732 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (669 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert wird

Das Weisungsrecht des Bundesministers für Justiz gegenüber den Staatsanwaltschaften ist seit Jahrzehnten Gegenstand von Diskussionen sowohl in der verfassungs-, verwaltungs- und strafrechtlichen Rechtswissenschaft als auch – meist aus Anlass einzelner konkreter Strafverfahren – der allgemeinen und insbesondere der medialen Öffentlichkeit. Am 17. Februar 2014 konstituierte sich über Auftrag des Herrn Bundesministers für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter ein Beratungsgremium zur Reform der Berichtspflichten und des Weisungsrechts, um ein verfassungskonformes Modell der Leitung, Steuerung und Kontrolle der Staatsanwaltschaften zu erarbeiten, das die Staatsanwaltschaften aus dem Anschein einer politischen Beeinflussung löst. Diesem Beratungsgremium gehörten über Einladung des Herrn Bundesministers für Justiz Vertreter der Höchstgerichte, des Bundesministeriums für Justiz, der Oberstaatsanwaltschaften, der Rechtswissenschaft sowie Standesvertreter der Staatsanwälte, Richter und Rechtsanwälte an. Das Beratungsgremium trat in insgesamt fünf Sitzungen zusammen. Die Anhörung von Verfassungsrechtsexperten in der Sitzung vom 11. April 2014 und die daran anschließende eingehende Diskussion ergaben, dass eine (auch nur teilweise) Übertragung der Weisungsspitze an ein vom Bundesminister für Justiz verschiedenes Organ oder Gremium nur mit einem tiefgreifenden Eingriff in das verfassungsrechtliche Gefüge möglich wäre und insbesondere im Hinblick auf die Letztverantwortlichkeit samt parlamentarischer Kontrolle verfassungspolitisch nicht zu empfehlen bzw. nicht wünschenswert ist. Dieser Auffassung hat sich die Mehrheit des Beratungsgremiums angeschlossen. In den weiteren Sitzungen des Beratungsgremiums wurden konkrete Reformvorschläge, die von Mitgliedern des Beratungsgremiums zur Verfügung gestellt wurden, eingehend diskutiert und beraten. In der abschließenden Sitzung vom 19. November 2014 beschlossen die Mitglieder des Beratungsgremiums eine Punktation, in der die Empfehlungen des Beratungsgremiums für eine Reform des Weisungsrechts und der Berichtspflichten dargelegt werden.

Mit dem vorliegenden Entwurf sollen die in der Punktation enthaltenen wesentlichen Empfehlungen des Beratungsgremiums umgesetzt werden. Der Entwurf zielt einerseits darauf ab, zu präzisieren, welche Strafsachen berichtspflichtig sind und welche Informationen in den Berichten der Staatsanwaltschaften enthalten sein müssen. Künftig sollen Berichte grundsätzlich nur noch vor einer Beendigung des Ermittlungsverfahrens nach den Bestimmungen des 10. oder 11. Hauptstücks der StPO oder dem Einbringen der Anklage (§ 210 StPO), einem Vorgehen nach § 35c StAG, dem Rücktritt von einer Anklage oder vor der Entscheidung über einen Rechtsmittelverzicht oder die Ausführung eines Rechtsmittels im Hauptverfahren zu erstatten sein, so ein bestimmtes Vorgehen im Vorfeld nicht von der Beurteilung einer noch nicht hinreichend geklärten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Mit dieser Änderung wird ein wesentlicher Beitrag zur Verfahrensbeschleunigung in berichtspflichtigen Strafsachen geleistet.

Auf der anderen Seite sieht der Entwurf die Einrichtung eines beratenden Beirats für den ministeriellen Weisungsbereich („Weisungsrat“) vor und enthält dahingehende Regelungen über dessen Zusammensetzung, die notwendige Qualifikation und Bestellung seiner Mitglieder sowie seine Zuständigkeit, Aufgaben und Arbeitsweise. Der Beirat soll bei der Generalprokuratur eingerichtet werden und durch seine Tätigkeit dem Anschein einer politischen Beeinflussung der Entscheidungen der Strafverfolgungsbehörden durch den Bundesminister für Justiz im Bereich des Weisungsrechts und der Berichtspflichten entgegenwirken.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 30. Juni 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim die Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Mag. Albert Steinhauser, Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Dr. Nikolaus Scherak, Mag. Friedrich Ofenauer und Dr. Gabriela Moser sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, dagegen: G, T, N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (669 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2015 06 30

                            Dr. Johannes Jarolim                                                  Mag. Michaela Steinacker

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau