867 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (843 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Hypothekar- und Immobilienkreditverträge und sonstige Kreditierungen zu Gunsten von Verbrauchern (Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz – HIKrG) erlassen wird und das Verbraucherkreditgesetz geändert wird

Die Richtlinie 2014/17/EU über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010, ABl. Nr. L 60 vom 28.02.2014 S. 34, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 47 vom 20.02.2015 S. 34, muss bis 21. März 2016 umgesetzt werden. Dieser Entwurf dient der Umsetzung der zivilrechtlichen Bestimmungen dieser Richtlinie. Soweit die Richtlinie aufsichtsrechtliche Regelungen für Kreditgeber und Kreditvermittler enthält, die nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Justiz fallen, soll die Umsetzung im Rahmen anderer Vorhaben erfolgen.

Der zivilrechtliche Teil der Richtlinie enthält Vorgaben für bestimmte Aspekte der auf Kreditverträge anwendbaren Vorschriften, etwa betreffend             Werbung, vorvertragliche Informationen anhand eines standardisierten Formulars, angemessene Erläuterungen, effektiven Jahreszins, Angaben zum Sollzinssatz, Kreditwürdigkeitsprüfung, Zugang zu Datenbanken und vorzeitige Rückzahlung.

Regelungen zu den genannten Aspekten enthält auch die Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl. Nr. L 133 vom 22.05.2008 S. 66, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/17/EU, ABl. Nr. L 60 vom 28.02.2014 S. 34. Österreich hat (wie einige andere Mitgliedstaaten auch) bereits bei der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie den Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes mit wenigen Ausnahmen auch auf Hypothekarkreditverträge erstreckt, um ein möglichst einheitliches Regelungswerk für alle Arten von Krediten mit Verbrauchern zu erreichen. Aus österreichischer Sicht bestand daher grundsätzlich kein Bedarf nach einer gesonderten Richtlinie über Wohnimmobilienkreditverträge, die – noch dazu – in den allermeisten Punkten von den Regelungen der Verbraucherkreditrichtlinie abweicht.

Durch die Richtlinie über Wohnimmobilienkreditverträge ergibt sich nun das Erfordernis, die unter diese Richtlinie fallenden Verträge aus dem Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes herauszulösen und für sie ein eigenes – der Richtlinie entsprechendes – Regelungswerk zu schaffen. Eine Harmonisierung scheitert an den unterschiedlichen Richtlinienvorgaben, insbesondere auch daran, dass die Richtlinie über Verbraucherkreditverträge vollharmonisiert ist, die Mitgliedstaaten daher auch dann keine von den Richtlinienvorgaben abweichenden Bestimmungen aufrecht erhalten oder einführen dürfen, wenn sie zum Zweck des Verbraucherschutzes strenger sind.

Grundsätzlich bestünde die Möglichkeit, innerhalb des Verbraucherkreditgesetzes Sonderbestimmungen für jene Kreditverträge zu schaffen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie über Wohnimmobilienkreditverträge fallen. Durch die zahlreichen Abweichungen von den im Verbraucherkreditgesetz umgesetzten Vorgaben der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge würde dadurch aber das Verbraucherkreditgesetz schwer lesbar und unübersichtlich werden, dies umso mehr, als es innerhalb des Verbraucherkreditgesetzes bereits jetzt – von der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge vorgegebene – Sonderanknüpfungen für Überziehungsmöglichkeiten, Überschreitungen sowie den Zahlungsaufschub und sonstige Finanzierungsmöglichkeiten gibt.

Die Richtlinie über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher soll daher in einem eigenen Gesetz, dem neuen Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz, umgesetzt werden.

 

Dieses Gesetz soll sich auf alle hypothekarisch besicherten Kreditverträge und alle Kreditverträge beziehen, die dem Erwerb einer Liegenschaft dienen. Die Richtlinie sieht zwar bei der hypothekarischen Besicherung einen Kontext mit Wohnimmobilien vor, diese Einschränkung soll aber nicht übernommen werden. Es wäre unpraktikabel und würde Abgrenzungsschwierigkeiten schaffen, hypothekarisch besicherte Kredite teilweise weiterhin im Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes zu belassen. Daher sollen alle mit Verbrauchern geschlossenen Kreditverträge, die durch eine Hypothek besichert werden, dem Anwendungsbereich des Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes unterstellt werden und nicht mehr dem Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes unterliegen. Die ebenfalls vorgesehene Einbeziehung von Krediten, die dem Erwerb einer Liegenschaft dienen (unabhängig von einer hypothekarischen Besicherung), ist durch die Richtlinie vorgegeben.

 

Bei der Umsetzung der einzelnen Bestimmungen hält sich der Entwurf möglichst eng an die Richtlinienvorgaben. Gleichzeitig wird der Aufbau des Verbraucherkreditgesetzes übernommen und – soweit die Richtlinienvorgaben dies zulassen – eine Harmonisierung mit den entsprechenden Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes angestrebt.

Das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz umfasst insbesondere folgende Regelungsbereiche:

- Informationspflichten

Neben Standardinformationen, die bei der Werbung zu geben sind, sind umfassende – sehr detailliert geregelte – vorvertragliche Informationspflichten des Kreditgebers (bzw. Kreditvermittlers) vorgesehen, die anhand eines standardisierten Formulars zu erfüllen sind. Überdies müssen stets allgemeine Informationen über Kreditverträge bereitgestellt werden. Während des Vertragsverhältnisses muss über Zinssatzänderungen informiert werden.

- Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers

Eine Kreditvergabe ist nur bei positiver Kreditwürdigkeitsprüfung zulässig, für die allgemeine Standards vorgegeben werden.

- Bedenkzeit für den Verbraucher

Zur Verhinderung einer Drucksituation für den Verbraucher soll das Angebot eines Kreditgebers mindestens sieben Tage verbindlich bleiben. Überdies soll dem Verbraucher ein Rücktrittsrecht zustehen, wenn er seine Vertragserklärung kurz nach Erhalt der vorvertraglichen Informationen abgegeben hat.

- Vorzeitige Rückzahlung

Die schon bisher im Verbraucherkreditgesetz für Hypothekarkreditverträge enthaltenen Sonderregelungen werden unverändert in das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz übernommen.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 28. Oktober 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Andreas Ottenschläger die Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Dr. Johannes Jarolim, Dr. Nikolaus Scherak und Dr. Georg Vetter sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, T, dagegen: F, N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (843 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2015 10 28

                          Andreas Ottenschläger                                                 Mag. Michaela Steinacker

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau