713 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP
Bericht
des Umweltausschusses
über die Regierungsvorlage (693 der Beilagen): In Doha beschlossene Änderung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen
Die in Doha beschlossene Änderung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (in der Folge: Doha-Änderung) ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Sie hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich nicht zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG erforderlich ist. Da durch die Änderung Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder geregelt werden, bedarf sie überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.
Als Vertragspartei des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, BGBl. III Nr. 89/2005, (in der Folge: Kyoto-Protokoll) hat sich Österreich völkerrechtlich zu Emissionsreduktionen gemäß Anlage B des Protokolls für den Zeitraum von 2008 bis 2012 (erste Verpflichtungsperiode) verpflichtet.
Die 18. Vertragsparteienkonferenz des Klimarahmenübereinkommens (in der Funktion als 8. Vertragsparteientreffen des Kyoto-Protokolls) beschloss im Dezember 2012 in Doha/Katar eine Änderung des Kyoto-Protokolls, die insbesondere eine zweite Verpflichtungsperiode von 1. Jänner 2013 bis 31. Dezember 2020 enthält.
Die Doha-Änderung mit der Verpflichtung der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten zur Reduktion der Treibhausgasemissionen um 20 Prozent gegenüber 1990 steht im Einklang mit den Bestimmungen des Europäischen Rechts, insbesondere mit dem Klima- und Energiepaket 2020 aus dem Jahr 2009; sie werden bereits mit diesen bestehenden Bestimmungen und Maßnahmen erfüllt. Nunmehr soll die Doha-Änderung völkerrechtlich durch Österreich angenommen werden, ohne dass dadurch inhaltlich eine neue Verpflichtung für Österreich entstünde.
Die bestehenden unionsrechtlichen Verpflichtungen werden in Österreich bereits mit dem Emissionszertifikategesetz 2011 (EZG 2011), BGBl. I Nr. 118/2011 idF BGBl. I Nr. 98/2013, und dem Klimaschutzgesetz (KSG), BGBl. I Nr. 106/2011 idF BGBl. I Nr. 94/2013, umfassend umgesetzt.
Damit die Doha-Änderung des Kyoto-Protokolls in Kraft tritt, muss sie von drei Vierteln der Vertragsparteien angenommen werden. Im Hinblick auf einen erfolgreichen Verhandlungsverlauf zum Abschluss eines Weltklimavertrages im Dezember 2015 in Paris ist die baldige Annahme durch die Europäischen Union und ihre Mitgliedstaaten von großer Bedeutung.
Mit der Doha-Änderung des Kyoto-Protokolls wurden neben dem Hauptstück, der zweiten Verpflichtungsperiode, einige Neuerungen und Anpassungen vorgenommen. Dazu zählen beispielsweise die erleichterte freiwillige Anpassung der Reduktionsverpflichtung (Artikel 3 Absatz 1b und 1c), eine Emissionsobergrenze (Artikel 3 Absatz 7b) und die Einbeziehung des Treibhausgases Stickstofftrifluorid NF3 (in Anlage A).
Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten werden im zweiten Verpflichtungszeitraum (wie in der ersten Periode) ihre Emissionsreduktionsverpflichtung gemäß Artikel 4 des Kyoto-Protokolls gemeinsam erfüllen und haben auf der Konferenz in Doha dazu eine Erklärung abgegeben (s. Dokument FCCC/KP/CMP/2012/13). Dies war im Vorfeld der Konferenz von den Mitgliedstaaten beschlossen worden (s. Schlussfolgerungen des Rates vom 9.3.2012).
Dabei war das gemeinsame Verständnis der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten, dass die im Kyoto-Protokoll eingetragenen Emissionsreduktionsverpflichtungen (minus 20 Prozent) in Anwendung von Artikel 4 des Kyoto-Protokolls zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgeteilt werden.
Die Europäische Kommission hat auf dieser Grundlage am 6. November 2013 einen Vorschlag für einen Ratsbeschluss einschließlich der „Bedingungen der Vereinbarung über die gemeinsame Erfüllung der Verpflichtungen der Europäischen Union, ihrer Mitgliedstaaten und Islands“ (KOM(2013) 768) vorgelegt, mit dem die Verpflichtungen der zweiten Verpflichtungsperiode im Einklang mit dem Klima- und Energiepaket 2020 gestaltet werden. Über diesen Beschluss gibt es bereits eine grundsätzliche Einigung im Rat; er befindet sich derzeit zur Behandlung im Europäischen Parlament.
Im Rahmen des Klima- und Energiepaketes wurden in der Entscheidung Nr. 406/2009/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020, ABl. Nr. L 140 vom 05.06.2009 S. 136 (in der Folge: „Effort-Sharing“ Entscheidung) die Emissionsreduktionsverpflichtungen der Mitgliedstaaten außerhalb der Sektoren des Emissionshandelssystems (nicht – EHS) festgelegt.
Die Emissionsreduktionsverpflichtung der Europäischen Union in der zweiten Verpflichtungsperiode, welche die Emissionen aus dem EHS abdeckt, ergibt sich, indem von der Gesamtemissionsreduktionsverpflichtung der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten (erlaubte Emissionen: 80 Prozent der Basisjahremissionen aller Mitgliedstaaten, multipliziert mit acht) die Summe der den Mitgliedstaaten – gemäß der „Effort Sharing“ Entscheidung – erlaubten Emissionen in den Jahren 2013 bis 2020 abgezogen wird. Damit ist sichergestellt, dass die internationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten in der zweiten Verpflichtungsperiode den Verpflichtungen nach dem Klima- und Energiepaket 2020 entsprechen und keine zusätzlichen Reduktionsverpflichtungen entstehen.
Für Österreich wurde eine Emissionsreduktion von 16 Prozent für 2020 gegenüber dem Basisjahr 2005 beschlossen. Unter Anwendung des Beschlusses der Kommission Nr. 2013/162/EU zur Festlegung der jährlichen Emissionszuweisungen an die Mitgliedstaaten für den Zeitraum 2013 bis 2020 gemäß der Entscheidung Nr. 406/2009/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. Nr. L 90 vom 28.3.2013 S. 106, und des Durchführungsbeschlusses der Kommission Nr. 2013/634/EU über die Anpassung der jährlichen Emissionszuweisungen an die Mitgliedstaaten für den Zeitraum 2013 bis 2020 gemäß der Entscheidung Nr. 406/2009/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. Nr. L 292 vom 1.11.2013 S. 19, ergibt dies für Österreich (ohne die Emissionen des EHS) für die gesamte Periode eine Emissionszuweisung von 405.712.317 t CO2-Äquivalent (in der Folge: CO2-eq.). Dabei handelt es sich um eine unionsrechtliche Verpflichtung der Republik Österreich. Exakt diese Zahl ist nun auch im Entwurf der Europäischen Kommission für ein Übereinkommen zur gemeinsamen Erfüllung der internationalen Verpflichtung für Österreich enthalten (KOM(2013) 768, Annex 1, 6.11.2013).
In der Emissionsmeldung 2012, die zur Festlegung der Emissionszuweisung herangezogen wurde, wurden für Österreich – auf Basis der damals geltenden Inventurregeln gemäß den revidierten 1996 IPCC-Richtlinien – für das Basisjahr 2005 Gesamtemissionen von 92 879 515 t CO2-eq berichtet. Für die zweite Verpflichtungsperiode sind jedoch die 2006 IPCC-Richtlinien für nationale Treibhausgasinventuren anzuwenden, denen angepasste Treibhauspotentiale („Global Warming Potentials“- GWPs) für Methan, Lachgas, und die F-Gase zugrunde liegen. Unter Anwendung der neuen GWPs ergibt sich für Österreich für 2005 ein Emissionswert von 93 982 326 t CO2-eq. Nach Abzug der Emissionen, die unter das europäische Emissionshandelssystem fallen, sowie der Emissionen des nationalen Flugverkehrs (insgesamt 33 789 625 t CO2-eq), verbleiben 60 192 701 t CO2-eq als Berechnungsbasis für das -16 %-Ziel. Von diesem Wert werden nun 16 Prozent abgezogen, sodass die verpflichtend einzuhaltende Emissionszuweisung für das Jahr 2020 50 561 869 t CO2-eq beträgt. Dies entspricht der Zahl, die im Beschluss Nr. 2013/162/EU der Europäischen Kommission in Anhang II festgelegt wurde.
Durch eine Änderung der Abgrenzung der Sektoren, die unter das EHS fallen, wurde ein Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission notwendig, der eine Anpassung der verpflichtend einzuhaltenden Emissionszuweisung vornahm. Nach Abzug dieser zusätzlichen Emissionen im Emissionshandelssystem von 1 758 832 t CO2-eq für 2020, der im Durchführungsbeschluss Nr. 2013/634/EU in Anhang II festgehalten ist, ergibt sich die für Österreich verpflichtend einzuhaltende Emissionszuweisung von 48 803 037 t CO2-eq für 2020.
Auf Basis der „alten“ GWPs der revidierten 1996 IPCC-Richtlinien ergäbe dieselbe Berechnung eine Emissionszuweisung von 47 869 003 t CO2-eq, was der im geltenden KSG, BGBl. I Nr. 106/2011 idF. BGBl. I Nr. 94/2013, festgelegten gesamten Höchstmenge von Treibhausgasemissionen für das Jahr 2020 entspricht.
Die Zahlen für die Jahre 2013 bis 2019 entsprechen einem linearen Reduktionspfad, ausgehend vom Mittelwert der Emissionen der Jahre 2008-2010 im Jahr 2013 bis zum Zieljahr 2020. Die Summe der Zahlen der Jahre 2013 bis 2020 stellt die gesamte Emissionszuweisung für die Sektoren außerhalb des Emissionshandels für Österreich in der gesamten Periode 2013-20 dar, nämlich 405 712 317 t CO2-eq. Diese Zahl entspricht dem Emissionsniveau, das Österreich für die zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls in Tabelle 1 des Anhangs des bereits oben erwähnten Vorschlags der Europäischen Kommission für einen Beschluss des Rates über den Abschluss der Doha-Änderung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen sowie die gemeinsame Erfüllung der daraus erwachsenen Verpflichtungen (KOM(2013) 768, Annex 1, 6.11.2013), zugeteilt wurde.
Tabelle 1: Emissionszuweisungen für Österreich 2013 bis 2020 in den Sektoren außerhalb des europäischen Emissionshandels

Zusammenstellung: BMLFUW
Im Weißbuch der Europäischen Kommission zum Rahmen für die Klima- und Energiepolitik 2020-2030 (Mitteilung der Europäischen Kommission „Ein Rahmen für die Klima- und Energiepolitik im Zeitraum 2020-2030“, KOM(2014) 15 endgültig, 22. Jänner 2014) wird bestätigt, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre Emissionsreduktionsverpflichtung in der zweiten Verpflichtungsperiode von 20 Prozent im Vergleich zum Basisjahr 1990 voraussichtlich klar erreichen werden. Die Treibhausgasemissionen in der EU sind bereits bis zum Jahr 2012 um 18 Prozent gegenüber dem Basisjahr gesunken. Die Berechnungen ergeben, dass die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 (Ende der zweiten Verpflichtungsperiode) EU-weit voraussichtlich um 24 Prozent gegenüber dem Basisjahr sinken werden, sofern die bisher ergriffenen Maßnahmen beibehalten werden.
Der Umweltausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 24. Juni 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Johann Höfinger die Abgeordneten Hannes Weninger, Michael Pock, Dr. Susanne Winter und Johann Rädler sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Christiane Brunner.
Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, T, N; dagegen: F) beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.
Der Umweltausschuss vertritt weiters mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, T, N; dagegen: F) die Auffassung, dass der gegenständliche Staatsvertrag der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich nicht zugänglich ist und daher eine Beschlussfassung des Nationalrates im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG erforderlich ist.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:
1. Der Abschluss des Staatsvertrages: In Doha beschlossene Änderung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (693 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.
2. Dieser Staatsvertrag ist im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.
Wien, 2015 06 24
Johann Höfinger Mag. Christiane Brunner
Berichterstatter Obfrau