit überhaupt in Frage für die Verwendung in ELGA kommen,

         – die Verwendungsbeschränkung des § 14 Abs. 2 GTelG 2012, wonach die durch ELGA verfügbar gemachten ELGA-Gesundheitsdaten personenbezogen ausschließlich zu Gesundheitszwecken gemäß § 9 Z 12 DSG 2000, ausgenommen für die Verwaltung von Gesundheitsdiensten (Z 1) oder zur Wahrnehmung der Teilnehmer/innen/rechte gemäß § 16 GTelG 2012, verwendet werden dürfen,

         – das Verwendungsverbot des § 14 Abs. 3 GTelG 2012, wonach das Verlangen, der Zugriff auf und die Verwendung von durch ELGA verfügbar gemachten ELGA-Gesundheitsdaten Personen oder Einrichtungen, die weder ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter (§ 2 Z 10 GTelG 2012) noch ELGA-Ombudsstelle (§ 2 Z 14 GTelG 2012) sind, ELGA-Gesundheitsdiensteanbietern, die nicht in die Behandlung oder Betreuung eines ELGA-Teilnehmers/einer ELGA-Teilnehmerin eingebunden sind, Arbeitgeber/inne/n, Beschäftiger/innen, Personalberater/inne/n, Versicherungsunternehmen, Trägern der gesetzlichen Sozialversicherung oder Verwaltungsbehörden und Gerichten jedenfalls verboten ist,

         – die spezielle Verschwiegenheitspflicht gemäß § 14 Abs. 4 GTelG 2012, wonach ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter, die ELGA-Ombudsstelle sowie deren Dienstleister und Mitarbeiter/innen ELGA-Gesundheitsdaten, die ihnen aufgrund ihrer berufsmäßigen Beschäftigung anvertraut wurden oder zugänglich geworden sind, unbeschadet sonstiger gesetzlicher Verschwiegenheitspflichten, geheim zu halten haben,

         – die zeitliche Beschränkung der Speicherdauer gemäß § 20 Abs. 3 und 4 GTelG 2012, wonach e-Befunde nach 10 Jahren und Medikationsdaten nach einem Jahr zu löschen sind sowie

         – die örtliche Beschränkung der zulässigen Speicherung von ELGA-Gesundheitsdaten gemäß § 20 Abs. 1 und 2 GTelG 2012, wonach sich die Datenspeicher und Verweisregister nur auf dem Gebiet der Europäischen Union befinden dürfen.

–      „schnellstmögliche Pseudonymisierung personenbezogener Daten“ (siehe auch Erwägungsgrund 28 der Datenschutz-Grundverordnung):

         Der schnellstmöglichen Pseudonymisierung personenbezogener Daten wird durch die Verwendung des bPK-Systems nach den Bestimmungen des E‑Government-Gesetzes gemäß § 4 Abs. 6 sowie § 14 Abs. 1 GTelG 2012 Rechnung getragen. Außerdem sieht § 20 Abs. 5 GTelG 2012 vor, dass die so genannten Verweisregister, die quasi als Inhaltsverzeichnis von ELGA fungieren, keinen direkten Personenbezug aufweisen. Vielmehr sollen in den Verweisregistern bloß die bereichsspezifischen Personenkennzeichen der ELGA-Teilenehmer/innen, die nach der Judikatur der Datenschutzkommission (DSK 22.05.2013, K202.1126/0012-DSK/2013) als indirekt personenbezogenen Daten anzusehen sind, mit den eindeutigen Kennungen der ELGA-Gesundheitsdaten verknüpft werden, sodass wesentliche ELGA-Komponenten ex lege und als datenschutzfreundliche Voreinstellung (Art. 25 Abs. 2 DSGVO) nur indirekt personenbezogen bzw. pseudonymisiert geführt werden. die Pseudonymisierung der ELGA-Gesundheitsdaten selbst ist nicht möglich, weil im Sinne der Patientensicherheit auch allfällige Ausdrucke oder Downloads von ELGA-Gesundheitsdaten den jeweiligen ELGA-Teilnehmer/inne/n sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt zweifelsfrei zugeordnet werden können müssen.

–      „Transparenz in Bezug auf die Funktionen und die Verwendung/Verarbeitung personenbezogener Daten“:

         Der Anforderung der Transparenz wird durch die gesetzlichen Regelungen des Gesundheitstelematikgesetzes 2012 in höchstem Maße Rechnung getragen, wie etwa durch

         – einheitliche datenschutzrechtliche Standards bei der Verwendung von Gesundheitsdaten gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 iVm § 28 GTelG 2012 sowie den §§ 17a ff der ELGA-Verordnung 2015,

         – für alle Gesundheitsdiensteanbieter und somit nicht nur ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter verpflichtende IT-Sicherheitskonzepte, die gemäß § 8 GTelG 2012 auf Verlangen der Bundesministerin oder des Bundesministers für Gesundheit und Frauen jederzeit zu übermitteln sind,

         – das Recht der ELGA-Teilnehmer/innen, elektronische Verweise und ihre ELGA-Gesundheitsdaten ein- und auszublenden sowie zu löschen (§ 16 GTelG 2012),

         – die Einrichtung einer ELGA-Ombudsstelle gemäß § 17 GTelG 2012, womit insbesondere älteren Menschen und Menschen ohne Internetzugang der niederschwellige Zugang zu ELGA sichergestellt werden soll sowie

         – Information, insbesondere über die ELGA-Teilnehmer/innen/rechte, im Wege der sozialversicherungsrechtlichen Leistungsinformation (Art. 2 bis 5 des ELGA-Gesetzes, BGBl. I Nr. 111/2012).

–      „Überwachung der Verwendung/Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Betroffenen/betroffenen Personen“:

         ELGA-Teilnehmer/inne/n wird eine einfache und effektive Kontrolle über ihre ELGA-Gesundheitsdaten ermöglicht durch:

         – das Recht der ELGA-Teilnehmer/innen jederzeit aus ELGA zu optieren (§ 15 f GTelG 2012),

         – das Berechtigungssystem (§ 21 GTelG 2012), in dem die ELGA-Teilnehmer/innen im Wege der ELGA-Ombudsstelle oder online über das Zugangsportal die Zugriffsberechtigungen auf ihre ELGA-Gesundheitsdaten setzen können sowie

         – das Protokollierungssystem (§ 22 GTelG 2012), das jede Verwendung von ELGA-Gesundheitsdaten im Rahmen von ELGA lückenlos protokolliert und einfach und übersichtlich darstellt (§ 22 Abs. 4 GTelG 2012).

–      „Datensicherheitsmaßnahmen“ (Erwägungsgrund 83 der Datenschutz-Grundverordnung):

         Im Gesundheitstelematikgesetz 2012 sind zahlreiche Datensicherheitsmaßnahmen vorgesehen, wie etwa:

         – die grundsätzliche Verschlüsselungspflicht bei der Weitergabe von Gesundheitsdaten gemäß § 6 GTelG 2012,

         – die Pflicht zur technischen Sicherstellung des rollenbasieren Zugriffs gemäß § 3 Abs. 3 GTelG 2012 iVm Anlage 1 GTelV 2013,

         – die Pflicht zur eindeutigen Identifikation gemäß den §§ 18 f GTelG 2012,

         – organisatorische Sicherheitsanforderungen, wie der Einrichtung von Beauftragten für die Informationssicherheit oder eines Risikomanagements sowie der Definition von Sicherheitsanforderungen an Prozesse (§§ 17c bis 17e ELGA-VO 2015),

         – technische Sicherheitsanforderungen, wie etwa hinsichtlich der Aktualität von Software, der Freiheit von Viren und Schadsoftware oder der Verwendung von Zertifikaten (§ 17f ELGA-VO 2015),

         – Sicherheitsanforderungen an die Authentifizierung, d.h. insbesondere Regeln hinsichtlich der Verwendung von Sicherheitstoken (§ 17g ELGA-VO 2015),

         – Sicherheitsanforderungen an Testumgebungen (§ 17h ELGA-VO 2015),

         – bauliche Sicherheitsanforderungen (§ 17i ELGA-VO 2015) sowie

         – Sicherheitsanforderungen an das Personal (§ 17j ELGA-VO 2015).

Zu Z 3 (§ 24 Abs. 3 GTelG 2012):

Durch den neu eingefügten Abs. 3 soll unmissverständlich klargestellt werden, dass auch nach Änderung der in § 14 Abs. 5 vorgesehenen Bestimmung über die vertretungsweise Meldung durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, keinerlei Meldepflicht für die ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter besteht.

Zu Z 4 (§ 26 Abs. 4 GTelG 2012):

Die vorgeschlagenen Änderungen sollen mit 1. Juli 2017 in Kraft treten.

Zu Z 5 (§ 28 Abs. 2 Z 5 GTelG 2012):

Die näheren sicherheitstechnischen Regelungen, wie insbesondere zum Risikomanagement, sollen auf Verordnungsebene getroffen werden. Die vorgeschlagene Änderung soll dies besser als bisher zum Ausdruck bringen.

Zu Z 4 (§ 28 Abs. 2 Z 5 GTelG 2012):

Die näheren sicherheitstechnischen Regelungen, wie insbesondere zum Risikomanagement, sollen auf Verordnungsebene getroffen werden. Die vorgeschlagene Änderung soll dies besser als bisher zum Ausdruck bringen.

Zu Art. 23 (Änderung des Arzneimittelgesetzes)

Allgemeines:

Wie bereits im Allgemeinen Teil kurz ausgeführt, zielen Maßnahmen zur Risiko- und Schadenminimierung (Risk and Harm Reduction) darauf ab, mit entsprechenden Programmen bei Menschen mit riskanten Konsummustern im Zusammenhang mit ihrem schädlichen Gebrauch oder ihrer Abhängigkeit von psychoaktiven Substanzen die individuellen und gesellschaftlichen Schäden zu reduzieren. Dieser Ansatz, der den schädlichen bzw. abhängigen Substanzgebrauch als augenblickliche Realität akzeptiert und die Folgen geringstmöglich halten will, ergänzt die anderen, auf Verhinderung oder Reduktion des Gebrauchs zielenden Ansätze (Prävention, Behandlung und gesellschaftliche Reintegration) und ist integrativer Bestandteil moderner Drogen- und Suchtstrategien im Sinne einer umfassenden Herangehensweise an die Suchtproblematik im Bereich der Nachfragereduktion. Zu verweisen ist etwa auf die EU Drogenstrategie 2013-2020, sowie auf die Schlussfolgerungen des Rates über die Implementierung von Mindestqualitätsstandards im Bereich der Reduktion der Drogennachfrage in der EU (2015), wonach entsprechende Maßnahmen, die auf die Zielpopulationen zugeschnitten und für diese leicht zugänglich sein sollen, insbesondere – aber nicht darauf beschränkt – auf die Prävention der Übertragung von Infektionskrankheiten und von drogenbezogenen Todesfällen zielen. Die betreffenden Interventionen basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrung und werden von qualifizierten und/oder geschulten Mitarbeitern vermittelt. Auch das Outcome Dokument der UNO Generalversammlung zum Welt-Drogenproblem im April 2016 anerkennt ausdrücklich die Komplexität und Multikausalität der Drogenabhängigkeit als chronische, mit Rückfällen verbundenen Erkrankung und bekennt sich, im Rahmen und eingebettet in eine umfassende Strategie zur Nachfragereduktion, zu entsprechenden Schadenminimierungsprogrammen. Dem entsprechend ist Überlebenshilfe und Schadenminimierung als integrativer Ansatz im Rahmen des Interventionsfeldes Suchthilfe auch Teil der im Jänner 2016 vom Ministerrat verabschiedeten Österreichischen Suchtpräventionsstrategie – Strategie für eine kohärente Präventions- und Suchtpolitik.

Die gegenständlichen Bestimmungen zielen auf die adäquate Umsetzung dieses Ansatzes im österreichischen Sucht- und Drogenhilfesystem. Zu den Aufgaben niederschwelliger Suchthilfe im Rahmen schadenminimierender Maßnahmen zählt es, neben sterilen Nadeln und Spritzen (in der Regel Tauschsystem alt gegen neu) sowie Filtern und sonstigen sterilen Behelfen auch die für eine sterile Injektion erforderliche Kochsalzlösung, steriles Wasser für Injektionszwecke und Ascorbinsäure zur Verfügung zu stellen. Die Abgabe und Verwendung dieser Utensilien folgt den Empfehlungen einschlägiger Fachgremien, insbesondere der WHO sowie UNAIDS und ist verbreitete Praxis in allen Ländern, in denen Harm Reduction-Maßnahmen im Rahmen drogenbezogener Gesamtstrategien etabliert sind.

Mit der vorliegenden Regelung soll die international gepflogene Praxis ausdrücklich gesetzlich verankert werden und so die erforderliche Rechtssicherheit geschaffen werden. International wie auch in Österreich ist es seit Jahrzehnten Praxis niederschwelliger Drogenarbeit, nicht nur im stationären, sondern auch im ambulanten Bereich (Anlauf- und Beratungsstellen, Streetwork), Harm Reduction-Utensilien wie Spritzen den betreuten Personen zur Verfügung zu stellen. Die vorgesehene Anbindung an jene Drogenhilfeeinrichtungen, die nach Maßgabe des § 15 des Suchtmittelgesetzes von der Bundesministerin/vom Bundesminister für Gesundheit und Frauen im Bundesgesetzblatt kundgemacht worden sind, bietet Gewähr dafür, dass neben besonders qualifizierten FachmitarbeiterInnen (insbesondere erfahrende SozialarbeiterInnen) auch ein „mit Fragen des Suchtgiftmissbrauchs vertrauter Arzt“ für die eventuell erforderliche Anleitung und Unterweisung des Personals zur Verfügung steht, somit weiterhin eine ärztliche Kontrollfunktion ausgeübt werden kann.

Mit der vorliegenden Änderung werden mehrfach beträchtliche Kostendämpfungseffekte erzielt. Zum einen durch den Bezug der in Rede stehenden Arzneimittel direkt beim Großhandel, zum anderen durch die Sicherstellung der Betreuung nach den wissenschaftlich aktuellen Standards. Damit werden Folgekosten, etwa ausgelöst durch Infektionen bei unsterilen Rahmenbedingungen, verhindert. Dies kommt wieder dem System der öffentlichen Gesundheitsversorgung, insbesondere den gesetzlichen Krankenversicherungsträgern, zu Gute. Der Bezug der für Maßnahmen der Harm-Reduction nötigen Arzneimittel über ärztliche Verschreibung, Einlösung des Rezepts und Abholung in der Apotheke wäre, abgesehen von der Frage der Praktikabilität, mit weitaus höheren Kosten für die öffentliche Hand verbunden, da Suchthilfeeinrichtungen nahezu ausschließlich aus öffentlichen Mitteln (Bund, Länder, teilweise Gemeinden) finanziert werden. Schließlich soll auch die Abgabe von Einzeldosen möglich sein. Derzeit befinden sich nur Handelspackungen mit mindestens 20 Stück im Verkehr, was beim Grundsatz der Abgabe in der Handelspackung zu vermeidbaren Hindernissen in der Handhabung und unnötigen Kosten führen würde.

Zu Z 1 (§ 57 Abs. 1 Z 8 bis 10 AMG):

Durch die vorgeschlagene Änderung soll der Bezug durch Einrichtungen gemäß § 15 des Suchtmittelgesetzes direkt vom Großhandel und Hersteller ermöglicht werden, was nach § 59 des Arzneimittelgesetzes auch die Abgabe durch diese Einrichtungen an ihre Klienten ermöglicht. § 57 Abs. 1 Z 10 ist auch als lex specialis zu den Regelungen des Rezeptpflichtgesetzes anzusehen (§ 1 Abs. 4 und 5).

Zu Z 2 (§ 61 Abs. 1 Z 4 bis 6 AMG):

Durch die geplante Änderung soll die Abgabe von Einzeldosen in den in Rede stehenden Fällen sichergestellt werden.

Zum 5. Abschnitt (Verkehr)

Zu Art. 24 (Änderung des Rohrleitungsgesetzes)

Allgemeines:

Mit dem Ziel, einen rechtlichen Rahmen für eine umweltverträgliche geologische Speicherung von Kohlenstoffdioxid zu schaffen und damit zur Bekämpfung des Klimawandels beizutragen, wurde im Jahr 2009 die Richtlinie 2009/31/EG über die geologische Speicherung von Kohlendioxid und zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG sowie der Richtlinien 2000/60/EG, 2001/80/EG, 2004/35/EG, 2006/12/EG und 2008/1/EG sowie der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 erlassen.

In den Erwägungen zu dieser Richtlinie wird ausgeführt, die Abscheidung und geologische Speicherung von Kohlenstoffdioxid sei eine Brückentechnologie, die zur Abschwächung des Klimawandels beiträgt. Dabei wird Kohlenstoffdioxid aus Industrieanlagen abgeschieden, zu einer Speicherstätte transportiert und dort zur dauerhaften Speicherung in eine geeignete, unterirdische geologische Formation injiziert. Eine Speicherung von abgeschiedenem Kohlenstoffdioxid in der Wassersäule ist ausdrücklich verboten.

Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2009/31/EG haben die Mitgliedstaaten das Recht, keinerlei Speicherung von Kohlenstoffdioxid auf Teilen oder auf der Gesamtheit ihres Hoheitsgebietes zuzulassen. Mit dem Bundesgesetz über das Verbot der geologischen Speicherung von Kohlenstoffdioxid, BGBl. I Nr. 144/2011, hat die Republik Österreich von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Im Hinblick auf das gesetzliche Verbot der geologischen Speicherung von Kohlenstoffdioxid auf österreichischem Hoheitsgebiet wurde eine Umsetzung des Art. 21 der Richtlinie 2009/31/EG, der Zugangsrechte zum „CO2-Transportnetz“ vorsieht, nicht für erforderlich erachtet. Faktische Auswirkungen haben sich dadurch nicht ergeben, da in Österreich derzeit kein „CO2-Transportnetz“ und keine Anlagen zur Abscheidung von Kohlenstoffdioxid existieren.

Die Europäische Kommission kam zu einer anderen Rechtsauffassung und hat wegen der Nichtumsetzung von Richtlinienartikeln, unter anderem solcher, die im Zusammenhang mit dem Regelungskomplex „Zugangsrechte zum CO2-Transportnetz“ stehen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich eingeleitet. Um einen Rechtsstreit zu vermeiden, hat die Republik Österreich der Europäischen Kommission mitgeteilt, alle legistischen Maßnahmen einzuleiten, die erforderlich sind, um ihrer Rechtsansicht zu entsprechen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen die Artikel der Richtlinie 2009/31/EG, die im Zusammenhang mit dem Regelungskomplex „Zugangsrechte zum CO2-Transportnetz“ stehen, durch eine Änderung des Rohrleitungsgesetzes innerstaatlich umgesetzt werden.

Über diese aus der Umsetzungspflicht resultierenden Änderungen im Rohrleitungsgesetz hinaus sind im vorliegenden Gesetzentwurf auch einzelne im Rahmen der allgemeinen Begutachtung vorgebrachte Änderungsvorschläge zum Rohrleitungsgesetz berücksichtigt. In diesem Kontext sind auch einzelne Vereinfachungen und Kürzungen in Bestimmungen des Rohrleitungsgesetzes vorgeschlagen.

Kompetenzgrundlage:

Die verfassungsrechtlichen Kompetenzgrundlagen für die vorliegenden Gesetzesmaterien liegen im Art. 10 Abs. 1 Z 8 B‑VG (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie) und im Art. 10 Abs. 1 Z 6 B‑VG (Zivilrechtswesen).

Zu Z 1 (§ 2 Abs. 4):

Die Begriffsbestimmung „Kohlenstoffdioxidstrom“ entspricht der diesbezüglichen Begriffsbestimmung im Art. 3 Z 13 der Richtlinie 2009/31/EG.

Zu Z 2 (§ 8 Abs. 2):

Im Hinblick auf den Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gemäß dem Bundesministerien­gesetz 1986 ist dessen Anhörung im Konzessionsverfahren nicht mehr zweckmäßig und kann entfallen.

Aus der Liste der anhörungsberechtigten Stellen im Konzessionsverfahren kann auch das im § 8 Abs. 2 Z 4 angeführte Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz gestrichen werden, da die Agenden des Umweltschutzes gemäß dem Bundesministeriengesetz 1986 federführend vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wahrgenommen werden, das weiterhin anhörungsberechtigte Stelle im Konzessionsverfahren bleibt.

Die übrigen Änderungen im § 8 Abs. 2 dienen dazu, die Bezeichnungen der jeweiligen anhörungsberechtigten Stellen im Konzessionsverfahren zu aktualisieren.

Zu Z 4, 9 und 10 (§ 26 Abs. 2, Überschrift zu § 37, § 37 Abs. 1):

Im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung wird das Erfordernis, dass die Bestellung eines Geschäftsführers durch die Behörde zu genehmigen ist, durch eine Anzeigepflicht an die Behörde ersetzt. Eine solche erscheint hinsichtlich des Geschäftsführers ausreichend.

Im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Entfall der Pflicht, die Bestellung eines Geschäftsführers durch die Behörde genehmigen lassen zu müssen, ist auch die Bestimmung im § 37 über den Widerruf der Bestellung eines Geschäftsführers, auf den sich die im § 35 Z 1 angeführten Umstände beziehen, anzupassen. Der Widerruf wird nicht mehr von der genehmigenden Behörde, sondern von demjenigen zu erfolgen haben, der den Geschäftsführer bestellt hat.

Zu Z 5 und 6 (§ 28 samt Überschrift, § 29 Abs. 1):

Die im § 28 Z 2 bis 8 enthaltenen Sonderbestimmungen für Enteignungsfälle sind angesichts der zwischenzeitlich vorliegenden und inhaltlich weiter entwickelten Grundlagen im Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz entbehrlich geworden und können daher vereinfachend im Rohrleitungsgesetz entfallen.

Die Änderung im § 29 Abs. 1 betrifft lediglich eine Zitieränderung, die infolge der Änderung des § 28 erforderlich geworden ist.

Zu Z 7 (§ 30 Abs. 4):

Es wird im Rahmen des § 30 die Möglichkeit verankert, die Beseitigung eines bereits wirksamen Vorhabens, das die Sicherheit einer Rohrleitung oder deren Betriebes gefährden könnte und für das keine Genehmigung gemäß § 30 Abs. 1 vorliegt, behördlicherseits anzuordnen.

Zu Z 8 (§ 32a):

Entsprechend dem Art. 21 der Richtlinie 2009/31/EG werden dem Inhaber einer Rohrleitung, in der ein Kohlenstoffdioxidstrom befördert wird, Beförderungspflichten zugunsten Dritter und die Pflicht zur Gewährung des Anschlusses anderer solcher Rohrleitungen auferlegt, wenn dafür im Falle des Anschlusses Kostenersatz und im Falle der Beförderung Kostenersatz und angemessener Gewinn geleistet wird. Bei Vorliegen bestimmter, taxativ aufgezählter Gründe können diese Pflichten gänzlich oder teilweise entfallen. Begehren an den Inhaber der Rohrleitung bedürfen der Schriftform, verpflichten zur Durchführung von Vertragsverhandlungen und zur Entscheidung über das Begehren innerhalb der gesetzlich festgelegten Frist. Kommt eine Einigung nicht zustande, greifen Regelungen nach dem Vorbild des § 6 Abs. 4, 5 und 7.

Zu Z 11 (§ 39 Abs. 3):

Nach Art. 23 der Richtlinie 2009/31/EG sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, eine zuständige Behörde oder mehrerer solcher Behörden, die für Aufgaben im Rahmen der Richtlinie zuständig sind, zu benennen Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ist gemäß der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1986, Teil 2 lit. L Z 2 federführend für die Angelegenheiten der gewerblichen Beförderung von Gütern in Rohrleitungen zuständig ist, worunter auch der Regelungskomplex „Zugangsrechte zum CO2-Transportnetz“ fällt. Daher ist es naheliegend, ihn als gemäß Art. 23 der Richtlinie 2009/31/EG „zuständige Behörde“, die für Aufgaben dieser Richtlinie zuständig ist, eingeschränkt auf die Angelegenheiten des Transportes eines Kohlenstoffdioxidstromes in Transportnetzen, festzulegen.

Zu Z 13 (§ 44 samt Überschrift):

Diese Bestimmung enthält den gemäß Art. 39 der Richtlinie 2009/31/EG geforderten Hinweis, dass diese Richtlinie mit dem Rohrleitungsgesetz umgesetzt wird.

Zu Art. 25 (Änderung des Kraftfahrgesetzes 1967)

Allgemeines:

Auch im Bereich des Kraftfahrgesetzes soll dem Prinzip des „One-Stop-Shop“ bei den Personenstands- und Meldebehörden im Zuge einer Namens- oder Wohnsitzänderung Rechnung getragen werden. Im Zuge einer Namens- oder Wohnsitzänderung soll auch gleich die Änderung von Namen oder Adresse für die Zulassung gemeldet werden.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 9 B‑VG („Kraftfahrwesen“).

Zu Z 1 (§ 42 Abs. 1a):

Es sollen Erleichterungen geschaffen werden, um den BürgerInnen nach einer Namensänderung bzw. Wohnsitzänderung den Weg zur Zulassungsbehörde/Zulassungsstelle zu ersparen. Daher soll gleich bei der Personenstands- oder Meldebehörde auch die Änderung von Name oder Adresse für die Zulassung erfolgen.

Die Änderung wird mit den geänderten Daten im Wege des Änderungsdienstes gem. § 16c Meldegesetz 1991 der Zulassungsevidenz übermittelt und in der Zulassungsevidenz gespeichert.

Im Falle einer Namens- oder Wohnsitzänderung innerhalb des örtlichen Wirkungsbereiches derselben Behörde entfällt damit auch die Verpflichtung gem. § 42 Abs. 1 KFG, die Änderung anzuzeigen. Dann sind die jeweils aktuellen Daten im Zulassungsregister. Es wird aber kein neuer, geänderter Zulassungsschein ausgestellt, sondern die Zulassungsbescheinigung behält ihre Gültigkeit. Somit ist kein zusätzlicher Weg erforderlich. Vollzugsprobleme im Bereich der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht sind nicht zu erwarten, da derzeit zwar die Daten aus dem Zulassungsschein für die Anzeige verwendet werden, aber die Behörde, die die Anzeige erhält, die aktualisierten Daten durch eine Zulassungsregister- bzw. ZMR-Abfrage zur Verfügung hat und dort die aktualisierten Daten gespeichert sind.

Zu Z 2 (§ 135 Abs. 32):

Um die Abwicklung dieses Systems sicherzustellen, sind Adaptierungen der Datenbanken, insbesondere der Zulassungsevidenz des Versicherungsverbandes erforderlich. Daher wird das Inkrafttreten mit 1. Oktober 2017 festgelegt.