1468 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über den Jahresbericht 2015 des ORF gemäß § 7 ORF-Gesetz, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien (III-253 der Beilagen)

Der vorliegende Bericht bezieht sich auf den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 2015 und dokumentiert die Erfüllung der Aufträge nach den §§ 3 bis 5 ORF-Gesetz (ORF-G)[1], insbesondere Versorgungsauftrag, öffentlich-rechtlicher Kernauftrag und besondere Aufträge, sowie die Durchführung der Bestimmungen der §§ 11 und 12 ORF-G (europäische Werke).

In den einzelnen Kapiteln des vorliegenden Berichts wird auf eine Vergleichbarkeit der für 2015 zusammengestellten Daten mit jenen des Vorjahres sowie auf geschlechtergerechte Formulierungen geachtet. Allerdings sind nicht alle im Jahresbericht zu erfassenden Punkte quantifizierbar. Die Beachtung einzelner Detailaufträge der §§ 4 bis 5 ORF-G (wie z. B. die Förderung des Verständnisses für alle Fragen des demokratischen Zusammenlebens, Berücksichtigung der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen), die in einer Vielzahl von Sendungen erfolgt, lässt sich nur anhand von Beispielen demonstrieren. Der Bericht enthält Ausführungen zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags und zur Kooperation mit anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstaltern. Er nimmt Bezug auf den Anteil europäischer Werke an ORF-Fernsehprogrammen und ORF-Abrufdiensten entsprechend der geltenden EU-Richtlinie. Weitere Kapitel befassen sich mit den Angeboten für Volksgruppen, gehörlosen und stark hörbehinderten Menschen, Blinden und stark Sehbehinderten. Ein eigener Abschnitt ist dem Thema „Humanitarian Broadcasting“ gewidmet. Weiters enthält der Bericht Informationen zur Nutzung der ORF-Radio- und Fernsehprogramme, von ORF TELETEXT und ORF.at samt Ausführungen zu deren Versorgungsgrad. Abschließend beschäftigt sich der vorliegende Bericht mit Art und Umfang der kommerziellen Tätigkeiten des ORF und seiner Tochtergesellschaften sowie den Kriterien und Verfahren bei der Gestaltung des Inhaltsangebots gemäß Qualitätssicherungssystem.

Die wesentlichen strategischen und unternehmenspolitischen Entwicklungen sowie die größten Programmerfolge des ORF im Jahr 2015 werden wie folgt kurz zusammengefasst:

1) Wirtschaftlicher Erfolg

Trotz herausfordernder Rahmenbedingungen und der Durchführung des „Eurovision Song Contest“ konnte der ORF 2015 erneut positiv bilanzieren: Der ORF erreichte ein vorläufiges EGT in Höhe von 6,6 Mio. Euro, das Konzern-EGT betrug 15,5 Mio. Euro und übertraf somit die Planung um 6 Mio. Euro. Die vorläufigen Umsatzerlöse des ORF-Konzerns liegen bei 931,1 Mio. Euro (2014: 912,2 Mio. Euro). Die Erlöse aus Programmentgelten stiegen dank gestiegener Teilnehmerzahlen von 589,5 Mio. Euro (2014) auf 593,6 Mio. Euro. Trotz schwieriger Konjunktursituation blieben die Werbeerlöse bei 221 Mio. Euro stabil. Die sonstigen Umsatzerlöse stiegen auf 116,4 Mio. Euro (2014: 101,0 Mio. Euro).

2) Marktführerschaft gesichert

Mit der TV-Senderfamilie, der Radioflotte (Ö1, Ö3, FM4, Regionalradios), dem ORF.at-Netzwerk, der ORF-TVthek und den mobilen Angeboten, dem ORF TELETEXT und den neun Landesstudios hat der ORF die Marktführerschaft in Fernsehen, Radio und Online national wie auch regional auf hohem Niveau verteidigt. Mit all seinen Medien erreichte der ORF täglich 92 % der Österreicher/innen ab 14 Jahren[2].

Der Jahresmarktanteil der ORF-Sendergruppe (ORF eins, ORF 2, ORF III und ORF SPORT +) lag bei 35,3 %. Im Vergleich zu 2014 ist dieses Ergebnis mit einem leichten Zuwachs von 0,1 Prozentpunkten sehr stabil. Mit einer durchschnittlichen Tagesreichweite von 3,58 Mio. Zuseherinnen und Zusehern ab 12 Jahren erreichte der ORF täglich fast die Hälfte des österreichischen Fernsehpublikums. Die jungen Spartensender, insbesondere ORF III, konnten ihre Tagesreichweiten und Marktanteile substantiell erhöhen.

Die ORF-Radioflotte erreichte täglich rund 5 Mio. Hörer/innen. Mit einem Marktanteil von 73 % entfielen fast drei Viertel der täglichen Radionutzungszeit auf den ORF. Sein Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Auftrag hat der ORF unter anderem mit der freiwilligen Selbstverpflichtung zu einer Quote für österreichische Musik bekräftigt.

Auch in dem wachsenden Online-Bereich hat sich der ORF mit seinen Programmangeboten gut etabliert: ORF.at erreichte pro Monat durchschnittlich 65,984 Mio. Visits und ist klarer Marktführer, ein Plus von 10,9 % im Vergleich zu 2014. Mit durchschnittlich 20,4 Mio. Online-Video-Abrufen pro Monat erreichte die ORF-TVthek, gemeinsam mit den Video-Angeboten auf anderen ORF.at-Seiten, im Jahr 2015 eine neue Höchstzahl.

Der ORF TELETEXT, der 2015 sein 35-Jahr-Jubiläum feierte, zählte mit einem Marktanteil von 70,5 % und rund 1,7 Mio. Leser/innen pro Woche weiter zu den beliebtesten ORF-Medien.

3) Contentleader ORF

Innerhalb der vier wesentlichen Programmgenres „Information“, „Kultur, Religion & Bildung“, „Sport“ und „Unterhaltung & Service“ baute der ORF seine Qualitätsführerschaft aus. Der ORF fügte den „Great Moments“ der ersten 60 Jahre des Fernsehens weitere erfolgreiche TV-Momente hinzu und sicherte die Fortführung der erfolgreichen Zusammenarbeit mit den heimischen Produzenten: Mit einer deutlichen Erhöhung der Programm-Auftragsvolumen bis 2018 wurde die österreichische Filmwirtschaft gestärkt und die Eigenproduktionskompetenz des ORF deutlich erhöht.

Im Bereich der Information dominierten die griechische Schuldenkrise, der Terror in Paris und die dramatische Flüchtlingssituation sowie die umfassende Berichterstattung zu vier Landtagswahlen.

Unter den vom ORF produzierten Kulturhighlights sind das „Sommernachtskonzert der Wiener Philharmoniker“, die „Sommernachtsgala“ aus Grafenegg, „Fidelio“ von den Salzburger Festspielen, Puccinis „Tosca“ aus dem Steinbruch St. Margarethen oder „Turandot“ von der Seebühne in Bregenz besonders hervorzuheben. Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien setzte seine erfolgreiche internationale Tourneetätigkeit fort und gastierte unter anderem auf der Iberischen Halbinsel und in China.

Die exzellente Sport-Bilanz im ORF ist vor allem auf die alpine Ski-WM in Vail/Beaver Creek, auf die nordische Ski-WM im schwedischen Falun sowie auf die Qualifikation der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft zur UEFA EURO 2016 zurückzuführen.

Im Unterhaltungsbereich erwiesen sich die fiktionalen Eigenproduktionen wie „Vorstadtweiber“ oder die „Landkrimis“ als Publikumsmagneten. Programminnovationen wie „Die große Chance der Chöre“ oder die Fortführung der erfolgreichen Bundesländershow „9 Plätze - 9 Schätze“ stießen auf breites Publikumsinteresse in allen Altersgruppen.

4) Multimediale Schwerpunkte

Die innovativen Programm-Highlights und multimedialen Schwerpunkte zu den historischen Jubiläen 70 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs, 70 Jahre Zweite Republik und 60 Jahre Staatsvertrag, 60 Jahre Fernsehgeschichte in Österreich sowie 650 Jahre Universität Wien haben beim Publikum großes Interesse geweckt.

5) „Eurovision Song Contest“ 2015

Die Ausrichtung und Übertragung des 60. „Eurovision Song Contest“ unter dem Motto „Building Bridges“ in Wien bildet einen Meilenstein in der Geschichte des ORF: Als Host Broadcaster erreichte der ORF fast 200 Mio. Zuseher/innen weltweit, in Österreich verfolgten im Schnitt 1,6 Mio. Zuschauer/innen das Finale des größten Musikwettbewerbs der Welt. Es wurden nicht nur die hohen qualitativen Ziele erreicht und Unterhaltung mit Haltung geboten, sondern der ESC wurde auch zu deutlich niedrigeren Nettokosten realisiert als geplant.

6) ORF-Initiativen

Das humanitäre Engagement des ORF wurde mit „Licht ins Dunkel“ und „Nachbar in Not“ fortgeführt und mit der Initiative „HELFEN. WIE WIR.“ gemeinsam mit den österreichischen Hilfsorganisationen weiter ausgebaut. Damit hat der ORF eine breite mediale Plattform zur Flüchtlingshilfe etabliert. Unter dem Motto „Bewusst gesund – Wie süchtig ist Österreich?“ widmete sich der ORF mit seiner gesamten Medienvielfalt dem Themenkomplex Abhängigkeit und Suchtverhalten. Im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit ging die ORF-Umweltinitiative „Mutter Erde“ mit einem trimedialen Schwerpunkt rund um das Thema Bienen in die zweite Runde.

7) ORF-Landesstudios

Die ORF-Landesstudios leisteten auch 2015 einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags: Sie bleiben der beliebteste Nahversorger für regionale TV-Spezialitäten. Auch die ORF-Regionalradios setzten ihre Erfolgsgeschichte fort und bewährten sich als regionale Marktführer im jeweiligen Bundesland. Im Fernsehen weitete die Sendung „Bundesland heute“ ihren gesamtösterreichischen Marktanteil auf 52 % aus.

8) Medienstandort Küniglberg

Beim Projekt „Medienstandort ORF“ zur Konsolidierung der Wiener ORF-Standorte am Küniglberg wurden wichtige unternehmensstrategische Schritte gesetzt: Eine Anleihe mit einem Volumen von 180 Mio. Euro zur Finanzierung des Zubaus und der Generalsanierung des ORF-Zentrums wurde erfolgreich platziert.

9) Ausgezeichnete Qualität

Zahlreiche renommierte Auszeichnungen für ORF-Journalistinnen und -Journalisten sowie ORF-Produktionen haben auch 2015 den Erfolg und die hohe journalistische Qualität der ORF-Programme bestätigt. Mit dem Women’s Empowerment Principles CEO Leadership Award von UN Women und UN Global Compact wurde dem ORF zudem eine hohe internationale Auszeichnung zuteil, die Bestätigung und Motivation zugleich ist, den Weg im Bereich der Frauenförderung im Unternehmen weiter fortzusetzen.

10) Multimediale Innovationen

Im Berichtszeitraum wurde das multimediale Programmangebot weiter ausgebaut. Mit dem neu gestalteten ORF-HbbTV-Portal, dem Relaunch der Video-on-Demand-Plattform „Flimmit“, dem multimedialen Fußball-Online-Auftritt, dem crossmedialen Online-Magazin „[M]eins“ oder den Vorbereitungen für den Start des „ORF-Frühfernsehens“ 2016 im ersten mobilen Fernsehstudio des Landes hat der ORF programmliche und technologische Innovationen geschaffen.

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 24. Jänner 2017 in Verhandlung genommen.

Aufgrund eines am 24. Jänner 2017 eingebrachten Verlangens des Freiheitlichen Parlamentsklubs wird der vorliegende Bericht gemäß § 28b Abs. 4 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates nicht enderledigt.

 

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Josef Cap die Abgeordneten Mag. Günther Kumpitsch, Dieter Brosz, MSc, Christoph Hagen, Petra Steger, Dr. Nikolaus Scherak, Mag. Helene Jarmer und Mag. Wolfgang Gerstl sowie der Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien Mag. Thomas Drozda.

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, N, dagegen: F, T) beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Jahresbericht 2015 des ORF gemäß § 7 ORF-Gesetz, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien (III-253 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

 

Wien, 2017 01 24

                                   Dr. Josef Cap                                                                Dr. Peter Wittmann

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann



[1] Alle Hinweise auf das ORF-G beziehen sich auf das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2015 (Stand 1.1.2016).

[2] Quelle: ORF-Touchpointstudie, September 2015