14030/J XXV. GP

Eingelangt am 31.08.2017
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

betreffend LSE-Studie zur Effizienz der Sozialversicherungen

 

Nicht weniger als 630.000 Euro kostete die Studie zur Effizienz der Sozialversicherungen, die SPÖ-Sozialminister Alois Stöger an die London School of Economics (LSE) vergeben hatte – ohne vorhergehende Ausschreibung.

 

Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer sagte im Ö1-MorgenJournal-Interview am 25. August 2017 unter anderem folgendes: „Meine Empfehlungen wären da viel konkreter. Ich würde einfach die, die Literaturzitate, die in dieser Studie gemacht wurden, aus den österreichischen Instituten – vom IHS bis zum WIFO und Rechnungshof – heranziehen und einmal das umsetzen, was offensichtlich die österreichischen Experten, die, auf die die LSE ständig referenziert, eh schon vorgeschlagen haben. Also das heißt, diese Studie schlägt ja nur vor, was Rechnungshof, WIFO und IHS eh schon längst vorgeschlagen haben und schlägt sogar weitergehend vor, dass man in Zukunft diese Reformen unter Einbindung der nationalen Forschungsinstitute umsetzen soll. Also, ganz ehrlich, diese Studie hätte keiner gebraucht. Man hätte den Rechnungshof, WIFO und IHS nehmen können und einfach einmal anfangen. Aber ich glaube, das will keiner.“

 

Angebliches Ziel der Studie war es, Effizienzpotenziale in den Sozialversicherungen zu heben, das Sozialversicherungs-System sollte laut Minister Stöger einer „kritischen Reflexion“ unterzogen und weiterentwickelt werden. Diesem Anspruch wurde die Studie nicht gerecht.

 

Informationen aus dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger belegen überdies, dass an die einzelnen Sozialversicherungsträger jeweils vier immer gleichlautende äußerst allgemein gehaltene Fragen gestellt wurden.

Diese vier Fragen waren:

 

1.    Was sind Ihrer Meinung nach die Prioritäten im Gesundheitswesen und bei der Primärversorgung in Österreich?

2.    Gibt es bestimmte wichtige Prioritäten im Gesundheitswesen, die momentan nicht oder nicht in ausreichendem Ausmaß im österreichischen Gesundheitswesen enthalten oder implementiert sind?

3.    Welche Bereiche, falls zutreffend, bedürfen weiterer Aufmerksamkeit im jetzigen österreichischen Sozialversicherungssystem und weshalb?

4.    Wie können die Standards der Leistungserbringung, die Effizienz und Effektivität in dem jetzigen österreichischen Sozialversicherungssystem weiter verbessert werden?

 

Offenbar hatte die Studie nur einen Zweck: Der Nicht-Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger und damit der Sicherung der Pfründe der rot-schwarzen Sozialversicherungsfunktionäre einen pseudowissenschaftlichen Anstrich zu geben. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) war 2005 bis 2008 selbst als Obmann der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse Teil dieser Funktionärsherrschaft, und hat offensichtlich nur ein Ziel, diese Herrschaft für sich und seinesgleichen zu verlängern.

 

Im Zuge der Studienerstellung, d.h. bei der Auftragsvergabe und während der Studienerstellung bzw. bei Abnahme der Studienergebnisse, soll es zu wiederholten Beeinflussungen des Studienautors durch das Ministerbüro, insbesondere dem dafür zuständigen Kabinettsmitarbeiter Dr. Florian Burger gekommen sein. Die hohe Summe von 630.000 Euro soll auch ausdrücklich dafür ausgelobt worden sein, dass man das Ergebnis der Studie bereits im Vorfeld von Seiten des BMASK steuern und beeinflussen kann, um sozusagen die „richtigen Antworten“ im Sinne von Bundesminister Stöger zu bekommen. Ein Teil des für die Studie zu bezahlenden Geldes ist also nichts anderes als Schweigegeld und eigentlich Bestechnungsgeld für einen Studienautor.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen folgende

 

Anfrage

 

1)    Warum gab es keine Ausschreibung für diese Studie?

2)    Wie genau wurde die Entscheidung, die LSE zu beauftragen, getroffen?

3)    Wie gestaltete sich dabei der Aktenlauf mit dem Ministerbüro und Ihnen als verantwortlicher Ministerin?

4)    Wurde die Entscheidung Ihrem Ministerbüro bzw. Ihnen vor Genehmigung oder vor Hinterlegung übermittelt?

5)    Wie genau wurde die Entscheidung, die in der Präambel wiedergegebenen Fragen zu stellen, getroffen?

6)    Wie gestaltete sich dabei der Aktenlauf mit dem Ministerbüro und Ihnen als verantwortlicher Ministerin?

7)    Wurde die Entscheidung Ihrem Ministerbüro bzw. Ihnen vor Genehmigung oder vor Hinterlegung übermittelt?

8)    Welche Sektion betreute die Vergabe der Studie – die Präsidialsektion oder die  für die Kranken- und Unfallversicherung zuständige Sektion in ihrem Hause?

9)    Gab es diesbezüglich vorbereitende Sitzungen mit den Fachabteilungen in der Sozialversicherungssektion bzw. mit Sektionschef Dr. Sommer vom BMASK?

10) Wenn ja, wann?

11) Wenn nein, warum nicht?

12) Welche Rolle hatte ihr Ministerbüro bei der Vergabe dieser Studie?

13) Stimmt es, dass Ihr Kabinettsmitglied Dr. Florian Burger, zuständig für Sozialversicherungswesen im BMASK, die Fragen für die Studie ausgearbeitet hat?

14) Stimmt es, dass die vom Kabinettsmitglied Dr. Florian Burger(BMASK)  ausgearbeiteten Fragen von Ihnen persönlich in einer Besprechung abgesegnet wurden?

15) Stimmt es, dass es durch Ihr Ministerbüro bzw. das BMGF und das BMASK mit dem Studienautor Elias Mossialos im Vorfeld der Vergabe bzw. während des Vergabeprozesses bereits eine Absprache und diesbezügliche laufende Kontakte über das gewünschte Ergebnis gab?

16) Stimmte es, dass die Summe von 630.000 Euro deshalb so hoch ist, weil damit auch das Ergebnis bereits im Vorfeld „gekauft“ wurde und damit die richtigen Antworten auf einseitige Fragen herauskommen sollen?

17) Stimmt es, dass die Rohfassung(en) der Studie mehrmals von ihrem Ministerbüro, insbesondere gemeinsam mit Herrn Dr. Florian Burger(BMASK) bzw. anderen Mitgliedern des Kabinetts korrigiert und an die LSE zurückgeschickt wurden?

18) Stimmt es, dass die Korrektur der Rohfassung(en) der Studie ohne Wissen und Willen der zuständigen Sozialversicherungssektion(BMASK), insbesondere Herrn Sektionschef Dr. Sommer, mehrmals an die LSE zurückgeschickt wurde?

19) Stimmt es, dass der ehemalige Kabinettschef, Fabian Fußeis(BMASK), unter anderem deshalb das Ministerium verlassen musste bzw. verlassen hat, weil er sich insbesondere mit der Vorgangsweise rund um die Vergabe dieser Studie und die weitere Vorgangsweise aus seinem Rechtsverständnis heraus nicht abfinden wollten?

20) Stimmt es, dass deshalb die langjährige Mitarbeiterin Petra Lehner aus dem BMGF zur Kabinettschefin im BMASK gemacht wurde, da sie die Vorgangsweise rund um die Vergabe der Studie und damit Herrn Alois Stöger als Minister deckt?

21) Wie viele Aufträge hat die LSE in den Jahren 2007 bis 2016 von ihrem Ressort erhalten – aufgeschlüsselt nach Jahren?

22) Wie viele Aufträge hat die LSE in den Jahren 2007 bis 2016 vom Hauptverband erhalten – aufgeschlüsselt nach Jahren?

23) Wie viele Aufträge hat die LSE in den Jahren 2007 bis 2016 von vorgelagerten Instituten erhalten – aufgeschlüsselt nach Jahren?