4190/J XXV. GP

Eingelangt am 18.03.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Schenk,

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend „Ein Dorf im Ausnahmezustand“

 

Die ORF-Sendungen „Am Schauplatz Gericht“ vom 21.11.2014 und 22.01.2015 dokumentierten einen weiteren unglaublichen Fall von anscheinend systematischer Willkür gegen einfache Bürger durch Organe der Verwaltung, Politik, Exekutive und Justiz in der Gemeinde Randegg in Niederösterreich. Durch den Streit, welcher schon mehrere Jahre andauert, und die darüber ausgestrahlten Berichte des ORF, wurde auch die gesamte Gemeinde in Mitleidenschaft gezogen.

 

Es begann mit einer Art „Nachbarschaftsstreit“ zwischen der Familie Wagenhofer (Mutter und Sohn), welche am eigenen Hof von Forst- und Viehwirtschaft lebte, und dem damaligen Bürgermeister der Gemeinde Randegg in Niederösterreich. Besagter Bürgermeister ließ ein kleines Häuschen, welches im Grünland stand und auch die dementsprechende Widmung aufwies, zu einem größeren Gasthof, dem „Panoramastüberl“, umbauen. Dies geschah, so konnte man den Berichten des ORF entnehmen, allerdings mit zweifelhaften Betriebs- und Baubewilligungen. Der Bürgermeister, welcher auch oberste Baubehörde der Gemeinde ist, sah auch kein Problem darin, dass er sich selber die dementsprechenden Bewilligungen ausstellte.

 

Der Bürgermeister veranlasste (ohne Zustimmung durch die Fam. Wagenhofer), dass die anliegende Straße, ein privater Güterweg im Eigentum der Familie Wagenhofer, zu einer Privatstraße mit Öffentlichkeitsrecht umgewidmet wurde. Mittlerweile darf durch die Umwidmung jedermann die Straße befahren. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass die Familie Wagenhofer nicht gerade „glücklich“ darüber war, dass Gäste des Gasthofes am Straßenrand und in der Wiese parkten, welche sich allerdings immer noch im Eigentum von Fam. Wagenhofer befinden. Die hunderten dagegen eingebrachten Besitzstörungsklagen wurden allesamt von Fam. Wagenhofer gewonnen. Durch dieses gerichtliche Vorgehen erlangte allerdings die Fam. Wagenhofer die „Missgunst“ des Bürgermeisters (welcher auch immer noch der Betreiber des Gasthofes war). Offensichtlich stand die Fam. Wagenhofer dem Bürgermeister bei seinem Projekt „Panoramastüberl“ im Weg.

 

In Folge wurde immer wieder versucht, die Mutter von Herrn Wagenhofer, die eigentliche Besitzerin des Anwesens, zu besachwaltern. Dies glückte zunächst nicht, da offizielle medizinische und juristische Gutachten bestätigten, dass Frau Wagenhofer nicht zu besachwaltern sei, woraufhin die Verfahren eingestellt wurden.

 

Weiters wurde von der Gemeinde eine Feuerbeschau des Hofs der Familie Wagenhofer beschlossen, wobei es zu erwähnen gilt, dass dies die erste in der Gemeinde seit 30 Jahren war. Nachdem sich Herr Wagenhofer dagegen wehrte und niemanden ins Haus ließ, versuchte man ein Szenario zu konstruieren, das ein weiteres Eingreifen seitens der Behörden legitimieren sollte. Dies scheint auch einer Enteignung sehr nahezukommen.

 

Die Bezirksamtsärztin sah durch die Weigerung des Leopold Wagenhofer, die Feuerbeschau durchführen zu lassen, eine Gefährdung der Gesundheit und Sicherheit der Mutter von Herrn Wagenhofer und alarmierte die Polizei. Es wurde ein Durchsuchungsbefehl ausgestellt und wegen besonderer Gefährlichkeit die Sondereinheit Cobra gerufen. Worauf diese Einschätzung basierte ist unerklärlich, da Herr Wagenhofer diesbezüglich noch nie auffällig gewesen war, es zu keiner Zeit zu gewalttätigen Übergriffen gegenüber seiner Mutter oder Dritten gekommen war. Außerdem wurde hier wohl nicht das gelindeste Mittel durch die Behörde angewandt. Nachdem die Sondereinheit Cobra den Hof gestürmt hatte, sollten Herr Wagenhofer, als auch seine Mutter ins Krankenhaus gebracht werden, um etwaige Verletzungen abzuklären.

Auf der Homepage des Innenministeriums sind in Bezug auf die Sondereinheit Cobra folgende Hauptaufgabengebiete nachzulesen:

 

„Die Sondereinheiten-Verordnung zum Sicherheitspolizeigesetz wurde durch Beschlussfassung im Parlament im Hinblick auf den neuen Namen der Einheit abgeändert. Die darin definierten Aufgabenbereiche wurden eins zu eins übernommen.

 

Im Zuge einer umfangreichen Organisationsreform ist der operative Teil der Sondereinheit Einsatzkommando Cobra in der Abteilung 3 des im Jahr 2013 neu installierten "Einsatzkommando Cobra/Direktion für Spezialeinheiten" eingegliedert. Die reformierte, dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit unmittelbar unterstellte Organisationseinheit bündelt nun mehrere Spezialverwendungen und Kompetenzen und ermöglicht eine optimierte Nutzung operativer Ressourcen. Abgesehen vom „klassischen“ Antiterrorsegment, welches gemäß der Sondereinheiten-Verordnung der Cobra zur Besorgung übertragen ist, deckt die Einheit ein breites Spektrum von Einsatzlagen ab.

 

Vor allem die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen der Polizeidienststellen beim Einschreiten bei erhöhten oder hohen Gefährdungslagen, so z.B. bei Konflikten bei denen Waffen im Spiel sind, zählt zu den Aufgaben von „Cobra-neu“. Auch die Unterstützung der kriminalpolizeilichen Organisationseinheiten bei der Verhaftung gefährlicher Täter oder bei Zugriffshandlungen im Bereich der organisierten Kriminalität zählt zu den täglichen Aufgaben der Einheit.

 

Aber auch die traditionellen Arbeitsbereiche wie

       Geisellagen

       Amoklagen

       Erstürmung von Luftfahrzeugen

       Grenzüberschreitende Lagen

       Festnahme Schwerkrimineller

       Technischer Einsatz

       Schutz österreichischer Missionen

 

müssen von den Mitarbeiter der Cobra beherrscht werden.“

 

Tatsächlich landete Herr Wagenhofer für drei Wochen in einer geschlossenen Nervenheilanstalt, seine Mutter wurde ins Landespflegeheim Scheibbs gebracht. In der Zwischenzeit untersuchte die Gemeinde den Hof auf brandschutzpolizeiliche Mängel, fand diese auch, und ließ den Hof 2010 unverzüglich sperren. Der Anwalt von Herrn Wagenhofer – Wagenhofer musste bei Freunden unterkommen – kritisierte, dass Auflagen und Fristsetzungen zur Aufhebung der Sperre fehlten und bezweifelte die tatsächliche Gefährlichkeit der Mängel.

 

Trotzdem der Mutter von Herrn Wagenhofer ärztlich attestiert wurde, dass eine ambulante Pflege völlig ausreichend wäre, verblieb sie gegen ihren Willen bis zu ihrem Tod Ende 2011 im Pflegeheim. In dieser Zeit setzte das Gericht einen Anwalt als Sachwalter für sie ein. Dieser Anwalt beauftragte eine Firma mit Waldarbeiten am Grundstück der Familie Wagenhofer. Diese führte eine nicht sachgerechte Durchforstung durch, indem mit schwerem Gerät eine Schneise gezogen wurde. Herr Wagenhofer weigerte sich die ungerechtfertigte Rechnung über 35.000 Euro zu zahlen, weshalb auch der Nachlass noch nicht eröffnet werden konnte. Ein diesbezüglicher Prozess ist noch immer anhängig.

 

Auf Nachfrage des ORF, warum Herr Wagenhofer in die Nervenheilanstalt gebracht wurde, berief man sich auf das Amtsgeheimnis und blieb eine Antwort schuldig. Auf Nachfrage, warum die Sondereinheit EKO Cobra/DSE gerufen wurde, berief man sich ebenfalls auf das Amtsgeheimnis. Nach mehrmaliger Nachfrage teilte der Sprecher der Landespolizeidirektion Niederösterreich telefonisch mit, dass der Verdacht auf Quälen und Vernachlässigen der Mutter im Raum stand und man vorher nicht wissen konnte, wie der Beschuldigte reagiert.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Justiz nachfolgende

 

ANFRAGE:

 

1.    Wissen Sie von oben beschriebenem Fall?

2.    Wenn ja, wann und durch wen haben Sie davon erfahren?

3.    Wann und durch wen wurde die Sachwalterschaft der verstorbenen Frau Wagenhofer beantragt?

4.    Wer wurde durch wen mit der Sachwalterschaft von Frau Wagenhofer betraut?

5.    Wie oft wurde in den letzten Jahren eine Sachwalterschaft der verstorbenen Frau Wagenhofer durch wen beantragt?

6.    Warum wurde Frau Wagenhofer gegen ihren Willen in der Pflegeanstalt „festgehalten“, obwohl es medizinisch nicht notwendig war?

7.    Wurden gegen den Sachwalter durch die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen?

8.    Wenn ja, in welchem Verfahrensstadium befinden sich hier die Ermittlungen?

9.    Wenn nein, warum nicht?

10.  Wurden Ermittlungen durch die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption in dieser Causa erhoben (Vor allem in Richtung der Gemeinde Randegg und deren Organe wegen „Amtsmissbrauch“ udgl.)?

11.  Ist ein diesbezügliches strafrechtliches Verfahren gegen die Gemeinde Randegg und deren Organe anhängig?

12.  Wenn nein, warum nicht?

13.  Wurden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft eingeleitet im Zusammenhang mit der Erstürmung des Bauernhofes der Fam. Wagenhofer und der anschließenden „Freiheitsentziehung“ des Leopold Wagenhofer in einer geschlossenen Nervenheilanstalt?

14.  Von welcher Behörde und aus welchem Grund wurde in diesem Zusammenhang ein Durchsuchungsbefehl ausgestellt?

15.  Haben Sie Kenntnis davon, aus welchem Grund in dieser Causa auch die Sondereinheit Cobra eingeschalten wurde?

16.  Wurden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft eingeleitet im Zusammenhang mit der bezirksamtsärztlichen „Feststellung“, dass eine Gefährdung der Gesundheit und Sicherheit der Mutter gegeben sei?

17.  Wie konnte die Amtsärztin hier eine in Frage 16 beschriebene Gefährdung usw. feststellen.

18.  Haben Sie Kenntnis, dass dabei Weisungen von anderen Organen an die Amtsärztin ergingen?

19.  Wurden von Seiten des BMJ in dieser Causa Weisungen erteilt?

20.  Wenn ja, von wem und mit welchem Inhalt?

21.  Warum ist Sektionschef Mag. Pilnacek in dieser Causa bis dato völlig untätig geblieben?