211 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 417/A(E) der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp einer bürokratischen Lebensmittelinformationsverordnung

Die Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 30. April 2014 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Mit der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel – ‚Lebensmittelinformationsverordnung‘ – vom 25. Oktober 2011 war ein neues Kapitel der Verbraucherinformation im Lebensmittelsektor aufgeschlagen worden. Folgende Kritikpunkte führt etwa die Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der WKO an:

Die EU-Verordnung schreibt vor, dass ab 2015 Allergene in offen angebotenen Speisen (über 14 Allergene von Milch über Getreide bis hin zu Sulfiten und Lupinen) deklariert werden müssen.

Der Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), mit dem die EU-Verordnung in nationale Vorschriften umgesetzt wird, liegt nun zur Begutachtung vor. Derzeit wird parallel in Verhandlungsgruppen mit Vertretern des BMG und der Wirtschaftskammer sowie Medizinern über die Umsetzung der Verordnung verhandelt.

Grundsätzlich hat die Wirtschaft Verständnis für Menschen mit Nahrungsmittelallergien und selbstverständlich ist sie auch bereit auf die Probleme ihrer Kunden individuell einzugehen. Die Gefahr bei ‚gut gemeinten‘ gesetzlichen Regelungen ist jedoch immer, dass das Kind ‚Schutz der Konsumenten‘ mit dem Bade ausgegossen wird.

Wichtig wird es nun sein, dass die nationale Umsetzung nicht zu der befürchteten – leider ist der gelernte Österreicher ein gebranntes Kind - Bürokratielawine kommt. Weder dürfen Speisekarten in Zukunft in Telefonbuchstärke notwendig sein, noch sollten Wirte sich zu Allergieberatern wandeln müssen. Das Ergebnis der Umsetzung einer solchen Verordnung wird dann nämlich nicht der erwünschte verbesserte Schutz von Konsumenten sein, sondern ein von Bürgern und Politik ungewünschter Strukturwandel der österreichischen Gastronomie.

Denn diese Gefahr besteht konkret. Wenn die EU-Verordnung 1:1 umgesetzt wird, dürfen wir Österreicher uns nicht wundern, dass auf den Speisekarten in der Zukunft nur mehr Standardgerichte aufscheinen, deren Zutaten auf Industrieprodukten basieren. Der Trend zu Convenience-Produkten (also Fertig- und Halbfertigprodukten) würde sich massiv verstärken, denn auf diese würde vermehrt zugegriffen werden, da auf diesen Inhaltsstoffe und Allergene bereits ausgewiesen sind. Dadurch würde es immer schwieriger werden, lokale Nahversorger zu nutzen oder frisch zu kochen.

Hier wird nicht einem ‚Alarmismus‘ das Wort geredet und auch nicht behauptet, dass die hochwertige qualitative Gastronomie danach völlig verschwinden wird, sondern, dass durch solche Maßnahmen die Breite unserer hochwertigen regionalen österreichischen Küche einfach enger wird. Was dies für die Qualität des Gastronomie- und damit Tourismusstandortes Österreich als Ganzen insbesondere für seine Regionen und die zukünftige Qualifikation der Mitarbeiter unserer Betriebe bedeutet, muss sich die Politik klar sein. Wer bliebe dann auf der Strecke?

In erster Linie natürlich der Konsument selbst, der mit einem eingeschränkteren Angebot Vorlieb nehmen muss, der Unternehmer, dessen unternehmerische Freiheit weiter eingeschränkt wird, die Arbeitnehmer insbesondere die Köche, deren Qualifikation nicht mehr in dem Umfang nachgefragt werden wird, die regionale Wertschöpfung in den Regionen und zum Schluss unsere österreichische gastronomische Kultur.

In diesem Zusammenhang muss verhindert werden, dass durch eine unreflektierte Übernahme der EU­Vorgaben die traditionelle österreichische Gastronomie massiv gefährdet wird und die heimischen Nahversorger und Lebensmittelproduzenten gegenüber der internationalen Lebensmittelindustrie und der Systemgastronomie fundamentale Wettbewerbsnachteile erleidet.

Gleichzeitig muss auch verhindert werden, dass sogenannte ‚Zertifizierungsagenturen‘ und neue Kontrollinstanzen auch in diesem Bereich einen totalen Überwachungsstaat etablieren, der sogar den Kochtopf und die Speisekarte unserer heimischen Gastronomie völlig überwacht.

Werden die Vorgaben aus Brüssel wieder 1:1 übernommen, dann wird es zu einem weiteren Wirtshausterben kommen und die traditionelle österreichische Wirtshauskultur wird zum Verschwinden gebracht. Damit verliert aber auch der Tourismusstandort Österreich sein Alleinstellungsmerkmal.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 26. Juni 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Josef A. Riemer die Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Mag. Nikolaus Alm, Ing. Markus Vogl, Ulrike Weigerstorfer, Michael Ehmann, Rupert Doppler, Johann Hechtl, Wolfgang Knes, Dr. Eva Mückstein, Martina Diesner-Wais, Dr. Sabine Oberhauser, MAS und Ulrike Königsberger-Ludwig sowie der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F, T, N dagegen: S, V, G).

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2014 06 26

                     Ulrike Königsberger-Ludwig                                   Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau