Parlament Österreich

 

 

 

IV-7 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 21. Oktober 2014

 


Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXV. Gesetzgebungsperiode                Dienstag, 21. Oktober 2014

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

 

12780/14

Tagung des Europäischen Rates (23./24. Oktober 2014) - Entwurf der erläuterten Tagesordnung

(39139/EU XXV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die EU will mit ihren Klima- und Energiezielen für 2030 den CO2 Ausstoß um 40% reduzieren, wobei die Basis dafür die Werte von 1990 sind. Gleichzeitig soll der Anteil der erneuerbaren Energien auf 27% und die Energieeffizienz um 30% gesteigert werden. Diese Zielsetzungen sind den einen zu wenig ambitioniert, andere wiederum fürchten um den europäischen Wirtschaftsstandort, sollte der Industrie zu viel Belastung aufgebürdet werden. In diesem Spannungsfeld bewegte sich heute auch die Diskussion im EU-Hauptausschuss des Nationalrats. Bundeskanzler Werner Faymann unterstrich, dass er sich für die Verbindlichkeit der Klimaziele einsetzen werde, gleichzeitig machte er klar, dass aus seiner Sicht berücksichtigt werden müsse, wenn ein Land wie Österreich bereits jetzt weitgehend mit sauberer Energie arbeitet und hohe Standards vorweisen kann. Seine Haltung fand bei einem Großteil der Abgeordneten Unterstützung, lediglich die Grünen sprachen von ambitionslosen Zielmarken und sogar von einer Gefahr für den Klimaschutz, sollte man bei diesen Marken bleiben. Vor allem brauche die EU vor der UNO-Klimakonferenz in Paris 2015 wirksame und mutige Ziele, meinen die Grünen. Mit ihrem diesbezüglichen Antrag auf Stellungnahme konnten sie die anderen Fraktionen jedoch nicht mit ins Boot holen.

 

 

Weit weniger gingen die Abgeordneten auf die beim bevorstehenden EU-Gipfel zu diskutierende Frage ein, wie das vom designierten Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker angekündigte Investitionspaket in der Höhe von 300 Mrd. € zur Ankurbelung der schwächelnden europäischen Wirtschaft umgesetzt werden kann. Strittig ist dabei vor allem, wie flexibel die Bestimmungen zum ESM und zum Stabilitätspakt interpretiert werden können.

 

Die FPÖ nützte die Debatte, die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Russland-Sanktionen zu thematisieren und forderte in einem Antrag auf Stellungnahme den Bundeskanzler auf, sich für eine sofortige Aufhebung der Sanktionen einzusetzen. Faymann bekräftigte darauf, man dürfe die Sanktionen nicht überschätzen. Dennoch hätten sie einen Beitrag dazu geleistet, dass es jetzt einen Friedensplan gibt, russische Soldaten zurückgezogen wurden und eine Vereinbarung zu einem Waffenstillstand, auch wenn dieser löchrig ist, vorliegt. Er werde dann für die Aufhebung der Sanktionen eintreten, wenn es eine Waffenruhe gibt, die ihren Namen verdient und die Forderung der EU, die Souveränität eines Landes zu respektieren, erfüllt ist. Jedenfalls wende er sich gegen erweiterte Sanktionen und ziehe Gespräche vor. Er sei auch gegen einseitige Schuldzuweisungen, sagte der Kanzler.

 

In dieser Haltung wurde er von Abgeordnetem Josef Cap (S) unterstützt, der eindringlich vor einer Rhetorik des Kalten Kriegs und dem Aufrüsten mit Atomraketen in Ost und West warnte. Wolfgang Gerstl (V) teilte ebenfalls die Auffassung des Bundeskanzlers und betonte, dass die Neutralität in keiner Weise im Gegensatz zu wirtschaftlichen Sanktionen stehe. Neutralität heiße auch, dass man Rechtsstaatlichkeit von anderen Ländern einfordert.

 

Der Antrag der FPÖ wurde lediglich vom Team Stronach unterstützt und blieb somit in der Minderheit.

 

 

Die Grünen brachten zudem die Bestellung der neuen EU-Kommission zur Sprache und riefen den Kanzler in einem weiteren Antrag auf Stellungnahme auf, dieser im Rat nicht zuzustimmen. Vor allem stießen sie sich an dem spanischen Kandidaten Miguel Arias Cannete, der für Energiepolitik zuständig sein soll und in seiner Ministerzeit unter anderem für die Atomkraft und Fracking eingetreten ist, wie Tanja Windbüchler-Souschill (G) argumentierte. Der Kanzler reagierte auf den Antrag "mit Verwunderung", zumal das Europäische Parlament aufgewertet wurde und es daher dem Rat nicht gut anstünde, die Entscheidung des Parlaments nicht zu respektieren. Die Abgeordneten Andreas Schieder und Josef Cap (beide S) unterstrichen ihrerseits, dass im Zuge des Hearings im Europäischen Parlament eine sehr sachliche Diskussion geführt worden sei. Der Prozess, wie die Kandidatinnen und Kandidaten für die künftige EU-Kommission gekürt werden, stelle einen wesentlichen Schritt zu mehr Demokratie in Europa dar, gaben sie zu bedenken.

 

Von Abgeordnetem Andreas Karlsböck (F) wurde zudem das Thema Ebola in die Diskussion eingebracht. Er kritisierte das diesbezügliche Management innerhalb der EU als unkoordiniert und Ausdruck der Hilflosigkeit. Kurz- und mittelfristig hilft seiner Meinung nach nur, in den betreffenden Gebieten eine medizinische Infrastruktur aufzubauen. Karlsböck befürchtet, dass auch Österreich nicht wirklich vorbereitet ist, und vermisst vor allem spezielle Isolierstationen. Der Bundeskanzler informierte, dass die EU darüber diskutiere, wie man die medizinische Hilfe und Versorgung in den afrikanischen Ländern verbessern könne, und berichtete, dass die EU-GesundheitsministerInnen eine gemeinsame Linie zur besseren Koordination erarbeiten.

 

 

Vorherrschendes Thema im Ausschuss war die Klimapolitik der EU und Österreichs. Dezidiert sprach sich Bundeskanzler Werner Faymann für eine ambitionierte Klimapolitik der EU mit verbindlichen Zielsetzungen aus. Ob bei diesem Gipfel schon Beschlüsse gefällt werden, könne er nicht sagen, jedenfalls wolle man zukunftsfähige und unabhängige Energielösungen erreichen. Nur mit einer klaren Haltung werde die Europäische Union in Diskussion mit anderen Ländern treten können, sagte er. Angesichts der Tatsache, dass einige Länder, darunter auch Österreich, bereits jetzt hohe Umweltstandards einhalten und mit sauberer Energie arbeiten, müsse dies auch in der Berechnung Berücksichtigung finden, damit es nicht zu einer Auslagerung der Produktion ins Ausland kommt. Das BIP pro Kopf alleine heranzuziehen, genüge keineswegs. Dieses durchaus reale Phänomen des Carbon Leakage dürfe nicht außer Acht gelassen werden, bemerkte der Kanzler. Für ihn wird es bei der Umsetzung der Klimaziele aber auch notwendig sein, die Wegekostenrichtlinie zu überarbeiten. Hier habe die EU durchaus Nachholbedarf, ergänzte er mit Nachdruck. Faymann räumte zudem ein, dass auch Maßnahmen in Österreich selbst erforderlich sein werden. Das betreffe die Energieeffizienz und die erneuerbare Energie, etwa den Ausbau der Wasserkraft.

 

Dem konnten sich die Grünen in keiner Weise anschließen. Während der Bundeskanzler im Hinblick auf die Klimaziele von einen gemeinsamen Prozentsatz für die EU ausgeht, verlangen sie verbindliche Einzelziele für die Mitgliedstaaten. Sie treten ferner dafür ein, bis 2030 ein Energiesparziel von 40%, ausgehend vom Jahr 2010, festzulegen. Geht es nach den Grünen, sollten die erneuerbaren Energien bis 2030 einen Anteil von 45% des Energieendverbrauchs aufweisen, für die CO2-Reduktion sehen die Grünen eine Marke von 55% vor. Christiane Brunner (G) begründete den Vorstoß mit einem dringenden Handlungsbedarf. Dies erkenne man an den Naturkatastrophen, die in vermehrter Anzahl auftreten. Deshalb sehe sie die Frage des Carbon Leakage nicht als erste Priorität an, vielmehr habe die Sicherung unserer Lebensgrundlagen absoluten Vorrang. In diesem Zusammenhang hält Brunner eine Lastenverteilung zugunsten ärmerer Länder für unumgänglich. Dem Bundeskanzler warf sie vor, Österreich sei weit entfernt davon, in Sachen Klimaschutz eine Vorreiterrolle zu spielen. Auch das Auftreten in Brüssel zu diesen Fragen sei nicht klar genug in Richtung bindender Ziele und eines größeren Anteils an erneuerbaren Energien. Solle man den Prozentsatz der erneuerbaren Energien nicht auf mindestens 30% erhöhen, bedeute das 20 Atomkraftwerke mehr, warnte Brunner. Grundsätzlich beklagte Brunner wie ihr Klubkollege Werner Kogler (G), die Bundesregierung informiere die Abgeordneten nicht ausreichend über deren Position in Brüssel. Auch dem Parlament würden nicht die erforderlichen Dokumente zur Verfügung gestellt, manche seien sogar von der Bundesregierung als vertraulich eingestuft.

 

Im Gegensatz dazu konstatierten Hannes Weninger (S) und Christine Muttonen (S), Österreich habe ambitionierte Klimaziele festgelegt und befinde sich bei deren Umsetzung auf gutem Weg. Es gehe darum, dass man weltweit zu einer Reduktion von CO2-Emmissionen kommt, sagte Weninger, gleichzeitig müsse man auch wirtschaftliche Vernunft walten lassen. Von einem niedrigeren Niveau könne man leichter Erfolge erzielen, ergänzte er. Muttonen kritisierte ihrerseits scharf die Zustimmung der EU-Kommission zu den Milliarden-Subventionen für ein englisches Atomkraftwerk und begrüßte die Absicht der österreichischen Regierung, dies beim EuGH anzufechten.

 

Man brauche eine Balance zwischen Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit, warf Klubobmann Reinhold Lopatka (V) ein und wies in diesem Zusammenhang auf die hohe Arbeitslosigkeit in Europa hin. Anzustreben sei ein fairer Lastenausgleich. Ins gleiche Horn stieß Brigitte Jank (V), die in dieser Frage auf die Einigkeit der Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter hinwies. Ihr zufolge sind alle Anstrengungen zu unternehmen, um das hohe Know-How Österreichs im Hinblick auf Innovationen in andere Länder zu transferieren.  Auch Hermann Schultes (V) hielt den Vorschlag des Rats zu den Klimazielen für ausgewogen und unterstrich die Notwendigkeit, erneuerbare Energieträger auszubauen und die Energieeffizienz zu verbessern, gleichzeitig aber den Mitgliedstaaten die Freiheit zu lassen, welchen Energiemix sie verwenden. Alle drei ÖVP-Abgeordneten bekräftigten, es müsse Ziel der EU sein, die Kernenergie zurückzudrängen.

 

Für eine Balance zwischen Umweltschutz und Wettbewerbsfähigkeit sprachen sich auch die Abgeordneten Rouven Ertlschweiger (T) und Rainer Hable (N) aus. Man müsse die hohe Arbeitslosigkeit berücksichtigen und dürfe den Wirtschaftsstandort Österreichs nicht gefährden, warnte Ertlschweiger, der zudem meinte, Österreich sei bei den erneuerbaren Energien gar nicht so schlecht unterwegs. Österreich habe seinen Industriestandort sichern können, daran hingen viele kleine und mittlere Betriebe, weshalb man dieses wichtige Rückgrat der österreichischen Wirtschaft nicht gefährden dürfe, merkte Hable an.

 

Johannes Hübner (F) zweifelte grundsätzlich höhere Energie- und Klimaziele an und führte aus seiner Sicht ins Treffen, dass die wissenschaftlichen Grundlagen für eine Verschärfung fehlten. Außerdem seien viele Bereiche der erneuerbaren Energie, wie zum Beispiel Agrotreibstoffe, äußerst zweifelhaft.

 

 

Laut Bundeskanzler Werner Faymann geht es in der wirtschaftspolitischen Diskussion beim kommenden Gipfel um die Frage, wie ernsthaft das 300 Milliarden-Paket Jean-Claude Junckers zur Ankurbelung der Wirtschaft umgesetzt werden kann. Vor allem sei zu klären, welche Schwerpunkte man im Budget setzt und ob man bei einer strengen Auslegung des Stabilitätspakts ausschließlich spart, oder man die Zeit dafür gekommen sieht, zu investieren und im Rahmen des Stabilitätspakts Spielräume auslotet. Österreich trete dafür ein, die Spielräume zu nutzen und stärker darauf zu achten, inwieweit der Einsatz der Mittel auch dort ankommt, wo es notwendig ist, unterstrich Faymann.

 

Seitens der Abgeordneten Johannes Hübner (F) und Rainer Hable (N) wurde vor allem die aktuelle Politik der EZB heftig kritisiert. Man sei drauf und dran, aus der EZB eine "bad bank" zu machen, fürchtete Hübner und zeichnete ein düsteres Szenario für die Eurozone. Ähnlich sieht dies Hable, der den Plan der EZB, auch noch Anleihen aus Frankreich anzukaufen, als Beweis dafür wertete, dass die Krise nun im Herzen Europas angekommen ist. Hable warf Frankreich vor, sich den Regeln der EU nicht unterordnen, keine Reformen umsetzen und die Krise einfach aussitzen zu wollen. Wolfgang Gerstl (V) warnte in Reaktion auf Hübner davor, aus dem Euro auszusteigen. Auch als Österreich noch den Schilling hatte, sei dieser an die D-Mark gekoppelt gewesen, sagte er und sprach sich vehement für eine einheitliche Geldmarktpolitik aus, vor allem mit Ländern, die zu den wichtigsten Exportmärkten Österreichs gehören.

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Stellungnahme wurde nur von der FPÖ und dem Team Stronach unterstützt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

der Abgeordneten Dr. Hübner, Hafenecker, Mag. Haider, Dr. Karlsböck und Wurm

 

betreffend Tagung des Europäischen Rates (23./24. Oktober 2014) – Entwurf der erläuterten Tagesordnung (039139/EU XXV. GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 21.10.2014

 

 

 

Die EU-Sanktionen gegen Russland, die seit dem Frühjahr 2014 schrittweise Ausweitungen erfahren haben, wurden auf EU-Ebene durch die Staats- und Regierungschefs einstimmig beschlossen. In Österreich gab es zu den EU-Sanktionen gegen Russland keinen nationalen Beschluss; weder durch die Regierung, noch durch das Parlament. Es wurden damit auf Betreiben der Staats- und Regierungschefs über die Köpfe der Bürger hinweg auf europäischer Ebene Maßnahmen gesetzt, die der heimischen Wirtschaft massiv geschadet und zu existenzbedrohenden Einbußen in der Landwirtschaft geführt haben. Die EU hat Ende September eine neue Finanzhilfe von bis zu 165 Mio. Euro für die europäische Obst- und Gemüsebauern angekündigt – eine Maßnahme, die erst durch die eigene verfehlte Politik der EU notwendig wurde und diese deutlich macht.

 

Angesichts des nahenden Winters wird sich in diesem Zusammenhang eine weitere Problematik auftun: Russland ist Europas Gaslieferant Nummer eins. Mag die EU-Kommission laut Medienberichten auch prognostizieren, dass Europa einen sechsmonatigen Ausfall der Lieferungen aus Russland verkraften könne, steht doch fest, dass die Gasversorgung der EU auf Importen aufgebaut und somit mehr als abhängig ist. Bis heute wurde in den europäischen Staaten nämlich keine Antwort gefunden, wie sie sich von den Gasimporten - seien sie aus Russland, Norwegen oder Algerien - abnabeln könnten.

 

Unter all diesen Aspekten ist es jetzt dringender denn je geboten, sich auf die Neutralität Österreichs zu besinnen und sich auf europäischer Ebene für eine sofortige Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland einzusetzen.

 

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für eine sofortige Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland einzusetzen.“

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

Folgender Antrag der Grünen auf Stellungnahme wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e B-VG

 

 

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, Werner Kogler, Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Faymann muss beim Europäischen Rat für höhere und verbindliche Klimaziele kämpfen - Europäischer Rat (Tagung am 23./24. Oktober 2014) - Entwurf von Schlussfolgerungen (12782/14 CO EUR-PREP 30)

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 21.10.2014.

 

 

 

Aktueller Zielvorschlag unzureichend

 

Im vorliegenden Entwurf der Schlussfolgerungen sieht der Europäische Rat gänzlich unzulängliche Klima- und Energieziele für 2030 vor. Die vorgeschlagenen Zielmarken (-40% CO2, 27% Erneuerbarenanteil, 30% Effizienz) sind so ambitionslos und überdies teilweise unverbindlich, dass sie eine Gefahr für den Klimaschutz und für die wirtschaftliche Entwicklung der Europäischen Union darstellen.

 

Die Klimaziele, die sich Europa bis 2020 vorgenommen hatte, sind zwar jetzt schon so gut wie erreicht, sie werden den Herausforderungen des Klimawandels aber in keiner Weise gerecht. Wir brauchen daher neue, wirksame Ziele, die im Einklang mit einem klimaverträglichen Entwicklungspfad sind. Ohne diese Impulse wird der gerade begonnene Umbau der Wirtschaft und der Energieversorgung scheitern. Eine zweite Chance wird es bei den langen Vorlaufzeiten im Infrastrukturbereich nicht geben.

 

 

Paris 2015 zum Erfolg führen

 

Bei der UN Klimakonferenz in Paris 2015 soll wahrscheinlich ein letztes Mal versucht werden, einen weltweiten bindenden Klimavertrag zu beschließen. Soll dies gelingen, braucht es die EU als Vorreiterin für den Klimaschutz mit wirksamen und mutigen Zielen. Der kommende Europäische Rat wird das entscheidende Signal nach Paris senden. Es müssen am 23./24. Oktober ambitionierte Klima- und Energieziele für 2030 beschlossen werden. Nur ein Europa, das sich jetzt zu ambitioniertem Klimaschutz bekennt, kann die Weltklimakonferenz in Paris 2015 zum Erfolg führen. Die Zeit bis zur Konferenz in Paris gilt als letzte Chance, einen weltweiten Klimavertrag zu beschließen, der die Klimaerwärmung auf zwei Grad begrenzen kann.

 

 

Nur ein erneuerbares, effizientes Europa ist unabhängig von russischem Gas

 

Nur ein Europa, das sich effizient mit erneuerbarer Energie versorgt, befreit sich dauerhaft aus der Abhängigkeit von volatilen Regimen und geopolitischen Krisen.

 

Ambitionierter Klimaschutz ist ein wichtiger Anreiz, um in Innovation und Technologien für morgen zu investieren. Für die meisten Industriezweige gilt: Nicht die Energiekosten sind für die Standortqualität entscheidend, sondern die Innovationskraft.

 

 

Verbindliche, ambitionierte Ziel-Trias notwendig

 

Nur aufeinander abgestimmte, kohärente und verbindliche Ziele in den drei verschiedenen Bereichen CO2-Minderung, Ausbau von Erneuerbarer Energie und Energieeffizienz können die Weichen in Richtung erfolgreiche Klimapolitik stellen und der europäischen Wirtschaft und Industrie die nötige Planungssicherheit verschaffen. Ein in seiner Verbindlichkeit fragwürdiges und wenig ambitioniertes Erneuerbaren-Ziel, wie es der Entwurf der Ratsschlussfolgerungen vorsieht, hätte verheerende Auswirkungen für die europäische Energiepolitik. Es würde der menschenfeindlichen Atomenergie sowie Kohle und Schiefergas Tür und Tor öffnen und den Zukunftsmarkt der erneuerbaren Energien in ganz Europa unter Druck bringen. Aus diesem Grund hat sich die Bundesregierung zu Recht in der Koalitionsvereinbarung zu einer verbindlichen Ziel-Trias bekannt.

 

 

CO2-Minderungsziel ist zu wenig ehrgeizig

 

Das vorgeschlagene CO2-Minderungsziel von minus 40 Prozent bis 2030 ist zu wenig ambitioniert und ist ein Abschied vom Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Selbst wenn die minus 40 Prozent tatsächlich erbracht würden, entspricht dies nur einer 50:50-prozentigen Chance, das 2-Grad-Ziel zu erreichen. Berechnet man aber die überschüssigen Zertifikate mit ein, die sich noch im Emissionshandelssystem befinden, sinkt das anvisierte CO2-Minderungsziel sogar auf nur etwa 33 Prozent. Ein derart schwaches Minderungsziel bringt außerdem die gesamte Zukunftsbranche der erneuerbaren Energien und grünen Technologien unter Druck. Die Tatsache, dass die EU schon heute ihr Klimaziel von minus 20 Prozent bis 2020 faktisch erreicht hat, unterstreicht die Ambitionslosigkeit der EU. 

 

 

Ausbauziel für Erneuerbaren zu wenig ehrgeizig und unverbindlich

 

Das Fehlen verbindlicher Ziele für die einzelnen Mitgliedsstaaten zum Ausbau erneuerbarer Energien ist ein gewaltiger Rückschritt gegenüber dem Status Quo. Es kommt einer Einladung an die Länder Europas gleich, gegen jegliche Vernunft auf gefährliche und teure Atomkraft und klima- und umweltschädliche Technologien wie Kohle und Schiefergas zu setzen. Dies wird dazu führen, dass selbst das von der EU Kommission vorgeschlagene, niedrige gesamt-Ausbauziel für die Erneuerbaren von nur 27 Prozent bis 2030 am Ende noch nicht einmal erreicht werden wird.

 

 

Keine Energiewende ohne ambitioniertes und verbindliches Effizienzziel

 

Auch das avisierte Energieeffizienzziel von 30% bis 2030 ist unzureichend und überdies nicht verbindlich. Mit diesem Energie- und Klimapaket bleibt die EU somit weiter stark abhängig von teuren Energieimporten, zu Lasten der Menschen in Europa und auf Kosten kommender Generationen. Schon heute importiert die EU fossile Energieträger im Wert von 545 Milliarden Euro. Hier verspielt die EU ihre politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Das Europäische Parlament sowie Energie- und UmweltministerInnen aus sieben EU Mitgliedsstaaten fordern ein Effizienzziel von 40% bis 2030. Laut Wirkungsfolgenabschätzung der Kommission würde ein solches Ziel die Beschäftigungsquote europaweit um 3,15% anheben und nahezu die gesamten jährlichen Importkosten für Öl, Gas und Kohle einsparen.

 

 

Faymann muss für EU-Führungsrolle beim Klimaschutz kämpfen

 

Die Europäische Union hat sich zum Kampf gegen die Erderwärmung bekannt. Nur die Europäische Union hat das politische Schwergewicht, das wirtschaftliche Know-How und das Mandat ihrer BürgerInnen, die Weltgemeinschaft in dieser überlebenswichtigen Herausforderung anzuführen.

 

Die Bundesregierung hat sich wiederholt und unmissverständlich für eine Eindämmung der Klimawandel auf zwei Grad bekannt. Sie ist nun gefordert, diesem Bekenntnis auf europäischer Ebene nachzukommen.

 

 

Der Bundeskanzler ist aufgefordert, sich beim Europäischen Rat vehement für ein Nachschärfen der in den Schlussfolgerungen vorgelegten Klima- und Energieziele 2030 einzusetzen.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art 23e B-VG

 

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler werden aufgefordert,

 

 

·         die von der Kommission im Rahmen der Zwischenbilanz zur EU-Klima- und Energiepolitik vorgelegten Vorschläge beim kommenden Europäischen Rat als zu schwach und unverbindlich zurückzuweisen und sich stattdessen für die folgenden ambitionierten, verbindlichen Ziele einzusetzen:

 

1.    Festsetzung eines verbindlichen Energiesparziels bis 2030 EU von 40 Prozent verglichen mit dem Energieverbrauch vom Jahr 2010; Implementierung dieses Gesamtziels durch verbindliche Einzelziele für die Mitgliedstaaten durch Lastenausgleich, basierend auf individueller Situation und Potential;

 

2.    Festsetzung eines verbindlichen Ziels zum Ausbau erneuerbarer Energien bis 2030 von 45 Prozent des Energieendverbrauchs; Implementierung dieses Gesamtziels durch verbindliche Einzelziele für die Mitgliedstaaten durch Lastenausgleich, basierend auf individueller Situation und Potential;

 

3.    Festsetzung eines verbindlichen CO2-Minderungsziels bis 2030 von 55 Prozent der realen Emissionen (Basisjahr 1990) im Einklang mit dem 2-Grad-Ziel; Implementierung dieses Gesamtziels durch verbindliche Einzelziele für die Mitgliedstaaten durch Lastenausgleich, basierend auf aktuell gültigem BIP/per capita-Ansatz.

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

Folgender Antrag der Grünen auf Stellungnahme wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt und blieb somit in der Minderheit.

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e B-VG

 

 

der Abgeordneten Werner Kogler, Christiane Brunner, Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Ablehnung des Beschlusses zur Ernennung der Europäischen Kommission – Europäischer Rat (Tagung am 23./24. Oktober 2014) – Entwurf von Schlussfolgerungen (12782/14 CO EUR-PREP 30)

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 21.10.2014.

 

 

 

In den vorläufigen Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (12782/14) wird ausgeführt: „Der Europäische Rat wird einen Beschluss zur Ernennung der Europäischen Kommission erlassen, nachdem sich diese als Kollegium einem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments über den Präsidenten, den Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und die anderen Mitglieder der Kommission gestellt hat“.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art 23e B-VG

 

 

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler werden aufgefordert, bei der Tagung des Europäischen Rates am 23. und 24. Oktober 2014 den Beschluss zur Ernennung der Europäischen Kommission, in der Zusammensetzung wie sie sich im Europäischen Parlament präsentierte, abzulehnen. 

 

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.