Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Durch Sozialbetrug – besonders durch Scheinfirmen in der Baubranche – entgehen der öffentlichen Hand und der Sozialversicherung jährlich Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in erheblichem Ausmaß. Betroffen von derartigen Malversationen sind auch die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) und der Insolvenz-Entgelt-Fonds. Auch rechtskonform handelnde Unternehmen leiden unter den Wettbewerbsverzerrungen.

Ein besonderes Phänomen des Sozialbetrugs sind die sogenannten Scheinfirmen (im weiteren wird der Begriff Scheinunternehmen verwendet). Diese werden dazu verwendet, Lohn- und Sozialabgaben systematisch zu verkürzen. Zu diesem Zweck werden neue Gesellschaften gegründet oder bestehende – und bislang nicht rechtswidrig agierende – Gesellschaften übernommen bzw. verwendet. Sie dienen als Anmelde- und Verrechnungsvehikel, indem sowohl tatsächlich beschäftigte Personen als auch Personen ohne tatsächliche Beschäftigung (bei) der Sozialversicherung, der BUAK oder der Finanzbehörde (an)gemeldet werden. Angehörige des letztgenannten Personenkreises erhalten so insbesondere de facto einen umfassenden Versicherungsschutz. Bei Personen, die tatsächlich beschäftigt werden, wird deren wahrer Vertragspartner bzw. Arbeitgeber regelmäßig verschleiert.

Auch die missbräuchliche Inanspruchnahme von Krankenständen, die missbräuchliche Verrechnung von Leistungen durch Vertragspartner und auch die unrechtmäßige Verwendung von e-cards stellen Missstände dar.

Den bisherigen Instrumenten der Verfolgung von Sozialbetrug und insbesondere von Scheinunternehmen mangelt es an einer kohärenten und umfassenden Strategie. Eine ausführliche Darstellung des Sozialbetrugs samt Empfehlungen findet sich im Endbericht der Universität Wien zum Forschungsprojekt "Sozialbetrug, auch im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping" (http://www.sozialministerium.at/site/Arbeit/News/Forschungsprojekt_zur_Sozialbetrugsbekaempfung_im_Auftrag_des_BMASK). Teilweise sind die Empfehlungen bereits umgesetzt. Teilweise bedürfen sie noch einer Umsetzung.

Mit der nun vorgeschlagenen Schaffung eines Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes wird die Zusammenarbeit der vom Sozialbetrug betroffenen und dessen Bekämpfung zuständigen Einrichtungen intensiviert. Weiters wird mit diesem Gesetz ein Instrumentarium zur Feststellung der Eigenschaft eines Unternehmens als Scheinunternehmen geschaffen. Die damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen in Bezug auf bei Scheinunternehmen als Dienstnehmer angemeldeten Personen finden sich im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955. Diese Konsequenzen zielen darauf ab, ein (vermeintliches) Versicherungsverhältnis – inklusive reiner Scheinanmeldungen tatsächlich nicht beschäftigter Personen – zum Scheinunternehmen zu beenden und den wahren Dienstgeber zu eruieren. Von besonderer Bedeutung ist die gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung einer Risiko- und Auffälligkeitsanalyse im Dienstgeberbereich – wobei die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse bereits ein entsprechendes Instrumentarium initiiert hat –, die sich mit bestimmten Aspekten des Sozialbetrugs wie etwa Schwarzarbeitsverdacht, Scheinanmeldung, Versichertenströme, Dienstgeberzusammenhänge, Insolvenzgefahr sowie Melde- und Beitragszahlungsverhalten auseinanderzusetzen hat.

In den letzten Jahren ist zunehmend das Problem sozialbetrügerisch agierender Unternehmen im Baubereich, aber auch von dabei mitwirkenden Arbeitnehmern, aufgetreten. Mit Verstößen gegen arbeits- und lohnrechtliche Standards erlangen die Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil im Vergleich zu korrekt handelnden Unternehmen. Darüber hinaus finanzieren  – bedingt durch die Systematik der Bauarbeiter Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) ‑ jene Unternehmen, die die Regelungen des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) beachten, die Ansprüche der Arbeitnehmer sozialbetrügerisch agierender Unternehmen. Der Entwurf enthält daher weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von Sozialbetrug.

So soll klargestellt werden, dass die BUAK Angaben von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern überprüft und durch eigene Erhebungen abändert oder ergänzt. Dabei soll sie auch von Arbeitnehmern Angaben, die für die Berechnung der Zuschläge maßgebend sind, verlangen dürfen

Arbeitgeber, die durch Bescheid nach dem Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG) als Scheinunternehmer qualifiziert werden, sollen verpflichtet werden, der BUAK auf Verlangen zu Kontrollzwecken Angaben über ihren Auftraggeber und die im Rahmen des Auftrags beschäftigten Arbeitnehmer zu machen.

Des Weiteren soll die BUAK ermächtigt werden, alle nach dem Bundesvergabegesetz 2006 in der Baustellendatenbank zu erfassenden Daten zu verarbeiten. Diese Daten betreffen u.a. die gesamte Auftragnehmerkette.

Darüber hinaus sieht der Entwurf die Verpflichtung der bargeldlosen Zuschlagsleistung und eine Änderung beim Überbrückungsgeld vor.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich der vorliegende Entwurf auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG (Arbeitsrecht und Sozialversicherungswesen) sowie auf all jene Kompetenztatbestände, die Grundlage für jenes Verhalten sind, zu dem die Kooperationsstellen verpflichtet werden. Der Entwurf stützt sich überdies auf Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG (Heil- und Pflegeanstalten).

Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz – SBBG):

Zu § 1 SBBG:

Hier wird der Zweck des Gesetzes dargelegt.

Zu § 2 SBBG:

Der Anwendungsbereich des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes (SBBG) betrifft alle Verhaltensweisen, die Verletzungen von Pflichten betreffen, die Dienstnehmern, Dienstgebern und versicherungspflichtigen Selbständigen im Zusammenhang mit der Erbringung oder Ausführung von Dienst- oder Werkleistungen und Beziehern/Bezieherinnen von Versicherungs-, Sozial- oder sonstige Transferleistungen auferlegt sind und die der Sicherung des Sozialversicherungsbeitrags-, des Steuer- sowie des Zuschlagsaufkommens nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes (BUAG), BGBl. Nr. 618/1987, und dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz 1977 (IESG), BGBl. Nr. 324/1977, und dem Bezug von Versicherungs-, Sozial- oder sonstige Transferleistungen dienen. Darunter fallen insbesondere die in den Ziffern dargestellten Verhaltensweisen. Diese entsprechen im Wesentlichen den geplanten neuen Fassungen der Sozialbetrugstatbestände der §§ 153c bis 153e des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, und umfassen auch den Leistungsmissbrauch im Zusammenhang mit reinen Scheinanmeldungen (betreffend Personen, die mangels Beschäftigung nicht pflichtversichert sind).

Zu § 3 SBBG:

Es wird zwischen Kooperationsstellen und Informationsstellen unterschieden. Als Kooperationsstellen gelten jene Einrichtungen, denen im Zusammenhang mit Sozialbetrug spezifische Ermittlungsaufgaben bzw. –befugnisse zukommen oder ein Vermögensschaden erwächst. Die Informationsstellen hingegen sind in wesentlich geringerem Ausmaß mit Sozialbetrug befasst. Der Ausdruck „Stelle“ wird als Oberbegriff gewählt, weil es sich nicht bei allen genannten Institutionen um Behörden handelt. Die Nennung der IEF-Service GmbH umfasst deren Tätigkeit sowohl gemäß § 3 Abs. 2 des IEF-Service-GmbH-Gesetzes (IEFG), BGBl. I Nr. 88/2001, als auch gemäß § 3 Abs. 3 IEFG.

Zu § 4 SBBG:

Die Bestimmung schafft keine neuen Zuständigkeiten. Die Einrichtungen werden im Rahmen ihres bestehenden gesetzmäßigen Wirkungsbereichs zu mehr Aufmerksamkeit im Hinblick auf Sozialbetrug verpflichtet.

Abs. 2 Z 1 betrifft gegebenenfalls die Verpflichtung, einen Verdacht auf Sozialbetrug den zuständigen Kooperationsstellen möglichst frühzeitig zu melden. Es werden keine neuen Befugnisse zur Datenübermittlung geschaffen. Die Grundlage für die Datenübermittlung ist grundsätzlich den bestehenden, den Aufgabenbereich der jeweiligen Einrichtung regelnden Gesetzesbestimmung zu entnehmen. Deshalb bedarf es keiner Bezeichnung von Datenarten. Festgelegt wird allerdings, dass die Meldung möglichst frühzeitig zu erfolgen hat. Eine spezifische Bestimmung zum Datenaustausch iZm – dem spezifischen – Sozialbetrug im Sinne der §§ 153c bis 153e StGB findet sich in § 5 SBBG.

Abs. 2 Z 2 sieht einen regelmäßigen Informations- und Erfahrungsaustausch mit anderen Kooperations- und Informationsstellen vor. Im Gegensatz zur Ziffer 1 geht es dabei nicht um einen konkreten Sozialbetrugsverdacht, sondern um den Austausch allgemeiner Informationen und Erfahrungen ohne das Verwenden von Daten im Sinne des DSG 2000.

Abs. 2 Z 3 betrifft eine Koordinierungsverpflichtung bei konkreten Verfolgungshandlungen. Keinesfalls ist diese Bestimmung dahingehend zu verstehen, dass neue Aufgaben übertragen würden, die gemeinsam zu besorgen wären. Auch mit dieser Bestimmung werden keine neuen Befugnisse zur Datenübermittlung geschaffen. Es wird auf die Ausführungen zu Abs. 2 Z 1 verwiesen.

Im Abs. 3 wird zur Erleichterung der Kontaktaufnahme und der Umsetzung der in Abs. 2 genannten Verpflichtungen die Bestellung von Sozialbetrugsbekämpfungsbeauftragten vorgesehen. Mit der Einrichtung von Sozialbetrugsbekämpfungsbeauftragten werden keinen neuen Auftraggeber im Sinne des § 4 Z 4 DSG 2000 geschaffen.

Die Abs. 4 bis 8 betreffen die Errichtung eines Beirats und dessen Aufgaben sowie das Prozedere im Zusammenhang mit den abzuhaltenden Sitzungen. Der Beirat soll vor allem der strategischen Vernetzung auf Ebene hochrangiger Behördenvertreter dienen und Anliegen der Sozialbetrugsbekämpfung ein sachgerechtes Forum bieten. Auch beim Beirat handelt es sich um keinen Auftraggeber im Sinne des § 4 Z 4 DSG 2000. Auch hier erfordert die Aufgabenerfüllung kein Verwenden von Daten im Sinne des DSG 2000. Vertreter/innen von Gebietskrankenkassen können nach Abs. 8 als Experten angehört werden.

Zu § 5 SBBG:

Diese Bestimmung schafft eine klare und übersichtliche datenschutzrechtliche Grundlage, um bei der Bekämpfung von Sozialbetrug im Sinne der §§ 153c bis 153e StGB den raschen und unbürokratischen Datenaustausch zwischen den Kooperationsstellen und den Staatsanwaltschaften zu gewährleisten. Die neue Bestimmung tritt zu bestehenden datenschutzrechtlichen Grundlagen hinzu, ohne diese zu beeinträchtigen. Der Datenaustausch hat über eine vom Bundesministerium für Finanzen zu führende Sozialbetrugsdatenbank zu erfolgen.

Eine wirksame Bekämpfung von Sozialbetrug ist ohne raschen Datenaustausch nicht möglich, weil nur dieser den für die jeweiligen gebotenen Maßnahmen erforderlichen Informationsstand sichern kann. Unter Bekämpfung sind nicht nur Maßnahmen im Sinne der StPO durch die Sicherheitsbehörden zu verstehen. Vielmehr fallen darunter insbesondere alle Maßnahmen, die der Abhaltung oder Erschwerung von sozialbetrügerischen Verhaltensweisen und unrechtmäßigen Bereicherungen dienen, wie etwa die Geltendmachung resultierender öffentlich rechtlicher oder zivilrechtlicher Ansprüche durch geschädigte Sozialversicherungsträger. Weiters ist zu berücksichtigen, dass Verhaltensweisen, die unter gerichtlich strafbaren Sozialbetrug im Sinne der §§ 153c bis 153e StGB zu subsumieren sind, in der Praxis zugleich auch die Verletzung anderer/jener Bestimmungen betreffen, die in den Zuständigkeitsbereich im § 3 Abs. 2 Z 1 und 4 genannten Kooperationsstellen fallen. Treffen diese Kooperationsstellen aufgrund des Datenaustausches die zur Erfüllung ihrer gesetzmäßigen Aufgaben erforderlichen Maßnahmen, liegt darin automatisch auch eine Bekämpfung von Sozialbetrug im Sinne der §§ 153c bis 153e StGB, weil damit die unrechtmäßigen Verhaltensweisen zur Gänze, und damit auch soweit sie auf die §§ 153c bis 153e StGB gerichtet sind, bekämpft werden. Aus diesen Gründen ist der Datenaustausch zwischen den Kooperationsstellen und den Staatsanwaltschaften für eine wirksame Bekämpfung von Sozialbetrug im Sinne der §§ 153c bis 153e StGB unbedingt erforderlich und steht kein gelinderes Mittel zur Verfügung.

Das Vorliegen eines Verdachts ist von der jeweiligen Kooperationsstelle oder Staatsanwaltschaft zu beurteilen; es kommt nicht auf bereits anhängige kriminalpolizeiliche Ermittlungen an.

Abs. 6 sieht Bestimmungen zur Löschung personenbezogener Daten vor. Nach Abs. 6 erster Satz sind personenbezogene Daten eines konkreten Sozialbetrugsverdachts nach Ablauf von fünf Jahren nach der Verarbeitung des ersten Datums in der Sozialbetrugsdatenbank zu löschen. Diese Daten können sich auch auf Dritte beziehen. Nach Abs. 6 zweiter Satz sind personenbezogene Daten von nach den §§ 153c bis 153e StGB Verurteilten nach Ablauf von zehn Jahren ab der Verurteilung zu löschen. Nach Abs. 6 dritter Satz sind die Daten unverzüglich zu löschen, sobald ersichtlich wird, dass sich ein Sozialbetrugsverdacht nicht bestätigen sollte.

Zu § 6 SBBG:

Für die Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit Sozialbetrug nach den §§ 153c bis 153e StGB werden spezielle Ermittlungsbestimmungen der Finanzstraf- und Abgabenbehörden des Bundes und ihrer Organe vorgesehen.

Zu § 7 SBBG:

In dieser Bestimmung wird eine Privatbeteiligtenstellung kraft Gesetzes für die jeweils zuständige Abgabenbehörde sowie den jeweils zuständigen Träger der Krankenversicherung eingerichtet. Die Bestimmung erfolgt in Anlehnung des § 200 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG), BGBl. Nr. 129/58. Sollte – etwa bei Vorliegen ausschließlich öffentlich rechtlicher Anspruchsgrundlagen – ein Privatbeteiligtenzuspruch nicht möglich sein, erschöpft sich die Privatbeteiligtenstellung in den Verfahrensrechten nach der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975. Der Zweck der Privatbeteiligtenstellung besteht dann etwa darin, durch eine Sicherung der objektiven Rechtmäßigkeit des Strafverfahrens öffentliche Interessen im Zusammenhang mit der Verletzung von sozialversicherungsbeitragsrechtlichen Bestimmungen wahrzunehmen, womit auch eine Erhöhung der präventiven Wirkung der strafrechtlichen Bestimmungen verbunden sein kann, oder – was für die Träger der Krankenversicherung von Bedeutung sein kann – im Strafverfahren Beweismittel zu erlangen, die bei der Einbringlichmachung von Beitragsrückständen etwa im öffentlich-rechtlichen Weg nützlich sein können.

Zu § 8 SBBG:

Scheinunternehmen sollen in einem Verfahren als solche festgestellt werden. Der Begriff des Scheinunternehmens – und nicht der allgemein verwendete Begriff der Scheinfirma – wird gewählt, weil sich der Schein nicht auf die Existenz der Gesellschaft oder Firma bezieht, sondern deren geschäftlichen Betrieb, der nicht dem angegebenen Geschäftszweig entspricht, wobei der Gesellschafts- bzw. Unternehmenszweck in einem Anmelde- und Verrechnungsvehikel besteht.

Abs. 1 definiert den Begriff des „Scheinunternehmens“.

Abs. 2 legt fest, wann ein Verdacht auf Vorliegen eines Scheinunternehmens gegeben ist. Dabei kommt es darauf an, dass gewisse – insbesondere die in Abs. 3 genannten – Anhaltspunkte bei einer Gesamtbetrachtung ihrem Gewicht, ihrer Bedeutung und ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt nach berechtigte Zweifel begründen, ob die Anmeldung zur Sozialversicherung oder die Meldung bei der BUAK vom Vorsatz getragen ist, die laut Anmeldung oder Meldung auflaufenden Lohn- und Sozialabgaben oder Zuschläge nach dem BUAG zur Gänze zu entrichten.

Abs. 4 legt fest, dass die Abgabenbehörde den Verdacht auf Bestehen eines Scheinunternehmens dessen Rechtsträger/in schriftlich mitzuteilen hat.

Die Abs. 5 und 6 sehen besondere Zustellbestimmungen für die Mitteilung nach Abs. 4 vor. Dies sind erforderlich, weil Inhaber/innen von Scheinunternehmen als offiziellen Firmensitz regelmäßig nicht-existente Türnummern, verwaiste Kellerabteile, Lagerräume in Innenhöfen oder reine Briefkastenadressen angeben (vgl. Endbericht zum Forschungsprojekt „Sozialbetrug, auch im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping“, 44). Damit mangelt es jedoch regelmäßig sowohl an einer Abgabestelle als auch an der Anwesenheit des/er Empfängers/Empfängerin oder dessen/deren Vertreters/Vertreterin an einer solchen nach den allgemeinen Bestimmungen des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982. Um dennoch wirksam gegen die mafiös agierenden Strukturen vorgehen zu können, bedarf es entsprechender Sonderbestimmungen für die Zustellung. Es soll aber auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich im Einzelfall ein Verdacht gegen ein seriös agierendes Unternehmen richten kann.

Nach Abs. 5 hat die Zustellung der Mitteilung prioritär nach dem 3. Abschnitt des ZustG elektronisch zu erfolgen. Da eine solche Zustellung ohnehin nur möglich ist, wenn der/die Empfänger/in die entsprechenden Schritte – wie Anmeldung bei einem Zustelldienst oder dem elektronischen Kommunikationssystem der Behörde – selbst gesetzt hat, entspricht dies auch den Interessen des/der Empfängers/Empfängerin.

Die elektronische Zustellung hat ohne Zustellnachweis zu erfolgen (vgl. §§ 35 bis 37 ZustG). Der für die Belange des § 8 SBBG wesentliche Unterschied gegenüber einer elektronischen Zustellung mit Zustellnachweis besteht darin, dass im Falle des Nichtabholens der Mitteilung nach zwei elektronischen Verständigungen über die Bereithaltung der Mitteilung nicht noch zusätzlich eine physische (dritte) Verständigung auf dem Postweg erfolgt, was bei Zustellung mit Zustellnachweis der Fall wäre, wenn der Empfänger eine Abgabestelle bekannt gegeben hat. Mit einer solchen physischen (dritten) Verständigung könnten mehrere Nachteile verbunden sein. So käme es etwa zu zeitlichen Verzögerungen. Der stärkste Nachteil könnte jedoch seriöse Unternehmen betreffen. Da es im Hinblick auf sozialbetrügerisch agierende Unternehmen erforderlich wäre, unter anderem von den Voraussetzungen des ZustG in Bezug auf die Anwesenheit des Empfängers oder eines Vertreters an der Abgabestelle abzusehen und demnach die Zustellung auch bei Abwesenheit von der Abgabestelle wirksam wäre, enthielte das aufgrund der Zustellformularverordnung (ZustFormV), BGBl. Nr. 600/1982, zu verwendende Formular 9 die unrichtige Information, dass die Zustellung bei gewissen Voraussetzungen und insbesondere bei vorübergehender Abwesenheit von der Abgabestelle nur dann – mit dem der Rückkehr folgenden Tag – bewirkt wird, wenn die Rückkehr an die Abgabestelle spätestens am vorletzten Tag der Abholfrist erfolgt. Diese unrichtige Information könnte im Einzelfall auch ein seriöses Unternehmen dazu veranlassen, gebotene verfahrensrechtliche Schritte wie etwa die Erhebung des Widerspruchs zu unterlassen.

Der Ausschluss der Geltung des § 35 Abs. 6 zweiter Satz ZustG und, soweit er sich auf das Einlangen der elektronischen Verständigung bezieht, des § 35 Abs. 8 ZustG bedeutet, dass die Zustellung jedenfalls/spätestens als am ersten Werktag nach der Versendung der zweiten elektronischen Verständigung bewirkt gilt (vgl. § 35 Abs. 6 erster Satz iVm § 35 ZustG) und insbesondere eine Behauptung des/der Empfängers/Empfängerin, dass keine elektronische Verständigung eingelangt ist, für die Wirksamkeit der Zustellung irrelevant ist. Ohne diesen Ausschluss wäre nämlich zu befürchten, dass aufgrund einer bloßen entsprechenden Behauptungen des/der Empfängers/Empfängerin mangels praktischer Beweisbarkeit des Einlangens einer elektronischen Verständigung eine an sich korrekte Zustellung als nicht bewirkt gelten würde. Damit stünde für Inhaber/innen von Scheinunternehmen ein einfach zu handhabendes Instrumentarium zur Verfahrensverzögerung zur Verfügung. Zu betonen ist jedoch an dieser Stelle, dass die Möglichkeit zu Erhebung eines Wiedereinsetzungsantrags in die Frist zu Erhebung des Widerspruchs gegen den mitgeteilten Verdacht unberührt bleibt.

Der Ausschluss der Geltung des § 37 ZustG, soweit er sich auf eine elektronische Zustelladresse bezieht, bedeutet, dass die Zustellung nicht durch eine (bloß einmalige) Übersendung der Mitteilung an eine E-Mail Adresse erfolgen darf. Im Übrigen würde es im Regelfall ohnedies an einer elektronischen Zustelladresse im Sinne des § 2 Z 5 ZustG mangeln, weil eine solche für ein Verfahren nach § 8 SBBG wohl nicht bekannt gegeben würde. Die Möglichkeit der Zustellung über das elektronische Kommunikationssystem der Behörde bleibt – nach Maßgabe des § 37 Abs. 2 ZustG – unberührt.

Abs. 6 regelt die physische Zustellung der Mitteilung. Die physische Zustellung darf nur dann erfolgen, wenn die elektronische Zustellung nicht möglich ist. Das wird insbesondere dann der Fall sein, wenn der/die Empfänger/in bei keinem Zustelldienst angemeldet ist. Aber auch wenn aus den protokollierten und der Behörde übermittelten Daten des Zustelldienstes ersichtlich sein sollte, dass keine dem Zustelldienst bekannt gegebene elektronische Adresse (mehr) besteht oder ein Einlangen an keiner elektronischen Adresse erfolgt sein kann, wird von einer solchen Unmöglichkeit auszugehen sein.

Die physische Zustellung hat ohne Zustellnachweis zu erfolgen. Der Grund dafür liegt darin, dass bei einer Zustellung mit Zustellnachweis der Empfänger in Einzelfällen unrichtig über die Wirksamkeit der Zustellung informiert und in weiterer Folge dazu veranlasst werden könnte, gebotene verfahrensrechtliche Schritte wie etwa die Erhebung des Widerspruchs zu unterlassen. Die oben zur elektronischen Zustellung erfolgten Ausführungen gelten sinngemäß im Zusammenhang mit dem aufgrund der ZustFormV zu verwendenden Formular 1.

Mit der Zustellung sowohl an die der Abgabenbehörde zuletzt bekannt gegebene Adresse als auch an eine allfällig im Firmenbuch eingetragene Geschäftsanschrift soll allfälligen Zustellproblemen begegnet werden. Im Hinblick auf sozialbetrügerisch agierende Unternehmen erfolgen insbesondere Sonderbestimmungen, die die Qualifikation von bekannt gegebenen Adressen als Abgabestellen vorsehen und von den Voraussetzungen des ZustG in Bezug auf die Anwesenheit des/der Empfängers/Empfängerin oder eines/einer Vertreters/Vertreterin an der Abgabestelle absehen. Für die Bewirkung der Zustellung wird auf den dritten Werktag nach Übergabe an den Zustelldienst oder die Gemeinde abgestellt, um praktischen Problemen vorzubeugen, weil der Zeitpunkt der Übergabe an das Zustellorgan einen nicht nachvollziehbaren Vorgang innerhalb des Zustelldienstes darstellt. Der Ausschluss von § 26 Abs. 2 zweiter Satz ZustG bedeutet, dass die Zustellung bei Übergabe an den Zustelldienst oder die Gemeinde jedenfalls am dritten Werktag nach der Übergabe als bewirkt gilt und insbesondere eine Behauptung des/der Empfängers/Empfängerin, dass das Dokument nicht eingelangt ist, irrelevant ist. Ohne diesen Ausschluss wäre nämlich zu befürchten, dass aufgrund einer bloßen entsprechenden Behauptungen des/der Empfängers/Empfängerin mangels praktischer Beweisbarkeit des Einlangens des Dokuments eine an sich korrekte Zustellung als nicht bewirkt gelten würde. Damit stünde für Inhaber/innen von Scheinunternehmen ein einfach zu handhabendes Instrumentarium zur Verfahrensverzögerung zur Verfügung. Zu betonen ist jedoch an dieser Stelle, dass die Möglichkeit zu Erhebung eines Wiedereinsetzungsantrags in die Frist zu Erhebung des Widerspruchs gegen den mitgeteilten Verdacht unberührt bleibt.

Abs. 7 sieht die Möglichkeit zur Erhebung eines Widerspruchs gegen den mitgeteilten Verdacht binnen einer Woche ab Zustellung bei der Abgabenbehörde vor. Die dazu erforderliche persönliche Vorsprache des/der Rechtsträgers/Rechtsträgerin oder dessen/deren organschaftlichen Vertreters/Vertreterin beinhaltet eine Hürde für sozialbetrügerisch agierende Personen, die möglichst den Kontakt zu Behörden scheuen.

Abs. 8 regelt den Fall, dass kein Widerspruch erhoben wird. Demnach hat die Abgabenbehörde mit Bescheid festzustellen, dass das Unternehmen, als Scheinunternehmen gilt. Für die Zustellung dieses Bescheids gelten die Absätze 5 und 6. Der rechtskräftige Bescheid ist allen Kooperationsstellen und der Gewerbebehörde zu übermitteln, an letztere in Hinblick auf eine etwaige Beurteilung nach § 87 GewO. Unter einem „rechtskräftigen Bescheid“ ein Bescheid zu verstehen ist, der einer Beschwerde beim Verwaltungsgericht auf Antrag einer Partei nicht mehr unterliegt (etwa weil keine Beschwerde erhoben oder über die Beschwerde bereits entschieden wurde).

Abs. 9 regelt den Fall, dass Widerspruch erhoben wird. Hier kommt es nach einem Ermittlungsverfahrens zu einer Feststellung mittels Bescheid, ob das Unternehmen als Scheinunternehmen gilt. Durch die Normierung einer allfälligen Feststellung als Scheinunternehmen als wichtigen Grund im Sinne des § 102 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, wird die Zustellung mit Zustellnachweis vorgesehen. Durch die Sonderbestimmungen, wodurch insbesondere die Qualifikation der der Abgabenbehörde zuletzt bekannt gegebene Adresse als Abgabestelle vorgesehen ist und von den Voraussetzungen des ZustG in Bezug auf die Anwesenheit des/der Empfängers/Empfängerin oder eines/einer Vertreters/Vertreterin an der Abgabestelle abgesehen wird, sollen sozialbetrügerisch agierenden Unternehmen von taktischen Handlungen in Bezug auf Zustellproblematiken abgehalten werden. Auch hier ist der rechtskräftige Bescheid für die Feststellung als Scheinunternehmen allen Kooperationsstellen und der Gewerbebehörde zu übermitteln.

Wenngleich sich die unmittelbaren rechtlichen Wirkungen einer rechtskräftigen Feststellung als Scheinunternehmen nach § 8 SBBG auf das Sozialversicherungsrecht beschränken, erscheint es zur Information der interessierten Öffentlichkeit angebracht, diesen Umstand auch im Internet bekannt zu machen und im Firmenbuch einzutragen. Die Firmenbucheintragung nach § 3 Abs. 1 Z 15a FBG, der lediglich deklarative Wirkung zukommt, wird vom Gericht aufgrund einer entsprechenden Mitteilung der Abgabenbehörde von Amts wegen verfügt. Kommt es in weiterer Folge (z.B. nach einem Wiedereinsetzungsantrag) zu einer Abänderung etc. des Feststellungsbescheids, hat die Abgabenbehörde auch dies dem Firmenbuchgericht mitzuteilen, das sodann eine amtswegige Löschung der Eintragung vorzunehmen hat.

Da das Gericht den Beschluss über die Eintragung der Scheinunternehmerschaft auch dem/der betroffenen Rechtsträger/in zuzustellen hat, wird es unter Umständen feststellen, dass die möglicherweise noch im Firmenbuch eingetragene Geschäftsanschrift tatsächlich keine Abgabestelle (mehr) ist. Ist dies der Fall, so hat das Gericht von Amts wegen (vgl. § 21 Abs. 3 letzter Satz FBG) auch die Eintragung nach § 3 Abs. 1 Z 4a FBG (Umstand, dass eine für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift unbekannt ist) vorzunehmen.

Der letzte Satz des Abs. 11 stellt klar, dass die Abgabenbehörde auch einen Antrag gemäß § 40 FBG zu stellen hat, wenn sie im Zuge eines Verfahrens zur Feststellung der Scheinunternehmerschaft einer Kapitalgesellschaft zur Überzeugung gelangt, dass diese Kapitalgesellschaft vermögenslos ist.

Abs. 12 sieht vor, dass auf das Verfahren die Vorschriften der BAO sinngemäß anzuwenden sind.

Abs. 12 Z 1 nimmt für die zu erteilende Rechtsmittelbelehrung darauf Rücksicht, dass die Mitteilung nach Abs. 4 kein Bescheid ist. Weiters ist auf das ordentliche Verfahren im Falle der Erhebung des Widerspruchs hinzuweisen.

Abs. 12 Z 2 legt die Frist für die Einbringung einer Beschwerde gegen den nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens zu erlassenden Bescheid mit einer Woche fest. Durch den Ausschluss von § 245 Abs. 3 BAO wird einseitig bewirkbaren Fristverlängerungen begegnet, um sozialbetrügerisch agierenden Unternehmen die Möglichkeit zu Verfahrensverzögerungen zu nehmen.

Abs. 12 Z 3 verkürzt die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung von drei Monaten auf zwei Wochen. Bei Versäumung der Frist zur Erhebung des Widerspruchs gegen den mitgeteilten Verdacht nach Abs. 6 hat die persönliche Vorsprache innerhalb der Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung zu erfolgen. Die Vorsprache muss nicht gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag erfolgen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass ein Wiedereinsetzungsantrag mitunter von einem Rechtsvertreter eingebracht wird, was die gleichzeitige oder frühere persönliche Vorsprache de facto verunmöglichen oder zumindest erschweren würde. Die absolute Höchstfrist nach § 309 BAO für den Wiedereinsetzungsantrag wird von fünf Jahren auf sechs Wochen verkürzt.

Zu § 9 SBBG:

Die Haftungsregelung ergänzt die behördlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Sozialbetrugs auf der zivilrechtlichen Ebene. Auftraggeber/innen, die sich bewusst oder grob fahrlässig eines Scheinunternehmens zur Abwicklung eines Auftrages bedienen, sollen im Sinne einer generalpräventiven Wirkung für die Löhne der bei der Auftragsdurchführung eingesetzten Arbeitnehmer/innen haften. Die Haftung bezieht sich auf alle Entgelte aus Arbeitsleistungen, die mit der Beauftragung in Verbindung stehen und wird mit der rechtskräftigen Feststellung über das Vorliegen der Scheinunternehmereigenschaft begründet. Sie soll jenen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, die meist unter prekären Rahmenbedingungen beschäftigt werden, eine zusätzliche Absicherung ihrer Lohnzahlungen verschaffen.

Die Haftung erfordert jedenfalls, dass das Auftrag gebende Unternehmen wusste oder wissen musste, dass es sich beim Auftrag nehmenden Unternehmen um ein Scheinunternehmen handelt. Eines dieser subjektivenTatbestandselemente muss zum Zeitpunkt der Beauftragung erfüllt sein.

Das Tatbestandselement „wissen musste“ erfordert die Vorwerfbarkeit des Verhaltens des Auftraggebers und ist einem grob fahrlässigen Verhalten gleich zu setzen. Ein grob fahrlässiges Verhalten wird insbesondere dann vorliegen, wenn die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlicher und auffallender Weise vernachlässigt wird. Es muss sich um ein Verhalten handeln, das mit Rücksicht auf die Schwere und die Häufigkeit nur bei besonders nachlässigen oder leichtsinnigen Menschen vorkommt. Eine grobe Fahrlässigkeit setzt ein Handeln oder Unterlassen voraus, bei dem unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen und bei dem die erforderliche Sorgfalt nach den Umständen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt wurde und ganz einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt wurden.

Nicht verbunden sind damit akribische Nachforschungsobliegenheiten des/der Auftraggebers/Auftraggeberin ohne konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Scheinunternehmens. Das Tatbestandselement wird vielmehr erst dann erfüllt sein, wenn objektive Umstände gegeben sind, die den Verdacht auf Vorliegen eines Scheinunternehmens nach sich ziehen, diese dem/der Auftraggeber/in tatsächlich bekannt sind und der/die Auftraggeber/in dennoch ohne weiteres die Beauftragung vornimmt. So wird etwa einem sorgfältigen Unternehmen auffallen müssen, dass ein potentieller Auftragnehmer kein professionelles Auftreten hat, wie z.B. durch das gänzliche Fehlen von Informationen wie Firmenadresse oder sonst üblichen Kontaktdaten wie auch bspw. das Fehlen eines Internetauftrittes, in dem weitere Referenzen Ansprechpersonen und Kontaktdaten genannt sind. Weitere Anzeichen können das gänzliche Fehlen schriftlicher Korrespondenz aus der sich Firmenummer und UID etc. ergibt, oder die beharrliche Ablehnung Besprechungen über geschäftliche Angelegenheiten in den Geschäftsräumlichkeiten des potentiellen Auftragnehmers abzuhalten, sein.

Ganz klar grob fährlässig wäre eine Beauftragung eines Unternehmens, das bereits in der Liste des BMF gemäß § 8 Abs. 10 veröffentlicht wurde. Sollte der/die Auftraggber/in in diesen Fällen dennoch eine Beauftragung vornehmen, wird von einem „wissen musste“ auszugehen sein.

Zu den Art. 2 bis 5 (Änderungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes und des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes):

Zu Art. 2 Z 1 (§ 11 Abs. 7 ASVG):

Erscheint eine versicherte Person, die nach § 43 Abs. 4 ASVG zur Auskunftserteilung über die Beschäftigung bei einem rechtskräftig als Scheinunternehmen festgestellten Unternehmen schriftlich aufgefordert wurde, nicht binnen sechs Wochen beim Krankenversicherungsträger, so endet das durch Beschäftigung beim Scheinunternehmen begründete Versicherungsverhältnis ex lege, und zwar rückwirkend mit der rechtskräftigen Feststellung des Scheinunternehmens.

Dies gilt auch für jene Fälle, in denen nicht glaubhaft gemacht werden kann, dass tatsächlich Arbeitsleistungen im Bereich des Scheinunternehmens verrichtet wurden.

Über das Ausscheiden aus der Pflichtversicherung hat nach § 410 Abs. 1 Z 2 ASVG ein Bescheid zu ergehen.

Bei Erscheinen vor dem Krankenversicherungsträger ist hingegen zu klären, ob ein anderer Dienstgeber als das Scheinunternehmen vorliegt. Bejahendenfalls ist vom Krankenversicherungsträger das Ausscheiden aus der bisherigen Versicherung bescheidmäßig festzustellen und sodann ein Verfahren über die Pflichtversicherung auf Grund des Dienstverhältnisses zu einem anderen Dienstgeber einzuleiten.

Zu Art. 2 Z 2 (§ 23 Abs. 7 ASVG):

Die schon bisher bestehende und in den entsprechenden verbindlichen Bestimmungen der Musterkrankenordnung explizit verankerte Verpflichtung der Träger der Krankenversicherung zur Überprüfung der Einhaltung der ärztlichen Anordnungen und der Bestimmungen der Krankenordnung durch den Versicherten/die Versicherte wird nunmehr gesetzlich verankert um die Rechtssicherheit zu erhöhen. Ebenso soll die Berechtigung der Versicherungsträger zur Überprüfung des Gesundheitszustandes des Versicherten/der Versicherten festgeschrieben werden. Die korrespondierenden Verpflichtungen der Versicherten ergeben sich aus den vielfältigen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten in den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen.

Zu Art. 2 Z 3 und 4 (§§ 31 Abs. 5 Z 12, 32a und 32b ASVG):

Im Sinne der Solidarität aller am Sozialversicherungssystem Beteiligten war die Beobachtung des Leistungsgeschehens seit jeher integrativer Bestandteil des auf privatrechtlichen Verträgen basierenden Vertragsregimes mit entsprechend ausgestalteten Instrumentarien, wie etwa dem amikalen Gespräch zwischen Versicherungsträger und Vertragspartner/in bis hin zur Vertragskündigung. Durch die vorliegenden Gesetzesänderungsvorschläge sollen die grundsätzlich ohnedies aus dem Vertragsrecht erwachsenden Kontrollmöglichkeiten sichtbar gemacht und damit verstärkt ins Bewusstsein gebracht werden. Keinesfalls ist mit den vorliegenden Regelungen ein Generalverdacht gegenüber dem Verhalten der LeistungserbringerInnen intendiert, die nicht nur allenfalls dem Versicherungsträger vertraglich sondern auch ihren Patienten und Patientinnen sowie ihrem Berufsbild und Berufsstand verpflichtet sind.

Den Versicherungsträgern obliegt somit im Sinne der sparsamen und rechtmäßigen Verwendung der Versichertengelder nicht nur die Kontrolle der Versicherten im Krankheitsfall, wie dies die Krankenordnungen (§§ 48 ff. MKO) vorsehen, sondern auch die Kontrolle der VertragspartnerInnen. Diese kann zwar schon derzeit mit allen rechtlich zulässigen Mitteln erfolgen; durch den gegenständlichen Gesetzesvorschlag soll allerdings explizit festgeschrieben werden, dass die Versicherungsträger ihre VertragspartnerInnen zu kontrollieren haben.

Ebenso soll die Abrechnung von Leistungen, für die der versicherten Person Kostenerstattung, Kostenersatz oder ein Kostenzuschuss gewährt wurde, bei Leistungserbringern/Leistungserbringerinnen die in keinem Vertragsverhältnis zum Versicherungsträger stehen, überprüft werden dürfen. Diese Neuerung ist dadurch gerechtfertigt und eine Maßnahme im Sinne der Aufrechterhaltung des finanziellen Gleichgewichts des Gesundheitssystems, dass insbesondere die wahlärztliche Hilfe durchaus eng mit dem Regelsystem der Sachleistungserbringung durch Vertragsärzte/-ärztinnen verknüpft ist, wie etwa durch die Abrechenbarkeit von Gesunden- und Vorsorgeuntersuchungen oder das den Wahlärzten/Wahlärztinnen von manchen Kassen eingeräumte sogenannte Rezepturrecht.

Ausdrücklich klargestellt werden soll, dass e-cards zu Testzwecken hergestellt und zur Leistungsinanspruchnahme vorgelegt werden dürfen.

Aus heutiger Sicht scheint jedenfalls die Ausstellung unrichtiger Krankenstandsbestätigungen, wie dies durch von der Wiener Gebietskrankenkasse jüngst durchgeführte sogenannte „mystery checks“ zu Tage getreten ist, ein wichtiger Prüfansatz zu sein. (Die von der Wiener Gebietskrankenkasse eingesetzten Testpatienten/Testpatientinnen erreichten die Ausstellung von Gefälligkeitsattesten für einen Krankenstand trotz expliziter Erklärung, nicht krank zu sein; teils erfolgte die Krankschreibung durch die Ordinationshilfe, teils wurden zur Verschleierung nicht notwendige Leistungen erbracht). Die Angabe von Krankheitssymptomen, die vom behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin nicht durch die allgemeine Anamnese objektivierbar sind (zum Beispiel Kopfschmerzen, Übelkeit), und sich daraus allenfalls ergebende Fehldiagnosen sind dem behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin nicht anzulasten und haben daher als nicht geeignetes Mittel für Kontrollen zu unterbleiben (ein Fremder darf unter vier Augen nicht lügen).

Ein weiterer Prüfschwerpunkt sollten die unter dem Begriff „Abrechnungsbetrug“ zusammenfassbaren Malversationen, bei denen Leistungen abgerechnet werden, die nicht oder nicht im angegebenen Ausmaß verrechnet werden, sein. Anders als bei der Kontrolle der Ausstellung von Krankenstandsbestätigungen können im Fall der Prüfung des Abrechnungsbetruges unrichtige Angaben hinsichtlich des Gesundheitszustandes zweckmäßig sein. In Zukunft muss auch auf den wahlärztlichen Bereich eingegangen werden, da auch dieser Bereich Möglichkeiten der Manipulation zu Lasten des Versicherungsträgers bietet und dem Wahlbehandler/der Wahlbehandlerin auch keine Verpflichtungen aus dem Vertrag mit dem Versicherungsträger obliegen bzw. Konsequenzen daraus zu befürchten sind. Anders als bei der Kontrolle der Ausstellung von Krankenstandsbestätigungen können im Fall der Prüfung des Abrechnungsbetruges unrichtige Angaben hinsichtlich des Gesundheitszustandes zweckmäßig sein.

Um eine einheitliche Vorgehensweise der Versicherungsträger sicherzustellen, wird der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ermächtigt, Richtlinien hinsichtlich dieser Kontrollen zu erlassen. In diesen Richtlinien wird jedenfalls darauf einzugehen sein, dass die Kontrolle nicht dazu führt, dass der Arzt/die Ärztin von einer Krankschreibung eines Patienten oder einer Patientin absieht, bei dem/der die Krankheitssymptome nicht mit angemessenen Mitteln objektivierbar sind.

Zu Art. 2 Z 5 (§ 33 Abs. 1b ASVG):

Ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides, mit dem ein Unternehmen als Scheinunternehmen festgestellt worden ist, sind Anmeldungen zur Pflichtversicherung durch dieses Unternehmen nicht mehr zulässig.

Infolge dieser Unzulässigkeit sind alle Beitragskonten eines solchen Unternehmens zu sperren; versuchte Anmeldungen gelten nicht als Anmeldungen im Sinne des § 33 ASVG. Unzulässig angemeldete Personen sind nach § 43 Abs. 4 ASVG zur Auskunftserteilung aufzufordern.

Zu Art. 2 Z 6 (§ 35a ASVG):

Durch den neu geschaffenen § 35a ASVG wird zum einen die Bindung der Krankenversicherungsträger an die rechtskräftige Feststellung des Vorliegens eines Scheinunternehmens durch die Abgabenbehörden festgeschrieben.

Darüber hinaus haben die Abgabenbehörden die Krankenversicherungsträger auch von einem vermuteten Vorliegen eines Scheinunternehmens sowie von der Widerlegung einer solchen Vermutung in Kenntnis zu setzen und ihre Bescheide, mit denen im Widerspruchsverfahren das Vorliegen eines Scheinunternehmens festgestellt wird, an die Krankenversicherungsträger zu übermitteln.

Wird das Vorliegen eines Scheinunternehmens festgestellt, so hat der Krankenversicherungsträger im Zuge der Sachverhaltsfeststellung zu ermitteln, ob Personen, die von einem Unternehmen noch vor dessen rechtskräftiger Feststellung als Scheinunternehmen zur Pflichtversicherung angemeldet wurden oder deren (versuchte) Anmeldung – nach rechtskräftiger Feststellung des Scheinunternehmens – wegen Unzulässigkeit scheiterte, tatsächlich einschlägige Arbeitsleistungen erbracht haben.

Haben die angemeldeten Personen glaubhaft gemacht, im Konnex mit dem Scheinunternehmen Arbeitsleistungen erbracht zu haben, so hat der Krankenversicherungsträger den tatsächlichen Dienstgeber zu ermitteln. Führt dies zu keinem Erfolg, dann gilt auf Grund einer gesetzlichen Vermutung (gegebenenfalls) jenes Unternehmen als Dienstgeber, von dem das Scheinunternehmen Aufträge erhalten hat, zu deren Erfüllung die Arbeitsleistungen dienten. Diese Vermutung gilt nur dann, wenn das Auftrag gebende Unternehmen wusste oder wissen musste, dass es sich beim Auftrag nehmenden Unternehmen um ein Scheinunternehmen handelt.

Gelingt dem Unternehmen der Gegenbeweis, nämlich dass es keine Arbeitsleistungen durch die auskunftserteilenden Personen erhalten hat oder erhält, so endet deren Pflichtversicherung ex tunc (siehe § 11 Abs. 7 Z 2 ASVG).

Zu Art. 2 Z 7 (§ 41 Abs. 4 ASVG):

In jüngster Vergangenheit wurden im Rahmen der Vollziehung durch die Krankenversicherungsträger vermehrt dubiose Firmen im Baubereich, die als Scheinunternehmen zu qualifizieren sind, in der Rechtsform von Einzelfirmen wahrgenommen.

Aus diesem Grund sollen künftig nur mehr Dienstgeber, die diese Funktion im Rahmen von Privathaushalten ausüben (im Unterschied von Dienstgebern, die als UnternehmerInnen am Wirtschaftsleben teilnehmen), Meldungen in Papierform erstatten dürfen (zum Beispiel für die Anmeldung von Haushaltshilfen).

Alle anderen Dienstgeber haben die Meldungen, abgesehen von der Anmeldung vorweg per Telefon oder Telefax, per elektronischer Datenfernübertragung zu erstatten; dies vor allem deshalb, weil diese Meldeform bessere Handhabungen bei der Bekämpfung von Scheinanmeldungen bietet.

§ 41 Abs. 4 ASVG soll entsprechend adaptiert werden.

Zu Art. 2 Z 8, 14 und 15 (§§ 42 Abs. 1a und 111 Abs. 1 ASVG):

§ 42 Abs. 1 ASVG stellt die zentrale Bestimmung für die Befugnisse der ErheberInnen der Krankenversicherungsträger dar und sieht lediglich vor, dass diesen während der Betriebszeit Einsicht in alle Geschäftsbücher, Belege und sonstigen Aufzeichnungen zu gewähren ist.

Nach dem Endbericht zum Forschungsprojekt „Sozialbetrug, auch im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping“ ist eine Erweiterung der Befugnisse der Organe der Krankenversicherungsträger, und zwar zumindest auf ein den Organen der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) angeglichenes Niveau (Identitätsfeststellung, Betretungsrecht, Auskunftspflicht), dringend angezeigt.

Entsprechend dieser Empfehlung wird vorgeschlagen, in Fällen, in denen ein Verdacht auf Sozialbetrug oder das Vorhandensein eines Scheinunternehmens vorliegt, die Befugnisse der ErheberInnen in Anlehnung an die Befugnisse der Bediensteten der BUAK zu erweitern.

Die Strafbestimmung des § 111 Abs. 1 ASVG ist um die einschlägigen Tatbestände zu ergänzen.

Zu Art. 2 Z 9 und 22 (§ 42b und Anlage 14 zum ASVG):

Durch die Einführung einer Risiko- und Auffälligkeitsanalyse im Dienstgeberbereich sollen die Krankenversicherungsträger zur generellen Beobachtung der Dienstgeberlandschaft im Hinblick auf Anzeichen des Sozialmissbrauchs verpflichtet werden, und zwar unabhängig davon, ob bereits ein begründeter Verdacht des Vorliegens eines Scheinunternehmens gegeben ist oder nicht.

Die Risiko- und Auffälligkeitsanalysen im Dienstgeberbereich sollen vielmehr dazu dienen, herauszufiltern, ob überhaupt ein auffälliges Verhalten vorliegt. Es geht dabei nicht nur um die Früherkennung von Scheinunternehmen, sondern generell um Maßnahmen gegen Versicherungsmissbrauch sowie um die Sicherung des Versicherungsschutzes und der Beitragseinhebung. Durch eine systemische Betrachtungsweise mithilfe verschiedener Parameter sollen mögliche Missbrauchs- bzw. Betrugshandlungen erkenntlich gemacht werden.

Umfasst von der Risiko- und Auffälligkeitsanalyse im Dienstgeberbereich sollen insbesondere sein: eine Schwarzarbeitsverdachtsanalyse, eine Scheinanmeldungsanalyse, eine Versichertenstromanalyse (Schlagworte: „Insolvenzgemeinschaft“ und „Insolvenznomadentum“), eine Dienstgeberzusammenhangsanalyse (Erkennen von Beziehungsketten zwischen und mit bereits als auffällig bekannten Dienstgebern), eine Insolvenzgefahranalyse (Verringerung des Beitragsausfalles) sowie eine Meldeanalyse und eine Beitragsanalyse (Abrechnungsverhalten des Dienstgebers).

Die Risiko- und Auffälligkeitsanalysen knüpfen an den vorhandenen Datenbestand der Krankenversicherungsträger an. Die hiefür verwendeten Daten sind in einer neuen Anlage 14 näher beschrieben.

Nach einhelliger Ansicht aller Fachexperten und Fachexpertinnen (aus dem Bereich der Sozialversicherung sowie der Finanzverwaltung) ist es erforderlich, auch die Umsatzsteuerdaten in die Risiko- und Auffälligkeitsanalyse im Dienstgeberbereich einzubeziehen. Konkret sollen die Abgabenbehörden lediglich jene unternehmensrelevanten Umsatzsteuerdaten an die Krankenversicherungsträger übermitteln, die in einem bestimmten Verhältnis zu den gemeldeten Dienstnehmern/Dienstnehmerinnen und der Beitragsabrechnung stehen.

Durch das Verschneiden von Sozialversicherungsdaten mit Umsatzsteuersummen würden Firmen, die viele DienstnehmerInnen bei der Gebietskrankenkasse gemeldet haben, aber keine Umsätze melden, ebenso auffallen wie sogenannte „Rechnungsproduzenten“, die hohe Umsätze bekannt geben, aber keine DienstnehmerInnen beschäftigen.

Finanzstraf- und Abgabenbehörden sowie Krankenversicherungsträger sind nach § 3 Abs. 2 Z 1 und 2 SBBG Kooperationsstellen und nach § 4 SBBG zur Zusammenarbeit verpflichtet. Sie sind hoheitlich tätig und kooperieren unter anderem über die Gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) bereits derzeit; die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht nach § 48 der Bundesabgabenordnung wird daher nicht verletzt.

Notwendige technische und fachliche Details sind in einer Verordnung des Bundesministers für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz festzulegen.

Die von den einzelnen Trägern für ihren Bereich vorgenommenen Risiko- und Auffälligkeitsanalysen sollen von einem Krankenversicherungsträger (der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse) als Kompetenzzentrum verknüpft werden, der dabei nicht auf die Daten des jeweiligen Versicherungsträgers direkt zugreift, sondern lediglich auf die vorliegenden Analyseergebnisse. Durch diese Vernetzung sollen vor allem die bundesländerüberschreitenden Aktivitäten von Unternehmen bzw. die Unternehmensverlegungen von einem Bundesland in ein anderes erfasst werden.

Die Ergebnisse dieser Verknüpfung bzw. Vernetzung dienen in weiterer Folge als Grundlage für eine vorzunehmende konkrete Prüfung durch die zuständigen Prüforgane und werden allen Krankenversicherungsträgern, den Abgabenbehörden des Bundes und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zur Verfügung gestellt.

Zu Art. 2 Z 10 (§ 43 Abs. 4 ASVG):

Personen, die von einem Unternehmen zur Pflichtversicherung angemeldet wurden, das in der Folge rechtskräftig als Scheinunternehmen festgestellt worden ist, sind verpflichtet, zur Abklärung der näheren Umstände dieser Pflichtversicherung vor dem Krankenversicherungsträger persönlich zu erscheinen, und zwar innerhalb von sechs Wochen nach schriftlicher Aufforderung. Das Gleiche gilt für Personen, deren (versuchte) Anmeldung nach rechtskräftiger Feststellung des Scheinunternehmens wegen Unzulässigkeit scheiterte (siehe § 33 Abs. 1b ASVG).

Bei der Auskunftserteilung durch die Versicherten wird beispielsweise zu klären sein, wer die Person wo eingestellt hat, für welches Unternehmen die Person gearbeitet hat, für welche Tätigkeiten die Person eingestellt wurde bzw. welche Tätigkeiten die Person tatsächlich verrichtet hat, von wann bis wann die Person auf welchen Arbeitsplätzen gearbeitet hat bzw. voraussichtlich arbeiten wird und wer die Auszahlung der Löhne vorgenommen hat. Dabei wird zum Beispiel die Vorlage von Auszahlungsbelegen für mindestens zwei Abrechnungszeiträume (soweit vorhanden) zu verlangen sein.

Nach § 22 AVG hat die schriftliche Aufforderung des Krankenversicherungsträgers jedenfalls mit Zustellnachweis zu erfolgen.

Zu Art. 2 Z 11 bis 13 (§ 67a Abs. 6 und 6a ASVG):

Im Rahmen der AuftraggeberInnenhaftung soll im Sinne einer verbesserten Behördenzusammenarbeit eine wechselseitige Verrechnung von Guthaben zwischen den Gebietskrankenkassen, der Bauarbeiter‑Urlaubs- und Abfertigungskasse sowie den Abgabenbehörden des Bundes möglich gemacht werden.

Zu Art. 2 Z 16 (§ 111a ASVG):

Nach derzeit geltender Rechtslage kommt dem Versicherungsträger, der eine Ordnungswidrigkeit nach den §§ 111, 112 und 112a ASVG angezeigt hat, keine Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren, keine Rechtsmittelbefugnis und keine Revisionsmöglichkeit an den Verwaltungsgerichtshof zu.

Um in den Fällen, in denen die Ordnungswidrigkeit durch einen Versicherungsträger angezeigt wurde, die Interessen des Versicherungsträgers umfassend zu sichern, ist es notwendig, die Parteistellung der Krankenversicherungsträger ausdrücklich zu verankern und ihnen damit auch die Rechtsmittelbefugnis und ein Revisionsrecht an den Verwaltungsgerichtshof einzuräumen.

Zu Art. 2 Z 17, 18 und 20, Art. 3 Z 1, Art. 4 Z 1 und Art. 5 Z 1 (§§ 148 Z 6, 149 Abs. 2 und 342 Abs. 1 Z 3 ASVG; § 98 Abs. 2 GSVG; § 92 Abs. 2 BSVG; § 68 Abs. 2 B-KUVG):

Der Vortrag an den Ministerrat zur Steuerreform 2015/2016, 53/10, vom 17. März 2015 greift im Bereich der Bekämpfung des Sozialbetrugs auch den Missbrauch der e-card auf.

In diesem Sinne soll die bisher nur bei Zweifeln an der Identität des Patienten oder der Patientin bestehende Pflicht zur Identitätsüberprüfung im spitalsambulanten Bereich nun dahingehend verschärft werden, dass die Identität des Patienten oder der Patientin in Krankenanstalten jedenfalls (mittels Ausweiskontrolle) zu prüfen ist.

Im niedergelassenen Bereich ist die Identitätsüberprüfung dann vorzunehmen, wenn der Patient oder die Patientin dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin nicht persönlich bekannt ist.

Für Patienten/Patientinnen bis zum vollendeten 14. Lebensjahr ist eine Identitätskontrolle nur im Zweifelsfall vorzunehmen.

Im Gesamtvertrag sind darüber hinaus Regelungen über die Vorgehensweise bei Nichtvorlage der e-card, bei negativer Anspruchsprüfung und bei Undurchführbarkeit der Überprüfung der Identität zu treffen.

Zu Art. 2 Z 19 (§ 338 Abs. 5 ASVG):

Die VertragspartnerInnen der Sozialversicherungsträger sind durch eine Reihe rechtlicher und vertraglicher Normen in ihrem Handeln sowohl dem Versicherungsträger als auch ihrem Vertragspartner als auch der versicherten Person verpflichtet. Fragen, die sich bei der Durchführung dieser Normen ergeben, Ungereimtheiten, Irrtümer, Streitigkeiten, Auffassungsunterschiede und letztendlich in Einzelfällen auch Malversationen können nicht ausgeschlossen werden. Eine Kontrolle der Abrechnung, der ökonomischen Verschreibweise der VertragspartnerInnen und andere Überprüfungen durch Organe der Versicherungsträger sind daher unumgänglich.

Durch die gegenständliche Bestimmung wird ausdrücklich festgeschrieben, dass ein Ausschluss der Kontrolle der VertragspartnerInnen und der Einsatz einzelner Kontrollinstrumente nicht vertraglich vereinbart werden kann.

Zu Art. 6 (Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes)

Zu Z 1 und 2 (§§ 7e Abs. 1a Z 6 und 7g Abs. 3 AVRAG):

Mit diesen Änderungen wird klargestellt, dass der/die Arbeitnehmer/in durch das Kompetenzzentrum LSDB oder den Träger der Krankenversicherung bereits über eine gegen seine/n Arbeitgeber/in erstattete Anzeige wegen Unterentlohnung zu informieren ist.

Zu Z 3 (§ 7i Abs. 5 vierter Satz AVRAG):

Mit dieser Änderung wird klargestellt, dass der jahresbezogene Prüfungszeitraum in Bezug auf Sonderzahlungen für alle Arbeitnehmer/innen zu beachten ist, für die die Lohnkontrolle nach Maßgabe des § 7g Abs. 1 AVRAG durch den zuständigen Träger der Krankenversicherung erfolgt. Mit anderen Worten: Die jahresbezogene Prüfung in Bezug auf die Zahlung der Sonderzahlungen gilt gleichermaßen für die dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmer/innen sowie für die in § 7g Abs. 1 Z 2 AVRAG angeführten Arbeitnehmer/innen mit gewöhnlichem Arbeitsort in Österreich, die aber nicht dem ASVG unterliegen.

Zu Z 4 (§ 7k Abs. 4 letzter Satz AVRAG):

Mit dieser Ergänzung wird gesetzlich klargestellt, dass auch in den Fällen des § 7k Abs. 4 AVRAG die „Tatortregelung“ des § 7i Abs. 9 AVRAG Anwendung findet.

Zu Z 5 und 6 (§ 7l erster und vierter Satz):

§ 7l AVRAG sieht eine unmittelbare gesetzliche Ermächtigung der Organe der Abgabenbehörden zur Einhebung von vorläufigen Sicherheiten vor. Zusätzlich und in überschießender Weise sieht § 7l vorletzter Satz AVRAG die sinngemäße Geltung des § 37a Abs. 1 letzter Satz VStG vor. Durch diese Verweiskette ist unter anderem § 50 Abs. 1 und 3 VStG anwendbar, der vorsieht, dass die seitens der Bezirksverwaltungsbehörden ausgestellte Ermächtigung (zur Einhebung von vorläufigen Sicherheiten) in einer dem Organ zu übergebenden Urkunde festzuhalten ist. Diese „überschießende“ Regelung hat in der verwaltungsrechtlichen Praxis zum einen zu Rechtsunsicherheiten geführt. Zum anderen hat sich gezeigt, dass diese Regelungstechnik einen unnötigen und unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für die Bezirksverwaltungsbehörden schafft, zumal dieser Ermächtigung im Hinblick auf die bereits erfolgte ex-lege-Ermächtigung der Organe der Abgabenbehörden nur deklaratorischer Charakter zukommt. Letztlich führt der im Wege der Verweiskette anwendbare § 50 Abs. 3 VStG auch zu einem unnötigen Verwaltungsmehraufwand für die Organe der Abgabenbehörden.

Dem entsprechend wird durch die Änderung in § 7l erster Satz aus Gründen der Transparenz und der Rechtssicherheit die unmittelbare ex-lege-Ermächtigung der Organe der Abgabebehörden zur Einhebung von vorläufigen Sicherheitsleistungen auch sprachlich verdeutlicht. Weiters ist der Entfall des im Wege der Verweiskette anwendbaren § 50 Abs. 1 und 3 VStG vorgesehen. Ausdrücklich klargestellt wird, dass auf die vorläufige Sicherheit nach § 7l AVRAG weiterhin § 50 Abs. 6 erster Satz und Abs. 8 VStG sinngemäß Anwendung finden.

Zu Z 7 (§ 7m Abs. 2 zweiter Satz AVRAG):

Die Frist von drei Arbeitstagen für die Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörden über die Erlegung einer Sicherheit auf Antrag der Abgabenbehörde oder der BUAK – gerechnet ab dem Einlangen des Antrages – hat sich in der Praxis im Hinblick auf die komplexe Rechtsfigur der Sicherheitsleistung als zu kurz erwiesen. Im Sinne der Rechtssicherheit und um sicherzustellen, dass seitens der Bezirksverwaltungsbehörden die rechtlichen Voraussetzungen des § 7m Abs. 3 AVRAG für die Verhängung einer Sicherheit verantwortungsvoll und ordnungsgemäß überprüft und die zu gewährenden Parteienrechte eingeräumt werden können, soll die Entscheidungsfrist auf zehn Arbeitstage ausgedehnt werden. Der von der Finanzpolizei oder BUAK verhängte Zahlungsstopp bleibt während der zehntägigen Frist selbstverständlich aufrecht. Zugleich wird klargestellt, dass der Zahlungsstopp außer Kraft tritt, wenn seitens der Bezirksverwaltungsbehörde binnen der zehntägigen Frist keine Entscheidung getroffen wird.

Zu Z 8 (§ 7m Abs. 8 erster Satz AVRAG):

Nach geltender Rechtslage hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Sicherheit unter anderem für frei zu erklären, wenn nicht binnen eines Jahres der Verfall ausgesprochen wurde. Dies setzt nach § 7m Abs. 9 AVRAG voraus, dass sich die Strafverfolgung des/der Auftragnehmers/Auftragnehmerin oder des/der Überlassers/Überlasserin als unmöglich erweist. Nach den Erfahrungen aus der Verwaltungspraxis hat sich die einjährige Frist für die Erbringung des Nachweises der tatsächlichen Unmöglichkeit von Strafverfolgung oder Strafvollzug im Bereich der Verwaltungsstrafverfahren wegen Unterentlohnung als zu kurz erwiesen. Um sicherzustellen, dass seitens der Bezirksverwaltungsbehörden die rechtlichen Voraussetzungen des § 7m Abs. 8 AVRAG für den Verfall der Sicherheit verantwortungsvoll und ordnungsgemäß überprüft und die zu gewährenden Parteienrechte eingeräumt werden können, soll die diesbezügliche Entscheidungsfrist auf zwei Jahre ausgedehnt werden. Diese Entscheidungsfrist erscheint im Hinblick auf die dreijährige Verfolgungsverjährungsfrist ab Fälligkeit des Entgelts (siehe § 7i Abs. 7 AVRAG) als noch verhältnismäßig.

Zu Z 9 bis 11 (§ 7n Abs. 4 AVRAG):

Im Hinblick darauf, dass die sogenannten „Administrativdelikte“ nach den §§ 7b Abs. 8 und 7d AVRAG – in diesen Verwaltungsstrafverfahren kommt den Abgabenbehörden Parteistellung zu – in der Verwaltungsstrafevidenz der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem AuslBG und dem AVRAG des BMF (ZKO) verwaltet werden und durch diese auch nach dem BVergG 2006 gegenüber öffentlichen Auftraggeber/innen beauskunftet werden, wird aus Synergieeffekten die Auskunftserteilung durch das Kompetenzzentrum LSDB nach § 7n Abs. 4 AVRAG gegenüber öffentlichen Auftraggeber/innen auf Bestrafungen oder Entscheidungen nach den §§ 7i Abs. 4 und 5 oder § 7k Abs. 1 AVRAG eingeschränkt.

Mit der Änderung in § 7n Abs. 4 letzter Satz AVRAG und mit den dieser Bestimmung angefügten Sätzen wird klargestellt, dass für die Auskunftserteilung durch das Kompetenzzentrum LSDB gegenüber den Verwaltungsstrafbehörden und den anzeigelegenden Stellen weiterhin die fünfjährige Beobachtungsfrist maßgeblich ist.

Hingegen soll die Auskunftserteilung durch das Kompetenzzentrum LSDB an öffentliche Aufraggeberinnen nach Maßgabe des § 28b Abs. 2 zweiter und dritter Satz AuslBG erfolgen. Das bedeutet:

-       Die erste registrierte Bestrafung oder Entscheidung (nach den §§ 7i Abs. 4 und 5, 7k Abs. 1 AVRAG) ist für die Auskunftserteilung an öffentliche Auftraggeber/innen nicht zu berücksichtigen.

-       Die zweite Bestrafung oder Entscheidung ist nach Ablauf eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft nicht mehr zu berücksichtigen.

-       Generell wird die Auskunftserteilung des Kompetenzzentrums LSDB (die „Beobachtungsfrist“) mit zwei Jahren ab Rechtskraft des jeweiligen Strafbescheides oder jeweiligen Erkenntnisses limitiert.

Zudem wird nach Vorbild des § 28b Abs. 2 letzter Satz AuslBG gesetzlich klargestellt, dass rechtskräftige Bestrafungen oder Entscheidungen (nach den§§ 7b Abs. 8, 7i und 7k AVRAG), deren Spruch sich auf mehrere Arbeitnehmer/innen bezieht oder verschiedene Verwaltungsübertretungen erfasst, für die Auskunftserteilung nach dem AVRAG als eine Bestrafung oder Entscheidung zählen.

Zu Art. 7 (Außerkrafttreten des Artikels III des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 152/2004):

Aufgrund des neu zu schaffenden § 6 Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG) hat dieser Artikel außer Kraft zu treten.

Zu Art. 8 (Änderung des Firmenbuchgesetzes):

Zu Z 1 (§ 3):

Siehe die Erläuterungen zu § 8 Abs. 11 SBBG.

Zu Art. 9 (Änderung des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 13k Abs. 1), Z 3 (§ 13o Abs. 1) und Z 4 (§ 21a Abs. 1):

Durch die Regelung soll klargestellt werden, dass die Entrichtung der Lohnzuschläge gemäß BUAG durch den Arbeitgeber bargeldlos an die BUAK zu erfolgen hat. Betroffen sind die Zuschläge für die Urlaubsregelung, die Abfertigungsregelung, das Überbrückungsgeld und die Winterfeiertagsvergütung. Diese Regelung soll auch für Arbeitgeber von entsandten oder überlassenen Arbeitnehmern gelten (vgl. § 33h Abs. 1 iVm § 21a).

Zu Z 2 (§ 13l Abs. 1 Z 2):

Mit 1. Jänner 2014 ist der Abschnitt IIIb (Überbrückungsgeld) BUAG in Kraft getreten, wobei Leistungen gemäß den §§ 13l und 13m BUAG seit 1. Jänner 2015 gebühren. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit der Vollziehung dieser Bestimmungen soll nunmehr eine Klarstellung der Anspruchsvoraussetzungen vorgenommen werden: Bisher war eine Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Überbrückungsgeldes, dass mindestens 30 Beschäftigungswochen in einem dem BUAG unterliegenden Arbeitsverhältnis innerhalb der letzten zwei Jahre vor Inanspruchnahme des Überbrückungsgeldes vorliegen. Da der Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Überbrückungsgeldes vom Zeitpunkt des Anspruchs auf eine Alterspension abhängt, stellt der derzeit vorgesehene Betrachtungszeitraum von zwei Jahren vor Inanspruchnahme des Überbrückungsgeldes einen variablen Zeitraum dar. Wenn sich bei einem Arbeitnehmer herausstellt, dass er beispielsweise nicht mit Juli 2016 sondern erst mit Oktober 2016 die ASVG-Pension erhalten wird, verschiebt sich der zweijährige Betrachtungszeitraum und es ist möglich, dass eine Voraussetzung, die zuerst erfüllt wurde, später nicht mehr erfüllt wird. Dadurch kommt es zu Schwierigkeiten in der Berechnung des Anspruchs und in der Vollziehung dieser Bestimmung. Durch die Neuregelung, wonach 30 Beschäftigungswochen in einem dem BUAG unterliegenden Arbeitsverhältnis ab Vollendung des 56. Lebensjahres vorliegen müssen, soll die Feststellung der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen vereinfacht werden.

Zu Z 5 (§ 22 Abs. 5) und Z 7 (§§ 23c und 23d):

Die BUAK ist gemäß § 22 Abs. 5 verpflichtet, die Zuschläge auf Grundlage der vom Arbeitgeber gemachten Angaben zu bemessen und vorzuschreiben. Unterlässt der Arbeitgeber die Meldung, kann die BUAK die Zuschläge nach eigenen Erhebungen festsetzen.

Kommt die BUAK auf Grund eigener Erhebungen, beispielsweise im Zuge von Baustellenkontrollen, zur Feststellung, dass die Angaben des Arbeitsgebers unrichtig sind, passt sie die Zuschlagsforderungen auf Grund ihrer Kontrollbefugnisse an. Diese gängige Praxis soll nunmehr in den §§ 22 Abs. 5 und 23d BUAG aus Rechtssicherheitsgründen klargestellt werden. Ist der Arbeitgeber anderer Auffassung als die BUAK, ist – wie bisher – ein Einspruchsverfahren einzuleiten oder es hat im Entsendeverfahren das Arbeits- und Sozialgericht Wien darüber zu entscheiden.

In diesem Zusammenhang soll die BUAK auch ermächtigt werden, von Arbeitnehmern Auskünfte über das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses und über die für die Berechnung der Zuschläge erforderlichen Angaben zu verlangen.

Zu Z 6 (§ 23b Abs. 4):

Mit dem Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG – siehe Artikel 1) soll ein systematisches Regelwerk u.a. zur Feststellung der Eigenschaft eines Unternehmens als Scheinunternehmen und zur Verfolgung von solchen sozialbetrügerisch agierenden Unternehmen geschaffen werden. In § 8 SBBG soll vorgesehen werden, dass Scheinunternehmen durch Bescheid als solche festgestellt werden. Der BUAK als Kooperationsstelle im Sinne des § 3 SBBG soll ein Bescheid nach § 8 SBBG zugestellt werden. Korrespondierend dazu soll im BUAG zu Kontrollzwecken eine Regelung aufgenommen werden, wonach der Arbeitgeber nach Rechtskraft eines solchen Bescheides verpflichtet ist, der BUAK auf deren Verlangen Auskünfte über seinen Auftraggeber und die im Rahmen des Auftrags beschäftigten Arbeitnehmer zu erteilen.

Zu Z 8 (§ 31a Abs. 1a):

Im Bundesvergabegesetz 2006 soll eine Verpflichtung für öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber geschaffen werden, alle Unternehmen, die Bauaufträge erbringen, in der Baustellendatenbank zu dokumentieren. Die Eingabe soll durch die Auftraggeber und Sektorenauftraggeber erfolgen. Erfasst werden sollen Name, Anschrift, Befugnis(se) oder Unternehmensgegenstand des Auftragnehmers, Auftragssumme, Kurzbeschreibung des Auftragsgegenstandes, Ausführungsort und voraussichtlicher Auftragsbeginn sowie voraussichtliche Ausführungsdauer des Bauauftrages und die Kennzahl des Auftrages. Diese Angaben sollen auch bezüglich aller (tatsächlich) eingesetzten Subunternehmen und weiterer Subsubunternehmen erfasst werden. Die BUAK soll im Hinblick auf diese Daten als Auftraggeber gemäß § 4 Z 4 Datenschutzgesetz 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, gelten und ermächtigt werden, diese Daten zum Zweck des Erfassens und der erleichterten Kontrolle von Baustellen zu verarbeiten.

Die in § 31a Abs. 2 vorgesehenen Einsichtsberechtigungen gelten auch für die nach dem Bundesvergabegesetz 2006 zu erfassenden Daten, um die Baustellenkontrollen effizienter gestalten zu können.

Zu Z 9 und 10 (§ 33h Abs. 1):

Mit dieser Anpassung soll klargestellt werden, dass die §§ 23b Abs. 4, 23c und 23d auch im Bereich der grenzüberschreitenden Entsendungen und Überlassungen gelten sollen.

Zu Art. 10 (Änderung des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes – IESG)

Zu Z 1 (§ 7 Abs. 1a IESG):

Zur Vermeidung von Sozialmissbrauch im Bereich der Insolvenzentgeltsicherung soll ausdrücklich vorgesehen werden, dass dann, wenn eine Scheinunternehmerverdachtsmeldung nach § 8 Abs. 4 SBBG an die IEF-Service GmbH übermittelt wird, das Verfahren auf Zuerkennung von Insolvenz-Entgelt hinsichtlich jener Antragstellerinnen und Antragsteller, die in dieser Verdachtsmeldung namentlich angeführt sind, ausgesetzt wird. Sobald der Sachverhalt geklärt ist, also die von der IEF-Service GmbH durchgeführten Ermittlungen abgeschlossen sind, sind umgehend entsprechende Bescheide zu erlassen. Abhängig vom Ermittlungsergebnis ist entweder Insolvenz-Entgelt zuzuerkennen, teilweise zuzuerkennen und teilweise abzulehnen oder gänzlich abzulehnen.

Zu Z 2 (§ 32 IESG):

Analog zu den Regelungen des SBBG usw. soll die Bestimmung des § 7 Abs. 1a IESG mit 1. Jänner 2016 in Kraft treten.

Zu Artikel 11 (Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 28 Abs. 2):

Die Sonderregelung im AuslBG für die Verjährungsfrist für die Verfolgung von Verwaltungsübertretungen kann entfallen, da nunmehr auch das VStG in der Fassung des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013, BGBl. I Nr. 33/2013, für die Verfolgungsverjährung eine Frist von einem Jahr vorsieht.

Zu Z 2 und 3 (§ 28 Abs. 8 und § 34 Abs. 44):

Die vorgeschlagene Regelung dient einer effektiven Strafverfolgung bei Verstößen gegen die Entsende- bzw. Überlassungsvorschriften des § 18 AuslBG. Derzeit können sich im Ausland ansässige Entsende- bzw. Überlassungsbetriebe, die gegen einschlägige Bestimmungen verstoßen haben, der Strafverfolgung entziehen, wenn kein Betriebssitz im Inland vorhanden ist und somit kein inländischer Tatort im Sinne des § 2 Abs. 1 VStG festgestellt werden kann.

In Anlehnung an die vergleichbare Bestimmung im AVRAG (§ 7i Abs. 9) soll klargestellt werden, dass bei Betriebsentsendungen und grenzüberschreitenden Überlassungen die Verwaltungsübertretung grundsätzlich als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen gilt, in dem der Arbeits(Einsatz)ort der nach Österreich entsandten oder überlassenen Arbeitnehmer liegt. Bei wechselnden Arbeits(Einsatz)orten gilt die Verwaltungsübertretung als am Ort der Kontrolle begangen.