1794/J XXV. GP

Eingelangt am 16.06.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Weigerstorfer

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend „Informationsstand zu TTIP“

 

Die österreichische Position zu TTIP vertritt bzw. verhandelt der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Dessen Position geht aus mehreren Anfragen und Interviews klar hervor: Österreich befürworte demnach von Beginn an die Aufnahme eines Investitionsschutzkapitels in den TTIP-Verhandlungen. Der Bundesminister betrachtet das Abkommen als „gut gemacht“, für ihn „überwiegt da das Positive“. Die Befürchtungen nach einer Verschlechterung von Verbraucherschutzstandards teile er nicht. („Pressestunde“, 19.01.2014).

Dabei häufen sich die kritischen Stimmen in Österreich. Neben Rewe-Chef Frank Hensel als Wirtschaftsvertreter, der sich um die "hohe Qualität österreichischer Lebensmittel" sorgt, warnt auch die Arbeiterkammer vor einer möglichen Absenkung heimischer Standards betreffend Gesundheit, Lebensmittelsicherheit, Datenschutz, Verbraucherschutz und Umwelt. Auch das Fehlen von Arbeitsstandards wird scharf kritisiert. „Ein Abkommen zwischen der EU und den USA, in dem die Ratifizierung und Einhaltung international anerkannter Arbeitsstandards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) nicht verankert wird und Verstöße dagegen nicht eingeklagt werden können, ist inakzeptabel.“

Auch die Länder üben scharfe Kritik an TTIP. Sie lehnen die ISDS-Regeln (Investor-State Dispute Settlement) ab, durch die es einem US-Konzern möglich wäre, eine europäische Regierung vor ein Schiedsgericht zu bringen. Geltende Normen und Standards für Produktionssicherheit, Daten-, Verbraucher-, Gesundheits-, Umwelt- und Tierschutz müssen weiterhin gewährleistet werden.

Auch wenn der offizielle Verhandlungsführer der österreichischen Position zu TTIP der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ist, so ist es dennoch interessant, die Bedenken -falls vorhanden- der einzelnen ressortverantwortlichen Bundesminister zu erfahren.

In diesem Sinne stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende

 

Anfrage:

 

1.         Wie bewerten Sie Ihren Informationsstand über TTIP?

2.         Woher beziehen Sie Ihre Informationen über TTIP?

3.         Welche Vorteile sehen Sie durch TTIP?

4.         Welche Nachteile bzw. Risiken sehen Sie durch TTIP?

5.         Wurden Sie vom zuständigen Bundesminister Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft jemals über Verhandlungsinhalte zu TTIP, Verhandlungsabläufe oder Verhandlungsteilnehmer informiert? Wenn ja, wann und mit welchem inhaltlichen Ergebnis? Wenn nein, warum haben Sie diese Informationen nicht eingefordert?

6.         Wie viele Berichte und Dokumente wurden Ihnen bis dato seitens des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zu TTIP zur Verfügung gestellt?

7.         Wird es im österreichischen Parlament eine Beschlussfassung zu TTIP geben? Wenn ja, auf welche Rechtsgrundlage beziehen Sie sich?

8.         Befürworten Sie eine Volksabstimmung zu TTIP? Wenn ja, warum bzw. unter welchen Bedingungen? Wenn nein, warum nicht?

9.         Wie wollen sie die Gentechnikfreiheit trotz TTIP weiterhin gewährleisten?

a)         Auf welche Rechtsgrundlage berufen Sie sich in Ihrer Einschätzung?

b)         Ist Ihnen bekannt, dass sich die Wirtschaftskammer Österreich in einem Lobbybrief einer Plattform aus mehreren europäischen Wirtschaftsverbänden bestehend explizit für Gentechnik ausgesprochen hat? Wie bewerten Sie dies?

c)         Wie soll die Kennzeichnung von GVO trotz TTIP weiterhin gewährleistet werden?

10.      Staaten werden alleine durch die Androhung von Klagen (ISDS-Regeln) davon abgehalten, Regulierungen zu erlassen. Dies wird als “chilling effects” bezeichnet. Wie wollen Sie sicherstellen, dass „No Fracking“- Initiativen nicht durch “chilling effects” ausgehebelt werden? (Der kanadische Rohstoffkonzern Lone Pine fordert über eine Tochterfirma in den USA 250 Millionen von Kanada, weil die Provinz Québec ein Fracking-Moratorium erlassen hat. Grundlage dieses Verfahrens sind die Investitionsschutzklauseln des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA)).

11.      Wie soll nach einer TTIP-Ratifizierung die Ausweitung der Vergabe von Patenten auf Lebewesen verhindert bzw. eingedämmt werden?

12.      Können Sie ausschließen, dass die missglückte Saatgutverordnung durch TTIP quasi durch die Hintertüre zurückkommt?

13.      In den USA wird Hühnchenfleisch mit Chlor desinfiziert. In der EU ist das seit 1997 verboten. Auch die bei uns verbotenen Wachstumsförderer werden dort in der Tierhaltung noch eingesetzt. Die Beibehaltung europäischer Standards wird zwar versprochen, aber wie wollen Sie das gewährleisten?

14.      Wie wollen Sie zukünftig die Wahlfreiheit der KonsumentInnen durch eine Kennzeichnung von Lebensmitteln von Nachkommen geklonter Tiere sicherstellen?

15.      Laut „REACH“-Verordnung der EU liegt die Beweislast der Unbedenklichkeit von Chemikalien bei der Industrie. In den USA dagegen kann die Umweltbehörde gemäß des Toxic Substances Control Act eine Substanz nur dann verbieten, wenn dieser eine schädliche Wirkung auf Mensch und Umwelt nachgewiesen werden kann. Außerdem können viele der Informationen zu einem Produkt als vertrauliche “Geschäftsgeheimnisse” deklariert werden, was eine Einschätzung der Gefahren erschwert. Wie wollen Sie hier Transparenz in der Kennzeichnung gewährleisten?