14121/J XXV. GP

Eingelangt am 04.10.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Haftungen bei der OeKB

 

Exportförderung der OeKB

Die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB) ist ein privates Institut im Eigentum österreichischer Kommerzbanken, die Aufgaben für den Staat übernimmt. Durch das Verfahren der Exportförderung übernimmt die OeKB Haftungen im Namen der Republik zur Absicherung des Zahlungsausfallrisikos eines Exportgeschäftes bzw. stellt zur Unterstützung von Direktinvestitionen im Ausland günstige Finanzierungsmittel bereit (durch das Exportfinanzierungsverfahren), um damit für Österreich billige Kredite zu ermöglichen. Die OeKB soll dabei (1) stark diversifizieren um Zugang zu allen Märkten zu haben und (2) die Finanzierung in einer Niedrigzinswährung vorantreiben um maßgebliche Zinsvorteile für Österreichs Exportwirtschaft zu erreichen.

Die OeKB ist dabei allerdings nur Bindeglied zwischen Wirtschaft und Finanzministerium. Denn auf Grundlage des Ausfuhrfinanzierungsgesetzes haftet letztlich wieder der Staat für Verluste aus solchen Geschäften. Diese Garantien kosten der OeKB jährlich 70 Mio., die sie in Form eines Entgelts an die Republik leisten. (siehe: http://www.wifo.ac.at/jart/prj3/wifo/resources/person_dokument/person_dokument.jart?publikationsid=59002&mime_type=application/pdf)

Zu den aktuellen Zahlen bzw. zum derzeitigen Ablauf berichtete die Wiener Zeitung am 29.10.2017 dazu folgendes:

"Laut Statistik Austria haftete der Bund 2016 für insgesamt 42,5 Milliarden Euro, davon 25,7 Milliarden Euro in der Exportwirtschaft. Dem stehen 106 Millionen Euro an Forderungen im Budget gegenüber, wo die Haftung 2016 schlagend wurde. Das heißt, die öffentliche Hand übernimmt die Forderungen und versucht, sie einzutreiben. Gelingt das, ist das sogar ein Geschäft für den Staat: Im Geschäftsbericht der OeKB sind neben 77 Millionen Euro Schadenszahlungen 154 Millionen Euro an Rückflüssen aus den Schäden vermerkt. Dazu flossen Entgelte und Zinsen in der Höhe von 157 Millionen Euro also ein Plus von 235 Millionen Euro für die Kontrollbank. „200 Millionen Euro wurden effektiv an das Budget abgeführt“, heißt es vonseiten der Kontrollbank."

Akteure im Haftungssystem:

Institutionen

Aufgabe

BMF

Entscheidungen über eine Risikoübernahme oder –ablehnung, eine Risikoerhöhung oder Risikoausweitung sowie über eine Anerkennung und Abschreibung eines Schadensfalls (Beirat oder direkt).

OeKB

Bevollmächtigte des Bundes für die Durchführung der banktechnischen Behandlung (bankkaufmännische Beurteilung durch Bonitätsprüfung und Bearbeitung) der Ansuchen um Haftungsübernahme, die Ausfertigung der Haftungsverträge, sowie für die Wahrnehmung der Rechte des Bundes aus Haftungsverträgen, ausgenommen deren gerichtliche Geltendmachung.

Beirat

gemäß § 5 Abs. 2 AusfFG errichtetes Gremium im BMF zur Begutachtung von Ansuchen um Haftungsübernahme, die im Einzelfall 200.000 EUR übersteigen.

Beratendes Gremium

Festlegung der Länderdeckungspolitik des Bundes.

Rechungshofbericht

Was sagt der Rechnungshof? (Bericht: 2013_1: Bereits vor dem drastischen Wechselkursverlust zeigte sich der Rechnungshof besorgt um den Umgang mit den Risikohaftungen)

·        Der Fremdwährungsanteil sollte — unter Beachtung des Marktumfelds (insbesondere der Wechselkursentwicklungen) und unter Berücksichtigung der betriebswirtschaftlichen Erfordernisse des Exportfinanzierungsverfahrens — reduziert werden.

·        Um die aus der gesetzlich verankerten Kursrisikogarantie des Bundes resultierenden fälligen Wechselkursverluste getilgter Kreditoperationen gegenüber der Oesterreichischen Kontrollbank Aktiengesellschaft nicht sofort abrechnen zu müssen, „überband“ der Bund diese Verluste auf neue Kreditoptionen und verlagerte so das Risiko auf spätere Finanzjahre. Obwohl rd. 12,6 Mrd. EUR an Kapital auf diese Art überbunden waren, lagen dem BMF keine exakten Berechnungen über das eingegangene und in künftigen Finanzjahren schlagend werdende Risiko vor.

·        In Abstimmung und unter Berücksichtigung der bankspezifischen Anforderungen der OeKB wäre ein maximal vom Bund zu tragendes Risiko für gemäß AFFG übernommene Haftungen schriftlich festzulegen und laufend zu überwachen.

·        Eine Kostenaufstellung über die im Rahmen des Ausfuhrförderungsverfahrens entstandenen Aufwendungen sollte von der OeKB regelmäßig eingefordert werden.

·        Der Rechnungshof stellt in den Empfehlungen klar, dass der Differenzbetrag, der durch die „Überbindung“ (=refinanzierte Kreditoperationen werden nicht mit dem Wechselkurs zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme, sondern mit dem Wechselkurs der bereits getilgten Kreditoperation abgerechnet) entsteht, auszuweisen ist.

·        Der durch Überbindungen entstandene Differenzbetrag wäre zu ermitteln und gesetzeskonform zu bereinigen. Der Fremdwährungsanteil sollte — unter Beachtung des Marktumfelds (insbesondere der Wechselkursentwicklungen) und unter Berücksichtigung der betriebswirtschaftlichen Erfordernisse des Exportfinanzierungsverfahrens — reduziert werden.

Oder einfacher: Man setzt auf Zeit, denn man geht davon aus, dass mittelfristig „Gewinn“ gemacht werden kann. Denn auch in der Zeit zwischen 2006 und 2010 wurde durch das Saldo aus Ausgaben durch Schadensfälle, Wechselkursverluste usw. und Einnahmen, ein Plus erwirtschaftet.

Im Rechnungshofbericht zur Follow-up-Überprfüfung aus dem Jahr 2016 ist vor allem der folgende Absatz besorgniserregend:

"Der Bund hatte die Garantie für ein Schweizer Franken–Kursrisiko aus dem Exportfinanzierungsverfahren in Höhe von 5,880 Mrd. EUR (Stand 30. Juni 2015) übernommen. Die Strategien und Szenarien des BMF zum Abbau des Schweizer Franken–Portfolios waren unzureichend, um das Schweizer Franken–Kursrisiko des Bundes auf ein vertretbares Niveau zu senken. Das BMF übertrug durch Anschlussfinanzierungen das bestehende Schweizer Franken–Risiko auf zukünftige Finanzjahre."

2013 hatte das BMF geplant, mittelfristig den maximalen Fremdwährungsanteil im Exportfinanzierungsverfahren (EFV) auf 35 % des Portfolios (von rd. 13,5 Mrd. EUR auf rd. 10,9 Mrd. EUR) rückzuführen. Die daran anschließende Empfehlung des RH, den Fremdwährungsanteil weiter zu reduzieren, setzte das BMF nicht um: Ende Juni 2015 lag er bei rd. 76 %. Damit verfehlte das BMF auch den im März 2011 im Rahmen seiner Strategie festgelegten Zielwert von 35 % deutlich.

Insgesamt war zu beanstanden (sieh auch RH-Bericht „Haftungen des Bundes für Exportförderungen; Follow–up–Überprüfung (Bund 2016/5“),

·        dass das BMF die Empfehlung des RH nicht umgesetzt hatte;

·        dass das BMF Strategien einsetzte, die für einen Risikoabbau ungeeignet waren;

·        dass das BMF mit dem Instrument der Überbindung fällig werdende Wechselkursverluste aus CHF–Kapitalfälligkeiten (CHF = Schweizer Franken) in die Zukunft verschob;

·        dass das BMF das Risiko des CHF–Portfolios nicht steuerte, sondern eine reine Bestandsverwaltung vornahm;

·        dass das BMF keine Kurssicherungen von Kapitalfälligkeiten im CHF (analog zum JPY) vornahm und sich so dem steigenden Wechselkursrisiko aussetzte;

Überbindung und "rolling"

Der Rechnungshof schreibt: „Um unmittelbare Zahlungen durch Wechselkursverluste zu reduzieren, wurden refinanzierte Kreditoperationen nicht mit dem Wechselkurs zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme, sondern mit dem Wechselkurs der bereits getilgten Kreditoperation abgerechnet (Überbindung). Dadurch konnten sofort fällig werdende Wechselkursverluste, die der Bund zu tragen gehabt hätte, auf spätere Finanzjahre verlagert werden. Laut Auskunft des BMF waren zum 31. März 2011 auf diese Art insgesamt rd. 12,6 Mrd. EUR an Kapital überbunden. Exakte Berechnungen über die Differenzen zwischen den Verrechnungs– und Tageskursen der überbundenen Kreditoperationen lagen jedoch nicht vor.“

In der Wiener Zeitung von 29.10.2017 liest man dazu:

"Man habe im Rahmen der Exportfinanzierungsverfahren Anleihen aufgenommen, „zum Teil (früher) auch in Schweizer Franken. Die Exportwirtschaft profitiert von den Zinsvorteilen“, erklärt man in der Kontrollbank. Und: „Es handelt sich um Buchverluste“, die noch nicht realisiert werden mussten. Die Realisierung versuche die OeKB zu verhindern und die Franken-Positionen „budgetschonend“ abzubauen, was bei Yen-Krediten gelungen sei. Derzeit liege man bei Verbindlichkeiten in Schweizer Franken im Wert von 15,4 Milliarden Euro – „ eine deutliche Reduktion im Vergleich zu vor zwei Jahren“, sagt die Sprecherin."

Weiters ist im Rechnungshofbericht folgende Stellungnahme des BMF zu lesen: "Das BMF teilte in seiner Stellungnahme mit, dass es einen Vorschlag für eine veränderte Rückstellungsberechnungsmethodik einbringen werde, um den in den nächsten Jahren geplanten Kapitalabbau beim Fremdwährungsportfolio des Exportfinanzierungsverfahrens stärker zu berücksichtigen."

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

 

1.    Wie ist der Abbau der Yen-Kredite gelungen bzw. wie wurden diese beglichen?

a.    Wie hoch waren die Buchwerte der abgebauten Yen-Kredite während des Abbaus? (Bitte um Auflistung der Buchwerte zu Jahresende der abgebauten Yen-Kredite über den Zeitraum des Abbaus.)

b.    Kann der Abbau der Yen-Kredite auf einen "budgetschonenden" Abbau der Frankenkredite umgelegt werden?

2.    Können die Verbindlichkeiten in Schweizer Franken bestimmten Exportförderungen zugeordnet werden?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, welchen Unternehmen können die Verbindlichkeiten in welcher Höhe zugerechnet werden?

3.    Welche Unternehmen wurden mit Exportförderung durch Haftung in Schweizer Franken unterstützt?

a.    Wie hoch waren die jeweiligen Haftungen?

b.    Mit welcher Begründung wurden die jeweiligen Haftungen übernommen?

4.    Welche Haftungsarten gemäß Ausfuhrförderungsverordnung haben - in welchem Ausmaß - zu Haftungen in Schweizer Franken geführt?

5.    In den Schlussempfehlungen des Rechnungshofs "Haftungen des Bundes für Exportförderungen (Bund 2013/1) wird empfohlen, dass eine Kostenaufstellung über die im Rahmen des Ausfuhrförderungsverfahrens entstandenen Aufwendungen, von der OeKB regelmäßig eingefordert werden sollte. Wie wurde diese Empfehlung von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen berücksichtigt?

6.    In den Schlussempfehlungen des Rechnungshofs "Haftungen des Bundes für Exportförderungen (Bund 2013/1) wird empfohlen, dass die Mitglieder des Beirats über die Entwicklung der eingetretenen Schadensfälle nachweislich zu informieren sind. Wie wurde diese Empfehlung von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen berücksichtigt?

7.    In den Schlussempfehlungen des Rechnungshofs "Haftungen des Bundes für Exportförderungen (Bund 2013/1) wird empfohlen: "sämtliche wesentliche Schritte eines Schadensfalls sollten schriftlich dokumentiert werden". Wie wurde diese Empfehlung von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen berücksichtigt?

8.    In den Schlussempfehlungen des Rechnungshofs "Haftungen des Bundes für Exportförderungen (Bund 2013/1)" wird empfohlen, dass eine Deckungsrechnung, die Aussagen über die Selbsttragungsfähigkeit des Ausfuhrförderungsverfahrens ermöglicht, implementiert werden sollte. Wie wurde diese Empfehlung von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen berücksichtigt?

9.    In den Schlussempfehlungen des Rechnungshofs "Haftungen des Bundes für Exportförderungen (Bund 2013/1)" wird empfohlen, dass die jeweiligen Ergebnisse der Evaluierung des Nutzens der Exportförderung dem Nationalrat im Rahmen des Berichtswesens (z.B. Quartalsberichte) zur Kenntnis zu bringen wären. Wie wurde diese Empfehlung von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen berücksichtigt?

10. In den Schlussempfehlungen des Rechnungshofs "Haftungen des Bundes für Exportförderungen; Follow–up–Überprüfung (Bund 2016/5)" wird empfohlen: "Die „Lessons learned“ wären um die in Evidenz stehenden Problemfälle unmittelbar nach deren Abschluss zu erweitern; zur Verbesserung der Antragsbearbeitung wären weiterhin auftretende Problemfälle und erfolgreiche Lösungsansätze in die Sammlung der Vorgaben zur Antragsbearbeitung aufzunehmen." Wie wurde diese Empfehlung von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen berücksichtigt und welche Folgen hatte die Umsetzung?

11. In den Schlussempfehlungen des Rechnungshofs "Haftungen des Bundes für Exportförderungen; Follow–up–Überprüfung (Bund 2016/5)" wird empfohlen: "In regelmäßigen Abständen sollte die tatsächliche Wertschöpfung aus der Exportförderung umfassender geprüft werden, um einen möglichen Missbrauch des Systems der Exportförderung zu verhindern." Wie wurde diese Empfehlung von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen berücksichtigt und welche Folgen hatte die Umsetzung?

12. In den Schlussempfehlungen des Rechnungshofs "Haftungen des Bundes für Exportförderungen; Follow–up–Überprüfung (Bund 2016/5)" wird empfohlen: "Die gemäß Bevollmächtigungsvertrag vorgesehenen Kostenaufstellungen wären jährlich zeitnah von der OeKB einzufordern sowie unmittelbar auf Plausibilität zu prüfen und dies zu dokumentieren." Wie wurde diese Empfehlung von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen berücksichtigt und welche Folgen hatte die Umsetzung?

13. In den Schlussempfehlungen des Rechnungshofs "Haftungen des Bundes für Exportförderungen; Follow–up–Überprüfung (Bund 2016/5)" wird empfohlen: "Die Präsentationen zu den eingetretenen Schadensfällen in den Sitzungen des Beirats wären durch detaillierte Informationen und Analysen über die Entwicklung der Schadensfälle und über relevante Einzelfälle inhaltlich zu verbessern, so dass die daraus gewonnenen Erkenntnisse in Ergänzung zu den Exportservice–Jahresberichten in den Begutachtungsprozess des Beirats einfließen können." Wie wurde diese Empfehlung von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen berücksichtigt und welche Folgen hatte die Umsetzung?

14. In den Schlussempfehlungen des Rechnungshofs "Haftungen des Bundes für Exportförderungen; Follow–up–Überprüfung (Bund 2016/5)" wird empfohlen: "Im Zusammenwirken mit der OeKB wären Strategien zu entwickeln, die — basierend auf Szenarien der Wechselkursentwicklung — wirksame Maßnahmen zur Risikosteuerung, –begrenzung und –reduktion des Bundes umfassen." Wie wurde diese Empfehlung von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen berücksichtigt und welche Folgen hatte die Umsetzung?

15. In den Schlussempfehlungen des Rechnungshofs "Haftungen des Bundes für Exportförderungen; Follow–up–Überprüfung (Bund 2016/5)" wird empfohlen: "Auf einen transparenten Ausweis sämtlicher übernommener Wechselkursgarantien und Erörterung der damit verbundenen gegenwärtigen und zukünftigen Risiken wäre hinzuwirken." Wie wurde diese Empfehlung von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen berücksichtigt und welche Folgen hatte die Umsetzung?