202 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (180 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, das Vollzugsgebührengesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gerichtsgebührengesetz und die Insolvenzordnung geändert werden (Exekutionsordnungs-Novelle 2014 – EO-Nov. 2014)

Die vorliegende Novelle ist nach der EO-Novelle 1991, die die Reform der Lohnpfändung enthielt, der EO-Novelle 1995, die sich der Reform der Fahrnisexekution widmete, der EO-Novelle 2000, die die Zwangsversteigerung von Liegenschaften betraf, der EO-Novelle 2003, die in Weiterführung der EO-Novelle 1995 die Selbstständigkeit des Gerichtsvollziehers auf alle Tätigkeiten ausweitete und ein neues Vergütungsschema für die Gerichtsvollzieher schuf, der EO-Novelle 2005, die vor allem den EDV-Einsatz im Exekutionsrecht ausbaute, und der EO-Novelle 2008, die eine Modernisierung des Rechts der Zwangsverwaltung vorsah und die Versteigerung von beweglichen körperlichen Sachen im Internet ermöglichte, ein weiterer Reformschritt auf dem Gebiet des Exekutionsrechts. Die geplanten Änderungen basieren auf den Ergebnissen einer im Bundesministerium für Justiz tagenden Arbeitsgruppe.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat es in der Rechtssache Zehentner gegen Österreich (Beschwerde-Nr. 20082/02) als Verletzung der EMRK angesehen, wenn die Wohnung der verpflichteten Partei trotz deren Prozessunfähigkeit versteigert wird und der Zuschlag nicht mehr angefochten werden kann. Im Hinblick auf das besondere Schutzbedürfnis prozessunfähiger Personen soll daher unter angemessener Berücksichtigung der Interessen des Erwerbers die verpflichtete Partei unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufhebung des Zuschlags erreichen können.

In der Rechtssache Mladoschovitz gegen Österreich (Beschwerde-Nr. 38663/06) sprach der EGMR aus, dass in einem Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen jeder Partei Gelegenheit gegeben werden müsse, die gegnerischen Stellungnahmen oder die von der Gegenseite beigebrachten Beweise zur Kenntnis zu nehmen und zu kommentieren. Es sollen daher mit dem Entwurf dem betreibenden Gläubiger im Verfahren über die Aufschiebung der Exekution eine Äußerungsmöglichkeit eingeräumt und die Zweiseitigkeit des Rekurses gegen Entscheidungen über den Antrag auf Einstellung, Einschränkung und Aufschiebung des Exekutionsverfahrens vorgesehen werden.

Nach derzeitiger Rechtslage hat bei Streitigkeiten über exekutionsrechtliche Einwendungen gegen den Anspruch oder gegen die Exekutionsbewilligung, in deren Rahmen es auch zu einer Neubemessung des Unterhalts kommen kann, das Gericht zu entscheiden, bei dem die Exekutionsbewilligung beantragt wurde. Es ist aber zweckmäßiger, dass in Unterhaltssachen das für das konkrete Verfahren zuständige Gericht über die exekutionsrechtlichen Einwendungen verhandelt und entscheidet, weil familienrechtliche Aspekte weit mehr im Vordergrund stehen als exekutionsrechtliche Gesichtspunkte.

Die Novelle wird auch zum Anlass genommen, das Exekutions- und Sicherungsverfahren in einigen weiteren Punkten zu verbessern; vor allem wird Folgendes vorgesehen:

-       Festlegung, dass strafgerichtliche Entscheidungen betreffend vermögensrechtliche Anordnungen einen Exekutionstitel darstellen;

-       Festlegung einer Ausnahme von der Vertretungspflicht für Kinder- und Jugendhilfeträger nach dem Vorbild des Außerstreitgesetzes;

-       Klarstellung des Verhältnisses der Dienstbarkeiten nach dem Starkstromwegegesetz zu den sonstigen Dienstbarkeiten der Energieversorgung bei der Zwangsversteigerung;

-       Maßnahmen gegen unzulässige Bieterabsprachen bei Zwangsversteigerungen;

-       Ausdehnung der Fälle, in denen über den Überbieter eine Ordnungsstrafe verhängt werden kann, auf den Fall, dass der Überbieter bei Zwangsversteigerung einer Liegenschaft einem Verbesserungsauftrag nicht nachkommt;

-       Beseitigung der Ausnahmeregelung über den Zeitpunkt der Zustellung der Fahrnisexekutionsbewilligung im vereinfachten Bewilligungsverfahren;

-       Einstellung der Bezügeexekution, wenn die hereinzubringende Forderung getilgt ist oder der betreibende Gläubiger auf Ersuchen des Drittschuldners keine Aufstellung über die offene Restforderung übersendet;

-       Einräumung eines Widerspruchsrechts bei der einstweiligen Verfügung an den Drittschuldner, sodass er Argumente gegen die Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung vorbringen kann;

-       Begleitregelungen zu den Europäischen Schutzmaßnahmen;

-       Anpassung der vom betreibenden Gläubiger zu zahlenden Vollzugsgebühr und der Vergütungen der Gerichtsvollzieher nach dem Vollzugsgebührengesetz entsprechend der Geldwertentwicklung sowie Adaptierung des Vergütungstatbestands bei der Fahrnisexekution zur Steigerung der Effektivität;

-       Begleitregelungen im RpflG und GGG sowie Zitatanpassungen in der IO.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 25. Juni 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Mag. Ruth Becher die Abgeordneten Mag. Friedrich Ofenauer, Mag. Harald Stefan, Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, und Dr. Johannes Jarolim sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf in getrennter Abstimmung mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, T, dagegen: G, N) bzw. einstimmig beschlossen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (180 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2014 06 25

                               Mag. Ruth Becher                                                      Mag. Michaela Steinacker

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau