4316/J XXV. GP

Eingelangt am 20.03.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Christiane Brunner Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend Verschleppung und Demontage des Energieeffizienzgesetzes

BEGRÜNDUNG

 

Am 9.7.2014 hat der Nationalrat mit den Stimmen der SPÖ, ÖVP und der Grünen das Bundes-Energieeffizienzgesetz beschlossen. Die Republik Österreich setzt sich darin zum Ziel den Endenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 1050 PJ zu reduzieren. In Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie verpflichtet sich Österreich in dem Gesetz überdies zwischen dem 1.1.2014 und dem 1.1.2021 seine Energieeffizienz jährlich um 1,5% zu verbessern. Am 11.8.2014 folgte die Kundmachung, seit 1.1.2015 ist das Gesetz in allen Teilen in Kraft.  

Das Energieeffizienzgesetz ist wesentlich für die Erreichung der unionsrechtlich verbindlichen Klimaschutzziele und der Energieeffizienzziele Österreichs.

Acht Monate nach Beschluss dieses Gesetzes stellen wir mit großer Besorgnis erhebliche Defizite bei der Umsetzung der Gesetzesmaterie fest.

§ 4 (1) Ziel der Republik Österreich ist es, die Energieeffizienz derart zu steigern, dass 1. Der auf ein Regeljahr bezogene Endenergieverbrauch in Österreich im Jahr 2020 die Höhe von 1050 Petajoule (Energieeffizienzrichtwert) nicht überschreitet

Das in dem Gesetz neu festgelegte Energieeinsparziel von 1050PJ wurde trotz der in EU-RL und entsprechendem Rechtsgutachten fest gestellten Notwendigkeit zur Nachnotifizierung noch immer nicht an die Europäische Kommission übermittelt.

§ 24. (1) Für die österreichweite Evaluierung von Energieeffizienzmaßnahmen des Bundes und von Unternehmen sowie für das Monitoring, die Erstellung und die Koordinierung der Energieeffizienz-Aktionspläne gemäß § 6 sowie für die Erstellung des Berichtsteils Energieeffizienz des gemeinsamen Evaluierungs- und Monitoringsreports und dessen Gesamtkoordinierung gemäß § 7 wird eine nationale Energieeffizienz-Monitoringstelle geschaffen.

Die für die operationelle Umsetzung des Gesetzes wesentliche „Nationale Energieeffizienz-Monitoringstelle“ ist bis heute nicht existent. Ein erstes Vergabeverfahren scheiterte im Dezember 2014 an der juristischen Anfechtung durch einen unterlegenen Bieter. Eine neue Vergabe ist immer noch nicht abgeschlossen. Da die Monitoringstelle sowohl für die Erarbeitung von Leitlinien über die Anerkennung von Energieeffizienzmaßnahmen i.S. des Gesetzes als auch für die Bewertung und Zielevaluierung zuständig ist, verunmöglicht die verzögerte Einsetzung der Monitoringstelle die ordnungsgemäße Umsetzung durch die Verpflichteten.

In der Zwischenzeit (und in Ermangelung einer kompetenten Instanz) wird hinter und auch vor den Kulissen an der Verwässerung der Vorgaben des Energieeffizienzgesetzes gearbeitet.

So versicherte BM Mitterlehner  auf einer Veranstaltung der Wirtschaftskammer Österreich am 12.11.2014 den ca. 1000 anwesenden Gästen im Julius-Raab Saal, dass die Sammlung anerkennbarer Maßnahmen iSdG. (derzeit in Ermangelung einer entsprechenden Richtlinie der Monitoringstelle handelt es sich um das sog. „Methodendokument Energieeffizienz“ der Energieagentur Austria) maßgeblich erweitert würde.

Aus informierten Kreisen heißt es, dass ein erweiterter Katalog anerkennbarer Maßnahmen iSdG bereits zwischen Wirtschafts-, Sozial-, und Umweltministerium akkordiert sei. Weiters heißt es, dass dieser Katalog soll noch vor Bestellung einer Monitoringstelle per Verordnung erlassen werden solle und bereits in wenigen Wochen in Begutachtung geschickt würde.

Von Seiten des Sektionschefs und MitarbeiterInnen der Energiesektion im BMWFW wurde in mehreren Präsentationen vor Fachpublikum und Dokumenten aktive der Versuch unternommen, die Rechtsverbindlichkeit des Energieeinsparziels zu relativieren.

Medienberichten zufolge sind bereits mehrere Branchenvereinbarungen über die Anrechenbarkeit von Maßnahmen geschlossen worden, deren Umwelt- und Energiesparnutzen in Frage gestellt werden darf (z.B. Die Presse, 2.3.2015)

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Ist es korrekt, dass das BMWFW bereits eine Einigung über ein Maßnahmenkatalog betreffend anerkennbare Energieeffizienzmaßnahmen nach EEffG mit den übrigen Ressorts erzielt hat?

2)    Wenn ja, wann soll diese Richtlinien bzw. dieser Maßnahmenkatalog in Begutachtung gehen?

3)    Von welchen Fachinstituten, Branchenvereinigungen oder Sozialpartnern wurde Expertise bei der Erstellung dieser Richtlinien bzw. dieses Maßnahmenkatalogs eingeholt? (Bitte um vollzählige Auflistung mit Datum der Kontaktaufnahme)

4)    Ad Energieeinsparziel: Wurde das in § 4 (1) 1 EEffG festgelegte Endenergieverbrauchsziel in der Höhe von höchsten 1.050 Petajoule bis zum Jahr 2020 bereits an die Europäische Kommission notifziert? Wenn nein, warum nicht?

5)    Eine Verbrauchsreduktion auf 1.050 Petajoule bis zum Jahr 2020, geht über die 1,5% jährlicher Einsparung von Bund und Verpflichteten hinaus. Mit welchen konkreten Maßnahmen soll das Erreichen dieses Einsparziels gemäß § 4 (1) 1 gewährleistet werden? (Bitte um vollständige Auflistung aller geplanten Maßnahmen sowie erwarteter Einsparwirkung)

 

6)    Gemäß § 4 (1) 3 hat die Bundesregierung 151 PJ der kumulierten Gesamtenergieeinsparung bis 2020 durch sog. „strategische Maßnahmen“ zur Zielerreichung beizutragen.

 

a)    Mit welchen Maßnahmen ist geplant, diese Gesamteinsparung zu erreichen?

b)    Sind bereits Initiativen zur Umsetzung dieser Maßnahmen gestartet worden? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht und für wann ist der Umsetzungsbeginn geplant?

c)    Sind Sie zur Ausgestaltung der strategischen Maßnahmen mit anderen Regierungsmitgliedern in Kontakt? Wenn ja, mit welchen Ressorts und in welchem institutionellen Rahmen?

d)    Spielte der Beitrag durch strategische Maßnahmen der Bundesregierung zur Zielerreichung gemäß EEffG in den Verhandlungen zur Steuerreform eine Rolle? Wenn ja, wurden konkrete Vorschläge von Ihrem Haus eingebracht, die zur Zielerreichung beitragen können? Wenn nein, warum nicht?

e)    Ist die Ökologisierung des Steuersystems Ihrer Ansicht nach eine geeignete Maßnahme um die Verpflichtung der Bundesregierung unter dem EEffG zu erreichen? Wenn nein, warum nicht und welche Maßnahmen hielten Sie für geeigneter?

 

7)     Gemäß § 24. (1) hat die Bundesregierung ein Nationale Energieeffizienz-Monitoringstelle zu schaffen.

a)    Wann wird die Monitoringstelle eingesetzt werden?

b)    Wie gestaltet sich die Abstimmung mit dem Umweltministerium in dieser Frage (Entscheidungsprozedere, Treffen, Informationsaustausch)?

c)    Welche Sicherheit haben Unternehmen für die Anerkennung der von ihnen gesetzten Maßnahmen bis zur Einsetzung der Monitoringstelle?


8)     Es gibt Berichte über bereits abgeschlossene Branchenvereinbarungen betreffend Anerkennung von Maßnahmen iSd. EEffG.

a)    Mit welchen Branchen/Unternehmen gibt es Vereinbarungen über die Anerkennung bestimmter Maßnahmen iSd. EEffG?

b)    Was ist der Inhalt dieser Vereinbarungen?

c)    Welche quantitativen und qualitativen Auswirkungen auf die Zielerreichung der jeweiligen Branche erwarten Sie?

d)    Welche quantitativen und qualitativen Auswirkungen auf die Einsparziele des EEffG erwarten Sie? Bitte auch um Berücksichtigung allfälliger mittelbarer Auswirkungen z.B. auf Preisgestaltung des Energieeffizienzmarktes.

e)    In welcher Form war das Umweltministerium in den Abschluss etwaiger Branchenvereinbarungen einbezogen? (Entscheidungsprozedere, Treffen, Informationsaustausch)?

9)    Medienberichten zufolge wurde eine Branchenvereinbarung mit der Mineralölindustrie über die Zugabe von Additiven bereits abgeschlossen.

a)    Können Sie diese Medienberichte bestätigen?

b)    Wenn ja, wann wurde die Vereinbarung abgeschlossen (genaues Datum) und zwischen welchen Vertragsparteien wurde diese Vereinbarung geschlossen?

c)    Um welche Additive genau handelt es sich bei dieser Vereinbarung bzw. – sollte es keine Branchenvereinbarung geben - welche Additive wurden bei Gesprächen zwischen Ihrem Haus und der Mineralölbranche ins Auge gefasst? (Bitte um genaue Bezeichnung des Stoffs bzw. des Gemischs)

d)    Wo werden diese Additive produziert und von wem? (Bitte um genaue Bezeichnung des Stoffs bzw. des Gemischs und des produzierenden Unternehmens)

e)    Werden diese Additive bereits eingesetzt oder handelt es sich um neue Stoffe bzw. Gemische?

f)     Wenn die Additive bereits eingesetzt werden, wo genau?

g)    Wie wirken diese Additive?

h)    Mit welcher Effizienzsteigerung kann durch die Additive gerechnet werden (bitte Angabe von Bandbreite)?

i)     Welcher Anteil an der Zielerreichung der gesamten Branche wird Ihrer Einschätzung nach durch den Zusatz dieser Additive gemäß allfälliger Branchenvereinbarung abgedeckt werden?

j)      Welcher Anteil an der kumulativen Zielerreichung des gesamten Gesetzes wird ihrer Einschätzung nach durch den Zusatz dieser Additive gemäß Branchenvereinbarung abgedeckt werden?

k)    Sind mögliche gesundheitsschädigenden Folgen dieser Additive bekannt? Wenn ja, welche?

l)      Sind mögliche schädigende Auswirkungen dieser Stoffe auf Gewässer und Wasserorganismen sind bekannt? Wenn ja, welche?

m)  Welche besonderen Vorkehrungen hinsichtlich Entsorgung der Additive sind zu beachten?

n)    Wie sind die Additive hinsichtlich ihrer Entsorgung einzustufen (gefährlicher oder ungefährlicher Abfall)?