593 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Umweltausschusses

über den Antrag 1111/A(E) der Abgeordneten Johann Höfinger, Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen betreffend EU-weite Maßnahmen gegen die Umweltverschmutzung durch Mikroplastik

Die Abgeordneten Johann Höfinger, Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 23. April 2015 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die zunehmende Verschmutzung der Gewässer und Meere mit Mikroplastik gibt Anlass zu großer Besorgnis. Studien zeigen, dass Fische und Meeresorganismen Mikroplastikteilchen aufnehmen können und Mikroplastik somit in die Nahrungskette gelangen kann. Deshalb muss die wissenschaftliche Forschung europaweit verstärkt und der politische Fokus auf die Eliminierung der Verschmutzungsquellen, insbesondere die Verwendung von Mikroplastik in Kosmetikprodukten, gelegt werden.

Als Mikroplastik bezeichnet man kleinste Teile von Kunststoffen mit einem Durchmesser von üblicherweise unter 5 mm. Beispielsweise werden Mikroplastikkügelchen kosmetischen Produkten zugesetzt, um die Reinigungswirkung zu erhöhen. Rückstände daraus gelangen über die Abwässer in die Flüsse und Meere. Mikroplastik entsteht aber auch durch mechanische Reibung und Lichteinwirkung aus größeren Kunststoffobjekten. Auch beim Waschen von Textilien aus Kunstfasern können kleinste Teile abgerieben werden und ins Abwasser gelangen.

Es gibt bereits Studien, die das Vorkommen von Plastik und Mikroplastik in europäischen Flüssen und Seen untersuchen. Von besonderer Aktualität ist die dem Umweltausschuss präsentierte Untersuchung des Umweltbundesamtes zum Thema "Plastik in der Donau". Demnach beträgt der Transport von Gesamtplastik in der Donau durchschnittlich 25 bis 145 kg pro Tag, was einer Jahresfracht von ca. 40 Tonnen entspricht. Mehr als 90% der Einträge stammen aus diffusen Quellen (Oberflächenentwässerung, weggeworfene Gebrauchsgüter (Littering), unsachgemäße Produktnutzung, Baustellen, Windverfrachtung, Foliennutzung).

Europaweit erhobene Daten sind jedoch aufgrund der unterschiedlichen Messmethoden nur schwer vergleichbar. Auch bezüglich des genauen Verhaltens von Mikroplastik in der Umwelt besteht noch eine Reihe offener Fragen.

Mikroplastik hat in der Umwelt nichts verloren!

Verschiedene Akteure haben bereits Initiativen gesetzt, um das Vorkommen und Verhalten von Mikroplastik in Gewässern und Meeren zu untersuchen, die verschiedenen Quellen zu identifizieren und Emissionen zu reduzieren. Dem müssen jedoch dringend weitere Schritte folgen. Da Flüsse und Meere nicht vor Staatsgrenzen halt machen, erfordern Maßnahmen gegen die Mikroplastikverschmutzung in Gewässern eine gemeinsame EU-weite Vorgehensweise unter Einbeziehung aller betroffenen Akteure.“

 

Der Umweltausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 05. Mai 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Johann Höfinger die Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Gerhard Schmid, Walter Bacher, Ulrike Weigerstorfer, Georg Willi, Werner Neubauer, Michael Pock sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Christiane Brunner.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Umweltverschmutzung durch primäres und sekundäres Mikroplastik bekämpfen eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Die Verunreinigung von Flüssen und Meeren durch Plastikteile ist ein zunehmendes und globales Umweltproblem. Jedes Jahr landen etwa 10 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle in den Weltmeeren, die dort als riesige schwimmende Müllinseln an der Wasseroberfläche treiben. Der weltweit größte Müllteppich treibt im Nordpazifik und ist 16mal so groß wie die Republik Österreich. Weniger offensichtlich als die großen und sichtbaren Plastikteile, sind Mikroplastikteile, also Plastikteile mit einer Größe unter fünf Millimetern. Sekundäres Mikroplastik entsteht beim Zerfall größerer Kunststoffteile durch die Einwirkung von Sonne, Wind und Wellen. Da synthetische Kunststoffe nicht biologisch abbaubar sind, zerfallen sie in der Regel in immer kleinere Teile und verbleiben hunderte Jahre in der Umwelt. Eine weitere wichtige Quelle von sekundärem Mikroplastik sind Kunststoffteile, die z.B. durch synthetische Kleidungsstücke ausgewaschen werden. Laut dem deutschen Umweltbundesamt gelangen pro Waschgang bis zu 2.000 Kunststofffasern aus Fleece-Kleidungsstücken, einem Velourstoff, der meist aus Polyester oder Polyacryl besteht, über Fließgewässer in die Meeresumwelt, da sie von den Klärwerken nicht zurückgehalten werden können.

Primäres Mikroplastik sind Kunststoffteile, die entweder zur industriellen Weiterverarbeitung gedacht sind (z.B. Pellets) oder direkt in Verbraucherprodukten direkte Anwendung finden. Letztere sind vor allem in Kosmetikartikeln und Pflegeprodukten wie Peelings, Duschgelen oder Zahnpasten zu finden. Diese Plastikteile haben unterschiedliche Funktionen und sollen den Produkten z.B. zu einem mechanischen Reinigungseffekt verhelfen. Laut einer Reportage des Norddeutschen Rundfunks soll der Anteil der Plastikteile am Gesamtinhalt bis zu zehn Prozent betragen. In einer aktuellen Untersuchung identifizierte die Umweltschutzorganisation Greenpeace 550 in Österreich erhältliche Kosmetikprodukte, die Mikroplastik enthalten. Eine Untersuchung der deutschen Umweltorganisation BUND kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Es ist davon auszugehen, dass nur die wenigsten Konsumentinnen und Konsumenten ahnen, dass in derart vielen am Markt erhältlichen Kosmetikprodukten mitunter tausende – und zum teil mikroskopisch kleine – Plastikteile enthalten. Mit dem Abwasser (z.B. nach dem Zähneputzen oder Duschen) gelangen Kunststoffe wie Polyethylen, Polypropylen oder Polyamid in den Wasserkreislauf. Durch ihre geringe Größe passieren sie Kläranlagen und andere Barrieren und gelangen schließlich bis in die Weltmeere.

Kunststoffteile enthalten unterschiedliche chemische Zusätze, mit zum Teil sehr negative Auswirkungen auf marine Ökosysteme haben können. Mikroplastikteile können zudem toxische Zusatzstoffe wie DDT oder PCB aufnehmen und wirken aufgrund ihrer Oberflächenstruktur wie Magneten für diverse Giftstoffe. So lassen sich an Mikroplastikpartikeln deutlich höhere Konzentrationen von toxischen Substanzen als im Meerwasser messen. Die Partikel werden dann samt Schadstoffen von den Meeresorganismen aufgenommen: Mikroplastik wurde in Seehunden, Fischen, Muscheln und kleineren Organismen nachgewiesen, die es mit ihrer Nahrung aufnehmen. Neun Prozent der Fische in der Region des Nordpazifikwirbels haben laut Studien Plastik in ihren Mägen. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) geht davon aus, dass über 250 Tierarten durch Plastikteile im Meer gefährdet sind.

Eine Verunreinigung durch mikroskopisch kleine Plastikteile wurde in verschiedenen Studien in Honig, Mineralwasser oder Bier nachgewiesen. Die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen auf den Menschen sind noch vollkommen ungeklärt.

Auch die direkten Auswirkungen auf marine Ökosysteme einer Verunreinigung von Flüssen und Meeren durch primäre Mikroplastikpartikel sind noch wenig erforscht. Allerdings lassen die bereits bekannten Fakten sehr wenig Zweifel daran, dass sie keine negativen Auswirkungen haben könnte. Sicher ist hingegen: Je kleiner das Plastikpartikel ist, desto größer das Risiko der Aufnahme und die Anzahl der Tiere, die es konsumiert. Ist Mikroplastik erst in den Flüssen und dem Meer, kann es nicht wieder entnommen werden. In diesem Fall sollte daher das Vorsorgeprinzip angewendet werden.“

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Johann Höfinger, Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (für den Antrag: S, V, F, T, N; dagegen: G) beschlossen.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Umweltverschmutzung durch primäres und sekundäres Mikroplastik fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: G, T, N; dagegen: S, V, F).


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2015 05 05

                                Johann Höfinger                                                        Mag. Christiane Brunner

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau