6473/J XXV. GP

Eingelangt am 15.09.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Studie über die Auswirkungen des effektiven Arbeitsmarktzuganges für Asylwerber_innen

 

Seit 21. Juli sollte er eigentlich bereits Realität sein: Der effektive Arbeitsmarktzugang für Asylwerber_innen. Die umzusetzende EU-Richtlinie 2013/33/EU sieht vor, dass Asylwerber_innen spätestens nach neun Monaten nach ihrer Asylantragsstellung ein effektiver Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt werden muss. Die Richtlinie räumt gem. Artikel 15 den einzelnen MS auch die Möglichkeit ein, Arbeitsmarktprüfungen durchzuführen. So wie sich der Arbeitsmarktzugang für Asylwerber_innen aufgrund des höchst fragwürdigen Erlasses des ehemaligen Bundesiministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 1.5.2004 gegenwärtig darstellt, kann man mit den dort festgehaltenen Beschränkungen des Arbeitsmarktzuganges für Saisontätigkeiten und Tätigkeiten als Erntehelfer_innen nicht von einem effektiven Arbeitsmarktzugang im Sinne der Richtlinie sprechen.

Um Aufschluss über die Folgen eines wirklich effektiven Arbeitsmarktzuganges zu bekommen, hat das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz eine Studie beim Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) in Auftrag gegeben. Auf Grundlage dieser Studie hat Bundesminister Hundstorfer zu erklären versucht, weshalb eine - eigentlich notwendige - Umsetzung der Richtlinie aufgrund der (von der Regierung selbstverschuldeten) Arbeitsmarktlage, nicht möglich sei. Einziges Problem: Die Studie ist in vorliegender Form nicht dazu geeignet, tatsächlich eine politisch derart wichtige Entscheidung zu begründen, denn wesentliche Aspekte und Ausgestaltungsmöglichkeiten eines Arbeitsmarktzuganges und deren Folgen wurden in der Studie nicht aufgearbeitet und berücksichtigt.

In der Studie wird in der Einleitung auf Seite 1 noch angekündigt, dass untersucht werde, "[...] mit welchen Auswirkungen auf den österreichischen Arbeitsmarkt (Beschäftigung und Arbeitslosigkeit aber auch Löhne, Verteilung und Arbeitsmarktdynamik) zu rechnen wäre, wenn es zu einer Erleichterung des Arbeitsmarktzuganges, d.h. zu einer bewilligungspflichtigen Beschäftigung ohne Einschränkung auf spezifische Branchen, nach dem 3., 6. bzw. 9. Monat nach Stellung des Asylantrags käme." An dieser Forschungsfrage bzw. an diesem Forschungsauftrag scheint noch alles völlig in Ordnung zu sein. Problematisch ist nur, dass gerade die wahrscheinlichste Umsetzung des effektiven Arbeitsmarktzuganges - nämlich eine teilweise Öffnung mit einer bereits angesprochenen Arbeitsmarktprüfung - in der empirischen Analyse nicht berücksichtigt wurde. Vielmehr wurde nur eine vollkommene Liberalisierung des Arbeitsmarktzuganges untersucht, die einerseits aufgrund der EU-Richtlinie nicht so geschehen muss und andererseits politisch auch keine Unterstützung erhält. Zusätzlich wird aus der Studie abgeleitet, dass die Probleme anerkannter Flüchtlinge am Arbeitsmarkt zuerst zu beheben sind, obwohl vollkommen klar ist, dass eben die langen Zeiten der Inaktivität und Abwesenheit vom Arbeitsmarkt aufgrund des Asylverfahrens, die Vermittlungschancen für anerkannte Flüchtlinge eklatant verringern.

Das heißt schlussendlich, dass eine Studie für eine politische Entscheidung als Grundlage genommen wurde, die aber gar keinen Aufschluss über die tatsächlichen Folgen der eigentlich rechtlich wahrscheinlichsten (und politisch einzig durchsetzbaren) Umsetzung der EU-Richtlinie, gibt. Es liegt der Verdacht deshalb nahe, dass das Sozialministerium einen Forschungsauftrag gegeben hat, der so ausgestaltet war, dass die Studienergebnisse die eigenen politischen Interessen widerspiegeln. Laut Anfragebeantwortung 4970/AB ist bekannt, dass sich die Kosten der Studie auf EUR 39.680  (netto) belaufen. Auf Kosten der Allgemeinheit Studien in Auftrag zu geben, die schlussendlich nur der Unterstreichung der eigenen Interessen und keineswegs einer differenzierten Debatte dienlich sind, ist nicht nur Verschwendung von Steuergeld, sondern beim Inhalt der angsprochenen Studie führt die darauf aufbauende Entscheidung des Ministeriums zusätzlich zu einer eindeutigen Verletzung einer geltenden EU-Richtlinie.

Interessant ist auch, dass die Ergebnisse der Studie plötzlich kaum noch Gewicht haben. Denn durch die Forderung von EU-Kommissionspräsident Juncker den Arbeitsmarkt schnellstmöglich zu öffnen, gibt es scheinbar auch ein Umdenken in Österreich, insbesondere beim Sozialminister, der einer Öffnung nicht mehr so kritisch gegenübersteht, wie noch im Juli. Es bleibt damit die Frage, ob die angesprochene Studie nur zur kurzfristigen Unterstützung einer vorübergehenden Meinung in Auftrag gegeben wurde und nicht zur tatsächlichen Entscheidungsfindung.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

 

1.    Wie hoch waren die Bruttokosten der Studie "Auswirkungen einer Erleichterung des Arbeitsmarktzuganges für Asylsuchende in Österreich"?

2.    Wie lautete der konkrete Forschungsauftrag?

a.    Gibt es einen schriftlichen Forschungsauftrag?

b.    Wenn ja, wie sieht dieser schriftliche Forschungsauftrag aus? (Bitte um Kopie des Forschungsauftrages)

3.    Wann wurde der Forschungsauftrag erteilt?

4.    Waren während der Verfassung der Studie Bedienstete des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, insbesondere Mitglieder des Kabinetts des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, in Kontakt mit dem Forschungsauftragnehmer im Zusammenhang mit der Erstellung der Studie?


a.    Wenn ja, was war der Grund für die Kontakte?

b.    Wenn ja, gibt es Aufzeichnungen über die entsprechenden Kontakte?

c.    Kann eine Einflussnahme auf den Inhalt der Studie (abgesehen vom Forschungsauftrag) ausgeschlossen werden?

5.    Wann wurde die Studie fertiggestellt?

a.    Wann wurde die fertiggestellte Studie dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz übermittelt?

b.    In welcher Form wurde die Studie an das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz übermittelt?

c.    Falls die Studie mehr als einen Monat vor Veröffentlichung am 1. Juli fertiggestellt wurde: Wieso wurde die Studie nicht früher veröffentlicht?

6.    Wurde die gesamte Studie, wie sie vom WIFO übermittelt wurde, auch veröffentlicht?

a.    Falls nein, können die nicht veröffentlichten Teile, die Teil des Forschungsauftrages waren, noch veröffentlicht und dem Nationalrat vorgelegt werden?

7.    Wieso wurde in der Studie kein Szenario in Bezug auf einen effektiven Arbeitsmarktzugang mit Arbeitsmarktprüfung berücksichtigt?

8.    Wieso wurde die Richtlinie 2013/33/EU noch nicht voll umgesetzt?

9.    Wann ist mit einer Umsetzung zu rechnen?