2883/J XXV. GP

Eingelangt am 23.10.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Lintl,

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

betreffend „Internationales König Abdullah Zentrum“

 

Mit Beschluss des Nationalrates vom 6.Juli 2012 (SPÖ, ÖVP, BZÖ dafür, FPÖ und Grüne dagegen) erlangte das Übereinkommen zur Errichtung des Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog Rechtskraft. Die Republik Österreich hat sich damit in „Anerkennung der Unterstützung des Königreichs Saudi-Arabien, der Republik Österreich und des Königreichs Spanien bei den Vorarbeiten zur Gründung des Zentrums und deren langfristiger Unterstützungszusage für das Zentrum; und in Antwort auf die Einladung der Republik Österreich als Gastland für das Zentrum in Wien zu fungieren“ zu einem Übereinkommen bekannt, für dessen Änderung bzw. Kündigung das Einvernehmen aller Vertragspartnern notwendig ist.

In den Erläuterungen zum Übereinkommen wird u.a. folgendes festgehalten:

„Mit der Errichtung des Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog, das auf eine Initiative des saudischen Königs Abdullah zurückgeht, soll dem Dialog von VertreterInnen von Religionsgemeinschaften und Weltanschauungen eine dauerhafte Plattform gegeben werden. Durch Konferenzen, Seminare und Fortbildungsprojekte sollen Kommunikation, Verständigung, aber auch konkrete Kooperationen zwischen Menschen unterschiedlicher kultureller und religiöser Zugehörigkeit entstehen bzw. unterstützt werden. Das Zentrum sieht sich der Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen und der Förderung und Einhaltung der Grund- und Freiheitsrechte verpflichtet und wird mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, Experten und Expertinnen in Österreich und international aufs Engste kooperieren.“

Mit dem nachfolgenden Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen König Abdullah Zentrum über den Sitz des Zentrums in Österreich werden u.a. Rechtsfähigkeit und diplomatische Privilegien geregelt. So etwa ist „(…) der Sitz des Zentrums unverletzlich. Kein Beamter oder Vertreter der Republik Österreich noch sonst irgendeine in der Republik Österreich Hoheitsrechte ausübende Person darf, außer mit der Zustimmung des Generalsekretärs des Zentrums und unter Einhaltung der von ihm festgelegten Bedingungen, den Sitz betreten und dort Amtshandlungen setzen“, darüber hinaus ist das Zentrum von Gerichtsbarkeit und Vollzugshandlungen befreit. Die Vermögenswerte des Zentrums, unabhängig von ihrem Standort, gelten als von allen Formen der Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung oder Zwangsverwaltung befreit. Weiters verpflichtet sich die Republik Österreich „entsprechende Vorsorge treffen, um zu gewährleisten, dass die Ruhe des Sitzes nicht durch Personen oder Personengruppen gestört wird, die ihn ohne Erlaubnis zu betreten versuchen.“ Darüber hinaus trifft „die Republik Österreich entsprechende Maßnahmen, um die Versorgung des Sitzes mit den notwendigen öffentlichen Leistungen zu angemessenen Bedingungen zu gewährleisten.“ Ebenso werden „dem Zentrum indirekten Steuern, die in den Preisen der an das Zentrum gelieferten Gütern oder Dienstleistungen, einschließlich Leasing- oder Mietkosten enthalten sind, insoweit zurückerstattet, als dies nach österreichischem Recht für ausländische diplomatische Vertretungen vorgesehen ist.“

Unter Berücksichtigung der weitreichenden, von der Republik Österreich gewährten Privilegien, genießt das König Abdullah Zentrum de facto den Status einer diplomatischen Vertretung.

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Herrn Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres nachstehende

Anfrage:

1)     Wurden aus dem Wirkungsbereich Ihres Ressorts an das König Abdullah Zentrum finanzielle Mittel ausbezahlt?

a.     Wenn ja, wie hoch sind die bis dato gezahlten Summen?

                                          i.    Auf welcher Rechtsgrundlage wurden die Mittel ausbezahlt?

                                         ii.    Welche Auszahlungsbedingungen wurden vereinbart?

                                        iii.    Zu Lasten welches Budgetvoranschlages wurden die Mittel freigegeben?

2)     Ist Ihnen die Auszahlung finanzieller Mittel an das König Abdullah Zentrum durch andere Bundesministerien bzw. durch deren nachgeordneten Dienststellen bekannt?

a.     Wenn ja, welche Ressorts haben bis dato in welcher Höhe Finanzmittel an das König Abdullah-Zentrum ausbezahlt?

3)     Ist Ihnen bekannt, in welcher Höhe die beiden anderen Vertragspartner des Errichtungsabkommens zum König Abdullah Zentrum finanzielle Mittel an das Zentrum bis dato ausbezahlt haben?

a.     Wenn ja, welche Vertragspartner haben konkret in welcher Höhe Finanzmittel an das Zentrum überwiesen?

4)     Wie viele Veranstaltungen wurden seit Bestehen des Zentrums im Sinne der vertraglich vereinbarten Bestimmungen vom Zentrum durchgeführt?

a.     Wie Personen nahmen an den Veranstaltungen teil?

b.     Wer waren die Vertreter Österreichs bei diesen Veranstaltungen?

5)     Wurden Ihnen oder Ihrem Ressort zu diesen Veranstaltungen Konzepte, Berichte oder andere Informationen von Seiten des Zentrums zu Verfügung gestellt, die geeignet waren, die Vereinbarungskonformität dieser Veranstaltungen zum o.a. Abkommen beurteilen zu können?

a.     Wenn ja, gab es Veranstaltungen mit deren Inhalten bzw. teilnehmenden Personen eine solche Konformität nicht zu gewährleisten war?

b.     Was haben Sie bzw. Ihr Ressort in einem solchen Fall unternommen?

6)     Welche konkreten Bedingungen vereinbarte die Republik Österreich mit dem Zentrum hinsichtlich der Bereitstellung notwendiger öffentlicher Leistungen?

a.     Welche Leistungen sind dies konkret?

b.     Welche konkreten diesbezüglichen Tarife entrichtet das Zentrum?

c.     Welche Einrichtungen sind mit der Bereitstellung dieser Leistungen befasst?

7)     In welcher Höhe bzw. Ausmaß unterscheiden sich die dem Zentrum zugestandenen angemessenen Bedingungen für öffentliche Leistungen von jenen Bedingungen, die österreichischen Unternehmen bzw. österreichischen Konsumenten zugestanden werden?

8)     Sind Ihnen oder Ihrem Ressort Fälle bekannt, bei denen das Zentrum von seinem vertraglichen Recht Gebrauch machte, österreichischen Beamten, Vertretern der Republik Österreich oder sonstigen österreichische Hoheitsrechte vertretenden Personen den Zutritt zum Zentrum zu verweigern?

a.     Wenn ja, wie viele waren dies seit der Einrichtung des Zentrums und welche konkreten Amtshandlungen betrafen diese Fälle?

9)     Ist Ihnen oder Ihrem Ressort bekannt, in welchem Ausmaß das Zentrum von seinem vertraglichen Recht bis dato Gebrauch gemacht hat, sich indirekte Steuern, die in den Preisen der an das Zentrum gelieferten Gütern oder Dienstleistungen, einschließlich Leasing- oder Mietkosten enthalten sind, rückerstatten zu lassen?

a.     Wenn ja, auf welche Höhe beläuft sich die Summe der Rückerstattungen?

b.     Welche konkreten Güter, Dienstleistungen, Miet- und Leasingverträge sind davon umfasst?

10)  Ist Ihnen bekannt, auf welche Höhe sich die gesamten Aufwendungen für die Republik Österreich belaufen, um die Einhaltung der vertragliche Vereinbarung „entsprechende Vorsorge treffen, um zu gewährleisten, dass die Ruhe des Sitzes nicht durch Personen oder Personengruppen gestört wird, die ihn ohne Erlaubnis zu betreten versuchen“ gegenüber dem Zentrum zu gewährleisten?

11)  Werden für die Einhaltung dieser vertraglichen Vereinbarungen offizielle Stellen bzw. Exekutivorgane der Republik Österreich befasst?

a.     Wenn ja, wie hoch sind die daraus bisher entstandenen Kosten und unter welcher Budgetpost werden die Kosten veranschlagt?

12)  Werden für die Einhaltung dieser vertraglichen Vereinbarungen private Einrichtungen bzw. private Dienste von der Republik Österreich in Anspruch genommen?

                                          i.    Wenn ja, wie hoch sind die daraus bisher entstandenen Kosten und unter welcher Budgetpost werden die Kosten veranschlagt?

13)  Ist Ihnen bekannt, wie viele Personen insgesamt im König Abdullah Zentrum angestellt sind?

a.     Wie viele davon haben die österreichische Staatsbürgerschaft?

b.     Wie viele davon erhielten die österreichische Staatsbürgerschaft nach ihrem Dienstantritt im König Abdullah Zentrum?

14)  Können Sie ausschließen, dass Finanzmittel aus dem König Abdullah Zentrum an religiöse Gruppierungen in Österreich bezahlt bzw. weitergeleitet wurden oder werden?

a.     Wenn ja, welche konkreten Umstände bzw. Überlegungen veranlassen Sie diesem Schluss?

b.     Wenn nein, wie ist dieser Umstand und seine möglichen Konsequenzen für Österreich aus Ihrer Sicht zu beurteilen und zu welchen Maßnahmen bzw. Vorkehrungen hat Sie dieser Umstand bis dato veranlasst?

15)  Können Sie die Gründe bzw. Motive nennen, die dafür ausschlaggebend waren, dass dem König Abdullah Zentrum als nicht diplomatischer Einrichtung Privilegien zuerkannt wurden, die einer diplomatischen Vertretung gleichkommen?

16)  Hat die Republik Österreich mit anderen Ländern als den oben genannten Vertragspartnern vergleichbare (interreligiöse, interkulturelle)  Einrichtungen mit quasi diplomatischem Status etabliert?

a.     Wenn ja, welche sind das konkret und unter welchen Bedingungen bestehen diese?

                                          i.    Welche davon befinden sich in Österreich, welche in anderen Staaten?

b.     Wenn nein, warum nicht?

17)  Welche Einrichtungen befinden sich auf österreichischem Boden, die nicht als offizielle diplomatischen Vertretungen anderer Staaten gelten, aber diplomatischen Status bzw. vergleichbare Privilegien genießen?

a.     Welche Rechtsgrundlagen/Vereinbarungen sind für diese Einrichtungen ausschlaggeben?

b.     Welcher konkreten Art sind die Privilegien dieser Einrichtungen?