4045/J XXV. GP

Eingelangt am 04.03.2015
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Franz

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Gesundheit

betreffend „Antidepressiva für Kinder: Ärzte zweifeln Zahlen des Hauptverbandes an“

 

Aufgrund der laufenden Anfragen des Team Stronach wie zum Beispiel der Anfragen 91/J und 2236/J sind die Zahlen der in Österreich verschriebenen Psychopharmaka evident und gut nachlesbar.

 

Am 2. März 2015 war auf der Website des ORF ein Interview mit Dr. Kienbacher, Ärztlicher Leiter des Ambulatoriums für Kinder- und Jugendpsychiatrie des SOS Kinderdorf Wien und Leitender Oberarzt an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der
Medizinischen Universität Wien
, zu lesen:[1]

 

(…)Die Mär der Antidepressiva für Kleinstkinder

Doch das mit den Medikamenten ist so eine Sache. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger sorgte im Vorjahr für einen großen Aufschrei, als er auf Anfrage des Gesundheitsministeriums im Zuge einer parlamentarischen Anfrage bekanntgab, dass 2012 2.214 Kinder zwischen null und vier Jahren Antidepressiva erhalten hätten. Ärzte zweifelten die verblüffenden Zahlen an, darunter auch Kienbacher: „Da schwirren Zahlen herum, die ganz abstruse Szenarien zeichnen.“ Dass Kinder mit zwei oder drei Jahren Antidepressiva erhielten, sei auszuschließen.

Er selbst verschreibe diese in der Regel ab dem Jugendalter, ab zwölf, 14 Jahren, wie er zu ORF.at sagt - immer begleitet von einer Therapie. Für die Hauptverbandszahlen hat der Psychiater mittlerweile eine Erklärung parat: Es handle sich wohl entweder um Buchungsfehler oder aber um erschlichene Versicherungsleistungen. (…)

Dr. Kienbacher schließt eine Verordnung von Antidepressiva an 2- und 3-jährige Kinder aus, nennt aber keine Quellen zu seiner Information. Somit ist seine Erklärung „Es handle sich wohl entweder um Buchungsfehler oder aber um erschlichene Versicherungsleistungen“, bis zur Klärung der Sachlage als ernstzunehmende Unterstellung gegenüber dem Hauptverband und der ärztlichen Kollegenschaft zu werten.

 

Uns ist bewusst, dass einige der nachfolgend angeführten Fragen mit einem Mehraufwand verbunden sind, jedoch ersuchen wir um der Transparenz Willen bezüglich der Verordnungskultur bei Antidepressiva bei Kinder und Jugendlichen und zur Klärung der kürzlich geäußerten Unterstellungen gegenüber dem Hauptverband um Auswertung der Fakten.

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an die Frau Bundesminister für Gesundheit nachstehende

 

Anfrage

 

 

1)    Nachdem Dr. Kienbacher ausschließt, dass Antidepressiva an 0-4 Jährige verabreicht werden, kann es sein, dass der Hauptverband absichtlich falsche und/oder irreführende Informationen an das Parlament berichtet hat?

 

2)    Kann es sein, dass die Auswertung des Hauptverbandes fehlerhaft war? Wenn ja, warum?

 

3)    Sind Ihnen die Quellen bekannt, aus welchen Dr. Kienbacher sein Wissen bezieht, dass Antidepressiva nicht an 0 – 4 Jährige verschrieben werden, wenn ja, um welche handelt es sich?

 

4)    Sind dem Hauptverband und/oder den Krankenkassen Hinweise aufgefallen, die einen Verdacht erhärten, dass durch Ärzte/Ärztinnen Versicherungsbetrug begangen wurde, indem sie Antidepressiva an 0 bis 4-Jährige verordnet haben?

 

5)    Werden Sie bzw. Ihr Ressort eine Untersuchung zu obigen Unterstellungen beim Hauptverband anordnen, oder wird der Hauptverband selbst eine Untersuchung anstreben, um diese Unterstellungen zu bestätigen/entkräften, wenn ja, in welcher Form, wenn nein, warum nicht?

 

6)    Wenn die Erklärung Dr. Kienbachers korrekt ist, dass es sich um „erschlichene Versicherungsleistung“ handelt, welche Schritte wird der Hauptverband beziehungsweise die betroffenen Krankenkassen in die Wege leiten, um einen Versicherungsbetrug schnellstmöglich aufzudecken und um eine Betrugsanzeige gegen den/die gegen das Gesetz verstoßenden Arzt-Ärztin/ÄrtztInnen einzureichen?

 

7)    Wenn die Erklärung Dr. Kienbachers korrekt ist, dass es sich um einen „Buchungsfehler“ handelt, welche Schritte wird der Hauptverband beziehungsweise die betroffenen Krankenkassen in die Wege leiten, um eine Richtigstellung zu veranlassen und diese auch zu veröffentlichen?

 

8)    Inwiefern kann es sein, dass die Krankenkassen beziehungsweise der Hauptverband in ihrer Auswertung folgender von Dr. Kienbacher genannter Fehler unterlaufen ist: „etwa Zweijährigen Medikamente zugeordnet wurden, die schon lange nicht mehr verschrieben würden.

 

9)     Ist Ihnen oder einem Mitarbeiter Ihres Ministeriums bekannt, dass Dr. Kienbacher „bereits zweimal das Gesundheitsministerium kontaktiert, aber keine Antwort erhalten“ hat?

a.    Kann es überhaupt sein, dass das Bundesministerium für Gesundheit Kontakte eines Bürgers ignoriert?

b.    Gibt es Regeln und/oder Gesetze zur Beantwortung, wenn ein Bürger mit einem Anliegen das Ministerium kontaktiert? Wenn ja, welche?

c.    Vorausgesetzt sie haben stattgefunden, waren diese Versuche von Dr. Kienbacher, das Gesundheitsministerium zum obigen, nicht näher erklärten Thema  zu kontaktieren, von öffentlichem (gesundheitlichen) Interesse? Wenn ja, wie waren die Inhalte dieses Kontakts?


10) Sollten sich die Aussagen Dr. Kienbachers als falsch herausstellen, werden Sie Maßnahmen ergreifen, damit sich dieser öffentlich für seine Aussagen beim Hauptverband und seiner Kollegenschaft entschuldigt, wenn ja, welche, wenn nein, warum nicht?

 

11)  Um noch einmal sicher zu gehen, dass die berichteten Zahlen des   Hauptverbandes an das Parlament korrekt waren, ersuchen wir um neuerliche Auswertung folgender Daten: Wie hoch war in Österreich in den Jahren 2005 bis 2014 der Verbrauch (Angabe in DDD), die Anzahl der Verordnungen und die Höhe der Kosten folgender therapeutischer Substanzen (gegliedert nach Krankenkassen, gesamt Österreich und den Altersgruppen 0-4, 5-9, 10-14 und 15-18 bzw. 19 Jahre) betreffend

 

                   i.        den Wirkstoff Fluoxetin

                  ii.        den Wirkstoff Citalopram

                 iii.        den Wirkstoff Paroxetin

                iv.        den Wirkstoff Escitalopram

                 v.        den Wirkstoff Sertralin

                vi.        den Wirkstoff Fluvoxamin

               vii.        den Wirkstoff Mirtazapin

              viii.        den Wirkstoff Clomipramin

                ix.        den Wirkstoff Imipramin

                 x.        den Wirkstoff Trazodon?

 

Bitte um Auflistung der einzelnen Jahre. Falls eine Auswertung für 2014 nur für das erste Halbjahr zu Verfügung steht, bitte diese Information explizit anführen.

 

12) Wie hoch waren in Österreich in den Jahren 2005 bis 2014 der Verbrauch – Angabe in DDD, die Anzahl der Verordnungen, die Höhe der Kosten der folgenden Gruppe nach dem ATC Classification System der WHO für den Code „ATC-N06“?  (Bitte gegliedert nach Altersgruppen 0-4, 5-9, 10-14 und 15-18 bzw. 19 Jahre auflisten.)

 

13) Welche Wirkstoffe, die unter ATC-N05 fallen, wurden in den Jahren 2005 bis 2014 an Kinder verschrieben? (Bitte gegliedert nach Altersgruppen 0-4, 5-9, 10-14 und 15-18 bzw. 19 Jahre auflisten.)

 

14)  Welche Wirkstoffe, die unter ATC-N06 fallen, wurden in den Jahren 2005 bis 2014 an Kinder verschrieben? (Bitte gegliedert nach Altersgruppen 0-4, 5-9, 10-14 und 15-18 bzw. 19 Jahre auflisten)

 

15) Bitte gliedern Sie für die Jahre 2009 bis 2014 die Verordnungen an Kinder und Jugendliche für oben gelistete Wirkstoffe (in Summe, nicht einzeln) nach „Facharzt“, „Allgemeinmediziner“ und „Sonstiges“.

 

 



[1] http://orf.at/stories/2254955/2254968/