11506/J XXV. GP

Eingelangt am 30.01.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Gabriela Moser, Georg Willi, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz

betreffend Stand der Ermittlungen zur Causa "Umfahrung Bad St. Leonhard in Kärnten"; Folgeanfrage zu Anfrage 10055/J XXV. GP

BEGRÜNDUNG

 

Die Straßenumfahrung des Kurorts Bad St. Leonhard im Kärntner Lavanttal wurde nach inhaltlich nicht nachvollziehbaren Umplanungen, Umbauten während der Errichtungsphase, teilweise extrem überhöhten Grundablösen für zwei unterschiedliche Trassen, einer nicht nachvollziehbaren Darlehensaufnahme zum Vorteil der Skandalbank Hypo Alpe-Adria und sonstigen fragwürdigen Finanzflüssen wesentlich teurer als nötig realisiert. Hierbei lag nach bisherigem offiziellem Letztstand den kontrollierenden Stellen offenbar keine Schlussabrechnung vor, sondern es wurden und werden bis heute nur „Endkosten auf Basis vorliegender Rechnungen“ offiziell angegeben, die rund 33% unter bereits früher von derselben Stelle angegebenen Kosten liegen. Es liegt bis heute (Verkehrsfreigabe war am 12.7.2012!) keine definitive Schlussrechnung mit Belegen usw. vor.

Das noch dazu vom Eingriff in die Landschaft über den Umgang mit dem Lärmthema bis zur Verkehrsführung suboptimale Ergebnis und seine Kosten sind umso frappierender, als an derselben Verkehrsachse im nicht weit entfernten steirischen Ort Obdach eine 2,1 km lange Umfahrung mit 784m langer Unterflurtrasse in schwerem Gelände („Weiße Wanne“ – wasserdicht; unter Gebäuden, Straßen, Bahnlinie, Fluss) um incl. Ablösen insgesamt 20 Mio Euro realisiert werden konnte.

In Bad St. Leonhard hingegen – Länge der Umfahrung 4 km - wurde (von einem bis heute geheim gehaltenen Ingenieurbüro und in der Folge, wohl ungeprüft, auch vom Kärntner Landesrechnungshof) behauptet, dass rund 800m Unterflurtrassen alleine, noch dazu im baulich unkomplizierten landwirtschaftlich genutzten Gelände, 20 Mio Euro kosten würden. Mit der angeblichen Einsparung dieser nicht nachvollziehbar hergeleiteten Summe wurde der Umstieg auf eine neue, wesentlich aufwändiger geführte Trasse ohne Unterflurtrassen in diesem Abschnitt begründet. Eine 4 km lange Umfahrung inclusive (!) Unterflurtrassen hätte bei ähnlichen Kosten wie in Obdach maximal 40 Mio Euro kosten dürfen, Bad St. Leonhard erhielt jedoch letztlich 4 km Umfahrung ohne Unterflurtrassen im stadtnahen Bereich um zumindest 46 Mio Euro, nach anderen offiziellen Quellen 53 oder 69 Mio, womit den Verantwortlichen zufolge 20 Mio gegenüber der ursprünglichen Lösung mit Unterflurtrassen gespart worden seien, die somit aber das ca 3,5 fache der Umfahrung von Obdach bei 1,9 facher Länge gekostet hätte – eine Rechnung, die vorne und hinten nicht zusammengeht.

In der Anfragebeantwortung 9627/AB vom 12.10.2016 wurde festgestellt, dass es im Zuge der Ermittlungen betreffend die Causa „Umfahrung Bad St. Leonhard in Kärnten“ zu einem negativen Kompetenzkonflikt zwischen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft Klagenfurt gekommen ist. Demnach erachteten die beiden Staatsanwaltschaften sich jeweils zur Führung der Ermittlungen in der gegenständlichen Causa für unzuständig beziehungsweise erachteten sie die jeweils andere Staatsanwaltschaft für zuständig. Zur Klärung dieser Kompetenzfrage wurde in der Anfragebeantwortung eine entsprechende Weisung des Bundesministers für Justiz angekündigt.

Bis dato ist öffentlich nicht bekannt, welche Staatsanwaltschaft nun – endgültig - für die Ermittlungen in der Causa zuständig ist, beziehungsweise welche Teile der umfangreichen Causa noch Gegenstand von Ermittlungen sind und welche bereits eingestellt wurden.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)    Wann und wie oft haben die involvierten Staatsanwaltschaften in der Sache seit 2010 jeweils an ihre jeweilige Oberbehörde berichtet?

2)    Bestand/Besteht in der Sache eine Berichtspflicht an das Bundesministerium für Justiz?

3)    Wann und wie oft haben die involvierten Oberstaatsanwaltschaften in der Sache seit 2010 jeweils an das Bundesministerium für Justiz berichtet?

4)    Gab es in dieser Sache Dienstbesprechungen gemäß § 29 Abs 2 StAG bzw § 29a Abs 2 StAG?

5)    Wenn ja, wann?

6)    Wann und wie oft ist vom Bundesministerium für Justiz ein Berichtsauftrag in der Sache an die involvierten Staatsanwaltschaften ergangen?

7)    Auf welcher Grundlage wurde der Zwischenbericht an das Bundesministerium für Justiz gelegt, der schlussendlich zur Aufdeckung des negativen Kompetenzkonflikts geführt hat?

8)    Seit wann ist Ihnen bekannt, dass in dieser Sache ein negativer Kompetenzkonflikt vorliegt?

9)    Erachten Sie die justizinternen Kontroll- und Aufsichtsmechanismen für ausreichend, um solche negativen Kompetenzkonflikte aufzuklären?

10) Nachdem bei der WKStA nie ein Ermittlungsverfahren zu gegenständlicher Causa anhängig war, welche Schritte wurden unternommen, um das offensichtliche Missverständnis zwischen den Staatsanwaltschaften aufzuklären?

11) Wann wurde die Weisung zur Sachbehandlung betreffend der Bereinigung des negativen Kompetenzkonflikts an den Weisungsrat übermittelt?

12) Wie lautete der beigefügte begründete Erledigungsentwurf?

13) Wann und wie hat der Weisungsrat über diese beabsichtige Weisung  entschieden?

14) Ist die Kompetenzfrage nun abschließend geklärt?

15) Wenn ja, welche Staatsanwaltschaft ist zur Führung des Ermittlungsverfahrens in dieser Sache zuständig?

16) Gegen wie viele Beschuldigte wurde seit Beginn des Ermittlungsverfahrens jeweils auf Grund des Verdachts der Begehung von strafbaren Handlungen nach welchen Straftatbeständen ermittelt?

17) Gegen wie viele Beschuldigte wurde das Ermittlungsverfahren auf Grund des Verdachts der Begehung von strafbaren Handlungen nach welchen Straftatbeständen mittlerweile eingestellt?

18) Wann wurden die Ermittlungen gegen diese einzelnen Beschuldigten jeweils eingestellt?

19) Aus welchem Grund wurden die Ermittlungen gegen diese einzelnen Beschuldigten mittlerweile eingestellt?

20) Laut Pressemitteilung vom 1.9. 2015 hat die StA Klagenfurt die Ermittlungen gegen Gerhard Dörfler in dieser Causa eingestellt.

21) Aufgrund des Verdachts der Begehung welcher strafbaren Handlungen wurden die Ermittlungen gegen Gerhard Dörfler ursprünglich geführt?

22) Aus welchem Grund wurden die Ermittlungen gegen Herrn Dörfler eingestellt?

23) Die grundlegende Umplanung der Umfahrung Bad St. Leonhard wurde von den Verantwortlichen mit zwei inhaltlich unzutreffenden Behauptungen gerechtfertigt: 1. Eine angeblich „unsichere Bodenbeschaffenheit“ im Bereich der ursprünglich vorgesehenen Trassenführung – hingegen hatte das renommierte Grazer Institut Joanneum Research alle Bodenproben der ursprünglichen Trassenführung als unauffällig beurteilt. Wer konkret wann auf welcher Grundlage und in wessen Auftrag zu einer gegenteiligen Einstufung gelangte, wird bis heute unter Verweis auf „Datenschutzgründe“ geheim gehalten.

2. Das ursprünglich beauftragte Planungsbüro Kr. hätte angeblich die Kosten für die ursprünglich geplanten Unterflurtrassen in Bad St. Leonhard um 20 Mio Euro zu niedrig angesetzt. (Wer konkret wann auf welcher Grundlage und in wessen Auftrag diese angeblich fehlerhafte Berechnung entdeckt hat ist nicht bekannt.) Die nunmehr um 20 Mio Euro teurere Umfahrung habe nun auf Drängen des LRH umgeplant werden müssen. Die Unglaubwürdigkeit eines derartigen “Planungsfehlers” in derartigem Ausmaß ergibt sich jedoch zwingend aus dem Vergleich mit der Umfahrung Obdach (sh Begründung dieser Anfrage), der LRH dürfte den angeblichen Planungsfehler ungeprüft in seine Berechnungen miteinbezogen haben.

a)    Wurde die Einstellung mit einem allfälligen Risiko in den Bodenproben begründet, obwohl das renommierte Grazer Institut Joanneum Research keine Probe als auffällig beurteilt hat?

b)    Wenn ja – wer (welche/r PlanerIn) hat die Angaben für dieses angebliche „Risiko in den Bodenproben“ gemacht, und wurde diese Angabe, die im Widerspruch zu den Erkenntnissen von Joanneum Research steht, jemals überprüft?

c)    Wurde die Einstellung mit den angeblich hohen Kosten der Unterflurtrassen mit allein 20 Mio € begründet, obwohl dies im Vergleich mit der Umfahrung in Obdach unglaubwürdig ist (siehe auch Frage 36).

d)    Wenn ja – wer (welche/r PlanerIn) hat die Angaben für die Kosten von 20 Mio € (allein für die Unterflurtrassen!) gemacht und wurde diese Angabe, die im Widerspruch zum damaligen Planungsbüro Kr. steht, jemals überprüft?

24) Inwiefern konnte die WKStA aus der in der Anfragebeantwortung 9627/AB XXV. GP erwähnten Eingabe vom 8. November 2010 keinen Anfangsverdacht
ableiten?

25) Gegen wie viele Beschuldigte laufen noch Ermittlungen?

26) Auf Grund des Verdachts der Begehung welcher Straftatbestände wird gegen die einzelnen Beschuldigten noch ermittelt?

27) Welche Ermittlungsmaßnahmen wurden seit der Klärung des Kompetenzkonflikts mittlerweile unternommen?

28) Wie viele Beschuldigte wurden seither einvernommen?

29) Wie viele Zeugen wurden seither einvernommen?

30) Gibt es ein Gutachten zwecks Überprüfung der Kosten der gegenständlichen Umfahrung oder wurde ein solchen von den Strafverfolgungsbehörden in Auftrag gegeben?

31) Wenn nein, warum nicht?

32) Welche Sachverhaltskomplexe sind noch Gegenstand der Ermittlungen?

33) Laut eingebrachten Sachverhaltsdarstellungen wurden für die, für die Umfahrung Bad St. Leonhard benötigten Grundstücke, gemessen an den ortsüblichen Grundstückspreisen, teilweise stark überhöhte Ablösen bezahlt. Wurde diesem Sachverhalt von der zuständigen Staatsanwaltschaft im Hinblick auf ein mögliches strafrechtliches Verhalten nachgegangen?

34) Wenn ja, welche Ermittlungen wurden in diesem Zusammenhang durchgeführt und inwiefern konnte dieser Sachverhalt bereits einer abschließenden strafrechtlichen Wertung zugeführt werden?

35) Wenn nein, warum nicht?

36) Laut Kärntner Landesrechnungshof 2015 belaufen sich die Kosten für die Umfahrung Bad St. Leonhard ohne die ursprünglich geplanten Unterflurtrassen aufgrund der vorläufigen Abrechnungen auf rund 46 Millionen Euro, wobei eine definitive Schlussrechnung noch nicht vorliege (und noch immer nicht vorliegt). Nach der Einweihung nannte das Amt der Landesregierung 2013 offiziell 53,6 Mio Euro. Zur etwa gleichen Zeit wie in Bad St. Leonhard wurde im steirischen Obdach eine 2,1 km lange Umfahrung errichtet, deren Kosten mit komplexerer Bauausführung und mit Unterflurtrasse, sich lediglich auf 20 Millionen Euro belaufen. In Bad St. Leonhard wurde hingegen für mindestens 46 (nach anderen offiziellen Quellen 53 bis 69) Mio Euro (plus nach Verkehrsfreigabe nötige Adaptierungsmaßnahmen) eine mit 4 km knapp doppelt solange Umfahrung wie in Obdach ohne die ursprünglich geplanten Unterflurtrassen errichtet, mit der angeblich 20 Mio Euro gespart wurden – eine Rechnung, die in mehrerlei Hinsicht nicht nachvollziehbar ist. Wurde diesem Sachverhalt von der zuständigen Staatsanwaltschaft im Hinblick auf ein mögliches strafrechtliches Verhalten nachgegangen?

37) Wenn ja, welche Ermittlungen wurden in diesem Zusammenhang durchgeführt und inwiefern konnte dieser Sachverhalt bereits einer abschließenden strafrechtlichen Wertung zugeführt werden?

38) Wenn nein, warum nicht?

39) Umfasst der in der Anfragebeantwortung 9627/AB XXV. GP zitierte Teilabschlussbericht des BAK vom 14. September 2014 den gesamten Themenkomplex Umfahrung Bad St. Leonhard?

40) Wenn nein, wurde in den übrigen, die Causa Umfahrung Bad St. Leonhard betreffenden Themenkomplexe mittlerweile ein Abschlussbericht vorgelegt?

41) Wenn ja, wann und an welche Staatsanwaltschaft?