9409/J XXV. GP

Eingelangt am 25.05.2016
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Mag. Gernot Darmann und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

 

betreffend: Nachhaltige Schädigung Österreichs im Ausland durch den designierten Bundespräsidenten Dr. Alexander Van der Bellen sowie Bundeskanzler Mag. Christian Kern

 

Obwohl der designierte Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen noch am Wahlabend angekündigt hatte, ein Präsident auch für die "50 Prozent Hofer-Wähler" sein zu wollen und gerade die letzte Phase seines Wahlkampfes auf "einigen", "Gräben zuschütten", "für alle da sein" und "Österreich nach Außen einig zu präsentieren" stellte er gleich bei seinem ersten großen Auslandsinterview Österreich als "gespaltenes Land" dar. Er stellte klar, dass er nicht davor zurückschrecken werde, im Falle eines FP-Wahlsieges den Wählerwillen zu ignorieren und die stärkste Partei nicht mit der Regierungsbildung zu beauftragen.

Im Nachrichtenmagazin "Tagesthemen" der bundesdeutschen ARD am 24. Mai 2016 hat der Alexander Van der Bellen die folgende Aussage getätigt: "Sollte die FPÖ einmal die relative Mehrheit im Nationalrat haben, werde ich als Bundespräsident den Chef dieser Fraktion nicht mit der Regierungsbildung beauftragen." (Vgl. http://www.tagesschau.de/ausland/van-der-bellen-interview-101.html; abgerufen am 25. Mai 2016)

In der Bundesrepublik Deutschland zeigen sich zahlreiche Bürger vom Demokratieverständnis des designierten Staatsoberhauptes verwundert, wie "Kommentare" verdeutlichen. So schreibt ein Besucher der ARD-Internetseite: "Schade, lieber Herr vdB. Ich hatte gehofft, Sie würden nun auf alle Parteien zugehen und für einen Konsens werben, um die Herausforderungen des Landes anzugehen. Stattdessen gehen Sie diejenige Partei massiv an, deren Kandidat Ihnen nur um ein paar tausend Stimmen unterlegen war. Erstens nennt man das "Nachtreten", zweitens zeugt die Aussage, der FPÖ auch als Mehrheitsfraktion nicht den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen zu wollen, von extrem mangelhaftem Demokratieverständnis. Nicht die FPÖ ist eine Gefahr für die Demokratie in Österreich, sondern Sie, der Präsident!" (Ebenda.)

Der designierte Bundespräsident erweckt sohin den Eindruck, dass selbstverständliche demokratische Spielregeln und Gepflogenheiten in Österreich nicht mehr gelten, Wahlentscheidungen für den Bundespräsidenten irrelevant sind und Österreich vor einer Phase demokratiepolitischer Unsicherheit stehen könnte. Dies ist gerade (um Van der Bellen zu zitieren) für ein "von seinen Exporten abhängiges, kleines Land wie Österreich problematisch".

 

Ebenso besorgniserregend sind die jüngsten Aussagen von Bundeskanzler Christian Kern in Richtung unseres Nachbarlandes Ungarn. Die Tageszeitung "Die Presse" berichtet am 24. Mai 2016 auf ihrem Online-Portal: "Ungarns Außenminister Peter Szijjarto hat sich verstimmt über Aussagen von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) gezeigt, der sich am Dienstag gegen einen 'autoritären Führerstaat' gewandt und die Flüchtlingspolitik von Premier Viktor Orban [in unsachlicher und beleidigender Weise; Anm. Johannes Hübner] kritisiert hatte. […]

Kern hatte nach dem Ministerrat mit Blick auf den Erfolg des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer bei der Bundespräsidentenwahl davor gewarnt, in der Flüchtlingspolitik auf autoritäre Lösungen zu setzen. 'Zu glauben, dass man bei der Asylproblematik das Problem wegzaubern kann, indem man den Eindruck vermittelt, dass Reformen bedeutet, Österreich in einen autoritären Führerstaat zu verwandeln, ist eine Illusion', sagte Kern. 'Nicht einmal der Herr Orban kann sich wünschen, die Flüchtlinge wegzubeamen, wie wir anhand den jüngsten Entwicklungen sehen.'" (http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4995480/Budapest-verstimmt-uber-Aussagen-Kerns-zu-Orban; abgerufen am 24. Mai 2016)

Mit dieser – wirr formulierten, aber hinsichtlich des "Führerstaat-Vorwurfs" nur als Angriff auf das Nachbarland Ungarn interpretierbaren – Aussage tritt Kern in unrühmlicher Weise in die "Fußstapfen" seines Amtsvorgängers Faymann, der im Vorjahr Ungarns konsequente Durchsetzung des Rechtsstaates und Verteidigung eigener Interessen mit der "Nazi-Politik" in Verbindung gebracht hatte.

Kern ist offensichtlich bemüht, von Anfang an – zum Schaden Österreichs – die Beziehungen zum ungarischen Nachbarn maximal zu belasten.

 

 

In diesem Zusammenhang richten die nachstehend unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres folgende

Anfrage:

1.    Was werden Sie unternehmen, um eine Verschlechterung der Beziehungen zum ungarischen Nachbarland und eine Beeinträchtigung der derzeit guten Kooperation in der "Einwanderungskrise" zu verhindern?

2.    Gibt es Ihrerseits laufende Kontakte mit dem Ungarischen Außenministerium, über die die beziehungsschädlichen Äußerungen österreichischer Spitzenpolitiker abgefedert werden können?

3.    Halten Sie aus außenpolitischer Sicht ein Bild der "Spaltung" der österreichischen Gesellschaft und der Ausgrenzung eines großen Teils der Bevölkerung aus dem politischen Entscheidungsprozess für schädlich?

4.    Sind Sie der Ansicht, dass die Aussagen des designierten Bundespräsidenten geeignet sind, die – gerade im Ausland – medial verbreitete Darstellung Österreichs als "Nazi-Land" zu entkräften?

5.    Wäre es nicht die Aufgabe eines Bundespräsidenten – aus außenpolitischer Sicht – derartigen Darstellungen entgegen zu treten, zu bekräftigen, dass die überwältigende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung und alle relevanten Politiker mit totalitärem Gedankengut nichts zu tun haben und klarzustellen, dass auch die Wähler der Partei seines Gegenkandidaten europäische Demokraten und keine "Faschisten" sind?

6.    Haben Sie mit dem designierten Bundespräsidenten ein Gespräch geführt und ihn auf die außenpolitische Problematik einer Darstellung Österreichs als "gespaltene Gesellschaft", deren "eine Hälfte" aus dem politischen Prozess fernzuhalten ist, hingewiesen?