715 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Umweltausschusses

über den Antrag 888/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ambitioniertes Klimaschutzmaßnahmenprogramm beschließen

Die Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 25. Februar 2015 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Um das Risiko einer globalen Temperaturerhöhung von über zwei Grad Celsius zu begrenzen, müssen die weltweiten Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) kontinuierlich abnehmen, und im Jahr 2050 gegen null gehen. Die europäischen Staatschefs haben sich daher im Jahr 2009 auf ein Emissionsreduktionsziel von 80 bis 95 Prozent im Vergleich zu 1990 geeinigt (Brussels European Council 19/30 OCTOBER 2009 Presidency Conclusions, 15265/1/09).

Österreich ist im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, deren Emissionen sinken auf einem gegenläufigen Entwicklungspfad. Die Treibhausgasemissionen Österreichs lagen 2012 um 2% über dem Niveau von 1990 (AAR14, Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel 2014, S. 724). Unter dem Kyoto-Protokoll hätte Österreich im Rahmen des Lastenausgleichs der Europäischen Union eigentlich zwischen 2008 und 2012 eine CO2-Minderung von 13% erreichen müssen. Während Österreich das Ziel also massiv verfehlte, konnte die EU ihr kollektives Kyoto-Reduktionsziel übererfüllen (European Environmental Agency, 2014).

Bis zum Jahr 2020 muss Österreich im Rahmen des EU Klima- und Energiepakets in jenen Sektoren, die nicht dem Emissionshandel unterliegen (Raumwärme, Verkehr, Landwirtschaft) eine CO2-Minderung von 16% erreichen. Dieses Ziel bemisst sich allerdings am Basisjahr 2005 – dem all-time-high der Treibhausgasemissionen in Österreich – und ist gemessen an dem oben skizzierten langfristigen Reduktionspfad zu wenig ambitioniert. Umgelegt auf das Kyoto-Basisjahr 1990 entspricht das österreichische 2020-Ziel nur einer Reduktion von ca. 4% und ist damit also weniger ambitioniert, als das Kyoto-Ziel, welches eine Reduktion von 12% schon bis zum Jahr 2012 vorsah (Zahlen: Umweltbundesamt 2013, Berechnung: Grüner Parlamentsklub 2014). Derzeit ist ungewiss, ob das 2020-Ziel überhaupt erreicht werden wird (Umweltbundesamt 2014).

Folglich wird die Erreichung der Zielmarke 2030 für Österreich erheblich ambitionierter ausfallen. Für diesen Zielhorizont haben die europäischen Regierungschefs eine CO2-Einsparung von „mindestens 40%“ beschlossen (European Council Conclusions 28/29 October 2014 on 2030 climate and energy framework). Zwar ist die Lastenverteilung dieses Ziels auf die einzelnen Mitgliedsstaaten noch nicht ausgearbeitet; dass Österreich einen erheblichen Beitrag wird leisten müssen, steht jedoch außer Frage.

Eine kontinuierliche und stetige Senkung der Treibhausgasemissionen über einen langen Zeitraum ist einem abrupten und notgedrungen steilen Reduktionspfad in jeder Hinsicht vorzuziehen. Nicht nur ist die plötzliche, radikale Umstellung auf eine quasi Null-Emissionen-Wirtschaft technologisch ein Ding der Unmöglichkeit. Eine beharrliche und planbare Umstellung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse und Lebensweisen in Richtung Energieeffizienz und Nachhaltigkeit birgt erhebliche finanzielle, wirtschaftliche und wettbewerbliche Vorteile.

Österreich hat sich bisher für den Klima- und Energiebereich lediglich kurzfristige Minderungsziele, nämlich für den Zeitraum bis 2020 gesetzt. Angesichts langer Wirkungszeiträume von über 30 Jahren in Energieaufbringung und -infrastruktur wird dies den Herausforderungen von Planung und Steuerung eines langfristigen Transformationsprozesses hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaftsweise nicht gerecht. Andere Staaten haben sich aus diesem Grund längerfristige THG-Minderungsziele gesetzt. So beabsichtigt Deutschland eine Minderung von 85% bis 2050. Großbritannien hat sich ein Reduktionsziel von 80% zum Ziel gesetzt.

Gemäß den Projektionen des Umweltbundesamts ist in Österreich auf Basis der aktuell in Kraft befindlichen Maßnahmen mit einer Steigerung der THG-Emissionen auf über 90 Mt CO2-Äquivalent bis 2030 zu rechnen (AAR14, S. 727). Dieser Wert liegt fast auf dem österreichischen Emissions-Höchststand von 2005 (92,9 Mt, ebd.).

Ein weiteres Aufschieben der klimapolitischen Hausaufgaben wäre in höchstem Maße unverantwortlich – umweltpolitisch und wirtschaftspolitisch. Es ist angesichts der immer noch im Steigen begriffenen CO2-Emissionen unverständlich, warum das seit 31.12.2014 ausgelaufene Klimamaßnahmenpaket der Bundesregierung nicht längst durch ein ambitioniertes Folgeprogramm für die Jahre 2015 – 2020 ersetzt wurde.

Die Trendwende hin zu einer nachhaltigen und deutlichen Emissionsreduktion ist unverzüglich einzuleiten. Hierfür ist es notwendig umgehend ein Bündel von wirksamen und treffsicheren kurz- und langfristigen Klimaschutzmaßnahmen verbindlich zu verankern und sofort mit der Umsetzung zu beginnen.“

 

Der Umweltausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag erstmals in seiner Sitzung am 18. März 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin und Ausschussobfrau Abgeordneten Mag. Christiane Brunner die Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Johann Rädler, Gerhard Schmid und Hannes Weninger sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter.

 

Auf Antrag des Abgeordneten Johann Rädler wurden die Verhandlungen vertagt.

 

Weiters hat der Umweltausschuss den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 5. Mai 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Michael Pock, Johann Rädler und Werner Neubauer sowie die Ausschussobfrau Mag. Christiane Brunner und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter.

 

Auf Antrag des Abgeordneten Johann Rädler wurden die Verhandlungen wiederum vertagt.

 

Bei der Sitzung des Umweltausschusses am 24. Juni 2015 wurde der Antrag 888/A(E) neuerlich in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Hannes Weninger, Michael Pock, Dr. Susanne Winter und Johann Rädler sowie die Ausschussobfrau Mag. Christiane Brunner und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner Kolleginnen und Kollegen betreffend ambitioniertes Klimaschutzmaßnahmenprogramm nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (dafür: G, N; dagegen: S, V, F, T).

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Johann Rädler gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2015 06 24

                                  Johann Rädler                                                          Mag. Christiane Brunner

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau