659/J XXV. GP

Eingelangt am 18.02.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Georg Willi, Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Mühlkreisbahn

 

Spätestens seit dem ersten „Brückengipfel“ im Jahre 2009 ist der unzureichende Erhaltungszustand der Linzer Eisenbahn-Donaubrücke und die damit absehbaren Probleme für die Mühlkreisbahn/MKB-PendlerInnen aus dem Mühlviertel bekannt. Die Sachlage – Eisenbahnbrücke, Mitbenutzung durch Straßenverkehr, der großteils für bauliche Schäden verantwortlich ist – ist zwar komplex, dies rechtfertigt aber nicht, dass der zunehmenden Brisanz der Lage in keiner Weise Rechnung getragen wurde: Alles lief weiter wie bisher und die Verantwortlichen nicht zuletzt auf ÖBB-Seite und bei den Eisenbahn-Aufsichtsbehörden haben der Zuspitzung der baulichen und damit verkehrlichen Situation weitgehend tatenlos zugesehen – das ist unverständlich und unverantwortlich.

 

Trotz der nunmehr prekären Situation – dauernde Betriebseinstellung beantragt, zugleich aufrechte verkehrsdienstevertragliche Verpflichtungen der ÖBB bis 2017 mit Land und Bund, Brückensperre in den nächsten Wochen bzw maximal Monaten beabsichtigt… - ließ der „2.Brückengipfel“ am 24.1.2014 in Linz, bei dem das BMVIT leider nicht anwesend war, erneut viele Fragen unbeantwortet.

 

Dass sich die Bundesministerin bzw ihr Kabinett in Ausführungen zum Thema ausschließlich der Logik der ÖBB bedient („… hat für die Gesellschaften der ÖBB-Konzerns weder im Personenverkehr noch im Güterverkehr einen besonderen Nutzen … Aus Sicht der ÖBB …“, vgl. zB GZ. BMVIT-900.107/0237-BüroFBM/2013), ist auffällig – ansonsten wird zB in Parl. Anfragebeantwortungen die völlige Unabhängigkeit der ÖBB gern ausgiebig betont. Auch ist nicht zutreffend, dass für bisherige wie künftige Erhaltung der auch dem Bahnverkehr dienenden Brücke ausschließlich Dritte wie Land OÖ und Stadt Linz zuständig wären und nicht ÖBB oder BMVIT (Aufsichtsbehörde zB für Eisenbahnsicherheit), wie Ihr Kabinett vermeint.

Bei einem derart an den Interessen einzelner Marktteilnehmer ausgerichteten und insgesamt passiven Zugang zum verkehrspolitischen Schlüsselthema Schienenverkehr und Verlagerung auf die Schiene ist es wenig verwunderlich, dass der Modal-Split-Anteil der Schiene im Güterverkehr und der Schienengütertransport in absoluten Zahlen in Österreich zurückgehen statt steigen, aller Schönfärbe-PR zum Trotz. Es wäre für die betroffenen Pendlerinnen und Pendler interessant zu erfahren, warum das betriebswirtschaftliche Kalkül der ÖBB über alle anderen Interessen, insbesondere das der Allgemeinheit an zeitgemäßer, umweltschonender und barrierefreier Mobilität, gestellt wird, und warum auch die Aufsichtstätigkeit des BMVIT offenbar diesem Interesse untergeordnet wird.

 

Nunmehr ist jedoch in Linz und bei den betroffenen Bahnpendlerinnen und -pendlern im Mühlviertel endgültig „Feuer am Dach“: Wenn ab Sommer der Schienenverkehr über die Linzer Eisenbahnbrücke wie von der ÖBB angekündigt eingestellt wird, müssten laufend Zuggarnituren statt auf der Schiene per Tieflader auf der Straße in den Linzer Hauptbahnhof zu Service und Wartung gebracht werden. Eine „Verlagerung von der Schiene auf die Straße“, samt hohen Kosten und großem technischem und logistischem Aufwand.

 

Ein gravierender Kollateralschaden dieser Idee kommt für die Fahrgäste noch dazu: Die ÖBB planen offenkundig – vgl u.a. Medienbericht vom 6.2.2014/OÖN – die modernen barrierefreien „Desiro“-Niederflurfahrzeuge/Reihe 5022 ab Sommer nicht mehr für die Fahrgäste der Mühlkreisbahn zur Verfügung zu stellen, weil – laut ÖBB – der wartungsbedingte Straßentransport bei diesen Fahrzeugen überhaupt zu aufwendig und teuer wäre. Folglich sollen künftig ausschließlich die veralteten und nicht barrierefreien Triebwagen der Reihe 5047 auf der MKB unterwegs sein!

Zusätzlich liegt die Befürchtung nahe, dass über diesen Rückschritt hinaus auf der Mühlkreisbahn auch vermehrt Schienenersatzverkehr angeboten würde, um bei den Straßen-Überstellungen für Service und Wartung der Garnituren weiter einzusparen. Alles Bausteine und ein Muster, wie aus der Niedergangs-Geschichte diverser zum Abschuss bzw zur Einstellung vorgesehenen „Neben-“/Regionalbahnen in Österreich sattsam bekannt.

 

Mit der vom BMVIT offenkundig tolerierten Ansage, wir brauchen die Eisenbahnbrücke nicht mehr, lässt der ÖBB-Vorstand aber täglich mehr als 5.000 PendlerInnen buchstäblich auf der Straße stehen. Die ohnehin täglich prekäre Stausituation an der Linzer Stadteinfahrt (B 127 Rohrbacher Straße) würde durch bis zu 5.000 zusätzliche PendlerInnen auf der Straße noch weiter verschärft, samt mehr Luftschadstoffbelastung und weniger Verkehrssicherheit. Und es wäre damit eine vollständige Einhaltung der bestehenden Verkehrsdiensteverträge zur MKB, auch des Vertrags Bund-ÖBB betreffend Grundangebot im Schienenpersonenverkehr, nicht mehr möglich. Frau Ministerin Bures ist aufgerufen, hier ein Machtwort zu sprechen und die ÖBB in die Pflicht zu nehmen. Angesichts laufender Verträge bis 2017 (Land) bzw. 2019 (Bund) müssen Mittel für den notwendigen Erhaltungsaufwand vorgesehen sein und auch fließen. Bei den weiteren Verhandlungen müssen dringend die Öffi-PendlerInnen aus dem oberen Mühlviertel mitbedacht werden, um gravierende Rückschritte im ohnedies verbesserungswürdigen öffentlichen Verkehr zu vermeiden.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wann und mit welcher Begründung wurde die „dauernde Einstellung des Betriebes gemäß § 28 EisbG - Streckenteile Linz Vbf West - Linz Urfahr von km 2,849 bis km 6,690, sowie der im km 3,603 abzweigende Streckenast mit Kilometrierung von km 0,000 bis km 0,485, samt weiterer Streckenast mit Kilometrierung km 4,595 bis km 3,452 - mit Wirksamkeit 13.12.2014, 24.00 Uhr (Fahrplanwechsel), in eventu nach dem 13.12.2014, 24.00 Uhr“ von wem beantragt?

2)    Wie ist der aktuelle Verfahrensstand zu diesem Antrag?

3)    Wie lange könnte die Bestandsbrücke – bei entsprechender Sanierung/Erhaltung – noch genutzt werden?

4)    Werden Sie für einen Beitrag der ÖBB für eine Erhaltung bis zur Genehmigung und zum Baubeginn einer neuen Brücke sorgen, beispielsweise im Rahmenplan? Wenn nein warum nicht?

5)    Die derzeit geplante Sperre der Brücke für den Schienenverkehr spätestens ab Sommer 2014 bedeutet, dass die Zuggarnituren demnächst mit extrem hohen Kosten und hohen technischem Aufwand für Service und Wartung per Straßen-Tieflader in den Hauptbahnhof überstellt werden müssten. Wie oft müssten bei Aufrechterhaltung des fahrplanmäßigen Betriebs Triebwagen a) der Reihe 5022 bzw b) der Reihe 5047 pro Fahrplanjahr zur sicherheitsrelevanten Servicierung auf der Straße zu den Werkstätten im Hbf. Linz transportiert werden?

6)    Welche Kosten (Vorbereitungsarbeiten am Triebwagen, Verladung Triebwagen auf Tieflader, Sondertransport auf Straße, …) fallen pro Transport an?

7)    Welche Kosten werden dadurch pro Jahr geschätzt a) für die ÖBB, b) für die betroffenen Straßenerhalter (Straßenschäden usw), c) gegebenenfalls für Dritte anfallen?

8)    Können Sie ausschließen, dass aufgrund der Kosten dieser Überstellungsfahrten auf der MKB auf Schienenersatzverkehre ausgewichen wird, um Einsparungen zu erzielen?

9)    Falls Sie das nicht ausschließen können – was haben Sie bereits und werden Sie unternehmen, um den MKB-Pendlerverkehr im Einklang mit Ihren medienöffentlich verbreiteten verkehrspolitischen Zielsetzungen vollumfänglich auf der Schiene zu halten?

10) Welche Maßnahmen a) haben Sie bereits gesetzt, b) werden Sie bis wann setzen, um die vollinhaltliche Einhaltung der im bis 2019 gültigen Verkehrsdienstevertrag des Bundes/Grundangebot betreffend Mühlkreisbahn enthaltenen Verpflichtungen (unter anderem: „Fahrzeugeinsatz VT 5022“) durch die ÖBB sicherzustellen?

11) Welche aufsichtsbehördlichen oder sonstigen Maßnahmen in Ihrem Zuständigkeits- bzw Einflussbereich kämen in Frage, um die vollinhaltliche Einhaltung anderer Verkehrsdiensteverträge betreffend Mühlkreisbahn durch die ÖBB sicherzustellen?

12) Ist Ihnen bekannt, dass im Zusammenhang mit der geplanten Sperre der Linzer Eisenbahnbrücke barrierefreie Zugsgarnituren durch nicht barrierefreie Zugsgarnituren ersetzt werden sollen?

13) Wenn ja, was haben Sie wann im Einzelnen dagegen unternommen?

14) Falls Sie nichts unternommen haben – warum nicht?

15) Wie beurteilen Sie den Ersatz barrierefreier durch nicht barrierefreie Zugsgarnituren vor dem Hintergrund der Kritik der UNO an Österreich wegen unzureichender Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, nicht zuletzt Ihren Verantwortungsbereich betreffend?