Parlament Österreich

 

 

 

IV-19 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 19. Oktober 2016

 


Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXV. Gesetzgebungsperiode                Mittwoch, 19. Oktober 2016

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

11223/16

            Tagung des Europäischen Rates (20./21. Oktober 2016)

            – Entwurf der erläuterten Tagesordnung

            (114933/EU XXV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vor Eingang in die Tagesordnung meldete sich Abgeordneter Werner Kogler (G) zur Geschäftsordnung zu Wort.

 

Er bemängelte, dass dem Parlament aktuelle Dokumente zu CETA nicht übermittelt worden seien; das betreffe den Brief von Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner an die Landeshauptleute, in denen Mitterlehner darlegt, dass die Bedenken der Landeshauptleute, die sie in ihrem Beschluss vom 11. Mai 2016 dargelegt haben, nunmehr ausgeräumt werden konnten; Kogler vermisste darüber hinaus den Ministerratsbeschluss zum Handelsabkommen sowie die Erklärung der deutschen Bundesregierung zum Urteil von Karlsruhe. Die von ihm geforderte Sitzungsunterbrechung zur Beschaffung der Dokumente fand nicht statt.

 

Ausschussvorsitzende und Nationalratspräsidentin Doris Bures stellte dazu aber fest, dass sie den Vizekanzler nochmals eindringlich an die strengen Informationspflichten der Regierung an den Nationalrat erinnern werde.

 

 

 

 

 

Abgeordneter Werner Kogler (G) bezog sich zudem auf die Stellungnahme des EU-Unterausschusses vom 22. Juni 2016 und meinte, dass Vizekanzler Mitterlehner mit seiner Zustimmung zu CETA davon  abweichen wolle. Dies müsse eine neuerliche Befassung des Nationalrats nach sich ziehen (siehe Art. 23e Abs.3 B-VG).

 

Er beantragte daher gemäß § 31d Abs. 6 GOG, den Ständigen Unterausschuss des Hauptausschusses in EU-Angelegenheiten neuerlich zu befassen. Dieser Geschäftsordnungsantrag der Grünen wurde von den Freiheitlichen und Team Stronach zwar unterstützt, mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und NEOS jedoch mit Stimmenmehrheit abgelehnt:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

CETA

 

 

Im Vorfeld des EU Gipfels fand dann im EU-Hauptausschuss die parlamentarische Auseinandersetzung um CETA, das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, seine Fortsetzung.

 

Bundeskanzler Christian Kern wiederholte seine Beweggründe für die letztendliche Zustimmung der SPÖ, CETA zu unterschreiben und wurde darin von SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder sowie vom außenpolitischen Sprecher der SozialdemokratInnen, Josef Cap, uneingeschränkt unterstützt. Mit der rechtsverbindlichen Zusatzerklärung werde festgelegt, dass die Daseinsvorsorge und die Dienstleistungen in nationaler Kompetenz bleiben, betonte Kern; es werde festgehalten, dass die regulatorische Zusammenarbeit ausschließlich auf Freiwilligkeit beruht, keine rechtsverbindlichen Akte setzen kann und zu keiner Verschlechterung der Standards führen darf; schließlich werde auch das Vorsorgeprinzip außer Streit gestellt. Die Investitionsgerichte würden die ursprünglichen Schiedsgerichte mit den ISDS-Klauseln ersetzen und fallen auch nicht in die vorläufige Anwendung des Abkommens, so die Erklärung Kerns. Der Ratifizierungsprozess wird laut Bundeskanzler einige Zeit in Anspruch nehmen, in dieser Zeit werde es ein bis zwei Review-Perioden geben und die müsse man nützen, um in Bezug auf die Investitionsgerichte noch offene Punkte aus der Sicht Österreichs zu klären.

 

 

Dieser Interpretation konnte sich Werner Kogler von den Grünen in keiner Weise anschließen. Er erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die einheitliche Stellungnahme der Bundesländer, in der vor allem auch die Schiedsgerichte abgelehnt werden, sowie an die Stellungnahme des EU-Unterausschusses vom 22. Juli 2016, die auf diese Erklärung der Länder Bezug nimmt. Der Investitionsschutz sei noch immer im Abkommen enthalten, sagte Kogler, es handle sich lediglich um eine andere Form. Das Schiedssystem müsse jetzt - nämlich vor der Unterzeichnung - noch herausgenommen werden. Später sei das realpolitisch nicht mehr möglich, dann könnten die Abgeordneten dem Abkommen nur mehr in seiner Gesamtheit zustimmen oder es ablehnen. Auch werde das in Europa geltende Vorsorgeprinzip durch den wissenschaftsbasierten Ansatz im Abkommen durchbrochen, argumentierte Kogler weiter und meinte, das könne sich der Nationalrat nicht gefallen lassen. Wenn die Regierung von einem Auftrag, wie in der genannten Stellungnahme abgeht, dann müsse das die Regierung laut Geschäftsordnung den Abgeordneten gegenüber erklären.

 

Kogler stellte daher den Antrag, den EU-Unterausschuss nochmals mit CETA zu befassen, wofür er jedoch keine ausreichende Unterstützung fand. Lediglich FPÖ und Team Stronach folgten dieser Forderung; SPÖ, ÖVP und NEOS lehnten diese mehrheitlich ab.

 

 

Die Forderungen der Landeshauptleute seien erfüllt, konterte Andreas Schieder (S), denn man habe bei der Kommission durchsetzen können, CETA als ein gemischtes Abkommen zu qualifizieren, wodurch es von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden muss. Schieder ging nochmals detailliert auf die Zusatzerklärung (gemeinsame Auslegungserklärung) ein, deren Rechtsverbindlichkeit er unterstrich. Die Daseinsvorsorge und die Dienstleistungen blieben nationale Kompetenzen, soziale sowie ökologische Standards seien gesichert. Was die Investitionsgerichtsbarkeit betrifft, so werde die endgültige Ratifizierung durch das österreichische Parlament davon abhängig sein, wie diese schlussendlich ausgestaltet sind. Die derzeitige Genehmigung von CETA und der kommende Ratifizierungsprozess seien zwei verschiedene Paar Schuhe, hielt Schieder fest. Für ihn ist es auch wesentlich, dass alles, was das deutsche Verfassungsgericht in Karlsruhe verlangt, auch für Österreich gilt, wobei für ihn der wichtigste Punkt darin liegt, dass man die vorläufige Anwendbarkeit auch einseitig beenden kann. 

 

Dass die SPÖ mit CETA aber keine uneingeschränkte Freude hat, war aus den einzelnen Wortmeldung deutlich zu erkennen. Der Bundeskanzler stellte grundsätzlich gegenüber den beiden ÖVP-Abgeordneten Hermann Schultes und Wolfgang Gerstl klar, dass er grundsätzlich nichts gegen Freihandelsabkommen habe - er sei "total für den Freihandel", aber dagegen, dass dadurch den Staaten Souveränitätsrechte entzogen werden. CETA - und in viel größerem Ausmaß TTIP - entsprechen den traditionellen Freihandelsabkommen nicht mehr, erklärte Kern, sie gingen weit darüber hinaus, indem sie in staatliche Regulierungsaufgaben eingriffen. Würde CETA nur mit Österreich abgeschlossen, hätte er nicht unterschrieben, ließ Kern aufhorchen. Hier sei aber auf europäischer Ebene zu handeln gewesen und hier brauche man den Konsens. Es gehe auch darum, europäische Verantwortung wahrzunehmen und man brauche auch, um österreichische Interessen durchsetzen zu könne, Bündnispartner, etwa beim Thema Stahldumping. Bei CETA sei es jedenfalls gelungen, in den letzten Wochen noch viel zu erreichen – wenn auch nicht 100% - und so sei es notwendig gewesen, eine gewisse Balance zu halten. Hätte Österreich die Unterzeichnung verhindert, wäre der Schaden nach sechs Jahren Verhandlungen enorm groß gewesen, sagte Kern; die Glaubwürdigkeit und das europäische Projekt wären beschädigt gewesen.

 

Ein zweites Mal wolle man so etwas nicht mehr mitmachen, hielt der Bundeskanzler fest und deshalb stelle er im Hinblick auf TTIP bereits zum jetzigen Zeitpunkt klar, dass das, was vorliegt, keine taugliche Grundlage für eine Zustimmung biete. Im Gegensatz zu CETA sehe TTIP noch immer Schiedsgerichte in alter Form vor, die regulatorische Zusammenarbeit wollen die Amerikaner nach Aussage Kerns verpflichtend verankert wissen. Offen seien weiter die Produktbezeichnungen nach den Herkunftsländern, die Marktöffnung sowie Fragen der Kulturgüter und digitalen Medien. Skeptisch bewertete der Bundeskanzler daher auch die Passage im Entwurf für die Schlussfolgerungen des Rats, wonach die Verhandlungen zu TTIP rasch abgeschlossen werden sollen. Auch im Hinblick auf das Handelsabkommen mit Japan äußerte Kern ebenfalls große Zweifel: Der Verhandlungsprozess sei äußerst intransparent, man verfüge über wenig Informationen.

 

Diese Feststellung unterstrichen Josef Cap und Andreas Schieder (beide S) vollinhaltlich. Im Gegensatz zu CETA stehe hinter TTIP ein Konzept mit geopolitischen Ausmaßen, das versuche, den europäischen Markt an den amerikanischen anzubinden und die Standards anzugleichen, sagte Cap. Die neue Kanadische Regierung verfolge mit CETA ein anderes Modell. Er appellierte an die Opposition, das Ganze seriös zu bewerten. Der Bundeskanzler habe sowohl dafür gesorgt, dass die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs aufrechterhalten bleibt, als auch seine Schutzfunktion wahrgenommen. Cap zitierte in diesem Zusammenhang die Stellungnahme des Vizekanzlers gegenüber den Bundesländern, in der genau aufgelistet ist, was man in den letzten Wochen erreichen konnte und womit man die Bedenken der Landeshauptleute ausräumen könne. Vor allem werde das ursprünglich geplante private Schiedsgericht mit den sogenannten ISDS-Klauseln durch ein neues Investitionsgerichtssystem abgelöst, das unabhängige RichterInnen und erstmals auch eine Berufungsinstanz vorsieht.

 

 

Kern sah sich deshalb zu dieser ausführlichen Betrachtung veranlasst, weil ÖVP-Abgeordneter Hermann Schultes sowie NEOS Abgeordneter Rainer Hable die positive Grundeinstellung des Kanzlers zu Handelsabkommen in Frage gestellt hatte. Schultes begrüßte - wie auch sein Klubkollege Wolfgang Gerstl - CETA als wichtig für die österreichische Volkswirtschaft und er regte angesichts der teils negativen Debatte in der Öffentlichkeit an, den Erfolg der österreichischen Handelspolitik, die auch durch solche Abkommen unterstützt wird, der österreichischen Bevölkerung zu erklären. Schultes hält auch ein derartiges Abkommen mit Japan in diesem Sinne für wichtig.

 

Ebenso erinnerte Rainer Hable daran, dass ein Großteil der österreichischen Arbeitsplätze vom Export abhängig sind, weshalb er CETA unterstützt. Die Zusatzerklärung hält er für einen Marketing-Gag, weil das, was diese enthält, ohnehin auch im Vertrag steht. Seiner Meinung nach ist die Vorgangsweise nicht geeignet, das Vertrauen in die Politik zu stärken.

 

Als Präsident der Landwirtschaftskammer machte Hermann Schultes (V) jedoch auf den Umstand aufmerksam, dass die EU bei Abkommen mit Drittstaaten in keiner Weise die hohen Standards für das Tierwohl berücksichtigt, das betreffe konkret etwa das Abkommen mit der Ukraine, wodurch insbesondere bei der Geflügelproduktion ein enormer Preisdruck entstehe. Dieser Kritik schloss sich auch Waltraud Dietrich vom Team Stronach an. Sie wollte es nicht verstehen, dass derartige Geflügelfarmen vom Juncker-Fonds finanziert werden, dessen Vorsitzender der ehemalige österreichische Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer ist.

 

 

Auch die Freiheitlichen positionierten sich nochmals mit ihrem Antrag auf Stellungnahme als Gegner von CETA. Darin sprechen sie sich gegen die vorläufige Anwendung, den Abschluss und die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens CETA aus. Der Antrag wurde schließlich mit Mehrheit durch SPÖ, ÖVP und NEOS abgelehnt. In seiner Wortmeldung bekräftigte der Freiheitliche Klubobmann Heinz-Christian Strache die kritische Haltung seiner Fraktion zu CETA, insbesondere auch zu den Investitionsgerichten und verlangte einmal mehr eine Volksabstimmung darüber. Er stellte auch die Rechtsverbindlichkeit der Zusatzerklärung in Frage.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Migration

 

 

Weiteres zentrales Thema in dieser Sitzung bildete einmal mehr die Frage der Flüchtlingsströme nach Europa. Dazu legte Alev Korun seitens der Grünen ebenfalls eine Antrag auf Stellungnahme vor, in dem sie sich für die Schaffung eines einheitlichen und nachhaltigen EU-Asylsystems einsetzte. Kennzeichnend für ein solches System sollte in erster Linie ein fairer, verbindlicher Verteilungsmechanismus ankommender Asylsuchender zwischen allen EU-Mitgliedsstaaten sein; zudem sollten Rücknahmeabkommen auf diplomatischer und politischer Ebene ausverhandelt werden, wobei sich Korun dezidiert dagegen aussprach, entwicklungs- und handelspolitische Maßnahmen als Druckmittel einzusetzen. Um Fluchtursachen und Sekundärmigration effektiv entgegenzuwirken, sprechen sich die Grünen für signifikante EU-Investitionen in Herkunfts- und Transitländern aus.

 

Die Koppelung von Abschiebeabkommen an entwicklungs- und handelspolitische Maßnahmen nannte Korun als sachwidrig und kontraproduktiv, denn wenn Gelder fehlen, die der Armutsminderung und stabileren Verhältnissen dienen und der Korruption entgegenwirken sollen, werde es noch mehr Migration geben, warnte sie. Außenminister Sebastian Kurz meinte hingegen, es sei notwendig, Druck auf jene Staaten auszuüben, die nicht bereit sind, ihre illegal nach Europa eingereisten StaatsbürgerInnen zurück zu nehmen. Das sei nur über die Streichung von Subventionen und EZA-Gelder möglich. Der Außenminister räumte aber ein, dass es in dieser Frage innerhalb der EU keine einheitliche Linie gibt.

 

Der Bundeskanzler berichtete dazu, dass es Fortschritte bei der Implementierung des EU-Außengrenzschutzes gebe, das Hauptaugenmerk liege derzeit auf der bulgarisch-türkischen und griechisch-türkischen Grenze sowie an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien. Um die irreguläre Invasion über das Mittelmeer einzugrenzen, werde man mit einigen afrikanischen Staaten Wirtschaftshilfen und Rückführungsabkommen verhandeln, zur Absicherung der östlichen Mittelmeerroute gebe es eine Vereinbarung mit Afghanistan sowie eine verstärkte Kooperation mit dem Libanon und Jordanien.

 

Die fehlenden Rücknahmeabkommen mit einzelnen Staaten standen auch immer wieder im Mittelpunkt der Wortmeldungen (Heinz-Christian Strache, Rainer Eugen Bösch, Jessi Lintl, Walter Rosenkranz – alle F und Waltraud Dietrich – T). Sie forderten alle, solche Abkommen möglichst bald abzuschließen. Waltraud Dietrich meinte dazu, dass die EU aber genau kontrollieren müsse, was mit den Geldern geschieht, wenn man diese Länder für Ausbildung, Wirtschaft etc. finanziell unterstützt. Rainer Hable (N) wiederum zog in Zweifel, ob eine solche Politik nicht den umgekehrten Effekt haben könnte, nämlich möglichst viele Menschen nach Europa zu schicken, um diese dann wieder zurück zu nehmen, weil man damit noch mehr Geld bekommt. Außenminister Sebastian Kurz gab zu bedenken, dass man mit Rückführungsabkommen nicht alle Probleme lösen könne. So gebe es trotz bestehender Abkommen mit einigen Ländern Probleme, es gebe aber auch Fälle, wo alles klaglos ohne Abkommen funktioniere. 

 

Gegenüber FPÖ-Abgeordnetem Reinhard Eugen Bösch wiederholte der Außenminister seine Überzeugung, dass man MigrantInnen an der Außengrenze abhalten müsse. Solange dies nicht geschehe, werde es Schlepper, illegale Migrationsströme und Ertrinkende im Meer geben. Sobald der Weg nach Mitteleuropa nicht mehr möglich ist, machen sich die Menschen nicht mehr in so großer Zahl auf den Weg, zeigte er sich überzeugt.

 

 

Was das Abkommen mit der Türkei betrifft, so sieht der Bundeskanzler im Hinblick auf die Visafreiheit wesentliche Verpflichtungen durch die Türkei nicht erfüllt. In diesem Sinne hält auch Außenminister Kurz die Eröffnung weiterer Kapitel bei den Beitrittsverhandlungen als einen falschen Weg, da sich die Situation in der Türkei in Bezug auf Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte verschlechtert. In der Debatte warnten vor allem Klubobmann Heinz-Christian Strache und Reinhard Eugen Bösch (beide F) vor der Visafreiheit für türkische StaatsbürgerInnen. Rainer Hable von den NEOS bezeichnete das Abkommen mit der Türkei an sich als ein halbfertiges Produkt und bezweifelte, dass dieses langfristig erfolgreich sein wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Russland-Sanktionen

 

Thema im Ausschuss waren auch der Syrien-Konflikt und die Russlandpolitik. Bundeskanzler Kern und Außenminister Kurz waren sich darin einig, dass Syrien nicht ohne Russland gelöst werden könne. Sie sprachen sich daher gegen eine Erweiterung der Russland-Sanktionen aus. Man müsse jetzt den Weg der Deeskalation gehen, sagte Kurz, und versuchen, das Gespräch in der Kontaktgruppe fortzusetzen. Diese Linie wurde explizit von Andreas Schieder (S), Josef Cap (S), Rouven Ertlschweiger (V) und Waltraud Dietrich (T) unterstützt. Es gehe nicht an, dass man die Türkei trotz Menschenrechtsverletzungen hofiert und Russland weiter mit Sanktionen belegt, meinte beispielsweise Waltraud Dietrich.

 

Auf die Frage von Christine Muttonen (S), ob es Überlegungen zu einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur gebe, bemerkte der Außenminister, die EU sollte mehr Gewicht auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik geben, wobei er positiv vermerkte, dass die EU ein Friedensplayer und keine Militärmacht sei. Von dem Ziel, um die EU einen Ring der Stabilität zu schaffen, sei man jedoch derzeit weit entfernt. Die Tatsache, dass die einzelnen EU-Länder auch unterschiedliche Zugänge haben, mache eine kohärente Außenpolitik umso schwieriger.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der FPÖ auf Stellungnahme wurde von SPÖ, ÖVP und NEOS mit Stimmenmehrheit abgelehnt:

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

der Abgeordneten Strache, Dr. Bösch, Dr. Rosenkranz, Dr. Lintl, Dr. Karlsböck

 

betreffend

11223/16

Tagung des Europäischen Rates (20./21. Oktober 2016) – Entwurf der erläuterten Tagesordnung (114933/EU XXV.GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 19.10.2016

 

 

 

 

Über das fertig verhandelte und vorliegende Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada namens „CETA“, das als Blaupause für das noch weit umstrittenere Vertragswerk mit den USA „TTIP“ dient, stehen in diesen Wochen die entscheidenden Beschlüsse zunächst auf Europäischer Ebene bevor. Bereits für den 18. Oktober 2016 sind die entsprechenden Ratsbeschlüsse über Unterzeichnung und Abschluss aber auch über die vorläufige Anwendung des Freihandelsabkommens CETA geplant, und das ohne die Einbindung der nationalen Parlamente.

 

Nachverhandlungen hinsichtlich des für die österreichischen und europäischen Interessen ebenso schädlichen CETA - Freihandelsabkommens mit Kanada lehnt die für die Verhandlungen zuständige EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström überhaupt kategorisch ab.

Die seitens der Europäischen Kommission nunmehr Österreich zugestandenen „interpretativen Erklärungen“ zum Abkommen sind nicht mehr als ein Placebo und ändern nichts am Vertragstext.

 

Dass die auf diesem „CETA-Beipackzettel“ festgeschriebenen Formulierungen das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben sind, unterstreicht indirekt auch der Europarechtler Obwexer, der im Ö1-Morgenjournal vom 7. Oktober 2016 unmissverständlich feststellte, dass „die nun vorliegende Erklärung lediglich zur Interpretation des Abkommens diene, aber nicht rechtlich bindend sei.“

„Um das zu erreichen müsste der Vertrag aufgeschnürt und die Erklärung hinein genommen werden,“ so Obwexer weiter.

(APA063 / 07.10.2016)

Genau das fordert unter anderem auch beispielsweise AK-Präsident Rudi Kaske:

„Interpretative Deklarationen werden sicher nicht ausreichen. Geändert werden müssen die kritischen Bereiche im Vertragstext. Die EU Kommission muss sich bewegen“, fordert Kaske.

„An den problematischen Vertragsinhalten – Stichwort Schiedsgerichte – muss sich in der Substanz etwas ändern“, verlangt AK Präsident Kaske. Und weiter: „Solange sich die EU Kommission nicht bewegt, sprich Änderungen am ursprünglichen Vertragstext untersagt, so lange werden wir weiterhin Druck machen.“

Dass Ceta in der österreichischen Bevölkerung mehr als umstritten ist, zeigen auch die jüngsten Umfrage-Ergebnisse, wonach drei Viertel der befragten Personen das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada ablehnen. „Angesichts dieser Zahlen ist es umso mehr an der Zeit, mehr auf begründete Einwände zu hören“, sagt Kaske in Richtung EU Kommission.

(OTS0190, 23. Sep. 2016)

 

Beide Abkommen - CETA und TTIP - bedeuten unter anderem ein Absacken der heimischen Lebensmittelqualität sowie einen Todesstoß für die österreichischen Bauern. Österreich wird nicht mehr der „Feinkostladen“ Europas sein.

Weiters drohen durch diese Abkommen Gefahren in vielen Bereichen, wie für den heimischen Verbraucher-, Arbeitnehmer- und Umweltschutz.

Das Ende des Vorsorgeprinzips sowie die indiskutable Einrichtung von Schiedsgerichten, die es amerikanischen und kanadischen Konzernen ermöglichen würden, gegen vitale Interessen unseres Landes und unserer heimischen Bevölkerung vorzugehen, sind weitere, klar abzulehnende Punkte.

Abgesehen von faktisch belegten Risiken und Gefahren in den beiden Abkommen ist auch der Willensbildungsprozess rund um diese Abkommen aus demokratiepolitischer Sicht inakzeptabel und der Widerstand in der österreichischen Bevölkerung - verständlicherweise - inzwischen groß.

CETA und auch sein „großer Bruder“ TTIP dürfen nicht durch vorläufige Anwendung und ohne Zustimmung der Menschen umgesetzt werden. Es ist daher das Gebot der Stunde, dass die Bundesregierung sich für eine österreichische Mitbestimmung bei der Entscheidung über die Handelsabkommen in Form von verbindlichen Volksabstimmungen einsetzt, zumal die Menschen unmittelbar von den Auswirkungen der Abkommen betroffen sind, und CETA jetzt eine klare Absage erteilt.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23e B-VG

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, sich beim bevorstehenden Europäischen Rat am 20. und 21. Oktober 2016 mit Nachdruck gegen die vorläufige Anwendung, den Abschluss und die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens CETA auszusprechen und Schlussfolgerungen des Europäischen Rates abzulehnen, in welchen die Entschlossenheit der EU bekräftigt wird, ein Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten (TTIP) abzuschließen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der Grünen auf Stellungnahme wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt:

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

der Abgeordneten Alev Korun, Werner Kogler, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Tagung des Europäischen Rates (20./21. Oktober 2016)- Entwurf der Schlussfolgerungen

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 19.10.2016

 

 

 

Die vorliegenden Schlussfolgerungen des Europäischen Rates sind Ausdruck der immer weitreichenderen Fixierung europäischer RegierungschefInnen auf die Koppelung von entwicklungs- und handelspolitischen Maßnahmen der EU an die Schaffung von mehr Rückschiebemöglichkeiten für EU-Staaten und erhöhter Rückübernahmeraten von Drittstaaten. Unter dem Deckmantel der  "Partnerschaftsrahmen/abkommen" bzw. "Migrationspakte" soll hier eine "Hebelwirkung" erzeugt werden, so der Entwurf der Schlussfolgerungen. Diese Migrationspakte sollen anscheinend auch vermehrt mit Drittstaaten geschlossen werden, die keineswegs als "sichere Herkunftsstaaten" gelten, wie zB Afghanistan und Irak. Dadurch wird einer dysfunktionalen gemeinsamen Außenpolitik Vorschub geleistet, die sich gänzlich auf eine illegitime Umleitung von Geldmitteln, die für Entwicklungszusammenarbeit vorgesehen waren, gründet und diese zwingend abhängig macht von Zwangsrückführungen und der Verhinderung irregulärer Migration.

 

Damit entledigt sich die EU zunehmend ihrer menschenrechtlichen Verantwortung, indem sie sich für entwicklungspolitische und handelspolitische Maßnahmen im Gegenzug restriktive Migrationsmaßnahmen der ärmeren Drittländer  versprechen lässt. Sei es über die zügige Rückschiebung bzw. Rückübernahme irregulärer MigrantInnen oder auch durch die Verhinderung von Migration schon vor Ort - durch Verpflichtung der "Partnerländer", ihre Grenzwachen aufzustocken und Menschen am Verlassen ihres Staates zu hindern, und damit de facto an der Inanspruchnahme des durch die Genfer Flüchtlingskonvention verbrieften Rechts auf Schutz vor Verfolgung. Vornehmlich sollen derzeit afrikanische Länder anvisiert werden, wie man aber an dem Beispiel des "Plans für ein gemeinsames Vorgehen Afghanistans und der EU in Migrationsfragen" sieht, macht dieser erzwungene Tauschhandel auch vor anderen Bürgerkriegsländern, failed states und Ländern mit autoritären Regimen nicht halt. Menschenrechtlich und völkerrechtlich ist die Rückschiebung in solche Staaten wegen des Refoulement-Verbots (Gefahr für Leib und Leben) mehr als fragwürdig.

 

Die Vorgehensweise, entwicklungspolitische Zusammenarbeit an Rückübernahmeabkommen dieser Drittländer zu koppeln ist sachwidrig, weil es die entwicklungspolitischen Ziele, die für die das gemeinsame Bemühen stehen, Unterschiede in der sozioökonomischen Entwicklung und in den allgemeinen Lebensbedingungen dauerhaft und nachhaltig abzubauen, konterkariert. Vielmehr werden dadurch Gelder, die für die Bekämpfung von Armut, Korruption und widrigen Lebensumständen der dortigen Bevölkerung vorgesehen sind für Grenzschutz und Rückschiebungen zweckentfremdet. Damit widerspricht die Vorgehensweise dem in Punkt I a) 4. formulierten Ziel des Rates "die der Migration zugrunde liegenden Ursachen zu bekämpfen".

 

Die durch diese Abtausch Politik entstandenen EU-Rückübernahmeabkommen (EU-RÜA) sind zudem menschenrechtlich bedenklich, wenn diese innerhalb der EU zu einem fahrlässigen Umgang mit Asylverfahren durch Schnellabwicklungen, oberflächlichen Prüfungen von Anträgen bzw. nur oberflächlichen Prüfungen des Refoulement-Verbots führen. Das Problem der uneinheitlichen Asylverfahren, der völlig unterschiedlichen Asylanerkennungsraten innerhalb der EU und die hohe Fehleranfälligkeit der derzeitigen Asylsysteme wird durch immer rascher verhängte Rück- und Abschiebungen weiter verschärft. Möglichkeiten, ein effektives Rechtsmittel zu ergreifen, blieben oft kaum. Solange die Asylsysteme in der EU so unterschiedliche Schutzniveaus und Anerkennungsquoten vorweisen, verschärfen EU-Rückübernahmeabkommen nur weiter die vorherrschenden nationalen Ungerechtigkeiten.

 

Weiters beinhalten die standardisierten EU Rückübernahmeabkommen oft Versprechen seitens der EU, die nicht eingehalten werden, wie z.B. "die Möglichkeiten der legalen Migration für Staatsangehörige", wiewohl die Möglichkeiten legaler Zuwanderung in die EU immer schmäler statt breiter werden.

 

Statt immer mehr Geld und politische Energie in Abwehrmaßnahmen zu setzen, ist es höchst an der Zeit, dass die EU Mitgliedstaaten endlich ein nachhaltiges, effizientes und faires Asylsystem etablieren, das das Recht auf ein Asylverfahren wahrt und gleichzeitig kein Mitgliedsland überfordert. Ebenfalls notwendig ist eine gemeinsame EU-weit abgestimmte Einwanderungspolitik. Rückübernahmeprobleme sind auf diplomatischer und politischer Ebene zu lösen, aber nicht mit entwicklungs- und handelspolitischen Maßnahmen abzupressen. Diese würden die betroffene Bevölkerung noch weiter in Armut treiben und dadurch Migrations- bzw. Fluchtgründe weiter anheizen.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Antrag

auf Stellungnahme gemäß Art 23e Abs. 3 B-VG

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

Die zuständigen MinisterInnen der österreichischen Bundesregierung - insbesondere der Bundeskanzler und der Innenminister - werden aufgefordert sich auf EU-Ebene für die Schaffung eines einheitlichen und nachhaltigen EU- Asylsystems einzusetzen, mit folgenden Eckpunkten:

 

 

1.    Festlegung eines fairen, verbindlichen Verteilungsmechanismus ankommender Asylsuchender zwischen allen EU-Mitgliedstaaten, um eine solidarische und nachhaltige Aufteilung innerhalb der EU zu schaffen,

 

2.    Verhandlung von Rückübernahmeabkommen auf diplomatischer und politischer Ebene, ohne Rückgriff auf entwicklungs- und handelspolitische Maßnahmen,

 

3.    Nachhaltige und signifikante EU-Investitionen in Herkunfts- bzw. Transitländern von Flüchtenden, um Fluchtursachen und Sekundärmigration effektiv anzusprechen.

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.