3681/J XXV. GP

Eingelangt am 16.02.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Gegendemonstrationen zur PEGIDA-Demonstration am 2.2.2015

BEGRÜNDUNG

 

Am 2.2.2015 hat eine Versammlung und Demonstration der PEGIDA stattgefunden. Gegen diese Demonstration hat es wiederum Gegendemonstrationen gegeben.

Während die Polizei laut Schilderungen von BeobachterInnen strafrechtliche NS-Provokationen auf der PEGIDA-Demonstration nicht ahndete, kam es bei den Gegendemonstrationen zu einem Polizeikessel. Bei zahlreichen DemonstrantInnen und JournalistInnen wurde rüde die Identität festgestellt und ihnen mit einer rechtlich absurden strafrechtlichen Anzeige gedroht. Die Polizei selbst dürfte die Unhaltbarkeit der strafrechtlichen Vorwürfe erkannt haben, „ruderte“ wenig später zurück und stellte lediglich eine verwaltungsrechtliche Anzeige in Aussicht.

Einer der betroffenen JournalistInnen vom „Standard“ Michael Matzenberger schilderte den Einsatz am 3.2. unter http://derstandard.at/2000011224099/Pegida-Demo-Abgefuehrt-aus-dem-Pressekessel wie folgt:

„(…) Gegen 19.20 Uhr, die Demonstranten hatten sich großteils wieder Richtung Stephansplatz entfernt, wurden die Beamten der nördlichen Kette abgezogen und die Gitter provisorisch zur Seite geräumt. Gemeinsam mit meiner Kollegin Maria von Usslar, die mittlerweile zu mir gestoßen war, ging ich über Graben, Tuchlauben, Bognergasse, Am Hof und Heidenschuß zur Ecke Tiefer Graben und Freyung.

Dort bildete die Polizei eine erste Kette quer über die Straße am südöstlichen Ende der Freyung und parallel dazu eine zweite etwa 20 bis 30 Meter weiter, kurz vor der Einfahrt in die Renngasse. Diese zweite Linie trennte die Pegida-Anhänger und etwa 200 bis 300 Gegendemonstranten.

In diesem Bereich zwischen den Polizistenketten befand sich – wie mehrere große Kameras, Lichtequipment, Mikrofone und Stative verrieten – offenbar auch eine unbekannte Zahl an Journalisten. Wir fragten um etwa 19.40 Uhr einen Polizisten in der Linie, ob auch wir passieren dürften. Wir durften. Ab diesem Zeitpunkt hielten wir uns an der Kreuzung Freyung und Tiefer Graben auf, direkt an der Gebäudeecke des Bank-Austria-Kunstforums und unmittelbar vor den Polizisten der Sperrkette.

Schon wenige Minuten später bemerkte ich, dass die Leute aus diesem Bereich nicht mehr hinausdurften. Eine Kollegin von oe24.at bat einen Polizisten ebenso eindringlich wie vergeblich, sie müsse in die Redaktion, um aufgenommenes Material zu schneiden. Ein junges Paar forderte ebenfalls Auslass, den ihm die Polizisten untersagten. Ich fragte die Beamten, mit welcher Rechtsverbindlichkeit sie uns hier festhielten. Ich musste mich mit der Referenz auf den Einsatzleiter begnügen. Wir filmten, fotografierten und gaben die Eindrücke von unserem Standort weiterhin an die Redaktion durch.

Kurz nach 20 Uhr erreichte uns die Meldung, dass die Veranstaltung polizeilich beendet wurde und wir uns vom Ort des Geschehens entfernen sollen. Ich fragte die Polizisten an der Gebäudeecke erneut, ob wir nun gehen dürften. "Hier nicht, gehen Sie zum Einsatzleiter." Wir schritten also die Reihe an Polizisten ab, fragten mehrfach nach dem Befehlsgeber. Gleichzeitig telefonierte ich mit meiner Ressortleiterin, laut Telefonprotokoll war es 20.14 Uhr. Am anderen Ende der Polizistenkette angekommen, stand ein Mann vor mir, den plötzlich zwei Beamten bei beiden Armen packten und abführten.

Presseausweis gegen Einsatzausrüstung

Im nächsten Moment ergriffen zwei behelmte Polizisten auch mich an den Armen und brachten mich zu einem Polizeibus am Beginn der Strauchgasse. Ich leistete keinen Widerstand, forderte nur Kollegin von Usslar auf mitzufilmen und fragte, was mir vorgeworfen werde. Ich konnte es akustisch nur undeutlich wahrnehmen, glaube aber, mich an "Sprengung" oder "Störung einer Versammlung" zu erinnern.

Der Aufforderung mich auszuweisen kam ich nach und gab meinen Presseausweis ab. Kollegin von Usslar tat dasselbe, während sie sich mit der Vorderseite unmittelbar gegen den Polizeibus lehnen musste.

Nach Aufnahme der Daten nahm ich den Ausweis mit der rechten Hand entgegen, in der linken hielt ich noch meine Geldbörse, aus der ich ihn zuvor mit kalten Fingern gezogen hatte. Mir wurde keine Zeit gelassen, den Ausweis zurück in die Börse zu stecken, ich war schon wieder in der Gewalt zweier Polizisten in Einsatzausrüstung.

Am linken Arm wurde ich ohne gröberen Druck festgehalten. Der Beamte am rechten Arm aber drückte mit seiner linken Hand meinen Unterarm am Ellbogen nach vorne und gleichzeitig mit seiner rechten meine Hand nach unten bis zum Gelenkanschlag. Jede Bewegung, die ich in diesem Hebelgriff nicht mitmachte, hätte zu einer ernsthaften Verletzung meines Handgelenks geführt.

Ich leistete weiterhin keinerlei Widerstand, forderte den Polizisten aber mehrfach auf, seinen Griff zu lockern. Der Mann zeigte kein Anzeichen von Entgegenkommen und so wurde ich zum Tiefen Graben hin weggeführt, wo ein Absperrgitter geöffnet wurde und mich der Polizist mit einem Stoß auf die Schulter aus dem Bereich beförderte. (…)“

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie viele BeamtInnen waren in Zivilkleidung bei der PEGIDA-Gegendemonstration im Einsatz?

2)    Wie viele BeamtInnen des Verfassungsschutzes waren bei der PEGIDA-Gegendemonstration im Einsatz?

3)    Zu wie vielen Identitätsfeststellungen ist es bei dem Polizeieinsatz anlässlich der Gegendemonstration gegen PEGIDA (NOPEGIDA Demonstration) gekommen? (aufgeschlüsselt nach Grund, Ort und Zeitpunkt)?

4)    Wie viele Verwaltungsübertretungen sind im Zuge der NOPEGIDA Demonstration angezeigt worden (aufgeschlüsselt nach Grund, Ort und Zeitpunkt)?

5)    Wie viele Straftaten sind im Zuge der NOPEGIDA Demonstration insgesamt angezeigt worden (aufgeschlüsselt nach Grund, Ort und Zeitpunkt)?

6)    Wann (Uhrzeit)  wurde jene Demonstration aufgelöst, die unmittelbar bei der Freyung gegen PEGIDA stattgefunden hat?

7)    Die Auflösung einer Versammlung muss mittels Verordnung kundgemacht werden. Wie erfolgte diese Kundmachung?

8)    Wie lautete der genaue Inhalt dieser Verordnung?

9)    Wie lange hatten DemonstrantInnen Zeit, um nach Aufforderung durch die Polizei den Platz zu verlassen bis eine Absperrung des Platzes durch die Polizei erfolgt ist und damit ein Verlassen unmöglich war?

10)  Laut dem Standard-Journalisten Michael Matzenberger war spätestens ab 19:40 ein Verlassen der Kreuzung Freyung/Tiefer Graben nicht mehr möglich. Wann genau (Uhrzeit) wurde seitens der Polizei im Umfeld der Kreuzung Freyung/Tiefer Graben ein Polizeikessel gebildet  und damit das Verlassen dieses Platzes verhindert?

11)  Warum wurde dieser Polizeikessel gebildet und laut Schilderung Betroffener niemand das Verlassen des Platzes erlaubt?

12)  Laut dem Standard-Journalisten Michael Matzenberger erfuhren im Umfeld der gekesselten Kreuzung die dort befindlichen Personen um ca. 20 Uhr, dass der Platz zu verlassen sei. Laut Angaben des Journalisten war das aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. Warum forderte die Polizei DemonstrantInnen und JournalistInnen auf einen Platz zu verlassen, verhinderte dies aber zugleich durch eine Absperrung?

13)  Ist es richtig, dass auch der Pressesprecher der Polizei eingekesselt wurde?

14)  Wie ist es erklärbar, dass der Pressesprecher der Polizei den Platz nicht rechtzeitig verlassen konnte, das aber anderen Personen insbesondere auch JournalistInnen vorgeworfen wird?

15)  Ist es richtig, dass auch Personen, die nachweislich einen Presseausweis bei sich hatten und auf ihre Funktion als JournalistInnen hingewiesen haben, eingekesselt wurden und den Platz nicht verlassen durften?

16)  Ist es richtig, dass auch bei Personen, die nachweislich einen Presseausweis bei sich hatten und auf ihre Funktion als JournalistInnen hingewiesen haben, eine Identitätsfeststellung vorgenommen wurde?

17)  Ist es richtig, dass auch bei Personen, die nachweislich einen Presseausweis bei sich hatten und auf ihre Funktion als JournalistInnen hingewiesen haben, eine strafrechtliche Anzeige wegen Störung einer Versammlung in Aussicht gestellt wurde?

18)  Auf welche rechtliche Grundlage stützt sich dieser Umgang der Polizei mit  JournalistInnen insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Pressefreiheit?

19)  Wurden JournalistInnen verwaltungsstrafrechtlich und/oder strafrechtlich im Zusammenhang mit dem Polizeikessel Freyung/Tiefer Graben angezeigt?

20)  Welche Verhaltensanweisungen haben PolizeibeamtInnen bezüglich der Behandlung von DemonstrantInnen bei Identitätsfeststellungen, wenn sich diese kooperativ verhalten?

21)  Halten Sie die geschilderte Vorgangsweise gegenüber dem Journalisten Matzenberger während seiner Identitätsfeststellung für angemessen und notwendig?