5933/J XXV. GP

Eingelangt am 08.07.2015
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Gesundheit

betreffend Tuberkulose und gesetzliche Informationspflicht

 

Jurist Heinz Mayer sieht die Nennung der betroffenen Schulen als Pflicht, der Oberste Sanitätsrat stellt sich hinter die Stadt Wien.

Weiter wird darüber diskutiert, ob es vertretbar ist, dass die Namen der drei Wiener Schulen, an denen jüngst Tuberkulosefälle aufgetreten sind, geheim gehalten werden. Während namhafte Juristen laut ORF-Radio der Meinung sind, die Begründung der Wiener Gesundheitsbehörde reiche nicht aus, stützt der Oberste Sanitätsrat (OSR) – das oberste Beratungsgremium des Gesundheitsministeriums – das Vorgehen Wiens. Es gebe keinen Anlass für eine breite Information oder das Nennen der betroffenen Schulen.

Die Behörde müsse diese Informationen heraus geben, meint der Wiener Jurist Heinz Mayer dagegen. „Der Artikel 10, Absatz 1, der Menschenrechtskonvention gewährt den Bürgern ein Recht auf Zugang zu Informationen. Das heißt zwar nicht, dass die Behörden alle Informationen beschaffen müssen, die sie nicht haben. Aber die, die sie haben und die sie nicht aus besonderen Gründen geheim halten dürfen, die müssen sie dem Bürger geben. Es gibt mittlerweile auch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes“, so Mayer im ORF-Radio.

"Keine überschießende Information"

"Information und Aufklärung der Bevölkerung hat in diesem, aber auch in ähnlich gelagerten Fällen im gebotenen Ausmaß, nicht aber überschießend zu erfolgen. Für eine breite Information etwa durch Nennung der Schulen sieht der OSR keinen Anlass und hält daher fest, dass dies vielmehr die Gefahr einer Diskriminierung und Ausgrenzung der betroffenen Kinder hervorrufen kann", hieß es demgegenüber in der Stellungnahme des Obersten Sanitätsrats.

Alle von den drei unabhängig voneinander aufgetretenen Tuberkulosefällen an Wiener Schulen Betroffene sind individuell informiert worden. Das hat der Gesundheitsdienst der Stadt Wien (MA 15) bereits vor einigen Tagen in einer Aussendung betont. Rund 200 Personen wurden u.a. mittels Röntgenbus untersucht.


Im Vorjahr 141 Fälle

Tuberkulose (TBC) - die Krankheit wurde früher als Schwindsucht oder Morbus Koch bezeichnet - wird meist durch Tröpfcheninfektion übertragen und befällt die Lunge. Solange das Immunsystem die Bakterien noch in Schach hält, handelt es sich um eine geschlossene Tuberkulose. Ist das Immunsystem schwach, zum Beispiel bei älteren Menschen, macht sich die Infektion bemerkbar. Dann wird von einer offenen, infektiösen Tuberkulose gesprochen.

Auf eine TBC-Erkrankung können Fieber, Husten, Nachtschweiß, Gewichtsverlust, Atemnot und in fortgeschrittenem Stadium blutiger Husten hinweisen. Diagnostiziert wird die Erkrankung generell über weiße Flecken bei einem Lungenröntgen, die relativ bald sichtbar sind. Ansteckend ist TBC, sobald die Bakterien den Weg in die Bronchien gefunden haben und über die Atemwege abgesondert werden.

Behandelt wird die Lungenkrankheit meist mit einer Kombination aus drei oder vier Antibiotika, sogenannten Antituberkulotika, die meist über mehrere Monate hinweg eingenommen werden müssen. Im Vorjahr erkrankten in Wien 141 Personen an ansteckender Tuberkulose. (Quelle: Die Presse 19.06.2015)

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Gesundheit folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Seit wann sind den Wiener Gesundheitsbehörden die Tuberkulosefälle an Wiener Schulen bekannt?

2.    Wie viele Schulen betrafen bzw. betreffen diese Tuberkulosefälle?

3.    Wie viele Schüler betrafen bzw. betreffen diese Tuberkulosefälle?

4.    Wurden im Umfeld dieser Schulen und Schüler, d.h. bei Familienangehörigen und Freunden der Schüler Tuberkulosefälle festgestellt?

5.    Wenn ja, in welcher Anzahl und in welchem Ausmaß?

6.    Zu welchem Zeitpunkt und in welcher Art und Weise wurde das Bundesministerium für Gesundheit über diese Tuberkulosefälle informiert?

7.    Welche Maßnahmen wurden vom Bundesministerium für Gesundheit mit den Wiener Gesundheitsbehörden bezüglich dieser Tuberkulosefälle vereinbart?

8.    Warum wurde die Öffentlichkeit auf der Grundlage des Tuberkulosegesetzes nicht über die betroffenen Schulen informiert?

9.    Kennen Sie als zuständige Gesundheitsministerin die einschlägigen gesetzlichen Grundlagen über eine Information der Öffentlichkeit?

10. Warum wurden diese einschlägigen gesetzlichen Grundlagen nicht vollzogen?

11. Kennen Sie die Rechtsmeinung des Verfassungs- und Verwaltungsjuristen Univ.Prof. Heinz Mayer zur Informationspflicht im Tuberkulosegesetz?

12. Warum wurde dieser Rechtsmeinung nicht Folge geleistet?

13. Schließen Sie es aus, dass durch die Nichtbefolgung dieser Informationspflicht nach dem Tuberkulosegesetz durch die Wiener Gesundheitsbehörden Amtsmissbrauch begangen worden ist?

14. Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?

15. Warum haben Sie als zuständige Gesundheitsministerin keine Weisung bezüglich der Vollziehung der Informationspflicht im Tuberkulosegesetz an die Wiener Gesundheitsbehörden gegeben?

16. Schließen Sie es aus, dass durch dieser Verzicht auf eine Weisung und damit der Nichtbefolgung der Informationspflicht nach dem Tuberkulosegesetz durch Sie bzw. durch Spitzenbeamte Ihres Ministeriums Amtsmissbrauch begangen worden ist?

17. Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?