592 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Umweltausschusses

über den Antrag 1123/A(E) der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Bekräftigung der österreichischen Anti-Atompolitik anlässlich der „Tschernobyl“ und „Fukushima“ Jahrestage

sowie über den Antrag 256/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinderung einer Temelin-Erweiterung und Abänderung des EURATOM-Vertrages

Die Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 1123/A(E) am 23. April 2015 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Am 26. April 2015 jährt sich die nukleare Katastrophe von Tschernobyl zum 29. Male. Seit der nuklearen Katastrophe von Fukushima am 11. März 2011 sind erst 4 Jahre vergangen. Beide Unfälle, die schwersten in der bisherigen Geschichte der friedlichen Nutzung der Kernenergie, hatten und haben langfristige und weitreichende Auswirkungen auf das Leben hunderttausender Menschen, insbesondere deren Gesundheit, sowie auf die Umwelt. In beiden Fällen werden die Aufräumarbeiten noch viele Jahrzehnte in Anspruch nehmen und große Summen verschlingen, womit auch erhebliche negative Auswirkungen auf die betroffenen Volkswirtschaften verbunden waren bzw. sind.

Kürzlich haben die Strahlenschutz- und Nuklearsicherheitsbehörden Europas eingeräumt, dass derart schwere Unfälle auch in Europa nicht ausgeschlossen werden können (HERCA-WENRA Approach for a better cross-border coordination of protective actions during the early phase of a nuclear accident, October 2014). Damit zeigt sich einmal mehr, dass die Kernenergie ein unakzeptables Risiko für Mensch und Umwelt darstellt.“

 

Die Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 256/A(E) am 24. Februar 2014 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Entscheidung des tschechischen Umweltministeriums, dem Ausbau des südböhmischen Atomkraftwerks Temelin zuzustimmen, stieß nicht nur in Oberösterreich auf großes Unverständnis.

Die Genehmigung ist nicht nachvollziehbar, weil nicht einmal klar ist, welcher Reaktortyp genehmigt wurde und das Verfahren aus der Sicht der unterfertigten Abgeordneten im Widerspruch zu europäischem Recht steht.

Die Situation stellt sich so dar, dass die tschechische Regierung keinerlei Lehren aus Fukushima gezogen hat. Die Entscheidung des Umweltministeriums ist nicht nur ein Rückschritt in der Energiepolitik sondern auch eine Gefährdung von Nachbarstaaten wie Österreich in unabsehbarem Ausmaß.

Es ist daher unumgänglich, alle Möglichkeiten aufzugreifen, um den Ausbau des AKW Temelin um die Blöcke 3 und 4 zu verhindern.

Ein weiterer wichtiger Punkt im Bemühen um einen europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie ist die Neuausrichtung von EURATOM. Die europäische Atomgemeinschaft EURATOM muss im Jahr zwei nach Fukushima und 56 Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1957 umfassend auf ihre strategische Ausrichtung überprüft werden. Aufgrund der unkalkulierbaren Risiken, der folgenschweren Unfälle und der fehlenden Nachhaltigkeit haben sich auch führende Atomnationen wie Deutschland zum Ausstieg aus dieser Hochrisikotechnologie entschlossen. Sohin verändern sich die energetischen Rahmenbedingungen in Europa zusehends, worauf auch EURATOM zu verändern ist.

Eine wesentliche finanzielle und logistische Herausforderung für einen geordneten Ausstieg aus der Atomstromgewinnung ist auch der Umgang mit bzw. die Entsorgung der Atomkraftwerke selbst. Die Ziele der Europäischen Atomgemeinschaft müssen in Richtung Atomausstieg abgeändert werden, wozu insbesondere auch die Stilllegung der Atomkraftwerke und deren fachgerechte Entsorgung zählen.

Auch die Forschungsaufgaben von EURATOM müssen umfassend überarbeitet werden, wenn es tatsächlich gelingen soll, Strom vollständig aus erneuerbaren Energien zu gewinnen und so Europa einen Schritt näher zur Energieautarkie zu führen. Eine Voraussetzung dafür ist die Förderung der öffentlichen Grundlagenforschung und die Fokussierung der europäischen Energieforschungsaktivitäten auf das Ziel der Energieautarkie. Dazu gehört auch, dass die Energieforschung insgesamt deutlich ausgeweitet wird und dass die verschiedenen Forschungsaktivitäten besser vernetzt werden. Dabei muss die gesamte Bandbreite der erneuerbaren Energien, der Effizienztechnologien und der Speichertechnologien bedacht werden. Die Mittel für die Kernfusionsforschung sind hingegen streng zu hinterfragen und auf ein Mindestmaß zurückzuführen.

Gerade Österreich hat als atomkraftfreies Land die Chance und auch die Verpflichtung in dieser politischen Angelegenheit eine Führungsrolle einzunehmen und auf diesem Weg Europa in eine positivere, nachhaltige Zukunft zu führen. Das Zeitfenster für diese Herausforderung ist aufgrund der noch immer wirkenden Betroffenheit der Bevölkerung in weiten Teilen Europas offen.

Im Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die XXV. Gesetzgebungsperiode finden sich zur brisanten Atomproblematik abermals nur Lippenbekenntnisse.“

 

Der Umweltausschuss hat den Entschließungsantrag 256/A(E) erstmals in seiner Sitzung am 10. April 2014 in Verhandlung genommen. Nach der Berichterstattung durch den Abgeordneten Ing. Norbert Hofer wurde die Vertagung des gegenständlichen Entschließungsantrages einstimmig beschlossen.

 

Weiters hat der Umweltausschuss die Entschließungsanträge 1123/A(E) und 256/A(E) in seiner Sitzung am 05. Mai 2015 in Verhandlung genommen. Vor Eingang in die Tagesordnung wurde einstimmig beschlossen gemäß § 40 Abs. 1 GOG folgende ExpertInnen den Beratungen zuzuziehen: Mag. Dr. Andreas Kumin – Abteilungsleiter Europarecht, Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, Mag.a Dr.in Christine Pesendorfer – Abteilungsleiterin rechtliche Angelegenheiten der Europäischen Integration, Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst, und Ao. Univ.-Prof. Dr. Michael Geistlinger – Völker- und Europarecht, Universität Salzburg. Zuerst gaben die oben angeführten ExpertInnen einleitende Statements ab.

In der Debatte ergriffen außer dem Berichterstatter Abgeordneten Johann Höfinger die Abgeordneten Werner Neubauer, Georg Willi, Michael Pock, Ulrike Weigerstorfer, Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Ing. Norbert Hofer, Hannes Weninger sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter das Wort.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Hannes Weninger, Johann Höfinger, Werner Neubauer, Ulrike Weigerstorfer, Michael Pock, Georg Willi, Kolleginngen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„In der Sitzung vom 05. Juli 2013 beschloss der Nationalrat mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Team Stronach eine Entschließung betreffend Prüfung rechtlicher Schritte gegen die Ausbau-Genehmigung für Temelin sowie die Weiterentwicklung von EURATOM. Jüngsten Berichten zufolge plant der tschechische Finanzminister Andrej Babis den Bau neuer AKW-Reaktoren in den Kraftwerken Temelin und Dukovany bereits nächstes Jahr auszuschreiben. Es ist daher ein Gebot der Stunde alle rechtlichen und politischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Ausbau des AKW-Temelins sowie den Ausbau des AKW Dukovany zu verhindern.

Ein weiterer wichtiger Punkt im Bemühen um einen europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie ist die Neuausrichtung von EURATOM. Die europäische Atomgemeinschaft EURATOM muss im Jahr vier nach Fukushima, im Jahr 29 nach Tschernobyl und 58 Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1957 umfassend auf ihre strategische Ausrichtung überprüft werden. Aufgrund der unkalkulierbaren Risiken, der folgenschweren Unfälle und der fehlenden Nachhaltigkeit haben sich auch führende Atomnationen wie Deutschland zum Ausstieg aus dieser Hochrisikotechnologie entschlossen. Sohin verändern sich die energetischen Rahmenbedingungen in Europa zusehends, worauf auch EURATOM zu verändern ist.

Eine wesentliche finanzielle und logistische Herausforderung beim geordneten Ausstieg von Atomkraft ist auch der Umgang mit bzw. die Entsorgung der Atomkraftwerke selbst. Im Sinne der besonderen Relevanz von EURATOM für die europäischen Atomenergieanlagen treten die unterzeichneten Abgeordneten dafür ein, dass die Ziele der Europäischen Atomgemeinschaft insbesondere in Richtung Stilllegung der Atomkraftwerke abgeändert werden.

Die Forschungsaufgaben von EURATOM müssen mit Fokus auf Sicherheitsaspekte und bestmöglichen Schutz der Bevölkerung sowie Ausstieg aus der Kernenergie überarbeitet werden. Die Energieforschung muss insgesamt deutlich ausgeweitet und die verschiedenen Forschungsaktivitäten besser vernetzt werden. Dabei muss die gesamte Bandbreite der erneuerbaren Energien, der Effizienztechnologien und der Energiespeichertechnologien bedacht werden. Die Mittel für die Kernfusionsforschung sind hingegen streng zu hinterfragen und auf ein Mindestmaß zurückzuführen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag 1123/A(E) der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Bekräftigung der österreichischen Anti-Atompolitik anlässlich der „Tschernobyl“ und „Fukushima“ Jahrestage in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Hannes Weninger, Johann Höfinger, Werner Neubauer, Ulrike Weigerstorfer, Michael Pock, Georg Willi, Kolleginngen und Kollegen einstimmig beschlossen.

Damit gilt der Entschließungsantrag 256/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinderung einer Temelin-Erweiterung und Abänderung des EURATOM-Vertrages als miterledigt.

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Johann Höfinger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2015 05 05

                                Johann Höfinger                                                        Mag. Christiane Brunner

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau