14112/J XXV. GP

Eingelangt am 29.09.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Genossinnen und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Abschleicher" aus der Schweiz und Liechtenstein

BEGRÜNDUNG

Der Einsatz gegen Steuervermeidung und -hinterziehung ist eine der größten politischen Herausforderungen unserer Zeit. Dies zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass dieses Thema in so gut wie allen Wahlprogrammen der Parteien, die aktuell für den Nationalrat kandidieren, einen prominenten Platz einnimmt.

Auch in der Vergangenheit wurden von der Bundesregierung schon einige Initiativen gegen Steuerhinterziehung unternommen. 2012 bzw. 2013 wurden beispielsweise Steuerabkommen mit der Schweiz und mit Liechtenstein geschlossen, welche die Nachversteuerung von hinterzogenem Vermögen auf Konten in diesen beiden Ländern vorsahen. Demzufolge mussten Österreicher, die in der Schweiz bzw. Liechtenstein zum Stichtag 1.1.2013 (Schweiz) bzw. 1.1.2014 (Liechtenstein) Geld auf Konten liegen hatten, entweder hohe Abschlagszahlungen vom Kapital (30-38%) akzeptieren um weiter anonym zu bleiben oder (sofern es sich um ordnungsgemäß versteuertes Kapital handelt) die Übermittlung der Kontodaten über sich ergehen lassen. Nicht wenige Personen nutzen jedoch den Zeitraum zwischen Vereinbarung und Inkrafttreten dieser Abkommen, um ihr mutmaßlich hinterzogenes Vermögen nach Österreich zurück zu transferieren, wo das Bankgeheimnis diese so genannten „Abschleicher" ein weiteres Mal vor dem Zugriff durch die Finanzbehörden schützte.

Um diese „Abschleicher" (also Kontoinhaber, die vor den Stichtagen Geld aus der Schweiz bzw. Liechtenstein abgezogen hatten) weiter verfolgen zu können, verpflichteten sich beide Länder kumuliert Daten an Österreich zu liefern, die zeigten, welche Summen vor dem Stichtag (1.1.2013 für die Schweiz bzw. 1.1.2014 für Liechtenstein) überwiesen worden waren. Aus den Übermittlungen der Schweizer bzw. Liechtensteiner Behörden ging hervor, dass 3.341.154.547,32 Euro vordem Stichtag auf österreichische Konten transferiert wurde. Unter der Annahme, dass es sich auch nur bei der Hälfte, die nach Österreich zurück überwiesen wurden, um Schwarzgeld handelte, müssten Steuern in der Höhe von mindestens 501.173.182,10 Euro bezahlt werden.

Im Zuge der Steuerreform 2015 und der Umsetzung von Maßnahmen gegen Geldwäsche durch die Bundesregierung wurden die österreichischen Banken verpflichtet alle Überweisungen ab einer Höhe von 50.000,- Euro aus der Schweiz und aus Liechtenstein im fraglichen Zeitraum an die Finanzbehörden zu melden. Seit Anfang dieses Jahres liegen den österreichischen Finanzbehörden nun die Daten von Überweisungen von ca. 14.000 Österreichern vor, die mutmaßlich Schwarzgeld von der Schweiz und Liechtenstein nach Österreich transferiert haben (die sogenannte „Abschleicherliste").

Wie mit den Vorgängen vertraute Personen berichten liest sich diese Liste wie das „who ist who" der „oberen 10.000" Österreichs. Unter anderem soll sich z.B. Stefan Pierer auf dieser Liste befinden.

Laut diesen Informanten wurden am 18.12.2013, also nicht einmal zwei Wochen vor dem Stichtag zwei Überweisungen aus Liechtenstein (einmal in der Höhe von 10.000.000,- Euro und einmal in der Höhe von 10.774.824,- Euro) in der Gesamthöhe von 20.774.824,- auf sein Privatkonto in Österreich überwiesen. Wäre das Geld nur zwei Wochen später überwiesen worden, wären zwischen 6.232.447,20 und 7.894.433,12 Euro an Abschlagssteuer fällig gewesen. Seit Juni 2017 ermittelt nun angeblich die Großbetriebsprüfung gegen Stefan Pierer in dieser Frage.

Wie aus der parlamentarischen Anfrage 11412/J bzw. 10913/AB hervorgeht, wurden bisher jedoch statt zumindest 500 Millionen erst 29.891.044,92 Euro Steuern eingetrieben. Angesichts der politischen Relevanz des Einsatzes gegen Steuerhinterziehung - die auch vom Finanzminister immer wieder betont wird - sollte die Nachversteuerung dieser hinterzogenen Vermögen eigentlich schneller voranschreiten. Daher stellen die genannten Abgeordneten folgende

ANFRAGE

1.       Welchen Stellenwert nimmt der Einsatz gegen Steuervermeidung und Hinterziehung für Sie als Finanzminister ein und welche Vorhaben und Maßnahmen sind hierfür in der verbleibenden Legislaturperiode geplant.

2.       Ist die Analyse der Daten aus den Meldungen nach § 5 Kapitalabfluss-Meldegesetz abgeschlossen?

a.       Scheint in den Daten eine Überweisung vom 18.12.2013 in der Höhe von 10.000.000,- Euro aus Liechtenstein auf?

b.       Scheint in den Daten eine Überweisung vom 18.12.2013 in der Höhe von 10.774.824,- Euro aus Liechtenstein auf ein Konto derselben Person wie in 2.a. auf?

c.        Stimmt es, dass sich auch dreistellige Millionenbeträge auf der „Abschleicher-Liste" finden?

3.       Wie viele Verfahren wurden durch die Meldungen nach § 5 Kapitalabfluss-Meldegesetz bisher eingeleitet?

a.       Wegen welcher vermuteten Delikte wurden diese eingeleitet?

b.       Aufgrund welcher Kriterien wurden diese eingeleitet?

4.       Ist es im Zuge dieser Verfahren zu Abfragen des Kontenregisters gekommen?

a. Wenn ja, in wie vielen Fällen?

5.       Ist es im Zuge dieser Verfahren zu Konteneinschauen gekommen?

a. Wenn ja, in wie vielen Fällen?

6.       Planen Sie weitere Verfahren einzuleiten?

a. Wenn ja, wie erfolgt die Auswahl, ob ein Verfahren eingeleitet wird oder nicht?

7.       Gibt es bereits abgeschlossene Verfahren?

a.       Wenn ja, wie viele?

Wenn ja, führten diese zu Mehreinnahmen?

b.       Wenn ja, wie hoch sind die Mehreinnahmen?

8.       Mit welchen Mehreinnahmen in diesem Zusammenhang rechnen sie für 2017, 2018 und 2019?

9.       Wurden bisher in diesem Zusammenhang Finanzstrafverfahren eingeleitet?

a.       Wegen welcher vermuteten Delikte wurden diese eingeleitet?

b.       Aufgrund welcher Kriterien wurden diese eingeleitet?

c.        Wenn ja, ist es schon zu entsprechenden Strafen gekommen?

d.       Wenn nein, sind Finanzstrafverfahren geplant?

10. Wie viele Verfahren wurden durch die Meldungen nach § 2 Kapitalabfluss-Meldegesetz bisher eingeleitet?

11. Wie viele Fälle an Einzahlungen aufgrund von § 8 Kapitalabfluss-Meldegesetz gab es bisher?

12.   Wie viele Selbstanzeigen nach § 10 Kapitalabfluss-Meldegesetz wurden erstattet und bei wie vielen trat infolge der Entrichtung einer Abgabenerhöhung strafbefreiende Wirkung ein?