8790/J XXV. GP

Eingelangt am 31.03.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend Energieeffizienzverordnung verschlechtert Kraftstoffqualität

BEGRÜNDUNG

 

Das 2014 in Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie beschlossene Bundes-Energieeffizienzgesetz verpflichtet Energieversorgungsunternehmen in Österreich dazu, eine jährliche Effizienzsteigerung von 0,6 Prozent bemessen am Vorjahresabsatz nachzuweisen.

Welche Maßnahmen als Energieeinsparung anerkannt werden und nach welcher Methodik diese errechnet werden, regelt die von Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialminister in Einvernehmen erlassene Richtlinienverordnung Energieeffizienzgesetz (insbes. Anlage 1).

Kapitel 7.3. der Anlage 1 „Verallgemeinerte Methoden zur Bewertung von Energieeffizienzmaßnahmen“ sieht vor, dass die Anreicherung von Diesel-Kraftstoffen mit Reinigungs- und Reinhalteadditiven (Detergents) als anrechenbare Energieeffizienz-Maßnahme im Umfang von 2,6% anrechenbar sein soll:

„Dem Dieselkraftstoff, der der ÖNORM EN 590 entspricht, werden zusätzlich zu derzeit bereits beigemengten Additiven noch weitere Mindestmengen an Reinigungs- und Reinhalteadditiven (Detergents) in einem Mindestausmaß von 301mg/kg, was einer Konzentration von mindestens 280 ppm v/v entspricht, zugesetzt.“

Durch die so zu verhindernde Düsenverkokung, so die Argumentation im durch die Wirtschaftskammer beauftragten und dem BMWFW zur Verfügung gestellten „Kurzbericht Karl Rose, 2015“ würde sich der Kraftstoffverbrauch verringern und es sei „sichergestellt, dass es pro gefahrenen Kilometer zu sinkenden Kosten für den Endkonsumenten kommt“.

(Verallgemeinerte Methoden zur Bewertung von Energieeffizienzmaßnahmen 27.11.2015, BGBl.II . Ausgegeben am 30. November 2015- Nr.394)

Ein standardisiertes Testverfahren zur Quantifizierung der Kraftstoffeinsparung durch Reinigungs- und Reinhalteadditive existiert bis heute nicht. Der wissenschaftliche Nachweis, dass die dargestellte Maßnahme eine Effizienzsteigerung von 2,6% im Realverbrauch erbringen kann ist nach wie vor ausstehend.

 

Der Grüne Parlamentsklub hat daher bei verschiedenen Additivherstellern und Dachorganisationen den Wissenstand betreffend Effizienzwirkung von Reinigungs- und Reinhalteadditiven direkt abgefragt. Der Industrieverband europäischer Additivhersteller (ATC – European Additive Technical Committee) hält in seiner Beantwortung unter anderem fest:

“Data shows that, due to the competitive nature of the EU market, the vast majority of European fuels already contain good levels of performance additives, giving EU consumers some of the highest quality fuel in the world. […]

From a policy perspective, the US experience has shown that a legal mandate for additive use had an adverse effect on fuel quality, due to the lack of incentives for the industry to differentiate in the market, to the ultimate detriment of consumers and the environment. The European Commission has so far shared this view.

ATC also shares this position and would discourage any regulatory action mandating the use of additives, as this may result in a potential, long term negative impact on the overall quality of fuel, to the detriment of society (consumers and environment).

(Schreiben von Emmanuelle Faure-Birchem, Präsident ATC21.3.2016)

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    War Ihnen zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung ‚EEffG die Einschätzung des Industrieverbands der europäischen Additivhersteller (ATC) bekannt, der durch eine pauschale zusätzliche Additivierung von auf dem Markt erhältlichen Kraftstoffen, eine Verschlechterung der Dieselkraftstoffqualität zum Nachteil der KomsumentInnen und der Umwelt befürchtet?
a) Wenn ja, warum haben Sie die Maßnahme dennoch als anrechenbar im Sinne des Energieeffizienzgesetzes zugelassen?

b) Wenn nein, warum haben Sie die Expertise des ATC bei der Ausarbeitung der Richtlinienverordnung Energieeffizienzgesetzes nicht herangezogen?

 

2)    Teilen Sie die Einschätzung des ATC, dass die in Europa am Markt erhältlichen Dieselkraftstoffe bereits optimal additiviert sind?
a) Wenn ja, warum erachten Sie es als notwendig, Anreize zu setzen, dass Kraftstoffen in Österreich eine zusätzliche Mindestmenge von 301mg/kg beigemischt wird?
b) Wenn nein, auf Basis welcher wissenschaftlichen Untersuchungen kommen Sie zu dem Schluss, dass Dieselkraftstoffe durch eine pauschale weitere Additivierung in ihrer Qualität für Konsumenten und Umwelt noch gesteigert werden können?

3)    Ist der in Österreich erhältliche Dieselkraftstoff der ÖNORM EN 590 von minderer Qualität als der im restlichen Europa am Markt Erhältliche?

a)    Wenn ja, warum haben Sie nicht sichergestellt, dass die österreichischen VerbraucherInnen Kraftstoffe gleicher Qualität wie im restlichen Europa erwerben können?

b)    Wenn nein, warum erachten Sie es als wünschenswert, diesem Kraftstoff zusätzliche 301 mg/kg Reinigungsadditiv beizumischen?

4)    Sind im Rahmen des Begutachtungsverfahrens zur Richtlinienverordnung EEffG Stellungnahmen von einzelnen Additivherstellern oder vom European Additive Technical Committee im BMWFW eingegangen?
a) Wenn ja, wurden Sie in einer oder mehrerer dieser Stellungnahmen darauf hingewiesen, dass eine zusätzliche  pauschale Beimischung von Reinigungsadditiven, die Qualität der in Österreich erhältlichen Dieselkraftstoffe verschlechtern könnte?

 

5)    Wenn durch die unkomplizierte Beimischung von zusätzlichem Reinigungsadditiv, die Energieeffizienz der Dieselkraftstoffe in Österreich um 2,6% gesteigert werden kann, warum wurde dieses Maßnahme nicht längst ergriffen?

6)    Auf Basis welcher standardisierter, wissenschaftlich anerkannter Testverfahren wurde nachgewiesen, dass durch eine zusätzliche Beimischung von 301mg/kg Reinhalteadditiv ein durchschnittlich 2,6% geringerer Kraftstoffverbrauch der repräsentativen österreichischen Fahrzeugflotte bewirkt wird?

7)    Wie viele Seiten umfasst der in Anlage 1 der Richtlinienverordnung Energieeffizienzgesetz als Hauptdatenquelle zitierte „Kurzbericht von Univ.Prof.Dipl.Ing.Karl Rose zum Thema Anrechenbarkeit von Additiven im Rahmen der Umsetzungsverpflichtung gemäß EEffG, Graz Jänner 2015“ abzüglich Referenzen und allfälliger Anhänge?

8)    Ist der „Kurzbericht von Univ.Prof.Dipl.Ing.Karl Rose zum Thema Anrechenbarkeit von Additiven im Rahmen der Umsetzungsverpflichtung gemäß EEffG, Graz Jänner 2015“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden?
Wenn nein, warum nicht?

9)    Handelt es sich bei dem „Kurzbericht Rose, 2015“ um eine wissenschaftliche Arbeit oder lediglich um eine Sichtung und Zusammenfassung bestehender Informationen von Herstellern, der im Bericht Richtlinienverordnung angeführten Additive?

10) Hat Ihr Haus bei einzelnen Additivherstellern eine Expertise über erwartbare Effizienzsteigerung in Folge einer zusätzlichen weiteren Additivbeimischung angefordert?
a) Wenn ja, bei welcher/welchen Firma/Firmen?

 

11)  Wie hoch beziffern Sie den Absatz an Reinigungs- und Reinhalteadditiven in Umsetzung der Verordnung EEffG?

 

12)  Welche Firmen liefern die Reinigungs- und Reinhalteadditive an österreichische Großabnehmer?

 

13) Ein entscheidender Satz der Anlage 1 der Richtlinienverordnung EEffG betreffend Reinigungs- und Reinhalteadditive für Dieselkraftstoffe scheint aufgrund eines redaktionellen Fehlers unvollendet: „Damit ist bei gleicher Kilometerleistung ein geringerer Kraftstoffverbrauch. (S.131)  Handelt es sich bei dem fehlenden Satzende um

a)    „theoretisch möglich“?

b)    „hypothetisch möglich“?

c)    „nicht völlig auszuschließen“?