4430/J XXV. GP

Eingelangt am 26.03.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend die Umsetzung des DAC Peer Reviews 2014 – Kapitel 3 „Allocating Austria’s development assistance“.

Alle fünf Jahre wird die österreichische Entwicklungspolitik samt deren Umsetzung im Peer Review Verfahren überprüft[1]. Gemessen wird anhand der gemeinsamen Zielsetzung des Development Assistance Committee (DAC). Bei der Präsentation des Berichtes Mitte Jänner in Wien betonte Erik Solheim, Vorsitzender des DAC, vor allem die Leistungen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Österreich trage wesentlich zur Armutsreduktion, zur Friedenssicherung und zum Schutz globaler Güter bei. Österreich könne und solle aber mehr tun: So empfiehlt er nicht nur mehr Geld für internationale Zusammenarbeit zur Verfügung zu stellen (Österreich ist ja bekanntlich mit 0,28% des BNE für EZA vom 0,7% Ziel meilenweit entfernt), sondern auch öfter bei spezifischen Themen eine Führungsrolle zu übernehmen. Damit spricht der ehemalige norwegische Umwelt- und Entwicklungsminister nicht nur das vielfach kritisierte geringe Ausmaß der österreichischen ODA (Official Development Assistance) an, sondern fordert auch stärkeren politischen Einsatz für Entwicklungszusammenarbeit ein.

Der Bericht spricht in sieben Analyseeinheiten klare Empfehlungen aus, die unter anderem die bessere Organisation der OEZA, eine langfristig abgesicherte Finanzierung und eine rasche Abwicklung der Humanitären Hilfe anstreben. Manche Empfehlungen sind alte Bekannte und wurden bereits in den vergangenen Berichten genannt.

Das Konzept der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung - Policy Coherence for Development (PCD) leitet dabei als optimaler Sollzustand die Empfehlungen im Bericht. Vereinfacht gesagt strebt PCD an, alle Politiken eines Landes unter entwicklungspolitischen Leitzielen zu versammeln[2]. Österreich hat sich mehrfach zu PCD bekannt: Der Artikel 208 des Lissaboner Vertrages verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zur Bekämpfung der Armut in den Entwicklungsländern und zur Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung. Auch das österreichische Entwicklungszusammenarbeitsgesetz enthält einen Verweis auf Politikkohärenz.

Auch die beste Empfehlung bleibt ohne entsprechende Umsetzung wirkungslos. Österreich hat lediglich 7% der Empfehlungen aus dem vorigen DAC Peer Review Bericht aus dem Jahr 2009 umgesetzt (OECD DAC Peer Review, Seite 9 und 85 ff.). 73% wurden teilweise und 20% wurden gar nicht um gesetzt. Der Blick in die Schweiz[3] ergibt folgendes Bild: 53% der Empfehlungen wurden umgesetzt, 42% teilweise und 5% gar nicht.


Alle in den Anfragen zitierten Empfehlungen beziehen sich auf den DAC Peer Review 2015.

Im dritten Kapitel „Allocating Austria’s development assistance“ spricht das DAC folgende Empfehlungen aus:

3.1.     Austria should deliver on its commitment to develop a realistic time-bound roadmap to increase ODA in order to make progress towards meeting the 0.7% ODA/GNI target.

3.2.   Austria should include debt relief in its ODA forecasts only after this is agreed by the Paris Club.

3.3.   Austria should reverse the decline in the share of its ODA allocated to the LDCs, in keeping with its commitment to poverty reduction.

Zur Umsetzung der im dritten Kapitel genannten Empfehlung des OECD/DAC Peer Reviews stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres folgende

Anfrage:

1)      Obwohl nur 4,18% der ODA direkt im BMEIA (siehe ODA Bericht 2012) umgesetzt werden, hat Ihr Ressort gemäß § 22 des EZA-Gesetzes „die politische Koordination der internationalen Entwicklungspolitik sowohl in Österreich wie auch in Hinblick auf Art. 180 EGV sicherzustellen“. Planen Sie noch 2015 den im Regierungsprogramm vorgesehenen und in Empfehlung 3.1. genannten Stufenplan zum Erreichen der 0,7% vorzulegen?

a)       Wenn nein, warum nicht?

b)      Wenn ja, bis wann?

2)      Welchen Zeithorizont sehen Sie für das Erreichen der 0,7%?

3)       Der Bericht stellt fest, dass Österreich mit 15% der ODA für gestaltbare bilaterale Hilfe weit unter dem DAC Schnitt von 55% (OECD DAC Peer Review 2015, Seite 42) liegt. Leiten Sie daraus Änderungsbedarf der österreichischen Umsetzung ab?

a)       Wenn ja, wie soll dieser aussehen?

b)      Wenn nein, warum nicht?

4)       Der Bericht gibt an, dass Bildung und Gesundheit thematische Schwerpunkte der OEZA sind. Dies deckt sich nicht mit der strategischen Ausrichtung im 3 Jahresprogramm, wo Bildung als Querschnittsthema genannt ist und Gesundheit nur punktuell z.B. in einem Projekt in den palästinensischen Gebieten, vorkommt. Warum kamen die PrüferInnen Ihrer Meinung nach zu diesem Ergebnis?

5)       Ist vorgesehen, dass Bildung und Gesundheit Schwerpunkte der OEZA sein werden?

6)       Im Jahr 2012 wurden in Österreich 4% der ODA von NGOs umgesetzt. Damit liegt Österreich weit unter dem DAC Durchschnitt von 13%.

a)       Warum werden österreichische NGOs unterdurchschnittlich mit der Projektimplementierung betraut?

b)      Auf welche Weise ist beabsichtigt, unter Wahrnehmung der Steuerungsfunktion des BMEIA im Rahmen der Erarbeitung sowie der Umsetzung von Landes- und Regionalstrategien sowie Themenschwerpunkten, NGOs verstärkt in die Implementierung einzubinden?


7)   Warum ist der Anteil an ODA, der von NGOs umgesetzt wird, von 90 Millionen USD im Jahr

      2009 auf 45 Millionen USD im Jahr 2012 gesunken?

8)       Zu welchem Anteil sind NGOs in die derzeit laufende Umsetzung von Landes- und Regionalstrategien sowie von Themenschwerpunkten beauftragt?

9)       Die vielfach als unrealistisch vorhergesagte Entschuldung des Sudans (rund 1,5 Mrd Euro über 3 Jahre) hat die Prognoseszenarien der vergangenen Jahre deutlich verzerrt. Der Peer Review stellt fest, dass die bilaterale Zusammenarbeit Österreichs überdurchschnittlich auf Entschuldungen fokussiert und kritisiert, dass entgegen der Empfehlung des vorherigen DAC Peer Reviews – vor allem jener aus dem Jahr 2009 – Österreich Entschuldungen einen hohen Stellenwert einräumt (vgl. DAV Peer Review 2015, Seite 41). Empfehlung 3.2. spricht sich daher dafür aus, Entschuldungen erst dann in das Prognoseszenario aufzunehmen, wenn diese vom Pariser Club beschlossen wurden. Plant Ihr Ressort, die Entschuldung des Sudans teilweise oder komplett in die nächsten drei Prognoseszenarien aufzunehmen?

10)   Die Österreichische EZA fokussiert auf Armutsreduktion. In Empfehlung 3.3. geht das Peer Review Team auf den sinkenden ODA Anteil für Least Developed Countries (LDCs) ein und rät, diesen Trend umzukehren. Österreich liegt derzeit mit 22% ODA für LDCs unter dem DAC Durchschnitt von 32%. Plant Ihr Ressort konkrete Schritte, diese Empfehlung umzusetzen?

11)   Falls Ihr Ressort vorhat den Anteil an ODA für LDCs zu heben, welche Instrumente (bilaterale gestaltbare EZA, Entschuldungen, multilaterale EZA....) wird es dafür anwenden?

12)   Falls Ihr Ressort vorhat, den Anteil an ODA für LDCs zu heben, zu welchen regionalen Verschiebungen im ODA Kuchen wird es dabei kommen und wie passt dies zum medial angekündigten Schwerpunkt Westbalkan?

13)   Der DAC Peer Review stellt auf Seite 46 fest: Austria does not make multi-year commitments to the UN organisations". Daher erschwert sich eine langfristige Zusammenarbeit mit den UN-Organisationen, welche Österreich möglicherweise nicht als verlässlichen Partner wahrnehmen könnten. Hält Ihr Ressort eine Strategie für die multilaterale Zusammenarbeit mit den UN-Organisationen, die in Ihrem Haus betreut werden, für sinnvoll?

a)       Wenn ja, planen Sie das Erarbeiten einer multilateralen Strategie?

b)      Wenn nein, warum nicht?

c)       Nach welchen Kriterien wurden bisher Mittel an die Organisationen der UN­Development Group (UN-DG) vergeben bzw. gekürzt?

a)       Nach welchen Kriterien werden in Zukunft Mittel an die Organisation der UN-DG vergeben bzw. aufgestockt bzw. gekürzt?

b)      Gibt es Überlegungen, die in früheren Jahren angedachte Berücksichtigung multilateraler Engagements zur Nutzung von Synergien im Rahmen von Landesstrategien konkret zu berücksichtigen?



[1] Alle Berichte finden sich auch der Seite des DAC: http://www.oecd.org/dac/peer-reviews/peer-review-austria.htm

[2] (vgl. Obrovsky/Schlögl: Politikkohärenz durch Kohärenzpolitik, Bedingungen für Policy Coherence for Development in Österreich, ÖFSE Edition 17, 2011)

[3] http://www.oecd.org/dac/peer-reviews/peer-review-switzerland.htm