469 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Regierungsvorlage (446 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die äußeren Rechtsverhältnisse islamischer Religionsgesellschaften erlassen wird

Das Bundesgesetz über die äußeren Rechtsverhältnisse der Islamischen Religionsgesellschaft stammt aus dem Jahr 1912 und spiegelt in Regelungsinhalt und Regelungstechnik die damalige Zeit wieder. Einige Bestimmungen sind aus rechtlichen oder faktischen Gründen überholt, andere entsprechen nicht mehr den heutigen Erfordernissen eines modernen Rechtsstaates, insbesondere die Festlegung der äußeren Organisation durch eine umfangreiche und im Gesetz nicht näher bestimmte Verordnungsermächtigung.

Nach nunmehr 100 Jahren ist die Schaffung eines modernen Gesetzes geboten. Es soll für die heutige Zeit Lehre und Rechtsprechung angepasste Begriffe verwenden, dem modernen Verständnis von kultusrechtlichen Regelungen Rechnung tragen und gleichzeitig auf die Spezifika der Religionsgesellschaften eingehen.

Das Gesetz war im Jahr 1912 als eine offene Regelung konzipiert. Daher war für die Regelung der Detailfragen in der damaligen komplexen Situation eine offene und flexible Regelungstechnik, Verordnungsermächtigung, gewählt worden.

In Anbetracht dessen wurde im Jahr 2012 das sogenannte „Dialogforum Islam“ – ein institutionalisierter Dialog zwischen der Bundesregierung, beigezogenen Experten und Expertinnen und der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich – mit sieben Arbeitsgruppen eingerichtet, das die Notwendigkeit eines neuen Islamgesetzes bekräftigte. In weiterer Folge wurde dieses Vorhaben der Novellierung des über 100 Jahre alten Gesetzes im Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2013 bis 2018 verankert.

Vor dem Hintergrund dieser langjährigen Vorbereitungsarbeit erscheint es geradezu absurd, dass die aktuellen Sicherheitsbedrohungen durch islamistische Terrorgruppen den Anlass für die nunmehrige Novellierung darstellen sollten. Die islamischen Religionsgesellschaften in Österreich verurteilen klar den Missbrauch des Islam durch Terroristen und Terroristinnen. Der Gesetzentwurf enthält daher keinesfalls einen Generalverdacht gegen Muslime und Musliminnen in Österreich, vielmehr führt dieses lange geplante Gesetz zu einer erhöhten Rechtssicherheit in Hinblick auf die Religionsausübung der Muslime und Musliminnen in Österreich. Das Gesetz unterstreicht, dass Muslime und Musliminnen als gleichberechtigte Bürger und Bürgerinnen ihren Platz mitten in unserer Gesellschaft haben.

 

Der Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage erstmals in seiner Sitzung am 13. Jänner 2015 in Verhandlung genommen. Vor Eingang in die Tagesordnung wurde einstimmig beschlossen gemäß § 40 Abs. 1 GOG folgende ExpertInnen den Beratungen beizuziehen: Dr. Harald Fiegl – Handelsdelegierter i.R., Mag. Dr. Farid Hafez, MSc – Universität Salzburg, SC Dr. Gerhard Hesse – BKA, Prof. Dr. Katharina Pabel – Institut für Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre, JK Universität Linz, Univ.-Prof. Richard Potz – Universität Wien, Mag. Christian Zeitz – Institut für angewandte Politische Ökonomie. Zuerst gaben der Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien Dr. Josef Ostermayer sowie die oben angeführten ExpertInnen einleitende Statements ab. In der Debatte ergriffen im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Abgeordneten Angela Lueger die Abgeordneten Dr. Josef Cap, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Mag. Alev Korun, Dr. Harald Walser, Dr. Jessi Lintl, Dr. Nikolaus Scherak und Katharina Kucharowits das Wort. Die in der Debatte aufgeworfenen Fragen wurden von den ExpertInnen in alphabetischer Reihenfolge beantwortet. Auf Antrag von Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl hat der Ausschuss einstimmig beschlossen die Beratungen zu vertagen.

 

Der Verfassungsausschuss nahm die Verhandlungen am 12. Februar 2015 wieder auf. In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Dr. Josef Cap, Mag. Gernot Darmann, Dr. Harald Walser, Mag. Alev Korun, Dr. Jessi Lintl, Dr. Nikolaus Scherak, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Mag. Wolfgang Gerstl, Johann Rädler, Christian Lausch, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, und Mag. Harald Stefan sowie der Bundeminister für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst Dr. Josef Ostermayer und der Ausschussobmann Abgeordneter Dr. Peter Wittmann das Wort.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Josef Cap, Asdin El Habbassi, BA, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zu Z. 1.:

Die Änderung ergibt sich aus dem Zeitpunkt der Behandlung im Nationalrat. Der Kurztitel des Gesetzes würde ansonsten missverständlich in Bezug auf die tatsächliche Behandlung im Parlament sein.

Zu Z. 2.:

Durch diese Änderung soll sichergestellt werden, dass eine Aufhebung der Anerkennung einer Religionsgesellschaft von einer breiten Zustimmung getragen wird und die Entscheidung gemeinsam mit den anderen betroffenen obersten Organen der Bundesverwaltung getroffen wird. Dies ist bei islamischen Religionsgesellschaften aufgrund des sachlichen Bezuges zu zahlreichen obersten Organen, zB religiöse Betreuung in besonderen Einrichtungen, theologische Studien, im Vergleich zu anderen Religionsgesellschaften von besonderer Bedeutung.

Zu Z. 7.:

Diese Änderung soll die breite Akzeptanz der Ausbildung der Absolventen in den jeweiligen Religionsgesellschaften sicherstellen.

Zu Z. 8.:

Aufgrund der intensiven parlamentarischen Beratungen könnte der Fall eintreten, dass zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes und den aufgrund innerkonfessioneller Regelungen abzuhaltenden Wahlen einer Religionsgesellschaft nur einige Wochen lägen. Dies wäre für die Religionsgesellschaften eine unzumutbare Belastung. Die Verkürzung der Entscheidungsfrist seitens des Bundeskanzlers soll sicherstellen, dass für die Religionsgesellschaften rasch Rechtssicherheit geschaffen und damit die Handlungsfähigkeit sichergestellt wird.

Zu Z. 9.:

Auch diese Änderung berücksichtigt die Einräumung einer angemessenen Anpassungsfrist an die neue Rechtslage.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Josef Cap, Asdin El Habbassi, BA, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, dagegen: F, G, T, N ) beschlossen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2015 02 12

                                  Angela Lueger                                                               Dr. Peter Wittmann

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann