193 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP
Bericht
des Finanzausschusses
über die Regierungsvorlage (179 der Beilagen): Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen in der Fassung des am 1. Juni 2011 in Kraft getretenen Protokolls
Das Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen des Europarats und der OECD ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass ein Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, nicht erforderlich ist. Da durch das Übereinkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.
Das multilaterale Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen, welches auf Grund der Initiative des Europarates und der OECD im Jahre 1988 zur Unterzeichnung aufgelegt wurde, ist mit der Hinterlegung der 5. Ratifikationsurkunde am 1. April 1995 in Kraft getreten. Das Protokoll, mit welchem im Jahr 2010 das multilaterale Übereinkommen abgeändert wurde, ist mit der Hinterlegung der 5. Ratifikationsurkunde am 1. Juni 2011 in Kraft getreten. Das abgeänderte Übereinkommen liegt seit 1. Juni 2011 zur Unterzeichnung auf. Österreich hat das Übereinkommen am 29. Mai 2013 unterzeichnet.
Mitgliedstaaten und Nicht-Mitgliedstaaten des Europarats und der OECD sind als Vertragsparteien zum Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen zugelassen. Bisher haben 40 Staaten das Übereinkommen ratifiziert (Stand: 28. April 2014). Weitere 24 Staaten, einschließlich Österreich, haben das Übereinkommen unterzeichnet aber noch nicht ratifiziert (Stand: 28. April 2014).
Das Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen, welches die internationale Amtshilfe in Bezug auf den Informationsaustausch, die Vollstreckungsamtshilfe und die Zustellung von Schriftstücken regelt, stellt ein weiteres wichtiges internationales Instrument der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden dar. Innerhalb der Europäischen Union erfolgt die Zusammenarbeit zwischen den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten im Amtshilfebereich derzeit auf Grund der „Richtlinie 2010/24/EU über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen“ (Beitreibungsrichtlinie), welche in Österreich durch das EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz, BGBl. I Nr. 112/2011, umgesetzt wurde, als auch auf Grund der „Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG“ (Amtshilferichtlinie), welche in Österreich durch das EU-Amtshilfegesetz, BGBl. I Nr. 112/2012, umgesetzt wurde. Darüber hinaus leistet und empfängt Österreich derzeit bereits auf der Grundlage von bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen und Informationsaustauschabkommen Amtshilfe insbesondere im Bereich des Informationsaustausches im Verhältnis zu 90 Staaten (Stand: 28. April 2014).
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung und der wachsenden Entwicklung im internationalen Personen-, Kapital-, Waren- und Dienstleistungsverkehr ermöglicht das Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden der Vertragsparteien und stellt somit einen weiteren wichtigen Schritt der Kontrolltätigkeit der Steuerverwaltungen im Sinne einer korrekten Festsetzung der Steuern bei grenzüberschreitenden Sachverhalten und bei der Bekämpfung von Abgabenhinterziehung dar. Insbesondere eröffnet sich durch das multinationale Übereinkommen für Österreich erstmals die Möglichkeit einer steuerlichen Kooperation im Verhältnis zu Staaten, mit denen Österreich bisher noch keine Übereinkunft für eine solche Zusammenarbeit durch ein bilaterales Abkommen vereinbart hat.
Das Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen sieht als wichtigste Formen der internationalen Amtshilfe den Informationsaustausch, die Vollstreckungsamtshilfe und die Zustellung von Schriftstücken in Bezug auf die unter das Übereinkommen fallenden Steuern vor. Die Formen der internationalen Amtshilfe und der sachliche Anwendungsbereich des Übereinkommens sind sehr weit gefasst, sie können aber von den Vertragsparteien eingeengt werden. Im Bereich des Informationsaustausches werden demonstrativ der Informationsaustausch auf Ersuchen, der automatische Informationsaustausch, der spontane Informationsaustausch, gleichzeitige Steuerprüfungen und Steuerprüfungen im Ausland angeführt, die Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen beim Informationsaustausch ist aber nicht darauf beschränkt. Die Vollstreckungsamtshilfe soll insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Mobilität der Abgabepflichtigen die finanziellen Interessen der Vertragsstaaten schützen. Deshalb ist der ersuchte Staat auf der Grundlage eines Vollstreckungstitels des ersuchenden Staates zur Vollstreckungsamtshilfe und Sicherungsmaßnahmen verpflichtet. Die Amtshilfe bei der Zustellung von Schriftstücken soll gewährleisten, dass Schriftstücke der Steuerverwaltung auch im Ausland zugestellt werden können und der im anderen (d.h. ersuchten) Vertragsstaat ansässige Abgabepflichtige von der Steuerforderung im ersuchenden Vertragsstaat Kenntnis erlangt.
Auf Grund des weiten und grundsätzlich offenen territorialen Anwendungsbereichs des vorliegenden Übereinkommens, der auch den Beitritt von Staaten, mit denen Österreich kein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, zulässt sowie auf Grund verwaltungsökonomischer Überlegungen und sonstiger rechtspolitischer Überlegungen hinsichtlich der Auswirkungen der generellen Übernahme der Vollstreckungsamtshilfe auf das bestehende österreichische Außensteuerrecht erschien es geboten, die im Übereinkommen vorgesehene Amtshilfe durch entsprechende Vorbehalte, die auf der Grundlage des Übereinkommens eingebracht werden können, einzuschränken. Die von Österreich vorgenommenen Einschränkungen beziehen sich insbesondere auf die von der Amtshilfe erfassten Steuern (sachlicher Anwendungsbereich des Übereinkommens), während die Vollstreckungsamtshilfe aus den oben angeführten Gründen von österreichischer Seite generell ausgeschlossen wird. Weiters erschien es im Lichte der bilateralen Abkommenspolitik Österreichs in Bezug auf die Einschränkungen hinsichtlich rückwirkender Offenlegung von Bankinformationen geboten, vom Vorbehalt gemäß Art. 30 Abs. 1 lit f zur Vermeidung einer zeitlich unbegrenzten rückwirkenden Anwendung des Übereinkommens in Fällen gerichtlich strafbarer Handlungen im ersuchenden Staat Gebrauch zu machen.
Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 24. Juni 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Mag. Maximilian Unterrainer der Abgeordnete Mag. Werner Kogler sowie der Bundesminister für Finanzen Dr. Michael Spindelegger.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:
Der Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen in der Fassung des am 1. Juni 2011 in Kraft getretenen Protokolls (179 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.
Wien, 2014 06 24
Mag. Maximilian Unterrainer Mag. Andreas Zakostelsky
Berichterstatter Obmann