9689/J XXV. GP

Eingelangt am 28.06.2016
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Roman Haider

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend die überbordende Bürokratie

 

Die Presse 07.06.2016:

"Josef Moser redet schnell. Er muss sich beeilen. Nach zwölf Jahren wird der 60-Jährige sich Ende Juni von der Spitze des Rechnungshofs verabschieden. Aber es gibt noch so viel zu beanstanden. Nicht weniger als 1070 Einzelvorschläge will Moser in den nächsten Wochen vorlegen, es wird eine Art Abschiedsbrief an die Regierung. Oder eine Abrechnung. Denn Moser ist mit der Gesamtsituation unzufrieden. Und er ist nicht allein.

„Die Unzufriedenheit bei den Bürgern und der Wirtschaft ist berechtigt“, sagte er am Dienstag bei einem Pressegespräch in Wien. „Ein besonders eklatantes Beispiel betrifft ausgerechnet die Beschäftigung von Behinderten. In Österreich gibt es 90 verschiedene Definitionen des Behindertenbegriffs. Und allein in der Steiermark muss sich ein behinderter Arbeitnehmer mit 16 verschiedenen Behörden herumschlagen. Das darf nicht sein.“

Flankiert wurde Moser von Ex-ÖVP-Politiker Günter Stummvoll, Hotelier-Vertreterin Michaela Reitterer und Felix Montecuccoli, dem Präsidenten der Land- und Forstbetriebe. Auch sie sind – gelinde gesagt – unzufrieden. Erst recht, da der neue Bundeskanzler, Christian Kern, seine ersten wirtschaftspolitischen Akzente links der Mitte setzt.

„Diese Ideen aus der Mottenkiste, also Arbeitszeitverkürzung oder Maschinensteuern, sind das Letzte, was wir brauchen“, sagt Stummvoll: „Dabei verlangen wir noch nicht einmal Steuerkürzungen. Wir sagen bloß: Das beste Rezept zur Wirtschaftsbelebung ist, die Betriebe in Ruhe arbeiten zu lassen. Dazu gehört ein Abbau der Bürokratie. Denn derzeit sagen viele Unternehmer einfach: ,Ich tu mir das gar nicht mehr an.‘“

Michaela Reitterer, die Präsidentin der Hoteliervereinigung (ÖHV), sieht ihre – im Tourismusland Österreich nicht ganz unwichtige – Branche gleich doppelt unter Beschuss. Von der Bürokratie und durch Silicon Valley. Denn während der heimische Tourismus von teilweise uralten Vorschriften behindert werde, können neue Anbieter wie Airbnb diese Regeln einfach ignorieren. „Portale wie Airbnb kümmern sich ja nicht um eine Gewerbeordnung von 1859“, sagt Reitterer.

Und fügt hinzu: „Ich habe kein Problem mit Airbnb. Wir wissen schon, dass sie gekommen sind, um zu bleiben. Aber dass man uns piesackt und nicht die notwendigen Freiheiten gibt, um konkurrenzfähig zu bleiben, das prangere ich an.“ Beispiele? Diese gebe es zuhauf. So sei es dem Hotelier in Österreich erlaubt, einen Gast zum Bahnhof oder zum Flughafen zu bringen – nicht aber zum Skilift. „Da brauchte er einen zweiten Gewerbeschein. Aber dem Gast ist das egal. Und dem Uber-Fahrer auch. Da kann man schon froh sein, wenn er einen Führerschein hat.“

Uber ist ein Fahrtendienst, bei dem theoretisch jeder mit seinem Privatauto Taxi-spielen kann. Theoretisch, denn während Uber in anderen Ländern schon sehr populär ist, spielt der Dienst in Österreich nur eine Nebenrolle. Zu groß ist die Gefahr, bei unerlaubten Transporten erwischt zu werden. Reitterer will Uber und Airbnb auch nicht verbieten lassen. „Wir wollen nur das System vereinfachen, damit es für Unternehmen wieder Rechtssicherheit gibt. Die Verordnungen müssen weg.“

Felix Montecuccoli hat als Vertreter der Land- und Forstwirte ähnliche Probleme – auch wenn Silicon Valley ihm noch nicht gefährlich wird. „Als Dienstgeber muss man in Österreich so viele Bestimmungen einhalten, dass sich niemand mehr wirklich auskennt. Noch nicht einmal die Beamten wissen genau, was sie eigentlich prüfen sollen.“

Ein Landwirt in Österreich müsse rund 10.000 Seiten Gesetzestext beachten, um seinen Betrieb zu führen. „Dabei will ich als Unternehmer nur die Freiheit haben, mit meiner Kreativität, meinem Boden und der Sonnenenergie ein Produkt herzustellen, das auf dem Markt reüssieren kann. Ist das wirklich zu viel verlangt?“ Die Wirtschaftsvertreter fordern die Einsetzung einer „Task-Force“ (Neudeutsch für Arbeitsgruppe) zum Bürokratieabbau in jedem Ministerium sowie die Reduktion der Lohnnebenkosten und eine Vereinfachung der Bewilligungsverfahren."

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft folgende

 

Anfrage

1.     Der scheidende Rechnungshofpräsident hat nunmehr Positionen für eine nachhaltige Entwicklung Österreichs mit 1007 Einzelvorschlägen vorgelegt. Wie beurteilen Sie als Wirtschaftsminister diese Vorschläge?

2.     Sind Sie mit der derzeitigen wirtschaftlichen Gesamtsituation in Österreich zufrieden?

3.     Wenn ja, warum?

4.     Wenn nein, warum nicht, und was werden Sie daran ändern?

5.     Wie stehen Sie zu folgendem im Artikel genannten Beispiel, wonach es in Österreich rund 80 verschiedene Definitionen des Behindertenbegriffs gäbe, und sich etwa allein in der Steiermark ein Arbeitnehmer mit besonderen Bedürfnissen mit 16 verschiedenen Behörden herumschlagen müsse?

6.     Halten Sie dieses System für effizient und zumutbar?

7.     Wenn ja, warum?

8.     Wenn nein, warum nicht, und werden Sie dagegen etwas unternehmen?

9.     Was halten Sie von den Vorschlägen von Bundeskanzler Kern bezüglich verkürzter Arbeitszeiten oder Maschinensteuern?

10.  Ex-ÖVP-Politiker Günter Stummvoll, Hotelier-Vertreterin Michaela Reitterer und Felix Montecuccoli, Präsident der Land- und Forstbetriebe, sind sich einig, dass, Betriebe in Ruhe arbeiten zu lassen, das beste Rezept zur Wirtschaftsbelebung sei, wofür jedoch ein Abbau der Bürokratie zwingend notwendig wäre. Stimmen sie dem zu?

11.  Wenn ja, werden Sie sich für einen Bürokratieabbau einsetzen?

12.  Wenn nein, warum nicht?

13.  Für Michaela Reitterer, Präsidentin der Hoteliervereinigung (ÖHV), ist gerade die heimische Tourismuswirtschaft gleich doppelt unter Beschuss, zum einen auf Grund der für sie geltenden teilweise uralten Vorschriften, wie jener der Gewerbeordnung 1859, und andererseits auf Grund der jungen Konkurrenz wie etwa Airbnb, die diese Regelungen einfach ignorieren. Wie beurteilen Sie diese Kritik?

14.  Sollte es diesbezüglich zu Änderungen kommen?

15.  Wenn ja, welche sollten das sein?

16.  Wenn nein, warum nicht?

17.  Michaela Reitterer nennt als weiteres Negativbeispiel, dass es einem Hotelier in Österreich etwa nur erlaubt sei, einen Gast zum Bahnhof oder zum Flughafen zu bringen – nicht aber zum Skilift, dafür wäre ein weiterer Gewerbeschein notwendig, was jedoch sowohl dem Gast als auch dem Uber Fahrer (= privater Fahrtendienst) herzlich egal wäre. Wie beurteilen Sie diese Kritik?

18.  Wirtschaftsvertreter fordern die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zum Bürokratieabbau in jedem Ministerium. Was halten Sie von dieser Forderung?