6085/J XXV. GP

Eingelangt am 09.07.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Georg Willi, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend fragliche Rechtskonformität der Schienennetznutzungsbedingungen (SNNB) der ÖBB

 

Die Schienennetznutzungsbedingungen (SNNB) der ÖBB enthalten sowohl in der aktuell gültigen Fassung für das Fahrplanjahr 2015 als auch in der seit 5.12.2014 vorliegenden Fassung für 2016 einerseits rechtswidrige, andererseits anstehenden EU-Rechtsumsetzungen widersprechende und schließlich auch noch inhaltlich nicht nachvollziehbare Passagen.

 

So hat der VWGH bereits im Oktober 2014 einen Bescheid der Schienen-Control Kommission (SCK), der die Diskriminierung von gleisfreundlichen Triebfahrzeugen unterstützt, als rechtswidrig erkannt, dennoch ist diese Diskriminierung derzeit unverändert aufrecht und soll auch 2016 fortgesetzt werden.

Dies steht in offensichtlichem Widerspruch zu § 59 EisbG, demzufolge die SNNB das (noch dazu durch Art. 3 der RL 2001/14 EG EU-rechtlich vorgegebene) Instrument darstellen, mit dem den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) die diskriminierungsfreien Zugangsbedingungen vorzugeben sind.

 

Weiters sind die Bestimmungen der EU-Richtlinie 2012/34/EU, die spätestens per 16.6.2015 umzusetzen gewesen wäre, nicht in den bis dahin vorliegenden SNNB für 2016 enthalten – hier geht es unter anderem um die Anlastung von Lärmkosten, ein im Schienenverkehr wegen der ausstehenden lärmtechnischen Sanierung des Güterwagen-Bestandes zunehmend brisantes Thema.

 

Der klaren Vorgabe von § 67 Abs 7 Eisenbahngesetz zum Trotz enthalten die Netznutzungsbedingungen weiters weder derzeit noch für 2016 diejenigen leistungsabhängigen Bestandteile, die „den Zugangsberechtigten und dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen Anreize zur Vermeidung von Betriebsstörungen und zur Erhöhung der Leistung der Infrastruktur bieten“ würden. Sind Lenkungsanreize nicht ausreichend, um den Einsatz von besserem Rollmaterial zur Fahrzeitverkürzung im Nah- und Regionalverkehr, die Erhöhung der Streckenkapazität, die Minimierung von Störungen, die Erhöhung der Leistungsfähigkeit und die Reduktion der Lärmemissionen durchzusetzen, so sind sie nicht gesetzeskonform, umsomehr, wenn wie beim Thema Lärm oder bei Störungen durch mangelhaft gewartete oder instandgehaltene Schienenfahrzeuge gänzlich auf Pönalen verzichtet wird.

Auch das Vorgeben von Mindestzeiträumen (statt Höchstzeiträumen plus Überschreitungspönalen) für Stationsaufenthalte und Wendezeiten sind in diesem Sinn kontraproduktiv und auffällig – im Sinne der Vorgaben der EU und des erwähnten § des EisbG müssten SNNB auf kürzestmögliche Aufenthalte im Sinne einer möglichst effizienten Nutzung der Infrastruktur hinwirken, nicht auf das Gegenteil.

 

Auffällig ist auch weiterhin der auf der Semmeringstrecke für Züge in Rechnung gestellte Basispreis: Obwohl Verschleiß und Erhaltungsaufwand hier besonders hoch sind, ist der Preis für die Infrastrukturnutzung (IBE) für die EVUs hier besonders niedrig, der Abschlag vom „Normalpreis“ auf vergleichbaren Achsen soll 2016 gegenüber 2015 sogar nochmals größer werden!

Hingegen wird im Ergänzungsnetz dreimal soviel pro Güter-Zug-km verlangt, womit die Kostenstruktur von Regional-/“Neben“bahnen schlechtgerechnet und ihre Einstellung betrieben werden kann. Dies widerspricht der begrüßenswerten generellen Neupositionierung des Ressorts unter dem nunmehrigen Ressortchef zum Thema „Erhaltung oder Stilllegung von Regional-/“Neben“bahnen“.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Teilen Sie die Rechtsansicht, dass dann, wenn die in Schienennetznutzungsbedingungen (SNNB) enthaltenen Lenkungsanreize nicht ausreichend sind, um

den Einsatz von besserem Rollmaterial zur Fahrzeitverkürzung im Nah- und Regionalverkehr,

die Erhöhung der Streckenkapazität,

die Minimierung von Störungen,

die Erhöhung der Leistungsfähigkeit und

die Reduktion der Lärmemissionen

durchzusetzen, diese SNNB nicht § 67 Abs 7 Eisenbahngesetz entsprechen und somit nicht gesetzeskonform sind? Wenn nein, warum nicht

2)    Teilen Sie die Rechtsansicht, dass die Gesetzeskonformität umsomehr fehlt, wenn wie in den SNNB der ÖBB beim Thema Lärm oder bei Störungen durch mangelhaft gewartete oder instandgehaltene Schienenfahrzeuge gänzlich auf Pönalisierungen verzichtet wird, was letztlich auf unnötige Nachteile für Fahrgäste, Güterkunden und Streckenanrainer hinausläuft? Wenn nein, warum nicht?

3)    Falls Sie Gesetzwidrigkeit der SNNB der ÖBB bestätigen oder zumindest nicht ausschließen können: Welche Schritte haben Sie wann konkret unternommen, um für Konformität der ÖBB-Netznutzungsbedingungen mit § 67 Abs 7 Eisenbahngesetz zu sorgen?

4)    Falls Sie keine Schritte unternommen haben: Warum nicht?

5)    Welche Schritte haben Sie wann konkret unternommen, um das VWGH-Erkenntnis vom 21.10.2014 umzusetzen und so für (größere) Konformität der ÖBB-Netznutzungsbedingungen mit § 59 Eisenbahngesetz zu sorgen?

6)    Falls Sie keine Schritte unternommen haben: Warum nicht?

7)    Welche Schritte haben Sie wann konkret unternommen, um entsprechend der EU-Richtlinie 2012/34/EU, die spätestens per 16.6.2015 umzusetzen gewesen wäre, für eine gerechte und nichtdiskriminierende Anlastung von Lärmkosten in den aktuell geltenden SNNB sowie in den für 2016 vorgesehenen SNNB zu sorgen?

8)    Falls Sie keine Schritte unternommen haben: Warum nicht?

9)    Welche Schritte haben Sie wann konkret unternommen, um den Ersatz der bisher in den SNNB enthaltenen, für die europarechtlich und bundesgesetzlich geforderte „möglichst effiziente Nutzung der Infrastruktur“ kontraproduktiven Mindestzeiträume für Stationsaufenthalte und Wendezeiten durch Maximalzeiträume plus Pönalen bei Überschreitung zu veranlassen, damit auf kürzestmögliche Aufenthalte und nicht auf das Gegenteil hingewirkt wird?

10) Wie erklären Sie, dass auf der Semmeringbahn ein großer und von 2015 auf 2016 weiter steigender Abschlag vom „normalen“ streckenbezogenen Basispreis je Zug-km gerade für Güterzüge zur Anwendung kommt, obwohl genau diese Güterzüge maßgeblich zum vielbeklagten hohen Verschleiß der Schieneninfrastruktur und zu den deshalb sehr hohen Erhaltungskosten dieser Strecke beitragen, die dann von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern getragen werden „müssen“?

11) Wie erklären Sie, dass der streckenbezogene Basispreis für den Güter-Zugkilometer im Ergänzungsnetz (Regional-/“Neben“bahnen) dreimal so hoch wie auf der Semmeringstrecke mit ihrem hohen Streckenverschleiß und ihren hohen Erhaltungskosten angesetzt wird, was für Güterverkehr auf Regionalbahnen geradezu prohibitive Wirkung haben muss?

12) Werden Sie im Sinne der begrüßenswerten generellen Neupositionierung des Ressorts unter Ihrer Leitung zum Thema „Erhaltung oder Stilllegung von Regional-/“Neben“bahnen“ eine Überarbeitung dieses Missverhältnisses prüfen lassen?