47 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Menschenrechte

über den Antrag 85/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hinrichtungen in Saudi-Arabien

Die Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 17. Dezember 2013 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Nachdem die Regierung 2011 mit Saudi-Arabien ein Abkommen zur Errichtung des „Internationalen König-Abdullah-Zentrums für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog“ in Wien geschlossen hat steht dieses nunmehr unter der Namenspatronanz des saudischen Königs. Zugleich ist unbestritten, dass die Menschenrechtslage in Saudi Arabien weiterhin eine verheerende ist. Daran hat sich auch seit 2011 nichts geändert: Frauen und ArbeitsmigrantInnen leiden unter massiver Diskriminierung, Andersgläubige unter staatlicher Verfolgung. Die Verhängung erniedrigender, unmenschlicher Strafen (wie zB Auspeitschen) steht ebenso auf der Tagesordnung wie die Todesstrafe durch Enthauptung.

Die Hinrichtungsrate stieg in den letzten Jahren an, im März 2013 wurde publik, dass Saudi-Arabien nun nach zusätzlichen Hinrichtungsmethoden sucht, da aufgrund der vielen Todesurteile nicht mehr genügend Henker vorhanden seien (“Erschießen statt Köpfen“ 10.3. 2013 Welt).

Besonders häufig wurde 2012 die Todesstrafe bei Drogendelikten, Ehebruch oder angeblicher "Hexerei" angewendet. Mindestens 79 Menschen wurden im vergangenen Jahr exekutiert, 2013 werden es ähnlich viele sein. Etwa die Hälfte aller Hinrichtungen in Saudi Arabien trifft ArbeitsmigrantInnen, eine unverhältnismäßige und überproportionale Verurteilungsrate. ArbeitsmigrantInnen sind in Saudi-Arabien sehr gefährdet, da sie durch das saudische „kafala“-System (das die Arbeitsbedingungen ausländischer StaatsbürgerInnen regelt) meist struktureller Ausbeutung und oft dem Missbrauch durch ihre Arbeitgeber ausgesetzt sind.

In Gerichtsverfahren selbst können sie (und andere) keine Gerechtigkeit erwarten, da diese den internationalen Standards nicht entsprechen. So darf laut UN-Garantien ein Todesurteil nur nach einem fairen Gerichtsverfahren verhängt werden, in dem der/die Angeklagte jederzeit Zugang zu einer angemessenen rechtlichen Vertretung hatte. Laut Amnesty International wird oft kein Anwalt im Verfahren zugelassen und die Angeklagten selbst nicht einmal über den Stand des Verfahrens informiert. Verurteilungen allein aufgrund von „Geständnissen“ die unter Zwang oder durch arglistige Täuschung abgepresst wurden, sind auch keine Seltenheit.

Auch verletzt Saudi-Arabien weiterhin durch die Hinrichtung von Jugendlichen und Personen, die zum Zeitpunkt der Tat noch nicht 18 Jahre waren, internationale Menschenrechtsabkommen. Erst 2013 richtete Saudi Arabien ein ehemaliges Kindermädchen aus Sri Lanka hin für ein Verbrechen, das sie als Jugendliche begangenen haben soll.

Angesichts dieser gravierenden MR-Verletzungen leidet das Ansehen und die Glaubwürdigkeit Österreichs in Menschenrechts-Fragen, da dem saudischen Regime durch das König Abdullah Zentrum in Wien eine Bühne geboten wird. Gerade in Menschenrechts-Fragen muss die österreichische Regierung Veränderungen bei der saudischen, menschenrechtswidrigen Hinrichtungspolitik einfordern.“

 

Der Ausschuss für Menschenrechte hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 12. März 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill die Abgeordneten Josef Muchitsch, Josef A. Riemer, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Friedrich Ofenauer und Dr. Nikolaus Scherak sowie die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Alev Korun.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Hinrichtungen in Saudi-Arabien eingebracht, der mit Stimmenmehrheit (für den Antrag: S, V, dagegen: F, G, T, N) beschlossen wurde.

 

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

„Die Menschenrechtslage in Saudi Arabien ist weiterhin sehr schwierig: Frauen und Arbeitsmigranten leiden unter massiver Diskriminierung, Andersgläubige unter staatlicher Verfolgung. Die Verhängung erniedrigender, unmenschlicher Strafen (wie zB Auspeitschen) steht ebenso auf der Tagesordnung wie die Todesstrafe durch Enthauptung.

Die Hinrichtungsrate blieb während der letzten Jahre mit +/-75 etwa konstant (mit Ausnahme von 2011), Im März 2013 wurde publik, dass Saudi-Arabien die Hinrichtung durch Enthauptung einstellen und eine andere Methode anwenden will, um sich damit dem Vorwurf des besonders grausamen Vollzugs der Todesstrafe zu entziehen.

2013 und in den vorangegangenen Jahren wurde die Todesstrafe vor allem bei schweren Drogendelikten und Mord verhängt.2013 kam es zu 78 Vollstreckungen der Todesstrafe Bei der Mehrzahl der Hingerichteten handelte es sich nicht um saudische Staatsangehörige, sondern um Arbeitsmigranten welche in Saudi-Arabien eine sehr gefährdete Gruppe sind, zumal sie durch das saudische „kafala“-System (das die Arbeitsbedingungen ausländischer Staatsbürger regelt) meist struktureller Ausbeutung und oft dem Missbrauch durch ihre Arbeitgeber ausgesetzt sind.

Aufgrund der regionalen Divergenzen in der Rechtsprechung (zum Teil ist diese noch sehr stark durch Stammesdenken geprägt), kommt es immer wieder zu Fällen, in denen international gültige Standards nicht eingehalten werden, obwohl die zentralen Behörden angeben mit Nachdruck zu versuchen, die von den Vereinten Nationen definierten Mindeststandards (faires Gerichtsverfahren, Zugang zu einer angemessenen rechtlichen Vertretung etc.) landesweit zu implementieren.

Umstritten ist der Fall, in dem 2013 ein Kindermädchen aus Sri Lanka wegen Mordes zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Widersprüchliche Aussagen gab es hierzu bezüglich der Volljährigkeit des Mädchens zum Tatzeitpunkt (die bei den saudischen Behörden aufliegenden Personendokumente wiesen die Volljährigkeit auf; während Menschenrechtsorganisationen davon ausgingen, dass die Volljährigkeit nicht gegeben war). Das Todesurteil wurde auf Verlangen der Mutter des Opfers vollzogen, obwohl das Königshaus selbst darauf drängte, die Mutter möge von dieser Forderung absehen und Blutgeld bereitstellte.“

 

Der den Verhandlungen zu Grunde liegende Entschließungsantrag 85/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: F, G, T, N, dagegen: S, V).

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Josef Muchitsch gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Menschenrechte somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      diesen Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrags 85/A(E) zur Kenntnis nehmen und

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2014 03 12

                                Josef Muchitsch                                                                Mag. Alev Korun

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau