13809/J XXV. GP

Eingelangt am 12.07.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker

Kolleginnen und Kollegen

 

 

an den Bundeskanzler

 

 

betreffend Auslandsfinanzierungsbericht über die Sonderprüfung des Vereins ATIB

 

 

 

Eingetragen als österreichischer Verein untersteht der Verein ATIB (Türkisch Islamische

Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich) dem staatlichen Präsidium für Religiöse Angelegenheiten des türkischen Ministerpräsidentenamtes. ATIB gilt als

verlängerter Arm des türkischen Staates in Österreich.

Gerade in den letzten Jahren hat der Verein gemeinsam mit der ebenfalls als

österreichischer Verein eingetragenen Union Europäisch-Türkischer Demokraten „UETD“

Wahlkampf für Präsident Erdogan und die AKP in Österreich betrieben und Demonstrationen organisiert. Im Zuge des Putsches 2016 wurde auch ATIB vorgeworfen Spitzelaktionen in

bestimmten Communities zu unterstützen und auch enge Kontakte zu türkischen

Sicherheitskreisen wurden ATIB vorgeworfen.

Es bestehen auch vielfache, teils bedenkliche personelle Vernetzungen zwischen

österreichischen Migrantenvereinen und ausländischen Botschaften. Botschaftsmitarbeiter,

die die Interessen ihrer Länder in Österreich zu vertreten haben, übernehmen in

österreichischen Vereinen leitende Funktionen.

Die Arbeit der Vereine ist „erfolgreich“, hemmt jedoch Integration. Experten schätzen, dass

mehr als die Hälfte der etwa 300.000 türkischstämmigen Menschen in Österreich Recep

Tayip Erdogan positiv gegenüberstehen. Ein Viertel der in Österreich lebenden Türken sind

mit der österreichischen Gesellschaft eher oder gar nicht einverstanden.

Zwar wurde von ATIB im Frühjahr 2017 eine personelle und inhaltliche Neuaufstellung

verkündet, aber in der Praxis bleibt der Verein weiter der türkische Regierungsarm in

Österreich. Aus den aktuellen ATIB-Statuten (Stand 23. Juni 2017) ist ersichtlich, dass der

Einfluss aus der Türkei nach wie vor groß ist und sich die geplante „grundlegende

Neuaufstellung“ nicht in den ATIB-Statuten widerspiegelt. Trotz der durchgeführten

„personellen Neuaufstellung“ des Vereinsvorstandes hat etwa das Amt für religiöse

Angelegenheiten der Türkei weiterhin umfassende Möglichkeiten der Mitbestimmung:

         Leitende Beamte des Amtes für religiöse Angelegenheiten der Türkei und der

Botschaftsrat sowie Attaché für religiöse und soziale Angelegenheiten der türkischen

Botschaft in Wien sind Ehrenmitglieder des Vereins. Als solche haben sie auch ein

Stimmrecht in der Generalversammlung und können dadurch etwa auch die Wahl

und Enthebung des Vorstandes mitbestimmen!

         Im Fall der Auflösung des Vereins sehen die Statuten die Übertragung des

verbleibenden Vermögens an die türkische gemeinnützige Religionsstiftung (Türkiye

Diyanet Vakfi), deren Obmann der Vorsitzende des staatlichen Diyanet ist, vor.

Alle diese erhobenen Vorwürfe legen die Vermutung nahe, dass ATIB die Bestimmungen des

seit 2015 in Kraft stehenden Islamgesetzes versucht zu umgehen. Angesichts der Vorwürfe

und Vorfälle kündigte im Februar dieses Jahres das Bundeskanzleramt eine Sonderprüfung

von ATIB an. Konkret sollte geprüft werden, ob ein Verstoß gegen das Verbot der Auslandsfinanzierung vorliegt. "Wenn es da Verstöße gibt, wird man das prüfen und

ahnden", erklärte die zuständige Staatssekretärin Muna Duzdar damals dazu.

Die Ergebnisse der Prüfung sollten bereits seit Wochen vorliegen. Doch seit der

Ankündigung im Februar haben sich weder Bundeskanzler Kern noch seine Staatssekretärin

Duzdar zur Prüfung, ihren Ergebnisse und möglichen Konsequenzen geäußert.

Daher stellen die unterfertigenden Abgeordneten an den Bundeskanzler folgende

Anfrage:

1.       Wurde die im Februar dieses Jahres angekündigte Sonderprüfung des Vereins ATIB

und seiner Zweigvereine durchgeführt?

2.       Wenn nein, aus welchen Gründen wurde davon Abstand genommen?

3.       Wenn ja, wann werden Sie der Öffentlichkeit die Ergebnisse der Untersuchung

vorlegen?

4.       Wurde im Zuge der Untersuchung des Vereins ATIB und seiner Zweigvereine der

Verdacht der Auslandsfinanzierung erhärtet?

5.       Wenn ja, haben Sie daraufhin das Kultusamt eingeschaltet, damit dieses im Sinne

des Islamgesetzes vorgehen kann?

6.       Wann wird ein diesbezügliches Ergebnis des Kultusamtes vorliegen?

7.       Wie sind die oben dargestellten umfassenden Mitbestimmungsmöglichkeiten der

staatlichen türkischen Stellen mit dem Auslandsfinanzierungsverbot nach dem

Islamgesetz vereinbar?