10472/J XXV. GP

Eingelangt am 10.10.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Claudia Gamon und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend Nationaler Aktionsplan "Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt"

Im Juni 2010 wurde der Nationale Aktionsplan (NAP) "Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt" präsentiert. 55 Maßnahmen wurden in Zusammenarbeit der Regierung mit Sozialpartnern, Interessenvertretungen, NGOs und Expert_innen entwickelt. Hintergrund war die unbefriedigende Situation von Frauen am Arbeitsmarkt, weshalb auch ein entsprechender Nationaler Aktionsplan schon im Regierungsübereinkommen von 2008 vereinbart wurde.

"Mit diesem Plan liegen uns nun 55 konkrete Empfehlungen vor. Jetzt geht es an die Umsetzung", so die (damalige) Frauenministerin. "Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sollte es für uns noch klarer sein, dass die Wirtschaft weiblicher werden muss. Wir müssen den Prozess beschleunigen und das vorhandene Potenzial am Arbeitsmarkt besser nutzen." Zwar hätten noch nicht alle Maßnahmen, die im NAP empfohlen werden, schon die volle Zustimmung der Regierung und Sozialpartner. "Aber wir werden mit viel Beharrlichkeit daran arbeiten, um Schritt für Schritt Gleichstellung Wirklichkeit werden zu lassen", sagte Heinisch-Hosek. Sie werde beim Regierungspartner in den offenen Fragen weiterhin Überzeugungsarbeit leisten (http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20100630_OTS0214/gabriele-heinisch-hosek-die-wirtschaft-muss-weiblicher-werden).

Seitdem hat sich zwar in einigen Bereichen etwas geändert, doch manche Maßnahmen lassen noch immer auf sich warten. Vor allem hat sich aber eines gezeigt: die Situation von Frauen am Arbeitsmarkt hat sich mit der Umsetzung das Nationalen Aktionsplans kaum verbessert. Noch immer ist die "Gender Pay Gap" in Österreich die zweithöchste innerhalb der gesamten Europäischen Union. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: längere Erwerbsunterbrechungen von Frauen, besonders hohe Teilzeitquoten bei Frauen und damit verbunden eine geringere Arbeitsmarktpartizipation von Frauen.

Einerseits stellt sich damit die Frage, ob diese Situation einer laschen Umsetzung oder dem Fokus auf falsche und unzureichende Maßnahmen geschuldet ist. Es scheint damit aber auch klar zu sein, dass die Gleichstellungspolitik der Bundesregierung sich auf dem Holzweg befindet, gefangen zwischen sozialistischen Interventionen im privatwirtschaftlichen Bereich und konservativer Rollenzuschreibungen in der christlich-sozialen Familienpolitik, welche Frauen die Entfaltungsspielräume raubt.


Eigentlich war der Nationale Aktionsplan als Strategie- und Maßnahmenbündel bis 2013 vorgesehen. Dass ein Großteil der Pläne langfristig zu betrachten ist, liegt auf der Hand. Andererseits ist auch völlig klar, dass bestimmte punktuelle Maßnahmen und gesetzliche Bestimmungen problemlos kurzfristig umsetzbar sind. Dies geschah jedenfalls nicht in allen Punkten, weshalb im Regierungsprogramm von 2013 auch unter der  Fortführung des Nationalen Aktionsplans einige punktuelle Maßnahmen subsumiert wurden, deren tatsächlicher Nutzen, wenn dieser auch nicht grundsätzlich bestritten werden soll, in der tatsächlichen Wirkung auf die reale Einkommenssituation von Frauen, jedenfalls hinterfragt werden muss.

Die wesentlichen Gründe für die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern und die im europäischen Vergleich besonders hohen Einkommensunterschiede ergeben sich aus, wie bereits beschrieben, langen Erwerbsunterbrechungen, einer besonders starken Belastung durch die Übernahme von Betreuungstätigkeiten und langen Phasen der Teilzeitarbeit bei Frauen, wie es auch immer wieder festgestellt wird. Auch wenn es - möglicherweise auch aufgrund des Nationalen Aktionsplanes - zumindest in bestimmten dieser Bereiche zu Verbesserungen gekommen ist, kann noch immer nicht von angemessenen Rahmenbedingungen ausgegangen werden, die Frauen eine gleichberechtigte Partizipation am Arbeitsmarkt ermöglichen. Unzureichende Reformbestrebungen stehen dem im Weg und die Frage nach einem neu aufgeladenen Nationalen Aktionsplan mit entsprechend progressiven und wirkungsvollen Maßnahmen muss gestellt werden.

Die dem Bundeskanzler unterstellte Gleichbehandlungsanwaltschaft ist im Rahmen des Nationalen Aktionsplans in einigen wichtigen Maßnahmen als Kooperationspartner genannt. Insbesondere hervorzuheben sind die Kooperationen mit den Sozialpartnern, die möglicherweise Veränderungen in den Kollektivverträgen bringen könnten und damit einen wesentlichen Beitrag zur Gleichstellung von Frauen und Männern bringen kann.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

 

1.    Wurde aus Sicht der Gleichbehandlungsanwaltschaft die Maßnahme "Erstellung eines gemeinsamen Leitfadens der Kollektivvertragspartner, um auf kollektivvertraglicher Ebene Gleichstellungsziele zu fördern" bereits umgesetzt?

2.    Wenn ja, kann dieser Leitfaden öffentlich eingesehen werden?

a.    Wenn ja, wo?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

3.    Wenn ja, welches sind aus Sicht der Gleichbehandlungsanwaltschaft die wesentlichen Knackpunkte die auf kollektivvertraglicher Ebene verändert werden müssen um eine Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt zu erreichen?

4.    Wenn nein, welche Schritte fehlen noch, damit diese Maßnahme umgesetzt werden kann?

5.    Wenn nein, bis wann wird aus Sicht der Gleichbehandlungsanwaltschaft diese Maßnahme umgesetzt werden?


6.    Wurde im Vorfeld die Definition von gleichwertiger Arbeit im Einklang mit der EuGH Judikatur in einem gemeinsamen Leitfaden der Kollektivvertragsparteien gemeinsam mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft verankert?

7.    Welche Probleme sieht die Gleichbehandlungsanwaltschaft gegenwärtig bei der Definition von gleichwertiger Arbeit in Kollektivverträgen?

8.    Welche notwendigen Änderungen leitet die Gleichbehandlungsanwaltschaft ein, damit von den Kollektivvertragsparteien die gleichwertige Arbeit im Einklang mit der EuGH Judikatur definiert wird?

9.    Sieht die Gleichbehandlungsanwaltschaft die Notwendigkeit, in Kollektivverträgen festgelegte Regelungen auf betrieblicher Ebene regeln zu lassen, um Gleichstellungsziele besser zu erreichen?

a.    Wenn ja, welche Regelungen würde dies beispielsweise umfassen?

b.    Wenn nein, weshalb nicht

c.    Wenn nein, welche Schritte fehlen noch, damit diese Maßnahme umgesetzt ist?

d.    Wenn nein, bis wann wird aus Sicht der Gleichbehandlungsanwaltschaft diese Maßnahme umgesetzt werden?