944 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Regierungsvorlage (776 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 und das Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 geändert werden

Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen wird bei der Entscheidung über den Zuschlag vielfach anstatt des gesetzlich primär vorgesehenen „Bestangebotsprinzips“ (herkömmlich als „Bestbieterprinzip“ bezeichnet) das „Billigstangebotsprinzip“ (herkömmlich als „Billigstbieterprinzip“ bezeichnet) verwendet. Insbesondere im Baubereich wird dadurch ein hoher Preisdruck erzeugt, der als Folgewirkung zu Lohn- und Sozialdumping führen kann. Eine verpflichtende Verankerung des „Bestangebotsprinzips“ als Zuschlagsprinzip für bestimmte Konstellationen soll den vom Gesetz intendierten Qualitätswettbewerb bei Auftragsvergaben gewährleisten.

In der Praxis ist oft festzustellen, dass der Auftraggeber bei Weitergabe von Auftragsteilen durch den erfolgreichen Bieter (Subvergabekonstruktionen) oft nicht mehr vollständige Kenntnis aller an der Auftragsdurchführung beteiligten Unternehmen besitzt und deswegen seine Kontrollfunktion (auch im Hinblick auf die Vermeidung von Lohn- und Sozialdumping) nur eingeschränkt wahrnehmen kann. In diesem Sinn soll gewährleistet sein, dass Auftraggeber grundsätzlich alle in die Auftragsdurchführung involvierten Unternehmer kennen und somit auch prüfen können.

Durch die Novellierung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) im Rahmen des Arbeits- und Sozialrechts–Änderungsgesetzes 2014 (ASRÄG 2014), BGBl. I Nr. 94/2014, werden die Strafbestimmungen und die Bestimmungen betreffend die Untersagung der Dienstleistung neu gefasst. Das BVergG 2006 soll um eine Verpflichtung der Auftraggeber zur Abfrage aus der Verwaltungsstrafevidenz des Kompetenzzentrums LSDB ergänzt und der geänderten Rechtslage entsprechend angepasst werden.

In der Rechtsprechung (VwGH, EuGH) getätigte Aussagen sollen zur Klarstellung für die Anwenderpraxis im Gesetzestext berücksichtigt werden.

Die wesentlichen Maßnahmen sind:

-       Verpflichtende Verankerung des „Bestangebotsprinzips“ als Zuschlagsprinzip für bestimmte Konstellationen

-       Stärkung der Information und damit der Kontrollmöglichkeit des Auftraggebers im Hinblick auf die bei Ausführung des Auftrages tatsächlich eingesetzten Unternehmer

-       Verpflichtende Einholung einer Auskunft aus der Verwaltungsstrafevidenz des Kompetenzzentrums LSDB durch den Auftraggeber

Die verpflichtende Verankerung des „Bestangebotsprinzips“ als Zuschlagsprinzip für bestimmte Fallgestaltungen samt begleitenden Regelungen für Subvergaben und vertiefte Angebotsprüfung soll in das System des BVergG 2006 eingefügt werden.

Weiters soll im Zusammenhang mit der Beurteilung der Befugnis bzw. der beruflichen Zuverlässigkeit für die Auftraggeber eine Verpflichtung zur Abfrage aus der Verwaltungsstrafevidenz des Kompetenzzentrums LSDB in das BVergG 2006 aufgenommen werden.

 

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:

 

Die Verankerung des Bestangebotsprinzips bei den im Gesetz konkretisierten Konstellationen führt zu einem finanziellen Mehraufwand für öffentliche Auftraggeber. Diesen Mehrkosten stehen jedoch nicht quantifizierbare Einsparungseffekte gegenüber, insbesondere wenn z. B. die Bewertung der Folgekosten verstärkt in die Zuschlagsbewertung einfließt oder andere volkswirtschaftliche (Neben­) Effekte erzielt werden können.

Nicht quantifizierbarer Mehraufwand für öffentliche Auftraggeber entsteht darüber hinaus durch steigenden Prüfaufwand auf Grund der Neuregelungen im Bereich der Subvergabe.

 

Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Unternehmen:

Durch die Verankerung des Bestangebotsprinzips bei den im Gesetz konkretisierten Konstellationen kommt es zu einer Steigerung der Verwaltungskosten für Unternehmen im Rahmen bestehender Informationsverpflichtungen.

 

Auswirkungen auf Unternehmen:

Die Verankerung des Bestangebotsprinzips bei den im Gesetz konkretisierten Konstellationen sowie die Neuregelungen im Bereich der Subvergabe führen zu nicht quantifizierbaren Mehraufwendungen für Unternehmer.

 

In den weiteren Wirkungsdimensionen gemäß § 17 Abs. 1 BHG 2013 treten keine wesentlichen Auswirkungen auf.

 

Der Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 9. November 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl die Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Christoph Hagen, Josef Muchitsch, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein und Dr. Nikolaus Scherak sowie der Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien Dr. Josef Ostermayer. Auf Antrag des Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl wurden die Verhandlungen vertagt.

Der Verfassungsausschuss nahm die vertagten Verhandlungen am 3. Dezember 2015 wieder auf. In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Dr. Nikolaus Scherak, Mag. Birgit Schatz, Mag. Wolfgang Gerstl, Josef Muchitsch, Christoph Hagen, Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Mag. Andreas Schieder und Mag. Michaela Steinacker sowie der Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien Dr. Josef Ostermayer das Wort.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig (nicht anwesend: T) beschlossen.

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Angela Lueger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (776 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2015 12 03

                                  Angela Lueger                                                               Dr. Peter Wittmann

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann