300 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über die Regierungsvorlage (268 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf die Vorschläge zur Reform der ärztlichen Ausbildung der gemäß Artikel 44 der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG, mit der die Vereinbarung gemäß Artikel 15a B­VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl. I Nr. 105/2008, geändert wird, BGBl. I Nr. 199/2013, eingerichteten Kommission als Voraussetzung für die notwendigen Änderungen in der Ärzteausbildung.

Der Entwurf sieht wesentliche Änderungen in der Ausbildung der Ärzte/Ärztinnen vor, um den zeitgemäßen umfangreichen Anforderungen des heutigen Stands der Wissenschaft und dem Bedarf an bestmöglicher Versorgung der Patienten/Patientinnen zu berücksichtigen.

Schwerpunkte der Reform sind:

1. Die Verpflichtung zur Absolvierung einer neunmonatigen Basisausbildung nach dem Medizinstudium zum Erwerb klinischer Basiskompetenzen in den Fachgebieten Innere Medizin, Chirurgie sowie Notfallmedizin und zum Kennenlernen der fünfzehn häufigsten Erkrankungen (beispielsweise Herz-Kreislauferkrankungen, Depressionsstörungen, cerebrovasculäre Erkrankungen, Alzheimer/Demenz, Diabetes) in allgemeinen Krankenanstalten gemäß § 2a KAKuG und bestimmte Sonderkrankenanstalten gemäß § 2 KAKuG.

2. Erst nach Erwerb der Basiskompetenzen wird eine Entscheidung für die weitere Ausbildung getroffen, ob eine allgemeinärztliche oder fachärztliche Weiterqualifikation angestrebt wird.

3. Im Bereich der Ausbildung zum Arzt/zur Ärztin für Allgemeinmedizin zur Erlangung der notwendigen umfassenden Kompetenzen im Fachgebiet Allgemeinmedizin soll es - vergleichbar mit der Ausbildung zum Facharzt/zur Fachärztin - gleichzeitig mit der Anerkennung als Ausbildungsstätte die Festsetzung von Ausbildungsstellen geben.

Das Fachgebiet der Allgemeinmedizin soll darüber hinaus verpflichtend vorrangig im Rahmen von Lehrpraxen in der Dauer von zumindest sechs Monaten absolviert werden.

4. Neuerungen im Bereich der Facharztqualifikation liegen in der Teilung der Ausbildung in eine Sonderfach-Grundausbildung und eine darauf aufbauende Sonderfach-Schwerpunktausbildung. Im Rahmen der Sonderfach-Schwerpunktausbildung, die modulartig aufgebaut ist, soll bereits eine gewisse Spezialisierung, wie bislang im Rahmen der Additivfachausbildung, möglich sein.

Die bisherigen Additivfächer sollen entfallen und werden zum Großteil durch die Sonderfach-Schwerpunktausbildung in die neue Ausbildung integriert. Darüber hinaus soll es nach der Ausbildung zum Arzt/zur Ärztin für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt/zur Fachärztin die Möglichkeit zu einer weiteren Spezialisierung geben, die auch sonderfachübergreifend sein kann wie beispielsweise Geriatrie oder psychosomatische Medizin.

Im Übrigen sieht der Entwurf auch den Entfall der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates oder einer sonstigen Vertragspartei des EWR-Abkommens oder der Eigenschaft als gleichgestellter Drittstaatsangehöriger als Voraussetzung für eine ärztliche Tätigkeit in Österreich vor.

Zur Finanzierung der Ausbildung in Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen oder Lehrambulatorien im Fachgebiet Allgemeinmedizin im Rahmen der Ausbildung zum Arzt/zur Ärztin für Allgemeinmedizin soll der Hauptverband eingebunden werden, was zu entsprechenden Änderungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, führt (Artikel 2).

 

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 15. Oktober 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Erwin Spindelberger die Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Dr. Andreas F. Karlsböck, Dr. Erwin Rasinger, Dr. Eva Mückstein, Dr. Marcus Franz, Rupert Doppler, Mag. Helene Jarmer, Ulrike Königsberger-Ludwig, Claudia Durchschlag, Walter Schopf, Josef A. Riemer, Johann Hechtl, Johann Rädler und Mag. Judith Schwentner sowie die Bundesministerin für Gesundheit Dr. Sabine Oberhauser, MAS und die Ausschussobfrau Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch­Jenewein.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Erwin Spindelberger und Dr. Erwin Rasinger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Art. 1 lit. a und b (§ 4 Abs. 3a und § 5a Abs. 1 ÄrzteG 1998):

Bei den vorgenommenen Änderungen handelt es sich um legistische Klarstellungen.

Zu Art. 1 lit. c, e, f und p (§ 7 Abs. 3 letzter Satz, § 8 Abs. 2 letzter Satz, § 9 Abs. 12, § 10 Abs. 13 und § 199 ÄrzteG 1998):

Die Regelungen betreffend eine abteilungs- oder organisationseinheitenübergreifende Tätigkeit werden erweitert. Die Beschränkung auf Ausnahmefälle entfällt, stattdessen werden strengere Rahmenbedingungen vorgesehen. Turnusärzte/Turnusärztinnen dürfen nur außerhalb der Kernausbildungszeit und nur in maximal drei Abteilungen oder sonstigen Organisationseinheiten gleichzeitig eingesetzt werden. Die Tätigkeiten dürfen sich nur auf die im Rahmen der Basisausbildung erworbenen Kompetenzen beziehen, weshalb eine abteilungs- oder organisationseinheitenübergreifende Tätigkeit in Ambulanzen nicht in Frage kommt. Weiters wird die Bettenanzahl begrenzt, sodass beispielsweise bei einem Tätigwerden in drei Abteilungen oder sonstigen Organisationseinheiten maximal 45 Betten vom Turnusarzt/von der Turnusärztin betreut werden dürfen. ‚Betten‘ sind in diesem Zusammenhang jene, die tatsächlich in Betrieb stehen.

Die Krankenanstalt hat außerdem durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die durch diese Tätigkeiten entstehenden qualitativen und quantitativen Anforderungen an die Turnusärzte/Turnusärztinnen nicht unverhältnismäßig sind. Ein fachlich verantwortlicher Arzt/Eine fachlich verantwortliche Ärztin muss darüber hinaus während dieser Zeit zur Verfügung stehen.

Die Österreichische Ärztekammer ist über den abteilungs- oder organisationseinheitenübergreifenden Einsatz der Turnusärzte/Turnusärztinnen zu informieren.

Die § 7 Abs. 3 sowie § 8 Abs. 2 werden darüber hinaus in den Katalog der Strafbestimmungen des § 199 Abs. 3 aufgenommen, sodass ein Zuwiderhandeln gegen die Anordnungen und Verbote verwaltungsstrafrechtliche Folgen nach sich ziehen kann.

Zu Art. 1 lit. d (§ 9 Abs. 10 und § 10 Abs. 12 ÄrzteG 1998):

Die Änderung dient der Verdeutlichung, dass auch bei der Festsetzung von Ausbildungsstellen in Ausbildungsstätten von Medizinischen Universitäten oder Universitäten, an denen eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist, das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft herzustellen ist.

Zu Art. 1 lit. e (§ 9 Abs. 11 ÄrzteG 1998):

Durch die Änderung besteht weiterhin die Möglichkeit, dass im Rahmen der Ausbildung zum Arzt/zur Ärztin für Allgemeinmedizin bestimmte Fachgebiete trotz Fehlens einer entsprechenden Abteilung oder sonstigen Organisationseinheit die Ausbildung durch einen Konsiliararzt/eine Konsiliarärztin vermittelt werden kann. Dies allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Da in einem solchen Fall keine entsprechende Abteilung oder sonstige Organisationseinheit besteht, ist von der Österreichischen Ärztekammer die Krankenanstalt als Ausbildungsstätte für dieses Fachgebiet anzuerkennen und eine Ausbildungsstelle festzusetzen.

Dabei muss gewährleistet sein, das die Ausbildung eines Turnusarztes/einer Turnusärztin im Ausmaß von zumindest 30 Wochenstunden unter Anleitung und Aufsicht des Konsiliararztes/der Konsiliarärztin erfolgt. Sofern der Konsiliararzt/die Konsiliarärztin neben der Tätigkeit in der Krankenanstalt Lehrpraxisinhaber gemäß § 12 oder Gesellschafter einer Lehrgruppenpraxis gemäß § 12a ist, darf der Turnusarzt/die Turnusärztin auch dort tätig werden, sofern die Anleitung und Aufsicht durch den Konsiliararzt/die Konsiliarärztin als Ausbildungsverantwortlicher/Ausbildungsverantwortliche gegeben ist, was eine Kombination der Ausbildung in der Krankenanstalt und einer Lehr(gruppen)praxis ermöglicht.

Die Bestimmungen hinsichtlich Ausbildungsstätten sowie die Wahrung der Ausbildungsqualität sind sinngemäß anzuwenden.

Die konkreten Fachgebiete, in denen eine Ausbildung durch einen Konsiliararzt/eine Konsiliarärztin möglich sein soll, sind in der Verordnung gemäß § 24 Abs. 1 in der Fassung der Regierungsvorlage vorzusehen. Von Bedeutung werden insbesondere die Fachgebiete Haut- und Geschlechtskrankheiten, Kinder- und Jugendheilkunde, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin sowie Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten sein.

Zu Art. 1 lit. g, h, j, l und m (§ 11 Abs. 8 und 9, § 12 Abs. 6, § 12a Abs. 7, § 13 Abs. 7 und 8 ÄrzteG 1998):

Der Begriff Kernarbeitszeit wird durch den Begriff Kernausbildungszeit ersetzt, wodurch deutlicher zum Ausdruck kommen soll, dass die angegebenen Zeiten der Ausbildung dienen. Wie bereits nach geltender Rechtslage werden die zeitlichen Vorgaben betreffend die Ausbildung näher konkretisiert, sodass von den 35 Stunden Kernausbildungszeit 25 Stunden in der Zeit zwischen 7.00 und 16.00 Uhr zu absolvieren sind.

Im Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen der modernen Teilzeitbeschäftigung wird im Ärztegesetz 1998 ein Mindestausmaß an Wochenstunden mit 12 festgehalten. Die nähere Umsetzung für einzelne Turnusärzte/Turnusärztinnen ist aus organisations- und dienstrechtlicher Sicht von den Trägern der Ausbildungsstätten vorzunehmen.

Zu Art. 1 lit. i, k und n (§ 12 Abs. 4, § 12a Abs. 5 und § 13 Abs. 10 ÄrzteG 1998):

Analog den Bestimmungen zur Rücknahme der Ausbildungsstätten bzw. Ausbildungsstellen gemäß § 9 und § 10 in der Fassung der Regierungsvorlage werden die Bestimmungen zur Rücknahme der Bewilligung gemäß § 12 und § 12a sowie der Anerkennung gemäß § 13 entsprechend angepasst.

Zu Art. 1 lit. o (§ 34 ÄrzteG 1998):

Zur Qualitätssicherung sowie auch aus Patientenschutzgründen werden Änderungen in § 34 vorgesehen. Berufene Professoren/Professorinnen erhalten mit Eintragung in die Ärzteliste eine provisorische Berufsberechtigung in jenem Umfang, den die Universität festgestellt hat. Die Österreichische Ärztekammer hat binnen drei Monaten zu prüfen, ob die Berufsberechtigung aufgrund der absolvierten Ausbildung für ein gesamtes Sonderfach oder nur ein Teilgebiet eines Sonderfachs zuerkannt werden kann. Diese Prüfung wird im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 5, § 5a bzw. § 14 in der Fassung der Regierungsvorlage erfolgen und hat gegebenenfalls die Berufsberechtigung unter Setzung von Auflagen zu erteilen. Während dieses Prüfungsverfahrens ist die ärztliche Berufsausübung nur in dem von der Universität festgestellten Umfang und nur in Universitätskliniken, Klinischen Instituten und sonstigen Organisationseinheiten einschließlich allfälliger Untereinheiten von Medizinischen Universitäten oder Universitäten, an denen eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist, zulässig.

Zu Art. 2 lit. a (§ 342b Abs. 2 ASVG):

Der in Aussicht genommene Zusatz ‚Grundsätze der‘ dient der Klarstellung.“

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Erwin Spindelberger und Dr. Erwin Rasinger mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, T dagegen: F, N) beschlossen.

Ferner beschloss der Gesundheitsausschuss mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, T dagegen: F, N) folgende Feststellung:

„Der Gesundheitsausschuss stellt im Zusammenhang mit der Aufnahme des § 7 Abs. 3 und des § 8 Abs. 2 Ärztegesetz 1998 in die Strafbestimmung des § 199 Abs. 3 leg.cit. fest, dass die Verantwortlichkeit für die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben für die Einrichtung eines ‚Pooldienstes‘ von Turnusärzten/-innen beim ärztlichen Leiter/bei der ärztlichen Leiterin der Krankenanstalt liegt, da dieser/diese gemäß § 7 Abs. 1 KAKuG iVm der jeweiligen landesgesetzlichen Ausführungsregelung die Verantwortung für den ärztlichen Dienst trägt. Der Träger der Krankenanstalt hat dafür zu sorgen, dass die zur Verfügung stehenden Ressourcen einen gesetzeskonformen ärztlichen Dienst ermöglichen.“


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2014 10 15

                             Erwin Spindelberger                                           Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau