9255/J XXV. GP

Eingelangt am 12.05.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Wolfgang Zinggl, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien

betreffend Wiens Weltkulturerbe Status

BEGRÜNDUNG

 

Vor sechzehn Jahren hat Österreich nach der Ratifizierung der Welterbekonvention an die UNESCO den Antrag gestellt, das historische Zentrum der Stadt Wien in die Liste des Weltkulturerbes aufzunehmen. Die UNESCO ist nach eingehender Prüfung 2001 diesem Ansuchen nachgekommen.

Nun gefährdet ein Hochhausprojekt diesen auch touristisch wichtigen, jedenfalls aber selten vergebenen Status. Der Investor Michael Tojner möchte zwischen Eislaufverein und Hotel InterContinental einen 73 Meter hohen Luxuswohnturm bauen.

Die Aussagen der UNESCO dazu sind eindeutig. Hochhäuser in der Kernzone zerstören deren gewachsene Substanz und beeinträchtigen dramatisch das Gesamtbild. Schon 2013 hat das Welterbekomitee daher Österreich aufgefordert, in dem Areal nicht höher als im Bestand zu bauen. Für die internationale Organisation ist das aktuelle Projekt inakzeptabel. Sollte es umgesetzt werden, käme Wien auf die Rote Liste und würde in der Folge den Status „Weltkulturerbe“ irreversibel verlieren.

In der österreichischen Einreichung aus dem Jahr 2000 wird die Begründung der Aufnahme Wiens unter den Punkten 2a-2d wie folgt gerechtfertigt: „Die historische und kunsthistorische Bedeutung hat bis heute anschaulich ihren Niederschlag im ‚Stadtdenkmal Wien´, insbesondere und repräsentativ im historischen Stadtzentrum von Wien, gefunden. In dem durch Kern- und Pufferzone abgegrenzten Bereich hat sich ein geschlossener Bauzustand erhalten, der die großen Entwicklungsstufen Mittelalter, Barock und Gründerzeit widerspiegelt. […] Das historische Stadtzentrum Wien zählt in der Geschlossenheit seiner historisch gewachsen Stadtstruktur zu den schönsten und bedeutendsten Stadtdenkmälern Europas.“

Ist der Titel einmal weg, bleibt er natürlich für immer verloren. Der Titel um seiner selbst willen ist nicht so interessant wie die Folgen davon. Innerhalb kürzester Zeit würden dem einen viele weitere Hochhäuser folgen. Aufgrund des Sündenfalls könnte ihnen nichts mehr entgegengehalten werden. Der international geschätzte Stadtkern würde völlig zersetzt seine Attraktivität und Einzigartigkeit verlieren.

Christian Kühn, Vorsitzender des nationalen Baukulturbeirats und Professor für Gebäudelehre an der TU Wien, schreibt dazu: „Für das aktuelle Projekt eines Turms am Wiener Eislaufverein lässt sich aus dem neuen Hochhauskonzept keine Rechtfertigung ableiten. […]Ein nach allen Regeln der Moderationskunst eingefädeltes kooperatives Planungsverfahren mit angeschlossenem Architekturwettbewerb kann nichts daran ändern, dass hier kein Mehrwert für die Öffentlichkeit gegeben ist. Das Ergebnis wäre stattdessen eine nachhaltige Blamage für eine Stadt, die auf ihr historisches Erbe stolz ist.“ (Die Presse, 31.01.2015)

Im Strategiebericht zum Bundesfinanzrahmen 2017- 2020 nennen Sie an prominenter Stelle die nachhaltige Absicherung des Weltkulturerbes in Österreich als eine der wichtigsten laufenden und geplanten Maßnahmen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Sehen auch Sie die Gefahr, dass der von Österreich erbetene Status Welterbe „Wien Historisches Zentrum“ von der UNESCO aberkannt wird, wenn Österreich seine mit der Ratifizierung der Welterbe-Konvention eingegangene Verpflichtungen bricht, weil ein Investor mit einem Hochhausprojekt Gewinne machen möchte?

2)    Sind Sie daran interessiert, dass Wien das international angesehene Prädikat „Weltkulturerbe“ behält?   

3)    Was haben Sie bisher unternommen, um die Gefahr abzuwenden, dass der Status „Weltkulturerbe“ ein für alle Mal verloren geht? 

4)    Warum gibt es bis heute von Ihnen zum Thema keine öffentliche Stellungnahme?